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Von Bunker in die Hölle

12.05.2013

Wenn die Wettergöttinen Schauer voraussagen, bevorzugen die Liebste und ich uns indoor erschauern zu lassen. Wir hatten eine Führung durch den Mutter - Kind Bunker an der Fichtestraße ausgewählt. Der Verein Berliner Unterwelten organisiert regelmäßig Rundgänge durch das Bauwerk.

Dieser Bunker ist außergewöhnlich, weil er eigentlich nur für Mütter mit Kindern gedacht war. Diese Mütter unterstützten die Raubzüge ihrer Männer an der Heimatfront. Dafür sollten sie nachts ruhig schlafen, um am Tag arbeiten zu können. Die Mörder benötigten Nachschub an Waffen und Nahrung. Neben den ZwangsarbeiterInnen produzierten die Frauen Waren für den Krieg. Großmaulig wie die Nazis sind, versprachen sie damals Bunkerplätze für alle arischen BewohnerInnen der Hauptstadt.

Offensichtlich erfüllten sie diese Versprechung nicht, so dass kurz vor der Eroberung Berlins durch die Sowjetarmee 30.000 im Bunker eher standen als saßen. Mitleid ist aber nicht nötig, die Deutschen hatten sich jede Bombe selbst verdient.

Wer stolz auf die Bombenangriffe auf Guernica, Rotterdam und London war, durfte sich nicht beschweren, wenn die Angegriffenen zurück schlugen.

Um die Jahrhundertwende, im zweiten deutschen Reich, war das Gebäude als einer von vier Gasspeichern entstanden. Mit dem Gas wurden damals überwiegend die Straßen Beleuchtung gewährleistet. Das Gas wurde nur in der Nacht benötig und so entstanden im gesamten Stadtgebiet Speicher. Nach dem ersten von den Deutschen angezettelten Weltkrieg gewann die Versorgung der Haushalte mit Gas eine immer größere Bedeutung. Es wurde jetzt 24 Stunden verbraucht.

Die Zwischenlagerung wurde nicht mehr benötigt. Fast alle Gasspeicher wurden stillgelegt. 1940 wurde der Speicher an der Fichtestraße zum Bunker umgebaut.
Nach verlorenem Krieg wurde er Flüchtlingslager, Obdachlosenunterkunft und zum Schluss Lager der Senatsreserve.

Wen und mit wieviel der Besitzer, die Projektentwicklung speicherWerk Wohnbau GmbH, das Objekt kaufte und den Denkmalschutz dabei vernachlässigen konnte, ist ungeklärt. Sie haben auf dem Gelände Luxuswohnungen errichtet und diese mit hohen Zäunen gesichert.
Bei dem Ganzen hat der grüne Bezirksbürgermeister Schulz (er ist auch für den Abriss an der East Side Gallery verantwortlich)  mal wieder seine Finger im Spiel. Über die Hintergründe der Schweinerei berichtet die Initiative Fichtebunker im Netz.

Da unser liebster Italiener Enzo am Chamissoplatz am Sonntag verschlossen ist, besuchten wir das von der katholischen Kirche in der Yorkstraße betriebene Restaurant Kreuzberger Himmel. Dass beim anhaltenden Mitgliederschwund neue Einnahmequellen erschlossen werden, ist legitim. Die Preise und die Qualität  von Speisen und Getränken waren gut. Leider vergaß ich nachzufragen, ob die Angestellten entlohnt werden oder ob ein Segen zum Feierabend ausreichen muss. Dass Fürze von Nonnen zum Nachtisch verkauft werden, weist ja in diese Richtung oder kann man / frau sich vorstellen, dass den Nonnen pro Furz ein Anteil von vierzig Cent bezahlt wird.

Nach zwei Vorsuppen, meine schmeckte etwas langweilig, aß die Liebste Blutwurst und ich Tafelspitz. Beide Gerichte schmeckten lecker und die Nonnenfürzchen als Nachtisch waren ein Gedicht.

© Irmeli Rother
© Irmeli Rother
© Irmeli Rother

Auf dem Weg zum Klo wurde ich dann mit meinem Unglauben konfrontiert. Im Flur fand ich ein Glaubenstraktat mit dem Titel: Ich habe den Glauben verloren.... Da fühlte ich mich angesprochen, denn als Kind glaubte ich noch an den Weihnachtsmann und andere Märchen.
Im Text fand ich dann einen Satz wie: Glaube bedeutet Gott zu vertrauen. Doch wie soll ich Jemand vertrauen, der nichts dafür tut, dass man ihn erkennen kann. Abgesehen davon, dass seine Stellvertreter auf Erden selten eine gute Figur machen. Da hilft es auch nicht mir mit der Hölle zu drohen.


Etwas dreist fand ich jedoch die Missionsarbeit auf den Klo. Im Urinarium schaute mich ein Jesus am Kreuz als Zielhilfe an.
In anderen Klos sah ich schon mal Fußbälle, Marienkäfer oder Fadenkreuze, die helfen sollten, dass Mann, besonders wenn er besoffen ist, besser trifft.
Doch diese Selbstironie hätte ich der Katholischen Kirche nicht zugetraut. Ist das der frische Wind, den der neue Papst erzeugt? Lautet das neue Motto:
"Mit Jesus ins Ziel"?

Schön aber doof

08.05.2013

Meine Liebste bereitete mir ein schönes Geschenk.

Lorenzo Costa, Argo
Sie lud mich in die Komische Oper zur favola musica Orpheus von Claudio Monteverdi. 1607 uraufgeführt, gilt das musikalische Fabel genannte Singspiel als erste Oper der Geschichte. Von Anfang an als Unterhaltungsstück konzipiert, ist es musikalisch eine Mixtur aus damals populären, zum Teil sakralen Themen. Die Machart erinnert an heutige Musicals.

Monteverdi wählte eine schon damals bekannte Geschichte, so dass diese auch verständlich ist, auch wenn der Sprechgesang nicht ganz rüber kommt.

Nach der Fabel war Orpheus ein Mitglied der Argonauten. Diese griechische Piraten Bande machte mit dem Schiff Argo die den Griechen bekannten Meere unsicher.
Während ihrer Odyssee betäubte er Feinde mit seinem Gesang und mit dem Klang seiner Lyra.
Diese wird wie ein Harfe gezupft.

Am Anfang der Aufführung betrachtete sich der heimgekehrte "Held" Orpheus selbstverliebt in einem kleinen Teich, der in eine paradiesisch blumige Bühnenlandschaft eingebettet war.

Dann traten ca. fünfzig SängerInnen / TänzerInnen auf und spielten ein orgiastisches Fest. Natürlich ohne Drogen und Schweinkram, aber es gab Nymphen, Satyrn, Tiermasken und barbusige Menschen.

Mich beeindruckten besonders die Satyrn, in der griechischen Sage ein Mischwesen mit den Beinen eines Ziegenbocks, Oberkörper und Kopf eines Menschen mit süßen kleinen Hörnern über der Stirn. Hübsch an ihnen war auch ein Puschelschwanz, der beim Tanzen wackelte.

Der Sage nach verführten diese Wesen am liebsten Frauen.
Es könnte sein, dass den verklemmten Christen Satyr Vorbild für den Teufel war. Zwischen den Feiernden wuselte ein putziger Amor (Peter Renz) herum.

Er verkuppelte Orpheus (Dominik Köninger) mit Euridike (Julia Novikova). Diese wird danach von einer Schlange gebissen und findet sich im Totenreich, dem Hades, wieder. In der Antike gab es aber dort keine Folter.

Die christliche Konstruktion Himmel und Hölle war noch nicht erfunden. Aber der Hades war wohl Vorbild für die Hölle.
Superheld Orpheus kann es nicht zulassen, dass ihm die Frau genommen wird. Mit Hilfe seines Gesanges gelingt es ihn ins Totenreich vorzudringen und Eurydike los zu eisen. Leider meint er sich nicht an die Bedingung halten zu müssen, sie während des Rückwegs nicht anzuschauen.
So kehrt er allein zurück. Seine Eitelkeit ist dadurch so sehr verletzt, dass es sich auf offener Bühne in dem kleinen Teich ersäuft, in den er am Anfang seine Spiegelbild betrachtete.
Liebe, Triebe und ein tragisches Ende, Monterverdi hat die Bonbonmasse gut zusammen gerührt.



Wir waren von der Inszenierung von Barrie Kosky begeistert. Das Bühnenbild, das Orchester und die DarstellerInnen zeigten hohes Niveau. Dominik Königer als Orpheus wurde seiner Rolle als göttlicher Sänger voll gerecht.
Ganz besonders hervorheben möchte ich die fantastische Leistung des Puppenspielers Frank Soehnle vom Puppentheater Tübingen.
Einziger Wermutstropfen bei der Aufführung war für uns, dass oft zu viele TänzerInnen auf der Bühne herum wirbelten. Weniger wäre mehr gewesen.
Nachdem wir ausführlich gebeifallt hatten, fuhren wir Heim.

Kritiken der Anderen: Berliner Zeitung, Tagesspiegel, Kulturradio, Zeit, Freitag

Heiliger Esel

04.05.2013

© Irmeli Rother
Bei diesem schönen Wetter mussten wir raus. Für einem kleinen Ausflug kam uns das Spargelfest am Rathaus Schöneberg gerade recht. So richtig spannend ist es dort nicht. Viele Stände sind echt langweilig.
Doch bemerkenswert finde ich immer wieder die Spargel Schälmaschine.

Einfach am Stand Spargel kaufen, kostenlos schälen lassen und später genießen ist genial. Schon dafür lohnt der Weg.

© Irmeli Rother
Diesmal kamen wir auch gerne, weil ein Auftritt von Mula Santa, einer Cumbia Ska Band angekündigt war.
Ich mag die Gruppe gerne, denn sie verwandeln ein gelangweiltes Publikum nach kurzer Zeit in Tanzbären.
Das jüngere Publikum begann schnell zu hüpfen.

© Irmeli Rother
Dafür ich schnappte mir die Liebste und schob sie über den staubigen Tanzplatz. Cumbia ist wegen dem 1,2,3,4 Tanztaktes nicht schwer.
Toll ist bei der Band die Präsentation.
Der Front Esel animierte das Publikum vorzüglich, leider waren die Senioren auf dem Fest etwas störrisch.

Sambisimo

02.05.2013

Mit G. und ihrer Tochter war ich zur Vorstellung der neuen CD Moreno do sol von Dudu Tucci und der Brasil Power Drums erschienen. Dudu ist eine der wichtigen Personen in der Berliner Sambaszene. Er ist Leiter des Percussion Art Center in Kreuzberg. Diese Trommelschule aus Kreuzberg ist in Berlin sehr bekannt.
Das Konzert fand im Maschinenhaus der Kulturbrauerei statt. Dort befindet sich ein kleinerer Saal für ca. 200 Personen.
Wer bei Samba nur an die beim Straßenkarneval auftretenden riesigen Bandas denkt, wurde hier enttäuscht. Hier standen nur sieben MusikerInnen auf der Bühne. Aber mit Hilfe von ein wenig elektrischem Strom erzeugte die Band einen fetten Sound und brachte den Saal ins Tanzen.
Ich drängte mich nach vorne zur Bühne und nutzte meine Hipps, die mussten sich zur Musik bewegen. Sie können halt nicht lügen.
Mindestens die Hälfte der Anwesenden tanzte mit mir im Samba Takt. Es wurde eine tolle Party.
Die auftretenden KünsterlerInnen waren Dudu Tucci: perc. - vocal / Mariana Viana: vocal - dance / Guilherme Cardoso:  guitar / Krista Zeissig: perc. back vocal / Fabiano Lima: perc. / Tino Vetter. perc / Ney Victor: perc

Dudu Tucci

Schwestern, zur Sonne, zur Freiheit....

01.05.2013

strickmafia Am Kampftag der Arbeiterklasse besuchte ich mit meiner Liebsten als erstes das Fest des DGB am Brandenburger Tor.
Hier waren auf beiden Seiten der Straße des 17. Junis Marktstände aufgebaut. Viele waren von gewerkschaftlichen Gruppen belegt, dazwischen gab es aber auch Kommerzielles.

An einem Biertisch trafen sich Woll -Terroristinnen. Sie berieten wohl, was sie noch alles einstricken könnten.
Vor der Rednertribüne, wo die Kundgebung stattfand, stand jedoch kaum eine ZuhörerIn.
Das Wenige, was ich davor zu hören bekam, machte mir das verständlich.

Da jammerte doch ein Betriebsrat der Aluminiumindustrie, dass diese keinen Billigstrom mehr gekommen soll. Lobbyarbeit für Fabrikbesitzer bei einer DGB Kundgebung?!?
Ich traf einige Bekannte und meine Liebste stöberte fleißig an den Ständen.
Eine Freundin war mit Baby und Mann unterwegs. Fotografieren durfte ich die Kleine, jedoch musste ich versprechen das Gesicht unkenntlich zu machen. Da das Internet angeblich nichts vergisst, kann ich dies gut verstehen.

Vielleicht will sich die Kleine in zwanzig Jahren irgendwo bewerben, wo eine frühkindliche gewerkschaftliche Prägung nicht gern gesehen wird.

Vom Brandenburger Tor fuhren wir nach SO36 in eines der vielen Herzen Berlins. Im Bereich zwischen dem Oranienburger Platz und dem U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof fand das Myfest statt. Das ist von AnwohnerInnen und anliegenden Gewerbetreibenden organisiert und hier steppte der Bär.


Überall waren Bühnen aufgebaut und alle paar Meter wurden Getränke verkauft und auf Tischen und Grills Essbares angeboten.
Aber auch hier kam die Politik nicht zu kurz. Bei einer Performance, die sich gegen Wohnraum Spekulanten richtete, passierte nicht richtig viel.

Eine Frau saß in einer Badewanne. Jemand warf mit Farbe und Wasser in Tüten auf den Nachbau eines Gebäudes der Immobiliengruppe Living Bauhaus. Stadtbekannte Luxus Modernisierer, die sich hinter architektonischen Anspruch verstecken.
Um Living Bauhaus aus Berlin zu verjagen, wird die Performance wohl nicht ausreichen. Es ist sicher erfolgreicher, wenn die asozialen Bewohner der Häuser direkt angegangen werden. Wenn es keinen Spaß mehr bringt in den Häusern zu wohnen, wird die Firma wohl Pleite gehen. Das wäre doch schön.

Uns war das Myfest zu trubelig. Gemütlich Kaffee trinken ist anders. Dafür nutzen wir den türkischen Deli Weinblatt in der Dieffenbachstraße.

Dumme Nazis

28.04.2013

© Bötzow Berlin/ Randt
Zur Vorstellung des Bebauungsplans veranstaltete die ehemalige Bötzow Brauerei drei Tage der offenen Tür. Dort soll ab 2015 das Entwicklungsbüro der Fa. Ottobock und Diverses einziehen. Der Standort wurde Bötzow Berlin getauft.
Wie immer, wenn Kameras zum reinlächeln da sind und rote Knöpfe zu drücken sind, war unser lächerlicher regierender Bürgermeister dabei.
Seit dem er den Flughafen BER so dummdreist an die Wand gefahren hat versucht er durch dauernde Medien Präsenz beim Stimmvieh zu punkten.

Gerne lässt er sich dabei auch für PR Aktionen einspannen.
Für uns, die gewöhnlichen BesucherInnen, bot die Veranstaltung nicht viel.
Für die Kinder war etwas Ringelpietz aufgeboten und für die Erwachsenen eine Blaskapelle.
Derweil vergnügten sich die geladenen Gäste abgeschirmt auf der Dachterasse und mussten wahrscheinlich für Getränke und Essen nichts bezahlen, wie die Menschen auf den Hof.

Dies ist wohl der feine Unterschied zwischen Steuerbetrügern und Steuerzahlern.
Das Einzige was die Liebste und mich interessierte, war eine kostenlose Führung durch die Braukeller. Diese wird regelmäßig Sonntags um 12 Uhr angeboten. Bitte Anmelden! Auf uns warteten Bauhelme und Grubenlampen, die im Keller Pflichtausrüstung sind und ein kundiger Bau Archäologe. Dieser führte uns durch die Katakomben und berichtete Spannendes.

So holten die Brauer im Winter Eis aus der Spree und nutzten das für die Kühlung. Die Keller waren wie eine Thermosflasche gebaut und das eingelagerte Eis hielt bis zum nächsten Winter. Diese Methode wurde bis zur Erfindung der Kühlaggregate genutzt.

Der uns Führende berichtete dann auch noch von dem ehemaligen Brauereibesitzern Bötzow. Der letzte brachte sich vor dem Einmarsch der Roten Armee um. Er war zwar NSDAP Mitglied und Kriegsgewinnler, aber diese besetzten doch im Nachkriegs Deutschland viele hohe Posten. Herr Bötzow war wohl ein echt doofer Nazi, sonst hätte er behauptet, der Führer hat ihn gezwungen.

Nach dieser Besichtigung das auf der Gelände angebotene Industriebier zu trinken, behagte mir wenig. So besuchten wir das Brauhaus Lemke am Hackeschen Markt, dort gibt es leckeres Bier, recht erträgliches Essen und einen hübsches Garten. Ein guter Platz zum abhängen.
Am Abend besuchte ich mit J. das Puppentheater Schaubude Berlin. Das Puppenspiel als Kunstform wird ja in Westdeutschland immer noch als minderwertig angesehen. Als Kindertheater wird es akzeptiert. Da war die DDR mit ihre Hochschulausbildung zum Puppenspieler weiter.


Schon in Foyer stimmten uns die Zeichnungen von Marianne Fritz auf die Vorstellung ein. Sie ist selbst auch Puppenspielerin. Besonders bezaubernd fand ich ihre Pulchinellen, die an die Maskenfigur der Commedia del Arte erinnerten.
Das Stück Teuflische Zeiten war jedoch nicht so toll. Zwar traten Gretel, Kaspar der Teufel und der Tod auf, doch die Handlung war recht wirr. Das Schönste war das Gretel sich vom eleganten Teufel verführt ließ und ein Kind von ihm bekam. Kaspar durfte sie dafür verprügeln. HaHaHaa!


Kindsmörderin

26.04.2013

GASTBEITRAG I.Rother

Wir sahen im Deutschen Theater das Theater-Stück „Stallerhof“. Der Schriftsteller Franz Xaver Kroetz hat das Theater-Stück bereits vor 40 Jahren geschrieben. Seine Figuren sind oft einfache Leute.

Zur Geschichte:

© Arno Declair
Stallerhof ist ein Bauern-Hof in Bayern. Der Bauer wird Staller genannt. Seine Frau nennt man Stallerin. Ihre Tochter heißt Bebbi. Bebbi ist anders als andere Jugendliche in ihrem Alter. Sie versteht Dinge langsamer als andere. Sie hat Schwierigkeiten im Lesen und im Schreiben. Bebbi ist geistig behindert. Auf dem Bauern-Hof muss sie hart arbeiten. Die Eltern gehen streng mit ihr um. Sie hat keine Freude im Leben.
Auf dem Bauern-Hof arbeitet der alte Knecht Sepp. Bebbi und Sepp besuchen einen Rummel-Platz.

© Arno Declair
Es macht Bebbi viel Spaß. Doch der Besuch hat Folgen. Sepp bedrängt sie und zwingt sie zum Sex. 
Bebbi wird schwanger. Das finden die Eltern nicht gut. Sie fürchten, was die Nachbarn sagen. Sie wollen, dass Bebbi das Baby weg gibt. Das will aber Bebbi nicht.
Das Baby wird geboren. Es ist ein Junge. Sepp darf nicht mehr auf dem Bauern-Hof arbeiten. Er geht in die Stadt. Bebbi flüchtet mit dem Baby zu Sepp in die Stadt. Bebbi versucht das Leben in der Stadt zu meistern. Bebbi lernt langsam selbst-ständiger zu leben.

© Arno Declair
Sie übernimmt Verantwortung für das Baby. Sie kümmert sich liebevoll um ihr Kind. Nebenbei stellt sie in Heimarbeit Puppen her.
Bebbi und Sepp sind ein sehr ungleiches Paar.
Doch dann stirbt Sepp. Bebbi ist jetzt auf sich allein gestellt.
Sie kommt alleine klar.

© Arno Declair
Sie pflegt das Baby und arbeitet zu Hause. Eines Tages bekommt Bebbi einen Brief vom Amt. Das Baby soll in ein Heim. Bebbi will das verhindern. Sie findet keinen Ausweg und macht etwas Unheimliches. Sie tötet ihr Baby.
Im Theater-Stück spielten insgesamt 5 Schau-Spieler. 4 spielten die Rollen von Bebbi, Sepp, Staller und Stallerin. Die fünfte Person auf der Bühne war ein Erzähler. Er erzählte Sachen, die nicht gezeigt wurden.
Er spracht aus, was die Personen auf der Bühne dachten. Mareika Schulz spielte die Rolle von Bebbi.

Mareika Schulz ist behindert. Der Erzähler half ihr auf der Bühne. Andere Schau-Spieler waren nicht behindert.
Mareike Schulz spielt sonst in einem Behinderten Theater.
Das Theater-Stück hat uns gut gefallen. Alle Schauspieler spielten ihre Rollen gut. Die Ausstattung auf der Bühne war einfach. Es gab nur wenige Möbel-Stücke und sonstige Dekoration.
„Stallerhof“ war eine traurige Geschichte.

© Arno Declair
Im gewöhnlichen Theater sind selten behinderte Schau-Spieler auf der Bühne. In Berlin gibt es Theater-Gruppen für behinderte Menschen. Eine Theater-Gruppe heißt Thikwa. Eine andere heißt RambaZamba.
Nach dem Theater-Stück gingen mir viele Fragen durch den Kopf.
Darf man die schau-spielerische Leistung eines behinderten Schau-Spielers mit gleichen Maß-Stäben bewerten, wie die eines nicht-behinderten Schau-Spielers?
War das Theater-Stück ein Beispiel von gelungener Inklusion?
Oder war es Zuschau-Stellung eines behinderten Menschen?
Ist das Wort Behinderung an sich schon Ungleich-Behandlung von Menschen?.
Inklusion heißt Ein-Beziehung oder Dazu-Gehörigkeit.
Die Leichte Sprache ist eine einfache Sprache, die jeder besser verstehen kann.
Leichte Sprache ist besonders wichtig für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten oder mit einer Behinderung. Es ist auch gut für Menschen, die nicht so gut Deutsch können.

Andere Kritiken: Nachtkritik, Spiegel, Berliner Zeitung, Tagesspiegel

Griechische Verhältnisse

25.04.2013

Als LiebhaberInnen griechisch / türkischer Musik besuche ich mit S. ein Konzert von Alkinoos Ioannidis (Gitarre, Laute) und Yiorgos Kaloudis (Cello, Kretische Lyra) in der Passionskirche.
Unter vielen GriechInnen lauschten wir der herrlichen Musik. Mikis Theodorakis hätte an den Jungs seine Freude gehabt.
Das Niveau der griechischen "Volksmusik" ist sehr hoch.
Leider hatte der Getränkeverkauf verpennt Retsina einzukaufen, so mussten wir uns mit Riesling abfinden.

Hippe Kippe

24.04.2013

Auf den Weg zur Kunst entstiegen wir am Bahnhof Oranienburger Strasse der S-Bahn. Meine treue Begleiterin, die für alle Fotos dieses Posts das Copyright hält, fand schon auf dem Weg durch die Auguststraße hübsche Motive.


Dann erreichten wir den Hamburger Bahnhof, dort wird Kunst von Martin Kippenberger gezeigt.
In den dahinter liegenden ehemaligen Stückgut Verladestation ist genug Raum für die teilweise großformatigen Arbeiten. Ihr habt bis zum 18. August Zeit die Ausstellung zu besuchen.


Kippenberger hat in seinen wilden Jahren wohl nicht viele Fettnäpfe ausgelassen, doch haben die Fettspritzer auch ordentlich zu seinem Marktwert beigetragen.
Jede Provokation machte ihn bekannter und seine Werke teurer. So malte er Bruchstücke von Hakenkreuzen im Stil von den Deutschen verfemten KünsterInnen und gab dem ganzen den Titel "Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken". Sicher keine Rechtfertigung des deutschen Ausflugs in die rassistische Weltherrschaft, aber der deutsche Blätterwald erzitterte.

Was ist der Unterschied
zwischen Casanova und
Jesus? Der Gesichtsausdruck
beim Nageln, 1990
Richtig schickte er die katholische Kirche auf die Rolle, als der Frosch links in einer Kunstausstellung in Südtirol hing. Der Hungerstreik des Präsidenten des Regionalparlaments, mit dem er dessen Entfernung erreichen wollte, wurde sogar vom Papst Benedikt unterstützt.
Jeder zeigt sich halt so lächerlich, wie er es braucht.
Kippenberger machte aber auch mit viel Positivem von sich reden. Er war Geschäftsführer des Clubs SO36 in Kreuzberg, amüsierte sich in der Paris-Bar und gründete eine Produzentengalerie.


Martin, ab in die Ecke und schäm
dich, 1989
Er nahm an der Documenta X und der Biennale 1980 teil, war Hochschullehrer und ein sehr fantasievoller Künstler. Es gibt sowohl viel Ernstes als auch Lustiges in der Ausstellung zu betrachten.
So stellte er sich als Schwarzer in die Ecke, ich gesellte mich dazu. Ironische Selbstkritik ist halt vielen Martins eigen.

Papa der Wilden

22.04.2013

Der große Schlachter, 1963
Mit der Liebsten am Montag in der Berlinischen Galerie. Sie hatten mal wieder einen tollen Berliner ausgegraben. Diesmal war es K.H. Hödicke, durch dessen Ausstellung wir uns fachkundig führen ließen. Er hatte 1960 sein Studium an der Hochschule der Künste aufgenommen. 1974 wurde er dort Professor und einer der Väter der Jungen Wilden, die die Leinwände mit dicken Pinseln voll Ölfarbe traktierten. Wie oben zu sehen ist, war er teilweise auch ganz schön wild.

Kalter Fluss, 1969
Hödicke selbst zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur malt, Skulpturen und Videos gehören ebenfalls zu seinem Œuvre.
In der großen Halle überraschte er mich positiv mit einem sehr besonderen Werk. An der Decke hing ein offenes Fass. Aus ihm lief Bitumen auf den Boden. Diese ist jedoch so dickflüssig, dass es Monate dauert bis alles auf dem Fußboden angekommen ist.
Der Künstler bietet diese Performance an. Ihr könnt so ein Fass bei ihn bestellen und es auslaufen lassen.

Bild - geteert - gefedert, 1968
Den Preis müsst ihr erfragen. Passt natürlich nicht in jede Wohnung und stinkt etwas.
Dass Hödicke viel Spaß an ungewöhnlichen Materialien hat, zeigt das Werk links. Die mittelalterliche Strafe Teeren und Federn ist bekannt. Was die Leinwand getan hat, dass sie so bestraft wurde, ist nicht bekannt.

Partitur, 1996
Auch beim Betrachten der Bilder des Künstlers wurden es mir nicht langweilig.
Das rechts erinnerte mich an eine Stahlbrücke über der Spree mit gelben Laternen, jedoch wenig an ein Musikstück.

Himmel über Schöneberg, 1973
Was mich als Berlin liebender Berliner immer freut, ist wenn ich ein Stück der Stadt wiederfinde, auch wenn es nur ein Hinterhof mit Himmel ist.
Dafür können mir die meisten "Sehenswürdigkeiten" aus der Zeit der kaiserlichen Blutsauger gestohlen bleiben.
Bei diesem Bild bekomme ich Heimweh.

West-Side-Drive-Squeegee, 1973
Aber vielleicht bin ich rührselig geworden, dass ich enge stinkende Hinterhöfe in der Erinnerung vergolde.
Da Hödicke seit 1957 Wahlberliner ist, hat er auf vielen seiner Bilder das alte Westberlin in seiner Mauerenge gemalt. So werde ich von ihm schon wieder nostalgisch abgeholt.