Dieses Blog durchsuchen

das vierte Kölsch

30.05.2013


Fronleichnahm war es oder wie es auch heißt Happy Cadaver Day. Da zogen vormittags komisch verkleidete Menschen um den Kölner Dom herum. So was passiert nur in katholischen Landen. Als ich die in Rauschgift Wolken dahin marschierenden Knaben sah, musste ich leider an die so gerne unter den Tisch gekehrten Missbrauchsfälle denken. Lange dauerte es zum Glück nicht und der Spuk war vorbei.

Der Dom ist, trotzdem er von einer christlichen Sekte okkupiert ist, ein sehr imposantes Gebäude. Mit der Höhe von knapp 160 Metern beherrscht er die Altstadt. Eigentlich ist er jedoch ein riesiger Brocken Kitsch.
Im 13. Jahrhundert als gotischer Bau begonnen wurde er überwiegend erst im 19. Jahrhundert fertig gestellt. Das ist ungefähr so stilsicher wie wenn ein Neureicher sich eine Villa im Stil von Neuschwanstein bauen lässt. Aber Preussen hatte das Rheinland besetzt.

Es wollte mit dem Bau des Doms seinen Herrschaftsanspruch in Stein meißeln.
Doch heute ist er der Touristenmagnet in Köln geworden.
So versucht die Dombauhütte ihn durch Restaurierungen zu erhalten. Am Bau ist das an den helleren Bestandteilen zu erkennen.
Ca. sechzig MitarbeiterInnen, darunter viele SteinmetzerInnen, werken daran.
Sie heben mit Kränen Teile herunter und arbeiten sie gestützt auf alte Fotos und Bauzeichnungen nach.

Erschwert wird das dadurch, dass kaum ein Teil dem Anderen gleicht. Gut an den beiden Regenwasser Traufen zu erkennen.
Doch der olle Dom war vor allem in seiner ausufernder Ornamentik und mit all seinen tausenden Figuren sowieso nicht zu erfassen. Ich vermute, dass dies die Idee der Baumeister war. Satt sehen kann man / frau sich an ihm nie, sich nur optisch überfressen.
Mir gefällt der Dom, mit Abstand, am besten.


Thomas Schütte, Frau No 13, 2003 
Dann besuchten wir endlich das Museum Ludwig, dem Haus für moderne Kunst in Köln. Es ist nah beim Dom gelegen.
Die Architektur korrespondiert mit den Farben Kaminrot und Schiefergrau gut mit den Farben der Altstadt.
Uns gefiel die Dame aus Aluminium, die vor dem Eingang saß und die Fassade anschaute.
Jede Veränderung des Himmels spiegelt sich in ihr und gibt ihr ein neues Aussehen.

Gerhard Richter, 48 Portraits, 1972
Im Flur fielen mir zuerst die Portraits von 48 berühmten Männern auf. Als echtem Macho ist dem Künstler keine einzige Frau eingefallen.
Feministinnen kritisierten ihn deshalb laut.
Durch mehrfachen aufgetragenen Druck erscheinen die Gesichter der Berühmtheiten sehr plastisch.

Meine Liebste nutzte den Besuch der Toilette, um eines ihrer künstlerischen Fotos zu schießen. Vielleicht sollte sie ihre Arbeiten ausstellen. Ihre Freunde bekommen ja wenigstens Weihnachten einen Kalender. Mein Dank gilt ihr, denn ich darf ihre Arbeiten für den Blog verwenden.

In der ständigen Ausstellung entdeckten wir viel Spannendes auch Lustiges, das wir euch gerne zeigen wollen.

Anna und Berhard Blume, Tranzendale Orthopädie, 2006
Francis Picabia, 1922
Die spanische Nacht
Man Ray, 1939
Zurück zur Vernunft
Renato Guttoso, Cafe Greco, 1976
Pablo Piccaso, 1922
Frau im grünen Morgenrock
Alberto Giacometti, 1947
Die Nase
George Segal, Das Restaurantfenster, 1967
Nun schauten wir die Sonderausstellung Kathryn Andrews - Special Meat Occasional Drink an. Mich erinnerten die Werke an Jeff Koons und fand sie ähnlich langweilig. Hauptsächlich waren sie bunt.

© Museum Ludwig
Die Sonderausstellung von Phil Collins - In every dream home a heartache gefiel mir besser. In einem Teilbereich standen zwei sich auf einer Scheiben langsam drehende Wohnwagen. Darin schauten pubertierende Jungs Videos. Als ich las, dass dort auch Pornofilme gezeigt wurden, verstand ich ihr Interesse an diesem Kunstwerk.


Eine große Spezialshow war mit Arbeiten von Jo Baer bestückt.
Sie ist eine der großen Künstlerinnen, die erst jetzt mit 84 Jahren richtig bekannt wird. Wie auch sonst im Leben, haben sich die Männer gerne in den Vordergrund gedrängt. Ihre grafischen Arbeiten und die Collagen gefielen mir.

Memorial for an Art World Body
2009 © Museum Ludwig
ohne Titel, 1961
© Museum Ludwig
Nach so viel Kunst waren wir etwas geschafft und wollten im Restaurant pausierten. Auf den Weg dort hin sahen wir diese schnarchende Frau in der Eingangshalle.
Einen Moment war ich unsicher, ob sie lebte oder eine Installation war. Doch sie sah so lebendig aus. Da wäre höchstens ein Performance möglich gewesen.
Sie möge uns verzeihen, wir mussten sie ablichten.
Nicht um sie bloß zu stellen, ich war sogar etwas neidisch.

Das Café war sehr hübsch eingerichtet. Das Ludwig gehört zur selben Firma wie das Sankton, das wir gestern besuchten. Auch hier hingen wieder die hübschen Kronleuchter. Leider war hier die Bedienung recht chaotisch, doch Kaffee und Kuchen waren ein Genuss.

Derweilen bemerkten wir eine merkwürdige Absperrung auf dem Platz vor dem Café. Sicherheitspersonal verhinderte, dass Menschen den Platz betraten. Wir gingen hinaus, um zu erfahren, was das bedeutet. Die Kölner Philharmonie ist darunter untergebracht.

Deren Deckenisolation ist so schlecht, dass sowohl bei Konzerten als auch für Proben der Platz gesperrt wird. Dieses Ritual findet seit siebenundzwanzig Jahren statt.
Im Ranking der korruptesten Bauverwaltungen in Deutschland ist Berlin wohl vom Kölner Klüngel nicht zu schlagen (Kreisel Steglitz usw.), doch bei der Frage, welche der Bauverwaltungen die dümmste ist, scheinen mir die Kölner gute Aussichten zu haben Erster zu werden.

Leider war nicht zu erfahren, wie oft in Jahr der Platz abgesperrt wird und wie viel jeder Einsatz kostet. Doch vermute ich, dass über die Jahre mehrere Millionen Euro verbrannt wurden.
Die Kölner sollten sich vorsehen, dass es der Maus nicht zu dumm wird und sie zu einem anderen ARD Sender wechselt.
Am späten Nachmittag wechselten wir ins Café Bauturm im Belgischen Viertel. Dort speisten wir lecker und warteten auf den Beginn des Theaterstücks, das wir von Berlin aus gebucht hatten.

Das Theater am Bauturm liegt im Hof des Cafés.
Wir sahen dort das Stück Deportation Cast von Björn Bicker. Es beschreibt das Schicksal einer nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland integrierten Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo, die abgeschoben wird. Sie müssen sich dort mit Müllsammeln über Wasser halten. Der Sohn wird von der kosovarischen Polizei erschlagen, die Tochter prostituiert sich und am Ende erhängt sich der Vater.
Harter Stoff, der aber wohl die Wirklichkeit des deutschen Abschiebepraxis wiederspiegelt. Sie ist Spiegelbild des herrschenden Rassismus in meinem Heimatland. Ausländer, die nichts zum Bruttosozialprodukt beitragen, sollen verschwinden.
Doch was kann von einem Volk erwartet werden, das in der Zeit zwischen 1934 und 1945 mindestens 70.000 Behinderte für unwert erklärte und ermordete.
Sozialdarwinismus wird die dahinter stehende Theorie genannt.

Gut fand ich, dass die Motive der konkret mit der Abschiebung Beteiligten genau beleuchtet werden, sie machen alle mit, weil sie davon profitieren. Leider wurden viele Rollen im Stück von dem selben Mimen gespielt. Das trug wenig zum Verstehen der Handlung bei.

Eine Kritik der Theaterzeitung Köln.

das fünfte Kölsch

31.05.2013

An diesem Tag wollten wir uns endlich Überblick über Köln verschaffen. Für drei Euro pro Nase fuhren wir im Köln Triangel Hochhaus mit dem Fahrstuhl auf die Höhe von 100 Meter. Die Plattform ist rundum verglast und auf die Scheiben sind Infos gemalt, damit man / frau die Gebäude identifizieren kann.

Im Vordergrund seht ihr die Hohenzollernbrücke. Der Dom ist das Gebäude mit den Doppel Türmen. Auch er ist für drei Euro zu besteigen, doch knapp 400 Stufen zu erklimmen ist nicht sehr attraktiv gegen eine Fahrstuhlfahrt.
Rechts ein Ausschnittsbild der LANXESS Arena.

Erstmal blieben wir weiter auf der proletarischen Flussseite. Wir bewegten uns in Richtung Rheinpark.
Auf einer Straße dorthin entdeckten wir diese merkwürdigen Fahrbahn Markierungen. Sie wirkt ein wenig, als wenn der Chef vergessen hat, dem Maler am Aschermittwoch nach Karneval frei zu geben.
Oder sollte das Kunst sein?
Spannend wird es wohl, wenn im Verkehrsgericht gefragt wird: "Haben sie die Mittellinie überfahren?"

© KölnKongress GmbH
An den Rheinhallen, dem ehm. KZ Messe, entlang laufend erreichten wir den Tanzbrunnen. Ein zauberhafter Veranstaltungsort, den wir vom Radioprogramm Funkhaus Europa her kannten.
Leider wurde erst am Abend unseres Abreisetages eine Funkhaus Party veranstaltet.

Durch den Park strebten wir zu einer Attraktion, die seit der letzten Bundesgarten Schau dort steht. Über den Rhein waren Stahlseile gespannt, an der Seilbahn Gondeln den Fluss überqueren.
Ich muss es meiner Freundin hoch anrechnen, dass sie trotz Höhenangst mitfuhr.

Deshalb gibt es auch kein Foto von der Überfahrt. Sie weigerte sich nach unten zu schauen während wir über den Rhein und eine Autobahn Brücke fuhren.
Bis zum Einstieg hatte ich Angst, dass sie sich umdreht und absagt.
Zum Glück fuhr in der Gondel vor uns ein kleines Mädchen mit, dies machte ihr wohl Mut.
Ich konnte auch nicht knipsen, denn ich hielt während der Überfahrt ihre Hand.
Diese wurde ziemlich feucht und die Nase recht weiß.

Nachdem wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war die Liebste sehr stolz. Ich glaube, das ist ihr anzusehen.
Unser nächstes Ziel war der Skulpturen Park. Dieser befindet sich gleich bei der Seilbahnstation. Leider aber auch direkt neben der Autobahn, deren Lärm den Kunstgenuss erheblich trübt.
Ein Automat mit Gehörschutz am Eingang könnte sich rentieren.
So zogen wir recht einsam unsere Kreise durch das mit Rasen bewachsene Gelände.

Doch die meisten Skulpturen gefielen uns und einige waren von uns bekannten Künstlern gestaltet.

Barry Flanagan, 1939
Large Mirror Nijinski
Plakat
Skulpturenpark
Rosemarie Trockel, L´Arc de Triomphe, 2006
Tatiana Trouvé, Refolding, 2012
Paul Wallach, Ring - Around, 1999
Thomas Schütte, Weinende Frau, 2011
Anish Kapoor, 1997
ohne Titel
Bettina Pousttchi
2012, Elisabeth

In einer fremden Stadt schaue ich immer nach, ob es am Ort Stattreisen gibt. Dieser Verein zeichnet sich stets durch kompetente FührerInnen aus.
So ließen wir uns von Stattreisen Köln zu einer Brauhauswanderung unter dem Titel "Kölscher Klüngel, kölsches Bier" verführen. Wir starteten an der Stiftskirche der Kölner Brauer. Die Kirche St. Andreas hat den Traum der Deutschen die Welt zu beherrschen halbwegs gut überstanden.

Die Brauer bezahlten einstmals dafür, dass der Heilige Andreas der Namenspatron wurde. Der Erfinder des Andreaskreuzes wurde damit zu ihrem Schutzheiligen. Der soll sich angeblich geweigert haben, an einem Kreuz wie das von Jesus gekreuzigt zu werden. Also wenn ich gekreuzigt würde, wäre mir die Form des Kreuzes schnurz piep egal!
Dem christlichen Aberglaube wird in der Kirche unter anderem an Weihnachten gehuldigt. Die Kölner Brauer stellen dann eine Krippe auf.

In der liegt das Jesuskind in einer aufgesägtem Bierfass. Ein Köbes (Kellner) bringt der heiligen Familie ein Tablett mit Kölsch. Na, denn Prost.


Unsere Führerin schleppte uns anschließend in drei der richtig großen Brauhäuser. Da passen mehrere hundert TrinkerInnen rein, gemütlich, finde ich, ist anders. Wir tranken jeweils ein Kölsch und wir wurden sachkundig gemacht, wie das Kölsch gebraut wird.
Nebenbei wurden uns auch die Kölner Originale Schel und Tünnes vorgestellt. Der Bildhauer Wolfgang Reuter schuf ihre Darstellungen.


Leider hatten wir vorher nicht genug gespeist und waren schnell etwas bedudelt. Im Restaurant Keule am Heumarkt holten wir dies mit deftiger Hausmannskost gründlich nach.





















Am diesem letzten Abend in Köln wollten wir dann noch den Stadtteil, in dem wir wohnten, kennen lernen. Kalk erinnerte mich ein wenig an den Berliner Wedding, denn auch dort gedeihen ja auch besondere Pflanzen. Wir besuchte ein Konzert im Cafe Ganz Schön Kalk. Dies ist mehr ein Nachtbarschaftstreffpunkt aber schnuckelig. Es gibt hier selbst Gebasteltes zu kaufen und Wein und Bier sind preiswert und werden von Freiwilligen ausgeschenkt.

Das Band war witzig und gut beieinander und das Konzert wurde später zur Session mit einer polnischen Sängerin und einem persischen Flötenspieler. Es begann mit zwei Alphörnern und nach und nach kam eine typische Jazzkapelle dazu. Kompliment, sowas erlebt man / frau in Berlin nicht so oft.




Schon am ersten Tag in Köln hatte eine von Außen besonders aussehende Kneipe am Weg von der U-Bahn Heim entdeckt. Die Vorstadtprinzessin war jedoch immer geschlossen. So dachte ich schon, dass ich diese nie kennen lerne. Doch es war Freitag und vor der Tür stand eine Menschentraube.

So beschlossen wir diesen Ort zu erkunden.
Die Vorstadtprinzessin ist jedoch keine gewöhnliche Kneipe. Sie ist nur am Wochenende geöffnet und versteht sich mehr als Kultur Café.
In einem Nebenraum wird Gestricktes und Genähtes angeboten.
Die Prinzessinnen hinter dem Tresen wirken nicht, als wenn sie eine Berufsausbildung in der Gastronomie absolviert hätten, aber machten ihren Job ordentlich. Die Stimmung im Laden war gut, wer nach Köln kommt, sollte diesen Ort besuchen.

Fast alle nicht gekennzeichneten Fotos stammen von Irmeli Rother.

das letzte Kölsch

01.06.2013

Nun hieß es von unserer Unterkunft Abschied zu nehmen. Dies fiel uns nicht schwer, Köln zu verlassen stimmte jedoch etwas traurig, gerne hätte ich die Stadt noch mehr erkundet.

Wieder mal war unser Ziel der Hauptbahnhof. Der erste Weg führte zur Hohenzollernbrücke. Dort können Liebende ein mit ihren Namen graviertes Schloss befestigen und die Schlüssel in den Rhein werfen. Ein wenig Kitsch, wenn man bedenkt, dass viele Beziehungen nur kurz halten.

Schneiden sie nach der Trennung das Schloss ab? Aber besser als Herzen in Bäume zu schnitzen, diese überleben meist die SchnitzerInnen und deren Liebe. Ich male gerne Herzen auf Papier. Natürlich auf Schmierpapier, der Umwelt zu liebe ;-)
Anschließend streunerten wir ums Museum Ludwig herum.

Wir entdeckten, dass der Platz davor nach dem Schriftsteller Heinrich Böll getauft ist.
Die Gestaltung der Fläche oblag dem israelischen Künstler Dani Karavan. Die roten Ziegel und der Brunnen harmonieren perfekt mit dem Museum und der Kölner Altstadt. Ein gelungenes Gesamtkunstwerk.

Doof wie die Kölner Ratsherren jedoch sind, haben sie sich verpflichtet das Areal zu pflegen und zu erhalten ohne zu kalkulieren, ob die Stadt sich das leisten kann.
Dumm und machtgeil wie sie sind, haben sie die Stadtkasse durch public privat partnership, Privatisierung von gewinnbringenden kommunalen Aufgaben und überteuerte Großprojekte geleert.
So vergammelt das Kunstwerk und die speziell angefertigten Bodenfliesen werden durch die Witterung zerstört.

Als die Stadt sich erdreistete die Fliesen durch Handelsware zu ersetzten, klagte der Künstler erfolgreich dagegen. Jetzt tut die Stadtverwaltung gar nichts, nur der Boden geht nach und nach kaputt.
Köln und Berlin scheinen ähnlich fähige Politiker hervor zu bringen.

Im Ludwig im Museum genossen wir ein gutes Mittagsmal.











Bei einen kleinen Spaziergang entdeckten wir die ausgegrabenen Reste des alten jüdischen Viertel Kölns. In einem Edikt des römischen Kaisers von 321 werden sie das erste Mal erwähnt. 1424 wurden zum ersten Mal die Stadt judenfrei gemacht. Erst im dritten Reich gelang dies den Deutschen wieder so konsequent.

Meinerseits mehr aus Langeweile beschauten wir danach eines der historischen Parfümhäuser, für die Köln auch berühmt ist.
Die Firma Farina stellt seit 1709 Stinkewässerchen her. Damit kann man / frau auch ungewaschen lecker riechen.
Hätte ich jedoch gewusst was Mann für einen Schlag bei den Frauen hat, wenn er Parfüm der Marke Russisch Leder benutzt, wäre ich vielleicht berühmt wie Casanova.
Ich werde wohl heimlich einen Flakon bestellen, bin neugierig was passiert.




Rampensau

25.05.2013

Oh Hamlet, was für eine Geschichte, was für ein Drama. William Shakespeare hat eine Geschichte ausgebreitet, die eine alttestamentarische Dynamik entfaltet. Ein Brudermord inklusive Übernahme der Ehefrau, ihr Sohn Hamlet soll dann auch noch umgebracht werden, gewalttätig waren die Intrigen am dänischen Königshof.
Die richtige Rolle für Lars Eidinger, der den langsam an den Verhältnissen verrückt werdenden Hamlet vorzüglich darstellt. Die Inszenierung der Schaubühne ist eine Kooperation mit Athen und Avignon.

Sie wird seit fünf Jahren meist vor ausverkauftem Haus in ganz Europa gespielt. Keine schlechte Bilanz.
Dies ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass auf der Bühne ordentlich was los ist. Schon am Anfang artet die Beerdigung von Hamlets Vater ziemlich aus. Man regnet, der Boden ist glitschig und der Sarg rast mit dem Totengräber in die Grube. Es darf gelacht werden.
Dies war aber auch die einzige Szene, die mir zu einfälltig war.
Der Rest war ein wahres Feuerwerk von Regieeinfällen.

Der einzige Wermutstropfen war für mich, dass alle Rollen, außer Hamlet, doppelt besetzt waren. Wenn dann der selbe Schauspieler in der gleichen Kleidung jemand Anderes war, kam ich leicht durcheinander.
Doch alle Schauspieler gaben ihr Bestes und das war nicht wenig.
Nach drei Stunden ging alles in einer Blutorgie zu Ende. Langweilig wurde mir nie. Nur die Kritiker in ihren Artikeln unten wurden mit der Aufführung nicht glücklich, sie mögen Hamlet wohl mehr als drögen Monolog.

Kritiken der Anderen: Tagesspiegel, Nachtkritik, Berliner Zeitung, Freitag