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Kapitalipse Now!

12.07.2012

In seinem neusten Film Cosmopolis erzählt David Cronenberg eine Parabel über den Untergang des Kapitalismus.
Die Geschichte: Ein junger, durch Finanzspekulationen reich gewordener Multimillionär fährt in einer riesigen Stretchlimousine im Schritttempo durch New York. Sein Ziel ist sein Friseur am anderen Ende der Stadt, der ihn schon als Kind die Haare schnitt. Vielleicht der einzige 'reale' Mensch, zu dem er Kontakt hält. Der Wagen ist Arbeits- und Wohnzimmer.

Während der Fahrt begleitet eine Sicherheitsescorte ihn zu Fuß. Unser Held empfängt dort BesucherInnen, kontrolliert an Rechnern seine Spekulationen und empfängt einen Doktor zur Prostata Untersuchung. So richtig mit Finger im Arschloch.

Draußen hinter den verdunkelten Scheiben sind DemonstantInnen zu sehen, die fordern Ratten als neue Währungseinheit einzuführen. Nachdem ein Angestellter ihm mitteilt, dass er sich verspekuliert hat und Pleite ist, berührt ihn das kaum.

Doch zum Schluss besucht er einen ehemaligen Angestellten, der ihn umbringen will. Der war wegen Burn Out entlassen worden und sinnt auf Rache. So sucht er den Tod und findet ihn wohl auch.

Geld macht wohl nicht glücklich. Ganz neu ist die Erkenntniss nicht. Ich bin nicht sicher, ob ich den Film empfehlen kann. Gelangweilt ist der Held ständig, doch Langeweile steckt an und so fiel mir ein, dass ich auch mal wieder zum Friseur muss.

109 Minuten Filmzeit fand ich mindestens 19 Minuten zu lang.

Interviews mit dem Regisseur bei Cicero, TAZ,Tp-Berlin,
Die Kritiken der anderen: Spiegel, FAZ, Berliner Zeitung,

Stumm im Froschkönig

11.07.2012

Auf dem Weg zum Film besuchte ich zuerst eine Vernissage im Projektraum Ozean in der Schleiermacherstraße 31 in Kreuzberg. Eine kleine Halle, in der wechselnde Künster Werke präsentieren. Diesmal stellte der Schweizer Aurelio Kopainig CROP CULTURE (Monokultur) aus.

In einem Glaskasten wucherte Blattwerk unter Pflanzenlicht und daneben lief in einer Endlosschleife in Werbefilm eines Genpflanzenproduzenten. Ich nehme mal an, dass der Künstler mit seiner Arbeit ein ökologisches Anliegen vertreten will. Leider war die Idee recht phantasie- und lieblos ausgeführt. Außerdem erklärte das Werk sich nicht selbst. Ohne das Begleitscript hätte ich nichts verstanden. Das mag bei Konzeptkunst akzeptabel sein, bei politischen Anliegen nicht.

Wer sich selbst eine Meinung bilden will, hat bis 01. August Zeit.

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Die nächste Etappe des Abendprogramms war der Stummfilm Cagliostro von 1929 in der Kneipe Froschkönig. Die Geschichte, die dem zu Grunde liegt, ist das Leben des Alchemisten und Hochstaplers Cagliostro. Unter diesem Namen narrte Giuseppe Balsamo im 18. Jahrhundert Adlige mit seinem Grafentitel und seiner Fähigkeit Gold herzustellen. Der Film schert sich jedoch kaum an das Wenige, was aus seinem Leben verbürgt ist. Er ist ein Kostümfilm mit wenig Tiefgang.

In ihm wird behauptet, Cagliostro hätte aus Rache die französische Revolution mit angezettelt. Auch sonst ist er eine Herz- Schmerz Schmonzette.
Trotzdem war der Besuch im Froschkönig angenehm. Vor Beginn der Projektion informierte Herr Lugmeier von Laufende Bilder e.V. über die Entstehung des Films und das Leben des Titelhelden. Am Flügel sorgte Martin Rohrmeier für musikalische Untermalung des leider nur noch in Fragmenten vorhandenen Films.

Teetime mit Haferflocken

08.07.2012

Rund um das Teehaus im Englischen Garten findet der Konzertsommer Berlin statt. Seit zwei Jahren versucht ein neuer Betreiber an die jahrelange Tradition des Ereignisses anzuknüpfen. Dies gelingt ihm jedoch nur mäßig. Einiges ist besser geworden. Die Qualität der Musikwiedergabe ist erheblich gestiegen, auch das riesige Regendach vor der Bühne erwies sich als nützlich. Leider ist die Qualität und Auswahl an Gerichten und Getränken gesunken. Außerdem gibt es keine Sitzplätze mit Bühnensicht mehr. Auf dem aufgestellten Bierbänken besteht Verzehrzwang. Ich werde die Veranstaltungsreihe wohl nur noch besuchen, wenn eine mir bekannte Band spielt. Früher verbrachte ich ganze Wochenenden dort.

Da die Haferflocken auftraten, war Erscheinen Pflicht. Das Publikum beim Konzertsommer ist natürlich eher im Rentenalter und nicht so hüpfsüchtig wie junge Leute. Außerdem sehen die Flöckchen ein wenig schrill aus. Als der Auftritt begann, waren noch nicht viele Zuschauer vor der Bühne. Das änderte sich jedoch schnell und spätestens als ein Regenschauer die Menschen unter das Zeltdach vor der Bühne zwang, war es voll.

Trotzdem das Publikum sehr gemischt war, gelang es den den Flocken dieses zu begeistern. Zum Schluss tanzten viele, wie meine Liebste und ich. Nach dem letzten Lied gab es begeisterten Applaus und die Forderung nach einer Zugabe. Die platt gewalzten Getreidekörner kamen dem natürlich nach.
Ich traue der Band mittlerweile zu, auch ein Seniorenheim aufzumischen, Hut ab!
Im Juni waren sie mit einem Zirkus unterwegs, schaut selbst.

Goal, Goal, Goal, Goal

01.07.2012

Gastspiel der Liebsten

Eigentlich interessiert mich Sport überhaupt nicht, nicht mal Eishockey. Aber ich wurde Opfer eines Fußballfieberattackes und der Arzt empfahl 90 Minuten Live-Fußball in der frischen Luft. So war der arme Martin gezwungen mir hinterher zu tapern.

Es gestaltete sich jedoch etwas schwierig kurzfristig in Steglitz eine Lokalität zu finden, wo man den lauen Sommerabend fernsehend verbringen konnte. Café Freistil im ehemaligen Stadtbad Steglitz war blöderweise zu. Dort hatten wir schon zwei Spiele auf klitzekleinen Fernseher (Farbfernseher!) verfolgt. Nach verzweifelter Suche - wir waren schon fast panisch - landeten wir beim echten italienischen Restaurant Toni in der Bornstraße. Kurz vor dem Anpfiff schafften wir es unsere Bestellung aufzugeben.

In dem Endspiel Italien-Spanien wurde richtig hart um den Ball gekämpft. Die 22 Freunde gingen gar nicht freundlich miteinander um: es gab Geschubse, Anrempeleien, Bein stellen, an Klamotten zerren und sonstige Gemeinheiten. Alles nur wegen eines Balles. Es wurde schnell hin und her gerannt, immer um den Ball kämpfend. Ein Spiel im Fernsehen zu schauen ist doch genial: in Zeitlupe kann frau das geschossene Tor bewundern.

Es gab Schweiß, Schmerzen, Muskelkrämpfe, Spucke, Schreie, Schmerzensschreie und Grimassen. Die Frauen von heute wissen schon wie viele Freunde es auf dem Rasen sind und ´was in das Eckige muss. Aber sie haben auch andere Dinge auf dem Schirm: die Männerwaden, die Frisuren, die Tattoos und die prallen Muskeln und Waschbrettbäuche, wenn diese durchtrainierten Kerle nach einem Erfolgstor das Trikot vor lauter Euphorie lüpfen.
Ach, Männer, ´was seid ihr für Kerle!

Ich war schon vorher für Spanien. Aber als sie bereits drei Tore geschossen hatten, schwankten meine Sympthien für Italien um, nun taten sie mir echt leid. Das Endergebnis 4 – 0 war schon extrem. Aber Adidas´ Sieg über Puma war sehr gerechtfertigt.

Und gut, dass Italien verlor, sonst hätten wir bei Toni noch Grappa trinken müssen. Gern hätte ich eine rot-gelbe Fahne an mein Gepäckträger geklemmt, als ich die menschenleere Schloßstraße nach Hause radelte. Leise summte ich: „E viva Espana.“