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Oulu zu zweit

22.06.2010

Am Montag erkundeten Dora und ich mal allein ihre alte Heimatstadt. Leider sind die Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr zwischen unserem Wohnort Muhos und Oulu recht ausgedünnt. Bus und Bahn verkehren nur noch selten.

Wir nutzten für den Hinweg den Bus, so kam ich in den Genuss ein wenig das Industriegebiet von Oulu zu sehen.
Unsere Fahrt endete beim Bahnhof.
Zuerst strebten wir in den Botanischen Garten, der liegt im Ainola-Park, und ist bei freiem Eintritt zugänglich.
In ihm sind viele kleine Inselchen im Oulujoki Delta mit weißen Holzbrücken verbunden.
Ein Ort für alle Generationen.
Dort befindet sich ein Café.
Als ich die Gewächshäuser Romeo und Julia entdeckte, wurde es mir warm ums Herz und ich drückte Dora fest an mich.


Am Ende des Parks bot sich uns ein herrlicher Blick auf den Oulujok.


Doch unser Tagesplan sah einen Besuch im örtlichen Kunstmuseum vor. Witzig in Finnland ist, dass jedes Museum, das etwas auf sich hält, versucht sich eine schicke Abkürzung ala MoMa zu zulegen. In Oulu hat es sich OMA getauft.

War der Name eher lächerlich, die Austellungen Little Red Riding Hood (Rotkäppchen) und Demons and Darlings, Dolls in art and as art waren ansehenswert, doch leider herrscht Fotografieverbot. Wenn sie hier so provinziell sind, wollte ich auch nicht heimlich fotografieren.
Einzig im Flur war es erlaubt eine Puppe zu knipsen.
Zur Strafe bannte Dora die Kreationen des Museumscafés in den Speicher.


Kochen und Kunst gehören also doch zusammen!

Auf dem Weg zurück in die Innenstadt passierten wir dann den Park mit dem Denkmal des Schriftstellers und Bischofs Frans Michael Franzen. Er wurde 1772 in Oulu geboren. Obwohl seine Muttersprache Finnisch war, dichtete er in Schwedisch. Finnland war damals schwedisch und Finnisch war die Sprache der Unterschicht.
Am Park befindet sich auch ein Knaben-Gymnasium.

Überall in der Stadt verstreut sind interessante Kunstwerke anzutreffen.
In einem anderen Park beim Rathaus sahen wir die Skulptur auf dem Foto rechts.
In diesem Fall ist es eine Kunstbrücke, die sich über ein kleines Fließ spannt.

Nachdem wir den Markt und die Halle besucht hatten, uns dort mit Pirogen mit Lachs und Käse als Reiseproviant versorgt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof.
Vor der Rückfahrt nach Muhos kehrten wir in eines der Katri Antell Cafés ein.

Kaffee und Kuchen waren lecker.
Ein Foto der Gründerin hing an der Wand und Dora klärte mich über deren Geschichte auf.
1880 erhielt sie die Genehmigung für das Bäckergewerbe und verkaufte Brote auf dem Markt.
Seit 1899 betrieb sie eine Konditorei, heute besitzt die Firma mehrere Verkaufsstellen in der Stadt.
In der Filiale am Bahnhof nahmen wir Abschied von Oulu.
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Nach Helsinki zurück

23.06.2010

Der Himmel wirkte aufgeregt, weil wir am nächsten Mittag von Muhos nach Helsinki aufbrechen wollten und die Sonne ging auch nicht mehr unter.
Der Abschied von Tintti und Eki dauerte bis lange in die Nacht hinein.

Unsere Gastgeber begleiteten uns zum Bahnhof.
Bahnhof ist leicht übertrieben, was geblieben ist, ist ein Schild und ein Bahnsteig.
Ein wenig traurig war ich die beiden zu verlassen, doch den fliegenden Blutsaugern weinte ich kein Auge nach.

Unser Transportmittel war entsprechend der Bedeutung des Bahnhofs ein Bummelzug.
Doch die Zeit wurde uns nicht lang, eine lange Partie Scrabble und zwei Kaffee später trafen wir am Zielort ein.
Am Bahnhof holte uns die Besitzerin des Hauses ab, bei der wir die ersten Tage in  Helsinki gewohnt hatten.
So lernte ich Leena und Karl-Heinz kennen, die uns mit Gegrilltem und Wein empfingen.

Richtung Juhannus

24.06.2010

Nach dem Frühstück begleiteten wir Leena zum Einkaufsbummel in die lokale Shoppingmall des Stadtteiles Malmi.
Hier entdeckte ich eine finnische Beklopptheit.
Geldspiel Automaten stehen überall frei herum.

Kontrollieren sie den Alkoholismus ziemlich genau, sind sie mit Spielsucht sehr lax. Welche Politiker da wohl die Hand aufgehalten haben?

Nachmittags fuhren wir nach Tammisaari.
Dort nahmen uns Harriet und Frank am Bahnhof in Empfang.
Harriet ist eine der vielen FinnInnen, die deutsche Männer vom Arbeitseinsatz aus der BRD mitgebracht haben.
Wir besichtigten zuerst ihre neue Wohnung.
Im Anschluss kaufen wir ordentlich im Supermarkt und im Alko, dem staatlichen Alkohol Monopolisten, ein.

So ausgerüstet machten wir uns zum Haus von Harriets Mutter auf, dort feierte deren Familie Sommer Sonnenwende (Juhannus) und wir waren eingeladen. Das Fest ist so wichtig, dass es immer auf Freitag gelegt wird, auch wenn es 2010 ein Mittwoch war.

Das ehemalige Bauernhaus der Mutter steht mitten im Wald auf dem Nybacka (Neuer Berg).
Es ist komfortabel und in dem dazugehörigen ehemaligem Kuhstall wurden wir untergebracht.
Als wir dort eintrafen, schien noch die Sonne.

Zuerst trafen sich alle vor dem Haus zum Schwatz.
Nach einigen Begrüßungbieren war die Sauna aufgeheizt und entsprechend der etwas prüden finnischen Mentalität, saunierten Männlein und Weiblein getrennt.
Ich saune lieber mit Dora.

Trotzdem begab ich mich mit den Männern in die Hitzekammer.
Die ist etwas anders, als wir es von hier kennen. Selbstverständlich ohne Elektro- oder Gasheizung. Steine werden durch das darunter verbrennende Holz erhitzt. Bis es richtig warm ist (80 Grad), vergeht einige Zeit, die mit Biertrinken überbrückt wird. Im Raum gibt es keine Uhr, FinnInnen wissen, wann sie genug haben. Aufgegossen wird nur mit Wasser.

Mir gefiel es gut, mir fehlte nur elektrisches Licht in der Sauna und die Frauen.
Dufte war es sich hinterher mit dem nebenbei erhitzten Wasser zu waschen. Hier konnte Mann richtig rumplanschen.
Leider zog sich die ganze Zeremonie Weibchen / Männchen / Sauna bestimmt drei Stunden hin.
Für mich ist saunen in dieser Länge eher eine Tortur, für FinnInnen wohl etwas Meditatives.

Saunen macht hungrig.
So warfen wir den Grill an.
Saunen macht durstig.
So tranken wir Bier.
Mit reichlich Grillgut im Bauch und einigen Mückenstichen in der Haut legten Dora und ich uns müde in unserem Kuhstall ins Bett.

Mitsommerfeier

25.06.2010

Da habe ich wieder was gelernt.
Nicht alle Nordlichter saufen sich zu Juhannus zu, tanzen dann nackt ums Feuer und hängen später kotzend an einer Birke.
Solche Vorstellungen hatte ich von diesem Ritual.

In Nybacka hatte es mehr den Charakter einer Familienfeier.
Bestimmte Regeln wurden eingehalten, die Großmutter, 85 Jahre alt, wachte über deren Einhaltung.

Entsprechend der Tradition kauften nach dem Frühstück die Frauen auf dem Markt ein (alle Geschäfte schließen um 12:00 Uhr). Wir, die Männer fällten kleine Birken und schmückten mit diesen Fruchtbarkeits Symbolen die Türen des Hauses.

Sonst eine kluge und sehr sympathische Frau kennt sie da kein Pardon. Auch der Rest des Tages war bis auf Phasen der Entspannung recht geordnet.

Um 15:00 wurde üppigst gespeist. Unter Fisch, Fleisch, Salat und Kartoffeln bog sich das Büfett. Jeder / Jede hatte etwas mitgebracht und satt werden war kein Problem.
Zwischendurch wurde immer wieder mal mit Wodka angestoßen.

Am Kopfende der Tafel seht ihr die Großmutter in die Kamera blicken.



Das Aufziehen der finnischen Fahne im Vorgarten erfolgte um 18:00 Uhr. Nur in dieser Nacht wird sie nicht eingeholt, es wird ja nicht dunkel. Patriotisch sind die FinnInnen schon sehr.
Nachfolgend wurden Kaffee und Kuchen gereicht.

Auch die sexuellen Übergriffe des nordischen Frauen stellten sich nicht wie befürchtet ein. Das, was ich fotografisch dokumentieren konnte, war eher harmlos als pornografisch.
Da war auf den Knutschpartys meiner Jugend sehr viel mehr los.

Juhannus ist eines der wichtigsten Feste im finnischen Kalender. Ursprünglich ein heidnisches Fest, wurde die Sommersonnenwende von christlichen Kirchen besetzt, um die Heiden unter ihr Joch zu zwingen. Der Namenstag Johannes des Täufers, einer der vielen, die versuchten als Heilige Karriere zu machen, wurde auf diesen Tag gelegt. Hier im Norden bliebt die Sonnenwende ein wichtiger Tag, trotzdem die Kirche endlich unbedeutend wird, denn die Sonne geht trotzdem die ganze Nacht nicht unter.
Ein traditionelles Feuer durften wir wegen der Waldbrandgefahr leider nicht anzünden.


Auf meine Nachfrage, was es denn früher noch für Sitten zu Juhannus gab, erfuhr ich, dass unverheiratete Frauen nackt in den Wald zum Blumenpflücken geschickt wurden. Sie mussten sieben verschiedene Blüten sammeln, bevor sie nach Hause konnten, und sie durften nicht reden. Der Mann, der in dieser Nacht in ihrem Traum erscheint, ist der, der sie heiraten würde.
Eine weitere nette Sitte der Frauen ist aus der Sauna nackt mit dem Hintern nach vorn auf einen Holzstapel zu zulaufen. Die Beschaffenheit des Holzstücks, auf das der Po trifft, soll dann weissagen, ob der Mann treu ist oder eine Andere nebenbei hat?!?
Naja, die FinnInnen von früher waren sehr fantasievoll.

Anders Zorn, Mittsommer (1897)

Hanko und Tanzen

26.06.2010

Am Morgen schauten wir zuerst Hanko an, eine süße Kleinstadt am Meer.
Früher legten dort Fähren auch aus Deutschland an. Dass von hier, dem südlichsten Punkt Finnlands, Rostock zu sehen ist, halte ich für ein Gerücht.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts wanderten vom Hafen ca. 240.000 FinnInnen nach Amerika aus.
Da Hanko meist eisfrei ist, war es in der Geschichte immer ein beliebter Ankerplatz und ist ein Seebad.

Als wir losfuhren, schien die Sonne, deshalb hatten wir obenrum nur T-Shirts an. Leider lag Hanko im Nebel, es regnete und wir schlotterten vor Kälte.
So verließen wir das Auto nur wenig. 
Im Hafen konnten wir kaum das Meer sehen.
In der Kaimauer entdeckten wir diese kleine Ökotop.
Aus der Zeit, als Russen sich hier Sommervillen bauten, sind noch viele elegante Gebäude erhalten.

Am Strand fanden wir das hübsche Hangon Casino.
Es stammt aus der eleganten Zeit des Ortes und sieht heute noch so aus. Mit ein wenig Fantasie stellte ich mir vor, dass gleich russische Offiziere mit ihren Damen am Arm im Garten flanieren.

Drinnen war hauptsächlich der Blick nach außen interessant. Das Interieur wirkte zusammen gewürfelt und / oder verschlissen. Doch bei der schönen, großen Parkettfläche bekam ich wieder Lust auf Tanzen. Leider war der Kaffee kalt und schlecht.

Am Strand entdeckten wir dann diesen Mittsommer Baum.
So etwas gibt es eigentlich in Schweden. Wir waren aber in einer "schwedischen" Provinz.
In der Region leben viele FinnInnen, deren Muttersprache schwedisch ist.
Die über 600 Jahre andauernde Besetzung hat diese Minderheit hinterlassen. Deshalb sind hier sogar die Straßenschilder schwedisch / finnisch beschriftet.

Auf einem Platz in Zentrum stand diese Statue.
Diese war von der Fahrrad Fabrik Helkama gestiftet worden, die im Ort beheimatet ist.
Frierend verließen wir Hanko, um uns bei Harriet und Frank  für den Abend fein zu machen.

Die beiden fuhren mit uns zum Tanzen auf die Insel Skärlanet in ein Gemeinschaftshaus mit Namen Skärhalla. Um dorthin zu gelangen, mussten wir mit einer Autofähre zu der Ferieninsel übersetzen. Als Schiffsfreund erfreuen mich schon ein paar hundert Meter Distanz.

Das Tanzhaus selbst war klein. Nicht mit dem Pavi in Helsinki zu vergleichen. Mit höchstens zweihundert Gästen war es voll.
Aber auch hier spielte eine Band, die offensichtlich aus Eltern mit ihrem Sohn bestand. Der sang wie die Mutter.

Da viele TouristInnen anwesend waren, überwiegend mit geringer Tanzerfahrung, wurden eher anspruchslosere Stücke gespielt.
Dabei war sogar Letkiss, ein finnischer Modetanz, den ich bisher für schwedisch hielt.


Eigentlich stammt er aus den 60er Jahren, scheint aber ob seiner Einfachheit auch heute noch weltweit gerne getanzt zu werden.

Beim Haus befand sich noch ein Garten, wo Getränke und die finnische Bratwurst (Makkara) angeboten wurden. Im Haus war Essen und Trinken nicht erlaubt.
Hier draußen waren auch viele Familien mit Kindern anwesend, es war mehr ein Familienfest..

Ich musste natürlich die Bratwurst, vor der in allen Reiseführern gewarnt wird, probieren. Sie schmeckt so widerlich wie alle behaupten.
Bitte nicht nachahmen!
Nachdem wir uns ausgetanzt hatten, links seht ihr Harriet und Frank beim Schwoof, fuhren wir Heim nach Tammisaari.
Wir saßen noch eine Weile zusammen und besprachen unseren für den nächsten Tag geplanten Ausflug.

Raasepori Rundfahrt

27.06.2010

Diesmal setzte uns Harriet ins Auto, um uns ihre Heimat zu zeigen.

Zuerst schauten wir uns eine Ausstellung in Kunstmuseum Tammisaari an. Dies firmiert unter der Abkürzung  EKTA. Es ist in einem Ensemble aus Holzhäusern untergebracht.
Kim Simonsson hat allerlei Figuren aus der Mangawelt zu Skulpturen hergestellt.
Er will wohl auch erschrecken, der in die Scheibe geflogene Vogel erinnerte mich an einen Hitchcock Klassiker.





Taistelija, 2010, Keramik, Visier
Kymmenen käskyä, Keramik, I-Pod
Sotilas 2, 2009, Keramik
Keiju 2, 2010, Keramik, Gold

Im Anschluss besichtigten wir die in Holz gebaute Altstadt von Tammisaari und den Hafen.
So sollte nach meinen Vorstellungen die kleine nordeuropäische Stadt aussehen. Alle Gebäude haben den typisch roten Holz Schutzanstrich.

Der Hafen war natürlich fast nur noch mit Booten von Freizeitkapitänen belegt.
Wir pausierten mit Kaffee und Kuchen in einem Cafépavillon mit Blick auf die hübschen Schiffchen.
Wegen der 1300 dem Ort vorgelagerten Schären ist es bei Seglern sehr beliebt.
Wenn ich das Meer vor der Nase habe, bin ich schnell glücklich.
Auch diese Stadt war während der russischen Besatzung Badeort für die zaristischen Adligen.

Weiter gings zur Raasepori, der Burganlage, die der Gemeinde den Namen gab. Erwähnt wurde sie das erste Mal 1378. Sie schützte einstmals einen Fluß, der sich ein neues Bett gesucht hat und den Handelsweg der Waräger. 1553 wurde die Burg aufgegeben.

Da sie seitdem sich selbst überlassen wurde, stehen eigentlich nur noch die Grundmauern.
Treppen, Wehrgänge und Dächer sind später nachgebaut worden.
Aber die Anlage ist immer noch imposant.

Nach der Burg besuchten wir Fiskars. Der Ort ist seit 1649 ein Stahlstandort, an dem Messer und Werkzeuge geschmiedet wurden. In den 80er Jahren wurde hier die Produktion eingestellt und der Ort zu einem Tourismuszentrum umgebaut.

Davon waren auch reichlich vorhanden. Auf dem Parkplatz standen viele Reisebusse. Wir reiten uns in den Strom ein.
Neben einigen historischen Gebäuden und Stadtmöbeln existiert ein großes Fiskar Outlet Center. Dort werden die Werkzeuge und Küchengeräte der Company verkauft. Messer und Scheren verließen es in meinen Rucksack.
Das Stadtmöbel rechts war einmal eine Telefonzelle.

Einer der Gründe für den Fabrikstandort war der kleine Fluß auf dem Foto links. Mit Hilfe seiner Fließkraft wurden Wasserräder angetrieben, die die Maschinen zum Laufen brachten.
In einer Ausstellung im Fiskas Zentrum kann man / frau die Geschichte der Stahlverarbeitung auf Schautafeln betrachten.
Natürlich brauchte eine solche Fabrik auch eine Feuerwehr. Diese war in dem Haus hinter der Brücke untergebracht.

Neben einigen Galerien, die die Fantasie anregen sollten, bietet der Ort auch was für die Gaumen.
Wir suchten den Chocolate Room Petris auf. Genossen Kaffee und Torte und ich hätte mich am Liebsten durch das Trüffelangebot durchgefüttert.

Wieder ging ein schöner Ausflug zu Ende. Abends fuhren wir dann zurück nach Helsinki.