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Jazz mit Hindernissen

31.07.2016

Die Umsonst und Draußen Konzerte im Jüdischen Museum sind ein bezauberndes Erlebnis. Die Qualität des musikalisch Gebotenen ist hoch und mit einem mitgebrachten Picknick auf der Wiese im Garten des Museums zu liegen und den JazzerInnen zu lauschen, ist zu herrlich.

Diesmal spielte die Formation  Bester Quartet (Jarosław Bester (Bayan, Akkordeon), Dawid Lubowicz (Geige), Oleg Dyyak (Percussion, Klarinette, Duduk), Maciej Adamczak (Kontrabass) allerlei verjazzten Klezmer und Tango. Super Musiker aus Krakow, die das Publikum begeisterten.
Wenn Regen angekündigt ist, findet das Konzert jedoch im Saal statt. Dort ist der Platz begrenzter als im Garten.

Leider war die Konzertleitung übervorsichtig, es schien zwar nicht die Sonne, aber trocken und warm war es. Meine Wetterfrösche hatten auch keinen Regen angesagt. Trotzdem mussten wir uns in den Saal quetschen, um die Musik zu hören. Die Klänge wurden leider noch nicht mal nach Außen übertragen.
Nun kann man / frau bei kostenlosen Konzerten nicht den Eintritt zurück verlangen, doch ein wenig mehr Einsatz der Veranstalter wäre trotzden lobenswert.
Es gibt noch an ein paar Sonntagen Jazz dort, ein Besuch ist auf alle Fälle empfehlenswert.
Nächstes Mal am 28.08 Zlata Razdolina - Jewish Jazz.



Alle Fotos Irmeli Rother

Flügel und Cello

29.07.2016

Der Geburtstag eines Bekannten sorgte dafür, dass wir den Vistell Cello Salon an der Leipziger Straße kennenlernten. Betreiben tun ihn eine Pianistin aus der ehem. DDR und ein Cellospieler aus Kuba. Kennengelernt haben sich die beiden in Russland in der Musikakademie.

Wer bei Kuba musikalisch nur an Salsa und Son denkt, liegt etwas daneben. Trotz dem Versuch der USA durch Boykott die kubanische Wirtschaft zu zerstören, leistete sich das Land immer auch Musikschulen, die einer großen Anzahl der BewohnerInnen musikalische Grundbildung ermöglichte und viele exzellente klassische MusikerInnen hervorbrachte. In diesem Bereich hat die Bundesrepublik noch viel nachzuholen.
Lustig war das Musikerpaar, der Herr am Cello ist ein richtiger Macho. Als die Pianistin erklärende Worte sprach, unterbrach er sie einfach, um selbst zu reden. Meine Liebste würde mich dafür teeren und federn und ich finde, sie hätte recht.
Trotzdem war der Besuch im Cello Salon nett. Das Konzert war gut und das Büfett war reichlich gedeckt. Was ihr unten seht, war unserer Beitrag.


Alle Foto Irmeli Rother

Zeit- mal vorwärts, mal rückwärts

28.07.2016

Mit der Ausstellung der Videos von William Kentridge wird im Martin Gropiusbau einer der aktuell interessantesten Videokünstler vorgestellt. Ich sah schon bei der letzten Dokumenta eine fantastische Arbeit von ihm.

Viel Scherenschnitt in Schwarz / Weiß läßt er uns Schauen.
In Kassel projizierte er in einem Raum eine Art Prozession. Wobei die Figuren sich von einem Screen in den nächsten bewegten. Die ZuschauerInnen wurden gruppenweise in den dunklen Raum gelassen.

Dann begann das Spektakel. Das war ein sehr intensives Erlebnis, auch weil nicht ein ständiges Raus und Rein stattfand. Leider war dies in der aktuellen Ausstellung anders.
Dafür gab es spannende Videos zu schauen und dann auch making of zu bestaunen.

Kentridge zeichnet nicht nur fantastisch, man / frau sieht ihn auch als Organisator von Performances, die abgefilmt werden. Leider ist die Ausstellung nur bis zum 28.08 zu sehen, also spurtet euch.

Piraten aus der Karibik

09.07.2016

Im Rahmen des Wassermusik Festivals hörten wir, G. und ich,  Elkin Robinson mit Band auf dem Dach des Hauses der Kulturen der Welt.
Diesmal war der Schwerpunkt des Festivals Karibik. Die dort reichlich vorhandenen Machos blasen sich gerne auf,  deshalb wählten die Organisatoren wohl auch den Kugelfisch als Symbol der Konzertreihe.

Die Temperatur an diesen Abend war lau und wir genossen es zu der stark am Reggae angelehnten Musik zu tanzen.
Die Band kommt von der kolumbianischen Insel Providencia.

Über die Bevölkerung der Insel, bevor Engländer sie besiedelten,  wird auch bei Wikipedia nichts erwähnt, was wohl bedeutet, dass diese von den Engländern ausgerottet wurde.
Es waren wohl nur irgendwelche Indianer. Die importierten schwarzen Sklaven ließen sich leichter ausbeuten.
Die Insel diente bald als Basis für die englischen Piratenüberfälle auf spanische Gallonen, die die geraubten Schätze aus Amerika Heim bringen wollten. So eroberten die Spanier mal die Insel, um ihre Raubzüge abzusichern, mal die Engländer, um die Räuber zu berauben.
Heute ist Providenz ein Touristenparadies, wobei ich nichts über die soziale Situation erfahren konnte. Wahrscheinlich profitierten Konzerne davon und die Einheimischen werden mit Kuchenkrümeln abgespeist. Sie dürfen sich sicher aber als Prostituierte verkaufen, dass selbe System was auf  fast allen Karibik Inseln herrscht. Harry Belafonte beschrieb dies schon in den 50er Jahren in seinem Calypso "Rum and Coca Cola" über Trinidad.



Elkin Robinson mit seiner Band vermieden solche Aspekte anzusprechen. Sie wirkten ein wenig, als wenn das Tourismusministerium ihre Reisekosten übernommen hätte. Nur Sonne, gute Laune, insgesamt positive Gefühle kamen in ihren Texten zum Ausdruck. Diese feelgood Musik war ein wenig peinlich.


Trotzdem hatten wir Spaß an dem Auftritt.
Es gibt noch einige weitere Konzerte in der Reihe Wassermusik, wer kann sollte sie sich nicht entgehen lassen.

Sülzen über Uelzen

07.07.2016

Geldverdienen hat mich aus Berlin nach Uelzen "vertrieben". Es ist jedoch nicht für ewig und nur zwei Stunden mit dem Zug von meiner Heimat entfernt.
Uelzen wird vom Flüsschen Ilmenau durchzogen. Das ist weitgehend renaturiert und mäandert durch das Stadtgebiet.

Kulturell hat mein Exil nicht viel zu bieten. Es fehlt die Universität. Nur das Neue Schauspielhaus bietet Kultur, doch es ist mehr ein Veranstalltungsort. Außerdem spielt ab und zu mal eine Band in einer der Kneipen.

Dann gibt es noch das Theater an der Ilmenau, doch es hat kein Ensemble, nur Gastspiele sind zu sehen.

Uelzen kann man / frau mit Fug und Recht eine Kulturwüste nennen.
Einzig der  Hundertwasser Bahnhof bringt einen richtigen Farbtupfer in die Stadt. Er ist schön anzusehen.

Leider sind die Isolierungen der Untergeschosses jedoch schlampig ausgeführt, es regnet durch und tropft von der Decke.
Doch gerade den Gang unter den Bahnsteigen fand ich besonders bezaubernd und märchenhaft.


Der alte etwas heruntergekommene Bahnhof  wurde 2000 umgestaltet. Er ist seitdem eine Touristenattraktion.
In der Bahnhofshalle befindet sich außerdem das Restaurant Lässig. Dort wird leckere Biokost angeboten.
Bei meinem ersten Spaziergang durch die Stadt bemerkte ich zwei mal Einheimische, die sich mit Flüchtlingen unterhielten. Es gibt auch eine wohl recht aktive Gruppe Gutmenschen. Na, wenigstens bin ich nicht in einem Rassistennest gelandet.

Das liegt vielleicht auch daran, dass Uelzen nicht weit von Landkreis Lüchow-Dannenberg entfernt liegt. Der war ja lange vor dem Mauerfall eine Gegend wo viele Berliner Ferienhäuser besaßen. Dort ist auch das von Staat und Atommafia erwünschte Atomklo Gorleben beheimatet. Der dort seit Jahrzehnten anhaltende Widerstand der Bauern und dessen internationale Unterstützung ließen wenig Raum für Rassisten.

Im Mittelalter war die Hansestadt Uelzen an Handelsweg zwischen Hamburg und Hannover gelegen. Der Fluss Ilmenau, der die Stadt durchquert, bot genug Wasser für den Graben um die Stadtmauer.
Für mich macht die Stadt heute mit ihren 35.000 Einwohnern eher den Eindruck eines großen Dorfes.
Im dritten Deutschen Reich war sie eine Hochburg der NSdAP. So wurde 1945 der Befehl des GröFaZ brav befolgt die Stadt nicht kampflos zu übergeben. Die Folge war das ein Viertel der Gebäude zerstört war.

Das war nicht ganz unverdient, beherbergte Uelzen doch ein eigenes Konzentrationslager.
Die Schäden des Angriffskrieges sind nicht mehr sichtbar. Es ist noch viel ältere Bausubstanz erhalten, so das das Städtchen recht schnuckelig aussieht.