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Markt und Prinzessinenhochzeit

19.06.2010


Auch am Samstag ist Markt in Oulu, so galt unser erster Besuch dem Marktplatz. Das Geschehen dort wird von einem eisernem Polizisten überwacht, der hier als Spaßobjekt von einer Touristengruppe missbraucht wird.
Ein wenig mehr Respekt vor den Bütteln der Obrigkeit wäre doch angebracht. Mir fällt zwar ein: "Ich bin nichts, ich kann nichts, gebt mir eine Uniform" wenn ich Bullen sehe, doch dieser war wehrlos.

Der Toripoliisi (Marktpolizist) von Kaarlo Mikkonen von 1987 ist zu einer der Attraktionen der kleinen Stadt (138.000 EinwohnerInnen) am bottnischen Meerbusen geworden. Die Statue wurde durch eine Spendenaktion von BewohnerInnen angekauft.
Links seht ihr sein Vorbild vor der Kauppahalli (Markthalle) beim Ordnung schaffen.

Auf der Karte des Marktplatzes ist das Standbild der kleine schwarze Punkt, der rote Pfeil weist auf ihn.

Wir schauten uns erstmal die 1901 gebaute, 1996 renovierte Markthalle an. Hübsche Markthallen liebe ich, diese schloss ich sofort ins Herz, denn hier kauft auch die "normale" Bevölkerung ein.
Zu unserem Glück lassen sie auch Touristen herein.
Das Angebot war vielfältig, besonders gefielen mir die Stände mit Frischfisch, da ich fast alles, was Flossen hat, zum Fressen gern habe.


Als wir die Halle verließen, hatte mich der kleine Hunger schon gepackt. Dora und ich verzehrten winzige frittierte Fische (Muikku), die etwa Streichholz lang waren. Bei dieser Kleinheit isst man sie mit Kopf, Schwanz und Eingeweiden.

Nach diesem leckeren, aber etwas fettreichem Mal waren wir gesättigt.
Die Möwen, die uns, während wir auf der Kaimauer saßen, ständig anflogen, waren nicht zufrieden, dass wir ihnen die Portition nicht überlassen hatten.
Doch der Blick auf den alten Hafen und einen Zweimaster entschädigte für die bettelnden Ratten der Lüfte.
Das Wetter war wechselhaft, wie es oft am Meer ist, doch der Wind vertrieb wenigstens die Mücken.

Leider war der Freiluft Markt nicht so interessant wie die Halle.
Neben den Ständen mit Essen wurde hauptsächlich Ramsch Made in Nirgendwo angeboten. Ich kenne ein solches Angebot sonst von den Märkten aus Ostdeutschland.

Gruppe Somma, Paavilainen, Mäkinen
To the sea, 1985, Bronze und Granit

Wir spazierten zu einer kleinen Insel gegenüber dem Marktplatz, auf der das Theater, das Musikhaus und die Stadtbibliothek stehen. Passabel für so ein Nest.
Doch Oulu ist ja auch eine junge Stadt (Durchschnitt 36,3 J.).
Da ist Berlin mit 42,5 J. eher ein Seniorenheim.
Anschließend löschten wir unseren Kaffeedurst in der Marktkneipe, einem restauriertem Handelsspeicher. Das Kauppatorin Kahvila Makasiini bietet nicht nur draußen nette Plätze, es offeriert innen Küche, Sauna und viel Gemütlichkeit.

Zum Beispiel erschreckt dieses Untier aus den finnischen Wäldern auf dem Weg zum Klo. Da damals gerade die WM gespielt wurde, hatten sie auch eine Großbild Leinwand aufgestellt. Eine einsame Person saß davor, zu unserem Glück nahm Finnland nicht teil.

Auf dem Rückweg durch die Stadt fanden wir auch noch schnuckelige Kunst.
Hinter dem Rathaus entdeckten wir die Skulptur links.
Das Werk stellt die Geschichte Oulus dar. Zuerst wurde die Stadt durch gesalzenen Lachs reich, den die Hanse verschiffte. Dann verkaufte sie den aus Kiefern gewonnenen Teer und wurde superreich. Heute sorgen Nokia, Stahl und Zellstoff für gutes Einkommen.
Das sieht man der Stadt an.
Ähnlich viel Kunst fanden wir überall in Parks und an der Straße.
Vielleicht sind die FinnInnen so kunstbesessen wie die NiederländerInnen.
Ajan kulku - Verlauf der Zeit, 2005
Sanna Koivisto, Bronze Guß
Kurz danach trafen wir auf eine Truppe junge Frauen, die den Abschied der einen ins Eheleben feierten. Süß war, dass sie uns nach guten Ratschlägen für eine gute Beziehung fragten.
Mir fiel nix besseres als gegenseitiger Respekt ein.

Zu Hause angekommen verspeisten wir den leckeren Fisch aus der Markthalle.
Danach allerdings erlebte ich das Perverseste während der ganzen Reise. Die Frauen öffneten eine Flasche Schampus und schauten die Hochzeit.der schwedischen Kronprinzessin an.

In Muhos und rundrum

20.06.2010



Nach einem leckeren Frühstück mit unseren GastgeberInnen spazierten wir zur Galerie Terttu Jurvakainen im Ort. Etwas im Grünen versteckt befindet sich eine Gruppe Pavillons. Durch die integrierte Gartenlandschaft erinnert alles etwas an einen japanischen Zen-Zentrum.

Eine Yogaschule würde sich sicher dort wohl fühlen.
Aber auch ein schöner Platz für Kunst.
Die Galeriebesitzerin stellt nicht nur die eigenen Werke aus, sie überlässt auch anderen KünstlerInnen Raum. Viel gut anzusehendes war dabei.

Assi Madekivi, still strong going
Assi Madekivi, finish tango
Deckenspiegel
Veikko Törmanen, Boxit
horizon
Stiefmütterchen im Wasser

Leider waren die Blutsauger auch schon aufgestanden, trotz Türgardinen schwirrten einige durch die Galerie und um mich herrum.
Mir gelang es ihre Anzahl zu verringern, besonders wenn sie gesättigt waren, ließen sie sich leicht töten.

Im Anschluss lud uns unser Gastgeber Eki zu einer Rundfahrt durch die Gemeinde Muhos ein. Er ist Gemeindevertreter und kennt dort Tod und Teufel.
Zuerst besuchten wir den Stausee Pyhäkoski am Oulu Fluss. Ein wunderschöner Platz.

Dort begegnete mir wieder Sisu, diesmal als Sisu Lastkraftwagen. Der war eher ein Oldtimer, aber man / frau sah ihm sofort an, dass „Kraft“, „Ausdauer“ oder „Beharrlichkeit“, auch „Unnachgiebigkeit“ oder „Kampfgeist“ in ihm konzentriert sind. Diese LKWs werden noch heute hergestellt und sind für Extrem Bedingungen gedacht.
Dass in Finnland nicht nur von Nokia Dinge wie Gummistiefel und Handys produziert werden, war mir neu.

Der Oulujoki (Fluss) und der Stausee speisen das Wasserkraftwerk Pyhäkoski und dieses spielt eine große Rolle in der finnischen Energieversorgung. Am Fluss sind es elf Kraftwerke, die 500 Mega Watt elektrische Leistung erzeugen können.

Wo wir standen, betrug Fallhöhe des Wassers 32 Meter, schwindlig konnte es einem schon werden.
Leider setzt Finnland auf Atomkraft, dabei reicht Wasserkraft für die Versorgung vom ganzen Land aus.
Wen hat Siemens geschmiert?

Wir fuhren weiter und tranken Kaffee im Pavillon des Montta Campingplatzes. Dort lernte ich eine weitere Leidenschaft der FinnInnen kennen. Das Laientheater lieben sie fast so wie Tanzen. Hier wurde eine Komödie für die Camper aufgeführt.

Eki erkannte beim Oulojokki Teatteri auch prompt einen Nachbarn.
Beim Heimweg beguckten wir noch die Kirche von Muhos. Sie ist die älteste noch in Gebrauch befindliche Holzkirche Finnlands.




Reise in die Geschichte

21.06.2010

Den Tag begannen wir zusammen mit unseren GastgeberInnen mit der Besichtigung des Freilicht Museums Turkansaari, malerisch auf zwei Inseln im Oulu Fluss zwischen Oulu und Muhos gelegen.

Dort wird versucht darzustellen, wie die Menschen früher am Oulujoki gelebt haben. Der Ort wurde von Lachsfischern, Flössern und Teerherstellern genutzt und in der Region wurden alte Gerätschaften zusammengetragen und restauriert.

Natürlich entstand der Reichtum in der Stadt Oulu an der Flussmündung nur durch die Arbeit der Menschen an Fluss. Das erste Zeitalter des Reichtums im 13. Jahrhundert erwuchs daraus, dass der Oulujoki bei den Lachsen beliebt war.

Diese wurden auch hier gefangen und mit dem von der Hanse gelieferten Salz haltbar gemacht. So konnten Pfeffersäcke sie über Oulu bis nach Basel liefern.
Während der Wanderung der Lachse waren die Inseln Zwischenlager.

Weil die BewohnerInnen nur im Sommer hier waren, hat die Kirche keine Heizung. Menschen, die hier überwinterten, hatten ein hartes Los. Ihre Hütten hatten keine Kamin. Rauch sammelte sich unter der Decke und zog  durch einen Schlitz über der Tür ab.

Im 18. Jahrhundert wurde Oulu mit den Windjammern wieder sehr reich. Am Oulujoki wurde bei der Holzkohlen Produktion Holzteer gewonnen. Dieser konserviert das Holz der Segelschiffe gegen das Salzwasser und wurde wertvoll wie Gold.

Flößer, rauchende Meiler und Schiffe beladen mit Teefässern bestimmtem damals das Bild des Flusses. Ich war sehr neugierig zu erfahren, wie einst Teer erzeugt wurde.Schautafeln erklärten viel, doch zusätzlich sahen wir zu, wie drei Männer einen Meiler vorbereiteten.

Am Johanniswochende wollten sie ihn anzünden und rechneten mit einer Ausbeute von 1000 Litern.
Mit dem Aufkommen der Eisenschiffe brach der Teermarkt zusammen. Danach wurde Holz für die Papier- und Zellstoffproduktion benötigt.

Wie Forstleute untergebracht waren, wurde gezeigt. Der Forstmeister bewohnte ein Einzelzimmer, die Arbeiter einen Gemeinschaftssaal. Neben der Küche war die Köchin untergebracht. Vielleicht ist Forstarbeiter nicht der richtige Job für mich.
 
Doch für eine gute Köchin auf Partnersuche sicher ein besserer Tipp als parship.de.
Sonst gibt es auf den Inseln noch einiges zu schauen, eine Bockwindmühle, ein Herrenhaus, Landmaschinen usw. Außerdem bietet ein Café etwas für Leib und Seele.

Im Anschluss fuhren wir zum Essen nach Oulu.
Eki kannte ein passables Restaurant am Bahnhof mit finnischer Küche. Ich aß im Oskarin Kellari Rautu (Saibling) mit Backkartoffeln.
Gut und lecker abgefüttert waren wir glücklich.

Später besuchten wir Nallikari, den Strand der Stadt auf einer vorgelagerten Insel, wo wg des kalten Wetters nur Windsurfer und Kiter in Neopren Anzügen im Wasser planschten.
Bei einem Kaffee im Jachtclub warfen wir eine Blick auf Oulus stinkende Zellstofffabrik.

Oulu zu zweit

22.06.2010

Am Montag erkundeten Dora und ich mal allein ihre alte Heimatstadt. Leider sind die Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr zwischen unserem Wohnort Muhos und Oulu recht ausgedünnt. Bus und Bahn verkehren nur noch selten.

Wir nutzten für den Hinweg den Bus, so kam ich in den Genuss ein wenig das Industriegebiet von Oulu zu sehen.
Unsere Fahrt endete beim Bahnhof.
Zuerst strebten wir in den Botanischen Garten, der liegt im Ainola-Park, und ist bei freiem Eintritt zugänglich.
In ihm sind viele kleine Inselchen im Oulujoki Delta mit weißen Holzbrücken verbunden.
Ein Ort für alle Generationen.
Dort befindet sich ein Café.
Als ich die Gewächshäuser Romeo und Julia entdeckte, wurde es mir warm ums Herz und ich drückte Dora fest an mich.


Am Ende des Parks bot sich uns ein herrlicher Blick auf den Oulujok.


Doch unser Tagesplan sah einen Besuch im örtlichen Kunstmuseum vor. Witzig in Finnland ist, dass jedes Museum, das etwas auf sich hält, versucht sich eine schicke Abkürzung ala MoMa zu zulegen. In Oulu hat es sich OMA getauft.

War der Name eher lächerlich, die Austellungen Little Red Riding Hood (Rotkäppchen) und Demons and Darlings, Dolls in art and as art waren ansehenswert, doch leider herrscht Fotografieverbot. Wenn sie hier so provinziell sind, wollte ich auch nicht heimlich fotografieren.
Einzig im Flur war es erlaubt eine Puppe zu knipsen.
Zur Strafe bannte Dora die Kreationen des Museumscafés in den Speicher.


Kochen und Kunst gehören also doch zusammen!

Auf dem Weg zurück in die Innenstadt passierten wir dann den Park mit dem Denkmal des Schriftstellers und Bischofs Frans Michael Franzen. Er wurde 1772 in Oulu geboren. Obwohl seine Muttersprache Finnisch war, dichtete er in Schwedisch. Finnland war damals schwedisch und Finnisch war die Sprache der Unterschicht.
Am Park befindet sich auch ein Knaben-Gymnasium.

Überall in der Stadt verstreut sind interessante Kunstwerke anzutreffen.
In einem anderen Park beim Rathaus sahen wir die Skulptur auf dem Foto rechts.
In diesem Fall ist es eine Kunstbrücke, die sich über ein kleines Fließ spannt.

Nachdem wir den Markt und die Halle besucht hatten, uns dort mit Pirogen mit Lachs und Käse als Reiseproviant versorgt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof.
Vor der Rückfahrt nach Muhos kehrten wir in eines der Katri Antell Cafés ein.

Kaffee und Kuchen waren lecker.
Ein Foto der Gründerin hing an der Wand und Dora klärte mich über deren Geschichte auf.
1880 erhielt sie die Genehmigung für das Bäckergewerbe und verkaufte Brote auf dem Markt.
Seit 1899 betrieb sie eine Konditorei, heute besitzt die Firma mehrere Verkaufsstellen in der Stadt.
In der Filiale am Bahnhof nahmen wir Abschied von Oulu.
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Nach Helsinki zurück

23.06.2010

Der Himmel wirkte aufgeregt, weil wir am nächsten Mittag von Muhos nach Helsinki aufbrechen wollten und die Sonne ging auch nicht mehr unter.
Der Abschied von Tintti und Eki dauerte bis lange in die Nacht hinein.

Unsere Gastgeber begleiteten uns zum Bahnhof.
Bahnhof ist leicht übertrieben, was geblieben ist, ist ein Schild und ein Bahnsteig.
Ein wenig traurig war ich die beiden zu verlassen, doch den fliegenden Blutsaugern weinte ich kein Auge nach.

Unser Transportmittel war entsprechend der Bedeutung des Bahnhofs ein Bummelzug.
Doch die Zeit wurde uns nicht lang, eine lange Partie Scrabble und zwei Kaffee später trafen wir am Zielort ein.
Am Bahnhof holte uns die Besitzerin des Hauses ab, bei der wir die ersten Tage in  Helsinki gewohnt hatten.
So lernte ich Leena und Karl-Heinz kennen, die uns mit Gegrilltem und Wein empfingen.