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das fünfte Kölsch

31.05.2013

An diesem Tag wollten wir uns endlich Überblick über Köln verschaffen. Für drei Euro pro Nase fuhren wir im Köln Triangel Hochhaus mit dem Fahrstuhl auf die Höhe von 100 Meter. Die Plattform ist rundum verglast und auf die Scheiben sind Infos gemalt, damit man / frau die Gebäude identifizieren kann.

Im Vordergrund seht ihr die Hohenzollernbrücke. Der Dom ist das Gebäude mit den Doppel Türmen. Auch er ist für drei Euro zu besteigen, doch knapp 400 Stufen zu erklimmen ist nicht sehr attraktiv gegen eine Fahrstuhlfahrt.
Rechts ein Ausschnittsbild der LANXESS Arena.

Erstmal blieben wir weiter auf der proletarischen Flussseite. Wir bewegten uns in Richtung Rheinpark.
Auf einer Straße dorthin entdeckten wir diese merkwürdigen Fahrbahn Markierungen. Sie wirkt ein wenig, als wenn der Chef vergessen hat, dem Maler am Aschermittwoch nach Karneval frei zu geben.
Oder sollte das Kunst sein?
Spannend wird es wohl, wenn im Verkehrsgericht gefragt wird: "Haben sie die Mittellinie überfahren?"

© KölnKongress GmbH
An den Rheinhallen, dem ehm. KZ Messe, entlang laufend erreichten wir den Tanzbrunnen. Ein zauberhafter Veranstaltungsort, den wir vom Radioprogramm Funkhaus Europa her kannten.
Leider wurde erst am Abend unseres Abreisetages eine Funkhaus Party veranstaltet.

Durch den Park strebten wir zu einer Attraktion, die seit der letzten Bundesgarten Schau dort steht. Über den Rhein waren Stahlseile gespannt, an der Seilbahn Gondeln den Fluss überqueren.
Ich muss es meiner Freundin hoch anrechnen, dass sie trotz Höhenangst mitfuhr.

Deshalb gibt es auch kein Foto von der Überfahrt. Sie weigerte sich nach unten zu schauen während wir über den Rhein und eine Autobahn Brücke fuhren.
Bis zum Einstieg hatte ich Angst, dass sie sich umdreht und absagt.
Zum Glück fuhr in der Gondel vor uns ein kleines Mädchen mit, dies machte ihr wohl Mut.
Ich konnte auch nicht knipsen, denn ich hielt während der Überfahrt ihre Hand.
Diese wurde ziemlich feucht und die Nase recht weiß.

Nachdem wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war die Liebste sehr stolz. Ich glaube, das ist ihr anzusehen.
Unser nächstes Ziel war der Skulpturen Park. Dieser befindet sich gleich bei der Seilbahnstation. Leider aber auch direkt neben der Autobahn, deren Lärm den Kunstgenuss erheblich trübt.
Ein Automat mit Gehörschutz am Eingang könnte sich rentieren.
So zogen wir recht einsam unsere Kreise durch das mit Rasen bewachsene Gelände.

Doch die meisten Skulpturen gefielen uns und einige waren von uns bekannten Künstlern gestaltet.

Barry Flanagan, 1939
Large Mirror Nijinski
Plakat
Skulpturenpark
Rosemarie Trockel, L´Arc de Triomphe, 2006
Tatiana Trouvé, Refolding, 2012
Paul Wallach, Ring - Around, 1999
Thomas Schütte, Weinende Frau, 2011
Anish Kapoor, 1997
ohne Titel
Bettina Pousttchi
2012, Elisabeth

In einer fremden Stadt schaue ich immer nach, ob es am Ort Stattreisen gibt. Dieser Verein zeichnet sich stets durch kompetente FührerInnen aus.
So ließen wir uns von Stattreisen Köln zu einer Brauhauswanderung unter dem Titel "Kölscher Klüngel, kölsches Bier" verführen. Wir starteten an der Stiftskirche der Kölner Brauer. Die Kirche St. Andreas hat den Traum der Deutschen die Welt zu beherrschen halbwegs gut überstanden.

Die Brauer bezahlten einstmals dafür, dass der Heilige Andreas der Namenspatron wurde. Der Erfinder des Andreaskreuzes wurde damit zu ihrem Schutzheiligen. Der soll sich angeblich geweigert haben, an einem Kreuz wie das von Jesus gekreuzigt zu werden. Also wenn ich gekreuzigt würde, wäre mir die Form des Kreuzes schnurz piep egal!
Dem christlichen Aberglaube wird in der Kirche unter anderem an Weihnachten gehuldigt. Die Kölner Brauer stellen dann eine Krippe auf.

In der liegt das Jesuskind in einer aufgesägtem Bierfass. Ein Köbes (Kellner) bringt der heiligen Familie ein Tablett mit Kölsch. Na, denn Prost.


Unsere Führerin schleppte uns anschließend in drei der richtig großen Brauhäuser. Da passen mehrere hundert TrinkerInnen rein, gemütlich, finde ich, ist anders. Wir tranken jeweils ein Kölsch und wir wurden sachkundig gemacht, wie das Kölsch gebraut wird.
Nebenbei wurden uns auch die Kölner Originale Schel und Tünnes vorgestellt. Der Bildhauer Wolfgang Reuter schuf ihre Darstellungen.


Leider hatten wir vorher nicht genug gespeist und waren schnell etwas bedudelt. Im Restaurant Keule am Heumarkt holten wir dies mit deftiger Hausmannskost gründlich nach.





















Am diesem letzten Abend in Köln wollten wir dann noch den Stadtteil, in dem wir wohnten, kennen lernen. Kalk erinnerte mich ein wenig an den Berliner Wedding, denn auch dort gedeihen ja auch besondere Pflanzen. Wir besuchte ein Konzert im Cafe Ganz Schön Kalk. Dies ist mehr ein Nachtbarschaftstreffpunkt aber schnuckelig. Es gibt hier selbst Gebasteltes zu kaufen und Wein und Bier sind preiswert und werden von Freiwilligen ausgeschenkt.

Das Band war witzig und gut beieinander und das Konzert wurde später zur Session mit einer polnischen Sängerin und einem persischen Flötenspieler. Es begann mit zwei Alphörnern und nach und nach kam eine typische Jazzkapelle dazu. Kompliment, sowas erlebt man / frau in Berlin nicht so oft.




Schon am ersten Tag in Köln hatte eine von Außen besonders aussehende Kneipe am Weg von der U-Bahn Heim entdeckt. Die Vorstadtprinzessin war jedoch immer geschlossen. So dachte ich schon, dass ich diese nie kennen lerne. Doch es war Freitag und vor der Tür stand eine Menschentraube.

So beschlossen wir diesen Ort zu erkunden.
Die Vorstadtprinzessin ist jedoch keine gewöhnliche Kneipe. Sie ist nur am Wochenende geöffnet und versteht sich mehr als Kultur Café.
In einem Nebenraum wird Gestricktes und Genähtes angeboten.
Die Prinzessinnen hinter dem Tresen wirken nicht, als wenn sie eine Berufsausbildung in der Gastronomie absolviert hätten, aber machten ihren Job ordentlich. Die Stimmung im Laden war gut, wer nach Köln kommt, sollte diesen Ort besuchen.

Fast alle nicht gekennzeichneten Fotos stammen von Irmeli Rother.

das letzte Kölsch

01.06.2013

Nun hieß es von unserer Unterkunft Abschied zu nehmen. Dies fiel uns nicht schwer, Köln zu verlassen stimmte jedoch etwas traurig, gerne hätte ich die Stadt noch mehr erkundet.

Wieder mal war unser Ziel der Hauptbahnhof. Der erste Weg führte zur Hohenzollernbrücke. Dort können Liebende ein mit ihren Namen graviertes Schloss befestigen und die Schlüssel in den Rhein werfen. Ein wenig Kitsch, wenn man bedenkt, dass viele Beziehungen nur kurz halten.

Schneiden sie nach der Trennung das Schloss ab? Aber besser als Herzen in Bäume zu schnitzen, diese überleben meist die SchnitzerInnen und deren Liebe. Ich male gerne Herzen auf Papier. Natürlich auf Schmierpapier, der Umwelt zu liebe ;-)
Anschließend streunerten wir ums Museum Ludwig herum.

Wir entdeckten, dass der Platz davor nach dem Schriftsteller Heinrich Böll getauft ist.
Die Gestaltung der Fläche oblag dem israelischen Künstler Dani Karavan. Die roten Ziegel und der Brunnen harmonieren perfekt mit dem Museum und der Kölner Altstadt. Ein gelungenes Gesamtkunstwerk.

Doof wie die Kölner Ratsherren jedoch sind, haben sie sich verpflichtet das Areal zu pflegen und zu erhalten ohne zu kalkulieren, ob die Stadt sich das leisten kann.
Dumm und machtgeil wie sie sind, haben sie die Stadtkasse durch public privat partnership, Privatisierung von gewinnbringenden kommunalen Aufgaben und überteuerte Großprojekte geleert.
So vergammelt das Kunstwerk und die speziell angefertigten Bodenfliesen werden durch die Witterung zerstört.

Als die Stadt sich erdreistete die Fliesen durch Handelsware zu ersetzten, klagte der Künstler erfolgreich dagegen. Jetzt tut die Stadtverwaltung gar nichts, nur der Boden geht nach und nach kaputt.
Köln und Berlin scheinen ähnlich fähige Politiker hervor zu bringen.

Im Ludwig im Museum genossen wir ein gutes Mittagsmal.











Bei einen kleinen Spaziergang entdeckten wir die ausgegrabenen Reste des alten jüdischen Viertel Kölns. In einem Edikt des römischen Kaisers von 321 werden sie das erste Mal erwähnt. 1424 wurden zum ersten Mal die Stadt judenfrei gemacht. Erst im dritten Reich gelang dies den Deutschen wieder so konsequent.

Meinerseits mehr aus Langeweile beschauten wir danach eines der historischen Parfümhäuser, für die Köln auch berühmt ist.
Die Firma Farina stellt seit 1709 Stinkewässerchen her. Damit kann man / frau auch ungewaschen lecker riechen.
Hätte ich jedoch gewusst was Mann für einen Schlag bei den Frauen hat, wenn er Parfüm der Marke Russisch Leder benutzt, wäre ich vielleicht berühmt wie Casanova.
Ich werde wohl heimlich einen Flakon bestellen, bin neugierig was passiert.




Rampensau

25.05.2013

Oh Hamlet, was für eine Geschichte, was für ein Drama. William Shakespeare hat eine Geschichte ausgebreitet, die eine alttestamentarische Dynamik entfaltet. Ein Brudermord inklusive Übernahme der Ehefrau, ihr Sohn Hamlet soll dann auch noch umgebracht werden, gewalttätig waren die Intrigen am dänischen Königshof.
Die richtige Rolle für Lars Eidinger, der den langsam an den Verhältnissen verrückt werdenden Hamlet vorzüglich darstellt. Die Inszenierung der Schaubühne ist eine Kooperation mit Athen und Avignon.

Sie wird seit fünf Jahren meist vor ausverkauftem Haus in ganz Europa gespielt. Keine schlechte Bilanz.
Dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass auf der Bühne ordentlich was los ist. Schon am Anfang artet die Beerdigung von Hamlets Vater ziemlich aus. Man regnet, der Boden ist glitschig und der Sarg rast mit dem Totengräber in die Grube. Es darf gelacht werden.
Dies war aber auch die einzige Szene, die mir zu einfälltig war.
Der Rest war ein wahres Feuerwerk von Regieeinfällen.

Der einzige Wermutstropfen war für mich, dass alle Rollen, außer Hamlet, doppelt besetzt waren. Wenn dann der selbe Schauspieler in der gleichen Kleidung jemand Anderes war, kam ich leicht durcheinander.
Doch alle Schauspieler gaben ihr Bestes und das war nicht wenig.
Nach drei Stunden ging alles in einer Blutorgie zu Ende. Langweilig wurde mir nie. Nur die Kritiker in ihren Artikeln unten wurden mit der Aufführung nicht glücklich, sie mögen Hamlet wohl mehr als drögen Monolog.

Kritiken der Anderen: Tagesspiegel, Nachtkritik, Berliner Zeitung, Freitag

Karneval ganz entspannt

19.05.2013

 © Irmeli Rother
Wie ein Bumerang zieht es mich immer wieder zum Karneval der Kulturen. Da ich wenig Lust habe mich in der Masse zu quetschen, komme ich gegen 11.30 Uhr zum Hermannplatz und schaue mir die sich auf ihren Auftritt vorbereitenden Gruppen an.
I. begleitete mich und fotografierte reichlich.

Schön war zu sehen, dass immer mehr Babys und Kleinkinder mit Gehörschutz unterwegs waren. Das bisschen Geld sollten Eltern ihre Kinder wert sein.
Nachdem wir die eine Seite des Aufstellungbereichs abgegrast hatten, trennten wir uns zeitweilig.


Ich genoss Kaffee und I. knipste weiter. Im Gartencafé der Heilig-Kreuz Kirche trafen wir uns wieder. Von dort zogen wir zusammen über das Fest am Blücherplatz.
Auf der Afrikabühne spielte Fuasi Abdul-Kahliq mit seinem Fuasi 6Tet auf. Der Saxophonist tritt jeden Mittwoch im Jazzclub Badenscher Hof auf und ist einer der wichtigsten Musiker der Berliner Jazzszene.

© Irmeli Rother
© Irmeli Rother

Er ist der coole Herr mit der Sonnenbrille. Den Trompeter kannte ich, doch konnte ich ihm keinen Namen zuordnen. Kann jemand helfen? Der Schlagzeuger ist Eric Vaughn, bekannt von Naked Jazz. Der etwas verschnarcht drein schauende, aber toll improvisierende Gitarrist, ist Loomis Greene, den ich als musikalischen Begleiter der Sängerin Ulrike Haller kenne. Auf den Fotos nicht zu sehen sind Kelvin Sholar am Keyboard und Daryl Taylor am Bass.

Auf den Weg zum Dodo, einer kleinen Bar in der Großbeerenstraße, sahen wir einen tollen Mann. Bei dieser unauffälligen Brustbehaarung und diesem gewinnenden Lächeln dürfte er nicht alleine nach Hause gegangen sein.
Manchmal finde ich es schade Hetero zu sein.
Vor der Kneipe waren Biergarnituren aufgestellt und wir fanden sogar einen guten Platz. Eine Skiffle Band schrammelte vor sich hin und verbreitete gute Stimmung.

Sie trug dem programmatischem Namen "Searching the Roots".
Ein paar Jahre vor dem Durchbruch der Beatmusik hatte dieser Musikstil weltweit den großen Erfolg.
Banjo, Waschbrett und Teekistenbass waren damals der Standart. Das Waschbrett wird für Perkussion genutzt.

Zumindest die letzten beiden Instrumente sind recht preisgünstig zu erwerben. Deshalb nutzte unsere Schulband Anno 1967 wohl auch diese Ausstattung, um zum Tanz aufzuspielen. Heute hört man / frau recht selten Skiffle.
Doch ganz tot ist er nicht, z.B. richten die FinnInnen jährlich in Hankasalmi das Kihveli Soikoon! aus. Weitere Festivals gibt es in Hamburg und Kiekeberg.
Passend zur Nachkriegszeit tauchte dann auch noch eine Doppelgängerin von Marilyn Monroe auf.

Nach ein paar Bier zog es uns zum Eisladen Marille & Vanille in die Hagelberger Straße. Dort sollte die Band Rupert´s Kitchen Orchestra aufspielen. Zuerst stillten wir jedoch unseren Hunger an einem Imbissstand mit Gözleme einer berühmten und sehr geschmackvollen anatolischen Teigspezialität.

Der sehr dünne Teig wird mit Spinat und Schafskäse oder Hackfleisch gefüllt und auf einer flachen Scheibe gebacken.
Gut gesättigt lauschten wir dem satten, funkigen Sound der Band und bald begannen wir dazu zu tanzen.
Ich empfehle euch das Orchester.


Schön war es zu sehen, dass die Gruppe generationsübergreifend Fans beeindrucken konnte. Das Mädchen stand während des Auftritts an der Bühne und hörte mit offenem Mund zu.

Der große Irrtum

18.05.2013

GASTKOMMENTAR von Markus Rother

© Warner Brothers
Die fünfte Romanverfilmung von "The Great Gatsby" widmet sich, wie fast alles aus Hollywood, dem American Dream. Der Erzähler, gespielt von Tobey Maguire, schildert seine Beziehung zu dem mysteriösen, stinkreichen Herrn Gatsby. Nach einiger Zeit inkarniert sich dieser dann in dem nicht ganz so reichen Leonardo DiCaprio.

© Warner Brothers
Der lächelt smart und souverän. Was der Typ aber eigentlich will, bleibt zunächst unklar, Kohle hat er ja schon. Nun ja, natürlich das, was mit Geld nicht zu kaufen ist: Love.
Doch viel Unterhaltung kann Mann sich leisten.

© Warner Brothers
Wer bei "The Great Gatsby" einen 20er Jahre Film erwartet, wird bitter enttäuscht. Es wird gar nicht erst versucht, ein authentisches Bild der Goldenen 20er New Yorks nach zu zeichnen – bis auf die Autos, Kleidung und Telefone.

© Warner Brothers
Retro wird der Film dadurch noch lange nicht. Auch nicht durch die schönen, aufwändigen Kostüme. Das Szenario ist eine knallbunte, laute Symbiose aus Jetzt und Früher, der etwas hysterisches anhaftet. Exemplarisch dafür ist die gigantische Party, die Gatsby veranstaltet.

© Warner Brothers
Statt Swing werden Hip-Hop und Disco-irgendwas aufgelegt. Die Veranstaltung erinnert dabei eher an einen Promiclub auf Ibiza, als an goldene 20er Jahre. Da gibt es dann professionelle schwarze Tänzerinnen, die wie im Fernsehen mit dem Arsch wackeln.

© Warner Brothers
Der an anderer Stelle getanzte Charleston wirkt dagegen verlegen, unprofessionell und leidenschaftslos (kein Vergleich zu den hervorragenden Tanzinszenierungen in "The Artist"). Nein – der Gatsby von Baz Luhrmann ist eher ein Bekenntnis zur ordinären Partykultur als eine Kritik daran. Feiern um jeden Preis. Dabeisein ist alles.
Auf der Website des Films  heißt es beiläufig, der Film "spiegle unsere heutige Zeit und ihre Konflikte". Das stimmt insofern, dass der Film den Konsumwahnsinn zelebriert.

© Warner Brothers
Dem Anspruch der Kritik daran zu leisten wird der Film jedenfalls nicht gerecht. Diese aus dem Film herauszulesen, ist wie die Bild als Abbild der Gesellschaft zu interpretieren. Genausowenig ist der Film in dieser Weise selbstreflexiv.

© Warner Brothers
Dafür ist er nicht intelligent genug. Es bleibt ein Hollywoodfilm für die Massen. Nur so sind überhaupt die immensen Produktionskosten wieder einzuspielen.
Verschwendung, Genußsucht und Rücksichtslosigkeit werden abgefeiert.

© Warner Brothers
Dazu gehört auch das Bedienen heutiger Rassenklischees durch schwarze Tänzerinnen – diese Gemeinsamkeiten halte ich für unbeabsichtigt! Dafür sind die Bilder zu suggestiv. Sie sollen cool sein. Die umso tragischere Botschaft lautet also: "So geil könnte auch Deine Party sein.

Du brauchst nur mehr Lametta und Champagner." Welchen man kaufen soll, steht auf der Webseite des Films. Dort sind einige namhafte Sponsoren gelistet.

In der Schlüsselszene gibt der Freund der weinenden Hauptrolle Feuer, diese Szene bleibt leider ebenso flach wie der Rest, obwohl die Story viel Potential hat. Der Höhepunkt ist einfach zu schlecht vorbereitet. Vor lauter Party hat der Zuschauer die weibliche Hauptrolle nämlich kaum kennengelernt. Der Ausgang des Dramas bleibt deshalb willkürlich. Ist das auch ein Zeugnis unserer Zeit? Nämlich dass das Ergebnis gar nicht so wichtig ist? Vielleicht. Immerhin wurde gefeiert.

Nicht genug damit, dass die gepriesene Güte des Herrn Gatsby rein materiell bleibt, und wenig hinterfragt wird. Selbst nach dem Kollaps sendet der Film vor allem die Botschaft, dass unserem Träumer ein Unrecht widerfahren ist, und nicht etwa, dass er zu viel ans Geld gedacht hatte.



Wer das Buch (wie ich selbst) nicht gelesen hat, betrachte den Film als einen Trailer zum Buch. Das ist das Beste, was man diesem Hollywoodprodukt abgewinnen kann, denn tatsächlich macht der Film Lust auf die ganze Geschichte. Kritik am Materiellen ist von einem Film, der 125 Millionen Dollar gekostet hat und wieder einspielen will, jedenfalls nicht zu erwarten. Deshalb: Thema verfehlt.

Das Buch von F. Scott Fitzgerald "Der große Gatsby" gibt es im Antiquariat oft für 1 €.

Kritiken der Anderen: Stern, Spiegel, Zeit, Stuttgarter Zeitung, FAZ