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Rotterdam - Markttag

29.12.2016

Nach dem Frühstück lernte meine Liebste eine weitere niederländische Spezialität kennen. Zu Kaffee bestellte ich Poffertjes. Das sind in Butter gebackene Pfannkuchen, nicht größer als ein zwei Euro Stück. Mit ordentlich Puderzucker schmecken sie zum Reinlegen.
Die Profibackmaschine stand vor dem Laden.
Ihre Wärme sorgte dafür, dass es dem Bäcker nicht kalt wurde.
Wir schauten staunend zu.

Nach einem Spaziergang widmeten wir uns ausführlich dem neuen architektonischen Wunder, der Markthalle Rotterdam von Winy Maas entworfen.
Das Gebäude ist schon von Außen ein Bringer, mit ihrer Höhe vom vierzig Metern sehr imposant. Es wirkt wie eine aufgeschnittene Betonrohre. An der Außenhaut sind Wohnungen mit Balkonen angeklebt.

Als wir sie betraten, stellten wir fest, dass es auch innen Wohnungsfenster gibt, durch das Markttreiben zu beobachten ist.
Die Innendecke hat der Künstler Arno Coenen in Stile alter Meister mit Früchten, Insekten, Fischen, Blumen und Gemüse wie ein Stilleben bemalt.
Die Objekte sind riesig und bescherten mir ein Däumeling Gefühl.

Ich bekam jedoch keine Angst sondern war fantastisch berührt.
Der Markt selbst ist nicht so preiswert wie der draußen, aber dafür chic.
Waren des täglichen Bedarfs gibt es eher weniger, obwohl auch Obst / Gemüse, Fleisch und Fisch verkauft werden.


Die Fläche der Halle beträgt 70 x 117 Meter und  ist vermietet. Zu ebener Erde sind Verkaufstände und auf einigen befinden sich Restaurants. In den Gängen herrschte ein babylonisches Sprachgewirr, es waren dort viele Touristen wie wir unterwegs.
Auch das Angebotene war international. Traditionell beherbergen die Niederlande sowieso mehr Ethnien, was sich in der Vielfallt der Speisen zeigt.
Das Angebot an Oliven war jedenfalls überwältigend.
Beim Herumstreunen bekamen wir Hunger.

Natürlich wollte wir eines der Restaurants auf dem Dach eines Standbetreibers probieren. Dabei konnten wir einen erheblichen Nachteil des Gebäudes im Winter feststellen. Schon fünf Meter über dem Boden fingen wir an zu schlottern. Oben standen viele Heizpilze, ohne die es nicht auszuhalten war. Die vierzig Meter hohe Halle ist wohl unbeheizbar.
Zu ebener Erde, wenn man / frau sich bewegt, ist die Kälte nicht so spürbar.
Im Sommer tritt dieses Problem hoffentlich nicht auf.

Wieder in der Witte de With Strat angekommen besuchte ich mit der Liebsten das Restaurant SateBar.
Eine der Folgen der Ausbeutungen der Kolonien durch die Niederländer ist, dass dort heute viele Menschen mit einem etnischen Hintergrund aus Indonesien leben.
Die Teile und Herrsche Praxis der Niederlande hatte Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufgebracht.

Der daraus resultierende Hass entlud sich nach der Unabhängigkeit Indonesiens in diversen Pogromen. Davor flohen viele BewohnerInnen in die Niederlande.

Von Lencer - own work
used:Maluku Locator Topography
by User:Sadalmelik

Besonders die Molukken, deren männliche Bewohner in der Armee der Kolonialherren an der Unterdrückung teilgenommen hatten. Sie wurden verfolgt. Diese wurden 1951 in die Niederlande umgesiedelt. Ihre Situation war dort miserabel, sie waren in Lagern untergebracht und Rassismus ausgesetzt. Ihre Wut über die Unterdrückung in Indonesien und der miesen Behandlung in den Niederlanden entlud sich z.B. 1977 mit Geiselnahmen.
Mittlerweile sind Indonesierer etwas integriert und haben die niederländische Küche erweitert.

Sie brachten die Erdnusssoße ins Land. Schon bei den vorigen Besuchen in Rotterdam verliebte ich mich in Satespieße (gegrillte Hühnerstücke mit Erdnusssoße).
Tofu, Rind- oder Schweinefleisch kann man/frau auch auf die Spieße stecken. In Berlin gibt es sie auch im Restaurant TukTuk.


Typisch niederländisch war, dass wir in der Sate Bar nicht mit Bargeld bezahlen konnten. Dieses ist dort recht üblich geworden.

Alle Fotos außer der Karte Irmeli Rother und Martin Gerhard

Rotterdam - Museumstag

28.12.2016


Nebel und Pissregen, da passt doch ein Museumsbesuch wie die Faust aufs Auge.
Besonders weil das Museum nur hundert Meter vom Hotel entfernt war.
Das Boijmans van Beuningen ist seit 1928 der angesagte Ort für die bildenden Kunst in Rotterdam.

Werke vom Mittelalter bis zur Contemporary Art könnt ihr dort betrachten.
Das zu sehende Angebot ist sehr vielfältig, fünf Stunden sollte frau / man für den Besuch einplanen.
Mit seiner Fassade aus Backstein und dem Innenhof erinnerte es mich etwas an ein Kloster.

Eine witzige Sache befindet sich bereits im Eingangsbereich. In niederländischer Tradition gibt es keine bewachte Garderobe. Doch hier werden die Mäntel nicht auf einem Bügel über die Stange gehängt, sondern wie in einer Umkleidekabine im Bergbau hoch zur Decke gezogen.


Ein riesiger Spaß nicht nur für Kinder. Für Wertsachen gibt es extra Schließfächer.

Madonna della Misericorda
Zum Beginn des Rundgangs schauten wir die Sonderausstellung zu Fra Bartolommeo.
Dieser Maler der Renaissance war auch Klosterbruder, daher sein Name. Er lebte um 15hundert in Florenz. In dieser Zeit vor der Reformation entwickelten sich überall Widerstand gegen das ausschweifende Leben von Adel und Kirche. Bartolommeo war Anhänger eines Armenpredigers, der auf den Scheiterhaufen endete, deshalb der Klosteraufenthalt.
Die Ausstellung war gut besucht, doch habe ich als Antichrist nicht viel Lust Heiligenbilder anzuschauen.

So beließ ich es bei einem Schnelldurchgang.
Sehr gut fand ich, dass in der Renaissance Ausstellung ein Atelier für einen jungen Maler aus Rotterdam integriert war. Iwan Schmit konnten wir beim Malen beobachten. Zwar liegen ihm Faltenwurf und Detailtreue nicht, er malt sehr flächig, aber es war toll ihm zu zuschauen.

Anders als in Deutschland finden Kinder hier nicht nur in Sonntagsreden Beachtung. Die Kinderabteilung, die wir besuchten, war spannend und pädagogisch betreut.
Im Bild liegt ein riesiger Haufen Knete, aus dem die Lütten was formen durften.
Weil die Knete die richtige Farbe hatte, formte ich ein Herz für meine Liebste. Die anderen Stationen der Kinderabteilung, wie malen, ließ ich lieber aus.
Leider kann ich viel besser Malerei beurteilen als selbst malen.

Später zogen wir in die Designabteilung, wo so mancher berühmter Künstler sich, wie Roy Lichenstein, in der Welt der Gebrauchskunst versucht hat.
Rechts ist ein Waschbecken von Claes Oldenburg zu sehen. Der Gebrauchswert des Werkes als Waschbecken ist zwar gering einzuschätzen, aber als Arbeit eines weltbekannten Künstlers ist es wohl ein paar hunderttausend Euro wert.
Schließlich hatte dieser schon bei der  Documenta 7 1982 eine riesige Hacke in den Rasen gerammt.

Was "entarteter" Kunst sein soll, trauen sich ja nur die neuen Nazis der AfD im Verbund mit den alten Nazis der NPD zu beurteilen. Das ist sehr gut so, denn so offenbaren sie ihre Nähe zum Faschismus und demaskieren sich selbst.
Weshalb das Waschbecken ein Designentwurf sein soll leuchtet mir nicht ein, jedoch Kunst ist es alle Male.
In der ständigen Ausstellung begegneten uns dann die deutschen Nazis und der niederländische Widerstand in einem Gemälde von Jan Hendrik Verstegen.

In dieser Abteilung hingen natürlich viele Werke aus dem so genannten Goldenen Zeitalter der Niederlande. Dieses wurde auch so wegen der 1628 erfolgten Raubzugs gegen die Spanische Flotte durch niederländische Piraten so genannt. Die Beute, Gold und Silber, wird auf ca. 12 bis 15 Millionen Gulden geschätzt (heute eine Milliarde Euro).
Das war zwei Jahre vor der Entstehung des Bildes.
Paulus Moreelse malte die beiden Damen rechts im italienischen Stil.

Auch durch Handel und Produktion war das Land sehr reich geworden. Allein in Antwerpen sollen 1560 mehr als 300 bildende Künstler beschäftigt gewesen sein, mehr als Bäcker und Fleischer.
Dick Ket malte das Bild links 1932 als Parodie auf die Werke der alten Meister. Ob sich das so gut verkauft hat, wie wenn er eine weibliche Brust hätte, bezweifelte ich.
Im goldenen Zeitalter war eine neckisch entblößte weibliche Brustwarze immer gut für einen ordentlichen Verkaufserlös.

Aber auch modernere Kunst war zu sehen.
Auch wenn das 1992 entstandene Werk von Robert Gober sehr gegenständlich war, erschloss es sich mir nicht so richtig. Nackte Männerbeine mit Schuhen und Strümpfen und die auf dem Arsch gemalten Noten sind nicht sehr verständlich.
Aber amüsant war die Arbeit schon.

Auch die Skulptur von Gavin Turk mit den Titel Oscar aus dem Jahr 1999 erklärt sich nicht so einfach. Sie ist vom Bild L’ellipse vom Surrealisten Rene Magritte inspiriert. Aus dem 2D Bild hat Turk ein 3D entwickelt. Er hat eine Bronze gegossen und diese Magritte like bemalt.
Mir ist das doch zu sehr Kopie.

Nach ein paar hundert Kunstwerken waren wir recht müde und gingen ins Hotel zurück.
Auf dem Weg wurde ich dann noch etwas an meine Heimatstadt erinnert. Eigentlich bin ich kein Döner Fan.
Doch das Berliner Döner scheint eine solche Spezialität meiner Heimatstadt zu sein, dass es überall verkaufbar ist. Witzig ist dabei auch, dass Döner ja eigentlich ein türkisches Gericht ist.
Auch in Posnan in Polen sah ich schon Werbung für Berliner Döner.
Döner löst wohl gerade Eisbein als Nationalgericht ab.

Alle Fotos außer der Madonna, Irmeli Rother und Martin Gerhard