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Tod und Lieder in Venedig

08.12.2013

Beide, die Novelle "Tod in Venedig" von Thomas Mann und die "Kindertotenlieder" nach Gedichten von Friedrich Rückert vertont von Gustav Mahler, mag ich sehr gerne.
Als ich erfuhr, dass die Schaubühne beides in Kombination in einem Stück dramatisieren wollte, war mein Interesse groß. Ich besuchte die Vorstellung Tod in Venedig/Kindertotenlieder mit I.

Die Schaubühne, Handzeichnung von Erich Mendelson
Der Regisseur Thomas Ostermaier bezeichnet das Stück als eine Versuchsanordnung und so begann es auch. Während die ZuschauerInnen ihre Plätze einnahmen, taten die Schauspieler auf der Bühne so, als wenn sie an dem Stück noch arbeiteten.
Derweilen saß Tadzio, das Objekt der Begierde des gealterten Schriftsteller Gustav von Aschenbach, in einem Sessel und daddelte mit dem Gameboy. Bis dahin wirkte alles noch spannend.

Dann wurde jedoch eine Leinwand heruntergefahren und die Bilder eines Teams, das mit einer Steadycam auf der Bühne unterwegs war, wurden auf das Linnen geworfen.
Das ist wohl aktuell in Theater angesagt, es schafft eine zweite Betrachtungsebene. Wir sahen schon Stücke, in denen diese Erweiterung, durch die Nahaufnahme und die Möglichkeit Dinge auf der Bühne zu zeigen, die den ZuschauerInnen sonst verborgen bleiben, gut funktionierte.
Hier jedoch unterbrach es den Handlungsfluss regelmäßig.

Leider stolperte auch der Rest des Stückes so vor sich hin und jedes Mal, wenn ein Totenlied angestimmt wurden, entstand wieder ein Bruch. Zum Glück kannten wir die Geschichte, ohne dass wäre uns vieles unverständlich geblieben.
Zwischendurch blitzte mal das Können der SchaupielerInnen auf, aber der Regisseur unterband dies gleich wieder.
Ein besonderes Lob verdient der begleitende Pianist. Neben klassischem Spiel verstand er auch mit diversen Werkzeugen apokalyptische Klänge dem Instrument zu entlocken.

Der einzig große poetische Einfall des Abends war, den Ausbruch der Cholera in Venedig durch einen Regen von schwarzen Plastik Schnitzeln darzustellen. Doch weshalb sich die drei Schwestern von Tadzio beim Tanz im Regen auszogen blieb uns unverständlich.

Für uns war es eine 4- Vorstellung nach dem deutschen Schulnotensystem.
Auch die Kritiker ließen kaum ein gutes Haar an der Inszenierung: Nachtkritik, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, Kulturradio


Die Mitwirkenden waren:
Choreographie Mikel Aristegui
Komposition Timo Kreuser
Bühne Jan Pappelbaum
Kostüme Bernd Skodzig
Video Benjamin Krieg
Dramaturgie Maja Zade
Licht Erich Schneider
Klangregie Daniel Plewe, Wilm Thoben

Gustav von Aschenbach Josef Bierbichler
Tadzio Leon Klose/Maximilian Ostermann
Tadzios Schwestern Martina Borroni, Marcela Giesche, Rosabel Huguet
Gouvernante Sabine Hollweck
Kellner Felix Römer
Hotelpage, Tänzer Mikel Aristegui
Gitarrist Bernardo Arias Porras
Klavier Timo Kreuser
Erzähler Kay Bartholomäus Schulze

Das Cafe der Schaubühne bot danach eine Plattform, um das Stück zu besprechen. Leider zieht es im Raum unerträglich. Das architektonisch interessante Haus wurde 1931 als Kino im Stil der Neuen Sachlichkeit eröffnet, hat eine große Glasfront mit Türen, die alle Nase lang geöffnet werden. Gemütlich ist anders.

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