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Frauenbewegt und gewalttätig

04.03.2016


Dass Frauen keine dummen Schafe sind, konnte ich schon in der frühen Jugend erfahren, Frauen zogen mich auf.
Ein Teil der Geschichte der Frauenbewegung sind die Suffragetten. Ab etwa 1900 formatierten sich Gruppen die das Wahlrecht für Frauen einforderten. Das herrschende Patriachat verlachte sie am Anfang, erklärten Frauen für zu blöd zu wählen und nahm erst von ihnen Notiz, als sie begannen gewalttätigen Widerstand zu leisten. Das erste Land mit Frauenwahlrecht in Europa war übrigens1906 Finnland.
Der Film Suffragette – Taten statt Worte erzählt eine Geschichte um die englische Frauenbewegung in dieser Zeit.

Sehr gut am Film gefällt mir das sowohl die Unterschiede der bürgerlichen und der proletarischen Frauenbewegung, als auch die Militanz der Frauen gezeigt werden. Die Hauptperson ist Wäscherin. Sie ist schlecht bezahlt und sexueller Ausbeutung unterworfen.

Mehr aus Zufall gerät sie in die eher bürgerliche Frauenbewegung. Nach mehreren Festnahmen wird sie von ihrem Mann hinausgeworfen, verliert ihren Job und ihr Kind wird adoptiert.

Mittellos geworden wird sie von Mitstreiterinnen unterstützt.
Um die Strukturen der Feministinnen zu zerschlagen, versucht ein Polizeikommissar sie als Spitzel zu gewinnen.
Sie läst sich aber nicht als Denunziantin anwerben.

Sie wird Militante und beteiligt sich an gewaltsamen Aktionen. So nimmt sie an einem Bombenanschlag gegen das Haus eines Politikers teil.
Sehr schön ist das der Film die Frauen nicht zu friedfertigen Schafen verbiegen will. Außerdem zeigt er die Polizei als Gewalttäter, was sie heute wie damals war und ist.
Leider hat sich die Situation von Frauen weltweit bis heute kaum geändert. Zwar dürfen sie in den bürgerlichen Demokratien ihre Stimme abgeben, doch proletarische Frauen werden heute immer noch unterdrückt. Wahrscheinlich ändert sich das erst, wenn wieder Bomben hochgehen.
Toll ist auch wie der Film die menschenverachtende Praxis der Zwangsernährung beschreibt. Diese Form der Folter hat ja auch die Bundesrepublik gegenüber den Gefangen der RAF angewendet.
So ist der Film wie eine Geschichtsstunde, die weit in die heutige Zeit und die Zukunft weißt.


Kritiken der Anderen: FAZ Zeit, FR, critic, Spiegel, epd,

Alle Fotos © Concord Filmverleih

Kommunistische Zellen in Hollywood

26.02.2016

© Universal Pictures
Wer mal wieder einen leichten fröhlichen Abend geniessen möchte, sitzt bei "Hail Caesar!" der Choen Brüder im richtigen Film.
Fast jeder Regisseur von Rang und Namen hat einmal einen Film im Film gedreht. Hellzapoppin, The Purple Rose of Cairo, Julietta und die Geister sind Beispiele.
Nun haben sich auch die Choens an das Genere gewagt.

© Universal Pictures
In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg erreichte die Studioproduktion in Hollywood einen Höhepunkt. Im Nachklang des Sieges der USA konnten die Studios den internationalen Markt so stark besetzen, wie nie zuvor. Entsprechend explodierten die Gewinne und die Filme wurden immer aufwendiger. Dramen mit ein paar tausend KomparsInnen oder mit hunderten von TänzerInnen waren Standard.
Sandalenfilme wie Ben Hur und Que Vadis werden heute noch gerne gesehen

© Universal Pictures
Vor diesem Hintergrund spielt die Geschichte.
Der Hauptdarsteller eines solchen Sandalenfilms wird von einer Zelle kommunistischer Drehbuchschreiber entführt und das Studio erpresst. Der Sicherheitschef des Studios klärt den Fall auf und alles ist gut. Natürlich kommt es vorher zu allerlei Wirrungen und Irrungen, aber zum Schluss heißt es,- Ente gut, alles gut.
Leider beruht die Comedy fast ausschließlich darauf, dass SchauspielerInnen und Drehbuchschreiber geistig etwas beschränkt sind und sich auch so verhalten. Das mag zwar aus der Sicht von Regisseuren richtig erscheinen, aber ist fragwürdig.
Es gibt aber auch bezaubernde Szenen, die ich euch nicht verraten will.

© Universal Pictures
In der Wirklichkeit brach die paranoide Kommunistenjagd und der folgende Ausschluss von vermeintlichen Staatsfeinden von Jobs in Hollywood der Filmindustrie fast das Rückgrat. Die Geschichten wurden immer flacher. Ohne die sich später entwickelnde Off Film Szene, die die Studios aufsaugte, wären die Majors längst tot.

Butt und Bass

21.02.2016

Wie fast immer begann mein Aufenthalt in Potsdam im vorzüglichen Fischrestaurant Butt. Meine BegleiterInnen waren dort Frischlinge und nach dem Speisen sehr angetan von Preis und Qualität.
Zwei mal Dorschfilet in Senfsosse und Gurkensalat und ein mal Zander auf Rieslingkraut verschwanden in unseren Mägen.

© Michael Lüder
So gut abgefüttert genossen wir den fünf minütigen Spaziergang zum Nikolaisaal. Hinter der Fassade eines der Potsdamer Bürgerhäuser verbirgt sich ein recht großer moderner Konzertsaal.

© Renaud Garcia Fons
Dort erwartete uns das leckere Hauptgericht des Abends, Renaud Garcia-Fons und das Filmorchester Babelsberg.
Der Solist am Bass gehört zu den weltweit innovativsten Virtuosen seines Instrument. Ich kenne seine Musik auf CD´s seit Jahren. So war ich sehr neugierig ihn live zu erleben.
Er entlockt seinem Bass Töne, die sonst kaum niemand zum klingen bringen kann.

Er selbst sagt schön "Unsere Seelen haben ein Bedürfnis nach Musik"

Bisher kannte ich ihn nur aus Duos und so wollte ich wissen wie er mit einem Orchester klingt. Ich kannte das Filmorchester bisher auch nur vom Namen.
Das es schon seit 1918 existiert wusste ich z.B. nicht. Damals begleitete es Stummfilme.

Als der Tonfilm aufkam erweiterte sich die Aufgabe schnell. Witzig ist, dass in der Geschichtsschreibung im WEB zwischen 33 - 45 nur die erfolgreichen Produktionen auftauchen. Irgendwie haben sie den Ausschluss der linken und jüdischen MusikerInnen wohl vergessen. Außerdem fehlt die Unterstützung der deutschen Weltherrschaftsfantasie. Irgendwie war das Orchester wohl unpolitisch und unschuldig, dass ich nicht lachte.
Natürlich hat es aber auch eine Geschichte in der DDR gegeben. Die war aber auch ganz unpolitisch und erfolgreich.
Aber gut, beim Konzert gefiel mir das Orchester musikalisch sehr gut. Was ich vorher nicht wusste, war das während des Konzerts ausschließlich Kompositionen Renaud Garcia Fons gespielt werden sollten. Das gelang super, auch wegen des Dirigenten Lorenz Dangel.
Beseelt von tollen Abend kehrten wir nach Berlin zurück.

Kultur erlatschen in Schöneberg

20.02.2016


Der für MitläuferInnen kostenlose Schöneberger Artwalk ist eine Institution geworden. Seit 2011 begleitet eine Sachverständige, diesmal die Kunsthistorikerin Constanze Musterer, einen kleinen Trupp vor KunstliebhaberInnen beim Rundgang. Als Bewohner des Galerienviertel war es notwendig mindestens ein mal daran teilzunehmen.
Am 30.04.2016 findet der nächste Rundgang statt.

ohne Titel, 2015
Wir starteten einhundert Meter von meinem Wohnsitz entfernt in der Galerie Gilla Lörcher in der Pohlstrasse. Die dort gezeigten Werke von Monika Romstein unter dem Titel Nach dem Lila links abbiegen schafften es auch beim zweiten Blick nicht, bei mir Begeisterung hervor zu rufen.
Ich sah sie schon auf den Weg zur U-Bahn, aber aus der Nähe wurden sie auch nicht besser. Einzig die im Hinterraum fast versteckten Collagen waren recht ansehnlich.

White Hole, 2014
Als nächstes besuchten wir die Galerie Tanya Leighton in der Kurfürstenstrasse. Im ersten Laden stellte John Smith unter dem Titel Sign Language Videos und Fresken aus.
Die Galeristin erklärte zum Video White Hole, dass die Idee aus einem Ausspruch von Ex DDR BewohnerInnen entstand.

Diese meinten zuerst, dass durch die Übernahme der DDR Licht am Ende des Tunnels zu sehen sei. Doch es stellte sich für sie heraus, dass es nur immer dunkler wurde. Ähnlich hintersinnig waren seine anderen Arbeiten. Ein Künstler dem ich in Zukunft Beachtung schenken werde.

Pregnant Kiwi Skeleton, 2015
Im zweiten Laden  auf der anderen Strassenseite war Sam Anderson Endless Love ausgestellt. Im Raum waren kleinere Objekte auf dem Boden, wie das Gerippe eines schwangeren Kiwis, ausgestellt. Außerdem waren Videos zu sehen. Die Künstlerin wohnt in New York und ist international aufgestellt.

Folgend besuchten wir den Projektraum insitu. Dort wurde eine Gruppenausstellung unter dem Titel Madaleine gezeigt. Wer dabei an süsses Gebäck denkt, liegt nicht ganz falsch. Kitschig waren die Objekte alle male, nur der wabbelige Fußboden im "Fernsehzimmer" war ganz lustig.

© Kehrer Galerie
Weiter ging es in die Potsdamer Strasse. Dort besuchten wir das Highligth des Rundgangs. Die Kehrer Galerie ist Ableger des gleichnamigen Verlags, der auf Architektur- und Fotobücher spezialisiert ist.

© Kehrer Galerie
Unter dem Titel Zimmer mit Aussicht sahen wir eine Gruppenausstellung mit teilweise sehr spannenden Aufnahmen von Räumen und Häusern. Die tollen Fotos sind noch bis zum 9. April anzuschauen.
 
Die KünstlerInnen sind: Alicja Dobrucka, Filip Dujardin, Claudio Gobbi, Kathrin Ganser, Antje Guenther, Beate Gütschow, Susan Hefuna, Rolf Julius, Steffi Klenz, Eva Leitolf, Gregor Neuerer, Roselyne Titaud, Thomas Weinberger.

Die letzten beiden Stationen waren keine Ladengeschäfte sondern in Etagen eines Hauses gegenüber untergebracht.

Die Galerie Guido W. Baudach stellte den von ihr vertretenen Künstler Erwin Kneihsl aus. Der Fotograf und Filmemacher präsentierte unter dem Titel nur schwarz / weiße Arbeiten aus. Jedoch nicht mit Digitalkameras, sondern mit analogem Equipment hergestellt. Dies scheint aktuell unter FotografInnen ein bisschen hip zu sein. Neben einigen Vorzügen der Digitaltechnik bietet die alte Technik eine sehr hohe Auflösung und vieles mehr.

Die letzte Station bildete Arriatia Beer. Dort war Skulpturales von Claudia Wieser ausgestellt. Der Titel lautete All that Is.
Spiegel und Säulen standen im Raum, Gemaltes hing an der Wand.
Dadurch sollte eine eigene kleine Welt entstehen. Leider konnte ich nicht recht in diese eintauchen.

Für mich stand alles unverbunden nebeneinander.
Doch die FotografInnen unter den MitläuferInnen waren ob der Spiegel begeistert.

Damit war der interessante Kunstrundgang zu Ende. Leider gab es keine vorgesehene Möglichkeit gemeinsam über das Gesehene zu reden. Es wäre gut, wenn die MacherInnen so etwas organisieren könnten.