17. / 18.10.2014
... sagt der Gebildete, doch wer sich weigert etwas zu lernen, dem nützt die weiteste Reise nix.
Leider trifft das zweite auf die meisten meiner Kollegen zu.
Wir sind zehn Europäer, mit mir drei aus der BRD, sieben aus Tschechien und Bosnien.
Wieder mal bewahrheiten sich meine Vorurteile gegenüber Deutschen im Ausland.
Die beiden Kollegen aus Thüringen reden ständig über die faulen schwarzen Kollegen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, woran das liegen könnte oder ob das vielleicht überhaupt stimmt.
Sie behandeln die Bedienung im Hotel so, wie es in Filmen aus der Kolonialzeit gezeigt wird.
Mir ist deren Verhalten peinlich, ich bedanke mich regelmäßig für die Dienstleistungen.
Dass das Leben unserer Bediensteten nicht so einfach ist, kann ich mir vorstellen.
So erzählte mir zum Beispiel unser Fahrer, nachdem ich ihn auf dem Parkplatz wecken musste, dass er morgens und abends jeweils zwei Stunden zum Arbeitsplatz benötigt. Den Weg legt er in klapprigen vollgestopften Minibussen zurück, während wir nach dem Frühstück im Hotel von ihm zur Arbeit chauffiert werden. Er hat außerdem oft zwölf Stunden zu arbeiten.
Ich merke auch immer wieder, dass ich große Schwierigkeiten mit "normalen" Männern habe. Gerade wenn wir in Firmenbus fahren wird jede hübsch aussehende Frau mit sexistischen Sprüchen bedacht.
Ein Kollege aus Bosnien hält sich sogar eine junge Schwarze als private Hure während seines Aufenthalts.
An Tag fünf in Lagos bin ich "mutig" geworden und besuche fast täglich die Shopping Mall gegenüber der Arbeitstelle. Hier ist alles Luxus pur im Verhältnis zum Leben der meisten BewohnerInnen der Stadt, Es gibt ein Applestore, ein Addidas Point of Sale und div. andere Markenartikeler.
Aber auch einen Supermarkt.
Dort kaufe ich Dinge des täglichen Bedarfs wie Käse und Brot.
Am Samstag arbeiten wir hier auch, allerdings nur bis 13 Uhr.
Danach setzte ein fürchterlicher Wolkenbruch ein, der wohl eine kurze Rückkehr der Regenzeit ankündigte.
Nachdem wir in unserer Residenz eingetrudelt waren, schlüpfe ich, obwohl die Kollegen mir geraten hatten einen Wachmann mitzunehmen, kurz aus der Tür auf die Straße. Ich knipste einmal nach links die von Bewaffneten bewachte Schranke der O.P.R.A. Zone (Opoldo Phase Restricted Area) und einmal rechts den abfließenden Regen in den überall neben der Strasse vorhandenen Kanälen.
Ich hatte nicht das Gefühl allzu übermütig zu sein.
Am Samstag Abend stieg dann die von den Kollegen angekündigte Party. Es wurde ordentlich getrunken und ab und zu sprang mal einer in den Pool. Ich hielt mich sehr zurück, nur beim Wodka konnte ich nicht nein sagen.
Ich seilte mich schnell wieder ab und lag um 21 Uhr im Zimmer, als sich Afrika von seiner dunkelsten Seite zeigte.
Stromausfall im ganzen Stadtgebiet und auch der Hotelgenerator sprang nicht an.
So döste ich ein und wurde um 0 Uhr durch einen lauten Knall und ganz helles Licht geweckt.
Eine hohe Überspannung war aufgetreten.
In meinem Zimmer gingen zwei Netzteile für Laptops und das Handyladegerät hoch.
Am Sonntag bekam ich wie jeden Morgen Käse Omelett mit zwei Scheiben Toast zum Frühstück serviert.
Dazu gabt es den in vielen Ländern heiß geliebten Nescafe, der mir eigentlich abscheulich schmeckt.
Doch schwarz und warm ist das Gesöff und mit ein wenig Phantasie imaginierte ich Kaffee.
Ohne Laptops las ich den ganzen Tag in meinen aktuellen Lieblingsbuch 2666 von Roberto Bolano.
Die Geschichte kreist auf 1090 Seiten Dünndruck um einen verschwunden Dichter und die hunderte ermordeten Frauen in der mexikanischen Stadt Ciudad Juarez.
Dieser "Volkssport" von offensichtlich begüterten Männer dort findet weiter kontinuierlich statt.
Auch nach den Verdächtige gefasst wurden, ging er immer weiter.
Abends aß ich im Hotel Restaurant Meeresschnecken. Ich hatte entweder zweimal Pech mit dem Koch oder die Dinger sind immer so zäh. Ich stelle mir vor, dass die Schuhsohlen, die Charlie im Film Goldrausch verzehrte, ähnlich zäh waren..