Dieses Blog durchsuchen

Kannibalen und Salsa aus Harlem

06.08.2011

Mit J. aus Bremen fand ich endlich jefrau, die pervers genug war, um mit mir die Alles Kannibalen Ausstellung im me Collectors Room in der Auguststrasse in Mitte zu besuchen.
Alle anderen Frauen lehnten entweder ab oder sie erschienen mir so zartbesaitet, dass ich mich gar nicht traute zu fragen.
Vorher schlürfte ich noch einen Milchkaffee im Vorgarten von Clärchens Ballhaus schräg gegenüber.

Jerome Zonder, Kinderspiele 1, 2010
Das me ist ein Eckhaus, gebaut, um die Privatsammlung von Thomas Olbricht unterzubringen.
Im Eingangsbereich befindet sich ein Restaurant.
Das etwas makabere Bild rechts stimmte uns dort auf den Horror ein, der da kommen würde ein.

Adriana Varejao, Azuleria branca
em carne viva, 2002
Kannibalismus bereitet Nervenkitzel, was wir spätestens seit dem von der Springerpresse und anderen Sensationblättern ausgeweidetem Prozess gegen einen Mann, der Teile einer Internetbekanntschaft auffraß, wissen.
Die aus einer aufgerissenen Fliesen-Wand quillenden Innereien waren ein Hingucker. Die Künstlerin aus Brasilien schafft es die richtigen Seiten in uns zum Klingen zu bringen. Filme mit Blut und Horror finden immer ihr Publikum.

Vik Muniz, Saturn ißt einen
seiner Söhne, 2005
In einem Raum bezogen sich mehrere Arbeiten von verschiedenen Künstlern auf den Zeichen Zyklus Schrecken des Krieges von Franciso de Goya, links ist der Saturn, der seine Kinder frisst, dabei unter dem Müll unserer Zivilisation begraben zu werden.
Ein Künstler aus Mexiko gewann dem Bandenkrieg mit im Jahr 2010 gezählten 2700 Toten etwas humoristisches ab.
Er präsentierte die abgezogene Haut eines tätowierten Gangmitglieds der Mara Salvatrucha (M 13) als Bettvorleger.

Melissa Ichiuji, Kissie Kissie, 2008
Am Eindrucksvollsten ekelig fand ich einen Frauenkörper aus bedrucktem Stoff, der mit Schmetterlingpuppen ausgestopft war. Ich hatte sofort Bilder aus dem Film das Schweigen der Lämmer vor den Augen. Der Serientäter pflegte seinen Opfern die Haut abzuziehen und sie mit Larven zu füllen. Der Erfolg der Romanfigur Hannibal Lektor in Büchern und Filmen zeigt, wie anfällig Menschen für's Gruseln sind.

Die Ausstellung bot viele spannende Einzelstücke, doch der Zusammenhang und die Einzelbedeutungen erschlossen sich erst durch die Führung, die wir buchten.
**********************

Am Abend besuchte ich mit Augenstern das Kesselhaus in der Kulturbrauerei. Eigentlich ein ungemütlicher Ort, denn es gibt keine Sitzplatze zum Verweilen. Doch unser Ansinnen war dem Spanish Harlem Orchestra nicht nur zu lauschen sondern uns überwiegend im Tanzschritt kurz-kurz-lang zu drehen. Passenderweise hatte ich eine bezaubernde Tanzpartnerin an meiner Seite. Die Band überzeugte komplett mit Salsa in Perfektion unter dem Motto "Viva la tradicion".

Vorher - Hinterher

04.08.2011

Vor dem Kunstbesuch traf ich Augenstern im Restaurant Riogrande. Keine Angst, das ist keiner der tausend miesen Texmex Läden, die Fertiggerichte in der Mikrowelle aufwärmen, sondern bietet alpenländliche / mediterrane Küche. Es liegt am May-Ayim-Ufer nah bei der Oberbaum Brücke. Die Terrasse bietet Spreeblick, die Tische stehen kaum über der Wasserlinie. Zum Glück gibt es wenig Hochwasser in Berlin.

Das Essen ist sehr lecker jedoch eher mittelpreisig. Doch die tolle Aussicht entschädigt den Geldverlust.
Wir strebten bald über die Brücke nach Ostberlin in die Fotogalerie Friedrichshain.
Augensterns Fotokurs Dozentin lud zur Vernissage.

Der Titel der Ausstellung lautete: "Nicht von Dauer war die Mauer". Sie hat Orte in der Stadt vor und nach dem Mauerfall vom selben Standpunkt aus fotografiert.
Damit zeigt sie nicht nur wie wenig vom 168 km langen "Antifaschistischem Schutzwall" übrig geblieben ist. Scheinbar ist alles wieder wie vor dem Mauerbau.
So ist Berlin jedoch nicht zusammen gewachsen, es hat nur seine Geschichte und deren Orte ausradiert und vergessen.


Ruth E. Westerwelle belichtet diesen Teil der Stadtgeschichte kontrastreich in schwarz / weiß.

Schweiz in Tempelhof

31.07.2011

Augenstern und ich waren schon immer neugierig wie die Malzfabrik aussieht, eine alte Fabrik, die heute ein privat betriebenes Kulturzentrum beheimatet. Es liegt nah beim Bhf. Südkreuz. Gut erkennbar an den auffälligen Schornsteinen.

Das Fest zum schweizer Nationalfeiertag bot uns die Gelegenheit zur Besichtigung.

Leider passierte beim Fest selbst wenig Spannendes. Am interessantesten fand ich einen Stand mit Raclett.

Der Mann hinter dem Tresen arbeitete recht unorganisiert, alleine und langsam. So stand ich fast 30 Minuten in der Schlange. Zumindest das Brot mit geschmelztem Käse und Schinken war sehr lecker. Den Imbisswagen von RaclettJan kann man / frau auch buchen.

Die Ausstellung Urs Jaeggi - Kunst ist überall war auf einigen bisher unsanierten Etagen untergebracht. Dort fanden sich auch viele Reste alter Maschinen, die gut mit den Werken des Künstlers korrespondierten.

Er ist ein Multitalent, Soziologe, Schriftsteller und bildender Künstler. Eine zweite Ausstellung von verschiedenen Künstlern aus der Alpenrepublik besuchten wir wegen des geforderten Eintrittsgeldes nicht. Ich fand das für die reiche Schweiz zu knickerig.
Was sich sicher lohnt, ist eine Führung durch die Malzfabrik. Diese könnt ihr auf deren WEB-Site buchen.
Der Kostenbeitrag beträgt 7 Euro.

Wüstenrock

29.07.2001








Der dritte Besuch beim Wassermusik Festival galt Tinariwen. Sie sind Tuareg und die Musik ihrer Volksgruppe spielen sie überwiegend mit den Instrumenten einer Rockband. Heraus kommt Wüstenblues.

Der Groove erinnert stark an den gleichmäßigen Gang eines Kamels. Aber trotzdem und weil der Grundrhythmus einfach ist, schwingt man / frau ganz schnell mit.

Die Gitarren und der Gesang sorgen aber dafür, dass niemand einschläft. Von den drei Konzerten des Festivals, die ich sah, eindeutig das Beste. Schaut euch das Video an und versäumt ihre Konzerte nicht!

Dunkel ist´s in Afrika

26.07.2011

- GASTBEITRAG -

Das Kant-Kino in der Hausnummer 54 der gleichnamigen Straße hat bald hundert Jahre auf dem Buckel. Hier wurde schon 1912 ein Lichtspielhaus für 800 Zuschauer gebaut. Im Verlauf der Jahrzehnte wurde das Kino mehrmals umgebaut.
In den 70er und 80er Jahren wurde im großen Saal Platz für innovative Strömungen der Rockmusik angeboten. Das war ursprünglich als Werbung für das Kino angedacht.

Damals standen noch wenig bekannte Größen auf der Bühne, wie Iggy Pop, The Police, Duran Duran, Ideal. Der Veranstalter Albatros sorgte für Nachschub.

Irgendwann fing in Berlin, wie auch anderswo, das große Kinosterben an. Wim Wenders und die Betreiber der Hackeschen Höfen konnten 2001 die drohende Schließung verhindern.

Seit Ende Juni 2011 gehört das Kant-Kino nun zur Yorck-Gruppe. An einem verregneten und saukalten Juli-Abend gingen wir dort hin.
Wir fanden im verschachtelten und verwinkelten Haus den kleinen Kinosaal.

Gute Kritiken und der Berlinale-Preis 2011 für die beste Regie für Ulrich Köhlers Film Schlafkrankheit - Maladie du sommeil hatten uns nach fernen Charlottenburg gelockt. Die Geschichte klang interessant: ein deutscher Arzt leitet in Kamerun ein Forschungsprojekt zur Schlafkrankheit. Seine Frau kehrt zurück nach Europa. Er kann ihr nicht folgen, da er inzwischen fest in Afrika verwurzelt ist. Oder will seine Privilegien als Weißer nicht aufgeben.

Der afro-französischer Arzt aus Paris reist an, um das dubiose Forschungsprojekt des weißen Kollegen zu evaluieren. Er kommt in den schwierigen Verhältnissen in afrikanischem Hinterland nicht zurecht.

Außerdem scheint das Projekt eine korrupte Luftnummer der europäischen Entwicklungshilfe zu sein. Die Konstellation ist interessant, nur die Realisierung durch Ulrich Köhler ist recht holperig.

Die Figuren und deren Beweggründe blieben mir unklar. Der deutsche Medizinmann schlürft phlegmatisch durch die Gegend, kämmt sich nicht, rasiert sich nicht, er vergammelt offensichtlich.

Seine Verbundenheit mit Afrika wird nicht deutlich. Unklar bleibt auch die Beziehung zu seiner Frau, die nach Europa verschwindet. Nach einem überraschenden Zeitsprung hat er eine afrikanische Frau.

Der schwarze Doc ist ein Trottel vom Feinsten: naiv, hilflos und schwul. Man sieht einfache Krankenstationen, staubige Sandpisten, lichtlose Schlafstätten, Stirnlampen, Autoscheinwerfer, Schatten.

Es ist ständig zappenduster. Im dunklen Dschungel kann man schon von einer Tsetsefliege gestochen werden oder sonstwie durchdrehen. Endlich nach 91 Minuten tapst ein Flusspferd durch das Bild und der Abspann folgt. Gähn! Es muss nicht immer Weiße-Massai-Kitsch sein, aber etwas von Weiten Afrikas hätte ich schon gerne gesehen. Außerdem finde ich es immer wieder befremdend, wenn im tiefsten Afrika, mitten in der Nacht, die schwarzen Polizisten den Auto fahrenden Europäer in akzentfreiem Deutsch ansprechen. Durch den Versailler Vertrag war die Ära der deutschen Schutztruppen in Kamerun schon 1919 zu Ende.

Kritiken der Anderen: ZeitSpiegel, Süddeutsche Zeitung,

Kunst im Wahlkampf

24.07.2011

Wenn im Herbst Wahlen sind entdeckt der Berliner Politiker gerne die Kunst, besonders wenn sie nicht wehtut.
Klaus Wowereit möchte wiedergewählt werden, da tut es gut mal wieder in die Kameras lächeln zu können.
Eigentlich wollte er ja sein Projekt Kunsthalle Berlin vorstellen, doch das hat er in den Sand gesetzt.
So wurde die Ausstellung Based in Berlin als Ersatz aus dem Hut gezaubert.

Roseline Rannoch, 2011
Afraid of being made
An mehreren Orten in der Stadt wurden KünstlerInnen die hier leben vorgestellt.
Bei diesem konzeptlosen Auswahlkriterium war natürlich keine inhaltliche Klammer zu erwarten. Ich besuchte mit zwei Freundinnen den Standort im Monbijou Park.
Ein leerstehender 50er Jahre Neubau, vorher von der Kunsthochschule Weisensee genutzt.
Augenscheinlich gefiel mir die Konzeptkunst mit Granitblock im ersten Raum gut.

Ariel Schlesinger, 2009
A Car Full of Gas
Der nächste Künstler spielte mit dem Thema Terrorismus.
Er hatte einen Mini mit Gasflaschen gefüllt und ins Fenster ein Loch gebohrt. Daraus schaute ein brennender Docht.
Dies erschließt sich jedoch erst bei Herantreten. Seine Herkunft aus Palästina hat ihn wohl beim Werk inspiriert.

Ein kleinen Überblick über das was ich fotografierendswert fand seht ihr unten. Mit Mariechen Danz sah ich eine alte Bekannte.






Julieta Aranda, 2011
la There is a heppy lend — fur, fur awa — a — ay
Mariechen Danz
Body Dig, 2011

Rayn MacLaughlin
Young man, 2009

Tue Greenfort, 2011

Schon wieder Wasser

22.07.2011



Beim zweiten Konzertbesuch im Rahmen des Wassermusik Festivals war mein Fokus auf die chilenische Kooperative Mundovivo gerichtet. Diese betreibt einen Musikverlag, der unterschiedliche Stile anbietet.
Mir war Mundovivo bisher unbekannt

Diesmal war ich mit Augenstern unterwegs.
Für den Auftritt thematisierte die Band das Leben in der nordchilenischen Atacama Wüste. Gut gefiel uns der Einsatz sowohl von Standart Jazz / Rock als auch von indianischen Instrumenten.

Leider war das Haus nicht ausverkauft. Für uns hat es sich jedoch gelohnt, auf die Tipps aus den Festival Informationen zu hören.

Aicha, mon amour

15.07.2011








Im Rahmen des Wassermusik Festivals trat Cheb Khaled mit Band im Haus der Kulturen der Welt auf. Etwas erklärungsbedürftig ist das Thema "Wüste" des Festivals, doch auch der Wassermangel hat ja etwas mit Wasser zu tun.

Zur Eröffnung spielte der "König des Rai", Khaled. Er stammt aus dem Berbergebiet im Maghreb und ist spätestens seit seinem Hit Aicha ein Weltstar geworden.
Meiner Begleiterin war seine Musik zu rockig, ihr fehlten die folkloristischen Momente.

Ich hingegen finde, ein Nordafrikaner hat, genau wie Mick Jagger, das Recht Rockmusik zu spielen.

Meisterfotograf

11.07.2011

George Rickey, o.N., 1985
Wieder mal fanden wir den Weg in den Martin- Gropius Bau. Schon am Parkplatz entdeckten wir kinetische Kunst. Das Windspiel ist eine Leihgabe der Berlinischen Galerie. Diese sammelt Werke von KünstlerInnen, die in Berlin leben und gelebt haben. Rickey verbrachte die Jahre 68 / 69 in meiner Heimatstadt als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschsdienstes DAAD. Ein weiteres Werk von ihm steht vor der Neuen Nationalgalerie.

Wir besuchten die Ausstellung des genialen ungarischen Fotografen André Kértesz (1894 - 1985). Er war ein Pionier der Kunstfotografie, aber er konnte genauso "einfache Dinge" gekonnt in Szene setzen. Das Spiel von Licht und Schatten lag ihm besonders am Herzen.

Nach dem Beginn seiner Karriere in Ungarn zog er nach Paris. Hier lernte er Brassaï und Man Ray kennen und dort leitete er seine internationale Karriere ein.
Zum Glück zog er in die USA, bevor ihn die deutschen Mörder wegen seiner jüdischen Herkunft umbringen konnten.

Leider war in der Ausstellung das Fotografieren verboten. Bei einer Fotoausstellung erschien uns dies recht widersinnig. Ein Blitzlicht Verbot kann wegen der Empfindlichkeit von Bildern sinnvoll sein, aber sonst ist das Verbot sinnlos. Und die meisten Besucher knipsen trotzdem heimlich mit dem Handy.
Doch uns hatten die tollen Bilder so stark inspiriert, dass wir danach im Haus wild rumknipsten.

Rohe Kunst

09.07.2011

Wieder verbanden Augenstern und ich einen Radausflug mit einem Kunstbesuch. Im Schloss Marquardt bei Potsdam wird jährlich wechselnd moderne Kunst gezeigt.
Wir packten unsere Fahrräder in die S-Bahn und ließen uns nach Wannsee transportieren.

Oswaldo Macia, Under the Horizon
Weiter  ging es mit der Fähre nach Kladow. Nach 1,5 Stunden strampeln erreichten wir unser Ziel.
Die Ausstellungreihe heißt Rohkunstbau und diesmal waren dort unter dem Motto Macht allerlei Werke zu sehen. Das Motto erschloss sich mir leider überhaupt nicht, aber zum Glück waren viele Arbeiten auch ohne ideologischen Überbau sehenswert. Die Badewanne gefüllt mit einen Öl - Wasser - Gemisch fand ich am Spannensten.

Marina Vassileva, Accelerator
Ganz nett fand ich auch noch den brummelnden Bugattimotor mit beleuchteter Dornenkrone in der Eingangshalle.
Der Kurator schreibt dazu, dass die Dornenkrone den Untergang symbolisiert und der Motor den Reichtum, die Geschwindigkeit und die Macht.
Was Kunstgelehrte sich für bedeutungsschwangeren Schwachsinn aus den Gehirnwindungen quetschen können, Unglaublich!

Als wir künstlerisch bedient waren, radelten wir weiter nach Potsdam. Am Wegesrand  entdeckten wir diese in unseren Breiten selten gewordene Pflanze. Da wir selbst aus Weintrauben erzeugte Drogen bevorzugen, nahmen wir Blätter für Freunde mit.

Zum Schmausen besuchten wir im Zentrum von Potsdam das Restaurant Der Butt. Wie der Name andeutet, ist es auf Fischgerichte spezialisiert. Die Preise sind moderat und das Essen ist richtig lecker. Dann fuhren wir mit der S-Bahn nach Hause.