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Venedig ist wie Glas

19.09.2011

Am vorletzten Tag besuchten wir die zweite Hälfte der Ausstellung Glasstress am Canal Grande. Die Arbeiten im Museum auf Murano hatten uns begeistert.

Diesmal nahmen wir den Fußweg durch den von Touristen verstopften Bezirk San Marco. 
Unter den Flüchtlingen, die Diverses an Touristen verkaufen wollten, entdeckten wir einen Künstler. Der asiatisch aussehende Händler faltete Insekten aus Schilf.

Obwohl es in Italien wie bei uns regelmäßig rassistische Übergriffe gibt, sah ich keine Ausländer Raus Parolen. Dafür scheinen viele Venezianer genug von der Touristenschwemme zu haben. Ein wenig kann ich das verstehen, obwohl ich auch Tourist war.

So zeigte ich Augenstern die Rialtobrücke, bevor wir die Ausstellung im Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti besuchten. Das ist im Palazzo Franchetti untergebracht. Dieser ist ein richtiger Palast, wie einer aussehen sollte.

Schon das Äußere verrät, dass Baron Franchetti nicht verarmt war.
Riesige Räume und eine Ausstattung mit allem, was gut und teuer ist, war zu sehen. Wir holten uns fast einen steifen Hals beim Betrachten der Deckengemälde.
Ein schöner Ort zum Studieren.

Doch wir waren von der Glaskunst angelockt worden. Der zweite Teil der Ausstellung toppte den ersten. Schaut selbst.

Jan Fabre, Greek gods in a body-landscape, 2011
Erwin Wurm, wurm_03
Monica Bonvicini, Tears, 2011
Kendell Geers, Cardiac Arrest VIII, 2011
Tokujin Yoshjoka, Water block, 2002
Judy Schaechter, Nature, 2010

Im Garten entdeckten wir ein märchenhaftes Haus.

Erwin Wurm, Narrow House, 2010





















Wir stellten uns die Frage: "Wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein?" Könnte es eine Hexe sein?
Als wir es betraten, wurde uns klar, dass nur Küchenmeister Schmal Hans hier wohnen kann.


Der Architekt war Erwin Wurm, Professor an der Universität für angewandte Kunst Wien.
So ist es wahrscheinlicher, dass dies ein Muster für das moderne Studentenquartier nach der Finanzkrise sein soll.

Mit Hunger und Durst kehrten wir in die Mensa des Instituts ein. Ebenfalls im Palast untergebracht, ist das Mobiliar eher funktional, aber der Leuchter und die Fenster waren super. Leider wurde die Terrasse umgebaut, sonst hätte der Ort noch mehr begeistert.

Sehr empfehlenswert ist aber das preiswerte Mittagsbüffet, das man / frau auch als TouristIn genießen darf. Suppe, warme und kalte Kleinigkeiten, Salat, Wasser und einen Espresso gab es für wenig Geld.
Die Mensa steht auch ohne Museumseintritt allen offen.

Draußen entdeckte und fotografierte Augenstern den oben zu sehenden Türknopf. Venedig ist einfach bezaubernd.

Abschied vom der Serenissima

21.09.2011

Am Morgen des Abflugtages waren wir etwas geknickt.
Beim Frühstück beobachteten uns die Möwen ein letztes Mal und hofften wieder vergeblich auf Futter.
Danach machten wir einen letzten Bummel über die Via Garibaldi und kaufen Vorräte für Berlin ein.

Bei einem Imbiss auf der Piazza im Anschluss tranken wir den letzten Wein leer.
Dann packten wir die Koffer, schloßen zum letzten Mal die Tür und warfen einen letzten Blick auf´s Apartment. Zum letzten mal liefen wir die paar Schritte zur Station Arsenale.

Wir schipperten ein letztes mal über den Canal Grande.
Eine spannender Urlaub ging zu Ende. Am liebsten würde ich das nächste Mal eine Woche vor der Eröffnung der Biennale 2013 einfliegen. Dann finden überall Vernissagen statt und ich berichte euch davon.

Gewinnspiel

04.09.2011

Mal schauen, wie gut sich BerlinerInnen in ihrer Stadt auskennen. Die Fotos stammen von einem Ort, nicht weit vom Hauptbahnhof. Der / die Erste, die den Platz kennt, mit dem gehe ich in einen Film seiner Wahl in Berlin.


Viel Spaß beim Suchen!

Herumstreunen in Kreuzerg

03.09.2011

Zuerst bewegten wir uns zu dem neuen Park an der Möckernstrasse. Unter den Yorckbrücken entdeckten wir dann dieses Werk ohne Namensschild. Eine witzige Skulptur, mit ihr fiel das Ertragen des Krachs und der Gestanks der Auspuffgase an dieser Strasse leichter.

Einige der Eisenbahnbrücken wurden ja bereits abgerissen. An einem Sockel hat die Natur ihr Zerstörungswerk begonnen. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass es nur ein paar hundert Jahre dauern wird, die Spuren des Menschen von der Oberfläche zu tilgen.

Zur Parkeröffnung waren wir schon etwas spät dran. Das Bühnenprogramm war schon beendet, wir legten aber noch eine flotte Sohle zur Mucke vom DJ der Tanzschule Maxixe auf´s Parkett.
Viele Drachen flatterten am Himmel und die Stimmung war ausgelassen.

Gleich nebenan in der Hornstrasse fand das jährliche Straßenfest statt. Kleiner als ich es in Erinnerung hatte, war es zu einem Hoffest der Kirchengemeinde geschrumpft. Dort trafen wir R. und S. und wie um S. glücklich zu stimmen, trat ein Chor aus ihrer Heimat Russland auf.

Wir genossen den lauen Abend, die Gerichte vom Grill und den Rotwein.
Als es dunkeler und kälter wurde brachen wir auf. In einer Brandmauer am Kirchhof hatte sich ein Teelichtkünstler ausgetobt und ich hatte damit den perfekten Abschieds- Knips im Kasten.

Weiter ging´s, die Art Kreuzberg, weckte unsere Neugierde. Im Gebiet rechts und links der Gneisenaustraße waren zahlreiche Galerien geöffnet und an einigen Orten wurde auch Musi oder Performance geboten.

Leider kamen wir zum zweiten Mal zu spät, aber im Atelier von IK & Company brannte noch Licht. Als wir die gute Stube betraten,  lief der Fernseher, Thilo Sarrazin verbreitete wieder mal politischen Dünnpfiff. Ich wollte umdrehen, doch ich bemerkte die Künstlichkeit der Situation .

Und wir entdeckten weitere interessante Werke, wobei Augenstern ihr Wesen freimutig offenbarte. Zielstrebig ging sie zu der Skulptur rechts und fotografierte ein Detail. Für mich bewies sie wieder, das Heteras immer nur an das Eine denken. Die Künstlerin nutzt als Arbeitsmaterial oft Latex. Die Körper wirken dadurch recht echt. Sie durchkreuzt diesen Eindruck, in dem sie Nähte und Klebestellen sichtbar läßt.

Die Werke von Isolde Krams gefielen mir sehr. Bei dem an einen Stein gefesselten Fisch dachte ich sofort an das Ritual, welches teilweise an nicht Geständigen der Hexerei verdächtigen durchgeführt wurde. Man band diese an einen Stein und versenkte sie im See.

Tauchte sie nicht wieder auf, war bewiesen, dass sie nicht log. Gelang es der armen Person sich zu befreien und aufzutauchen, war der Beweis erbracht, dass sie mit dem Teufel paktierte. Der Scheiterhaufen war ihr gewiss.

Von den künstlerischen Fotos, die Augenstern an diesem Tag schoss, gefiel mir diese besonders. In der Tradition der Meister des beginnenden 20sten Jahrhunderts brachte sie sich, vertreten durch ihren Schatten mit ins Bild.


Von Schöneberg nach Rüdesheim

28.08.2011

Zu Beginn besuchten wir den Tag der offenen Kultur im Rathaus Schöneberg. Catrin Pfeifer, eine tolle Akkordeonspielerin, hatte mich angelockt. Ich hörte sie schon in diversen Formationen, diesmal trat sie mit dem genialen Cellospieler Sonny Thet auf.

Zuerst schauten wir uns im Rathaus um. Bis zum Anschluss der DDR der Sitz des Westberliner Parlaments. Mit dem Vorplatz verbinde ich manche Erinnerungen. Hier versammelte sich der antikommunistische Mob, um dem Morden der USA in Vietnam zu zujubeln.

Doch es war auch ein Ort des Widerstandes. Hier wurde gegen den Schah von Persien (Iran) protestiert und die Polizei sah zu, wie iranische Geheimagenten, die so genannten Jubelperser, die Demonstranten mit Holzknüppeln verprügelte. Am Abend des 2.Juni 1967 erschoss dann ein Polizist den unbewaffneten Benno Ohnesorg. Der bewaffnete Kampf in der BRD begann.

Jährlich zum 1. Mai rief damals auch der DGB zur Kundgebung auf den Platz. Ich lehne die Sozialpartnerschaft der Gewerkschaft ab. Und so war ich 1969 dort, um den Berliner DGB Vorsitzenden Sickert mit dem Ruf: "Der Sickert, der sickert und sickert" zu verhöhnen. Das taten mit mir so viele, dass der DGB ab 1970 den ersten Mai lieber im Saal feierte.

Diesmal wollten wir das Rathaus besichtigen. Besonders interessant war der Turm mit der von den USA gekauften Freiheitsglocke, dem Symbol des kalten Krieges. Auf ihr prangt der Spruch: „Ich glaube an die Unantastbarkeift und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen."

Angesichts der Politik der USA ein Hohn. Die Fotos des Massakers von My Lai im Vietnamkrieg und die Folter von islamischen Verdächtigen sprechen eine klare Sprache.


Diese Bilder schossen mir durch den Kopf, als ich die Freiheitsglocke sah. Eigentlich sollte man / frau die Glocke einschmelzen. BuntmetalldiebInnen an die Arbeit!

In einem Saal lauschten wir dann erst einmal den Akazien-Grazien. Ich freute mich sehr unter ihnen eine Bekannte begrüßen zu können. Sehr angenehm war, dass ihr Programm nicht zu ernst war, viele Schlager aus den 20ern und 50ern wurden mit Ironie vorgetragen.

Im Turm spielte dann auch das Duo Pfeifer / Thet auf.
Sie sind Ausnahmekünstler an ihren Instrumenten und das Zusammenspiel harmonierte fantastisch.
Wir waren so begeistert, dass wir uns zwei Auftritte in Folge anhörten.
Konzerte unbedingt besuchen!

Wir nutzten die anschließende Turmbesteigung, um Berlin von oben zu betrachten und zu knipsen.





Schon auf dem Weg hinaus fesselte uns die Performance von "Frau Müller". Ihr lyrisches Puppentheater nutzte als Bühne einen kleinen Tisch auf dem sie mit ihren Fingern eine kleine Frau bewegte. Das war so herzzerreißend, dass wir unseren Aufbruch verschoben.

Den aufkommenden Hunger bekämpften wir im Restaurant Mario. Das Essen ist hier recht authentisch italienisch, aber auch nicht billig. Gute Zutaten haben halt ihren Preis. Lecker abgefüttert machten wir uns zum Sommerfest am Rüdesheimer Platz auf.

Das Fest lag in den letzten Zügen, wir liefen nur mal darüber. Nett war, dass viele Läden aus der Umgebung Produkte an Ständen anboten.


Was von uns bleibt

21.08.2011

Auf dem Alten St. Matthäus Friedhof nah beim S-Bahnhof Yorckstrasse liegen neben Rio Reiser und den Gebrüdern Grimm so manche andere "bedeutende" Person begraben.

Seit einigen Jahren wird er vom dem Verein EFEU betreut. Er wirbt für den Erhalt der bröckelnden Mausoleen und bringen Kultur auf´s Gräberfeld.
An Nachmittag war ich mit Augenstern zur Besichtigung der Ausstellung Parcour des Erinnerns auf dem Friedhof aufgebrochen.

Marion Fabian, Spurensicherung
Entlang einer Urnenwand begann der Rundgang. Hier hatte eine Künstlerin Marmorplatten entfernt und hinter Glas Erinnerungsmedien platziert. Ich war besonders von einer Box, die eine Festplatte enthielt, begeistert.
Es gibt ja schon Diskussionen, was mit unseren Facebook Einträgen, den Blogs und den Fotos, die wir ins Netz stellen, nach dem Tod passiert. Früher gingen Verstorbene nur über persönliche Erinnerung und / oder über ihre Werke ins kollektive Bewusstsein ein.

Nathalie Giraud-Diekert
Ruhezeit abgelaufen.
Seit einigen Jahren werden die Super 8 mm Privatfilme als Geschichtsarchive erforscht. Für das Durchforsten der Festplatten brauchen wir sehr viele neue Kulturhistoriker und Völkerkundler.
Um die Erinnerungen, die durch Gerüche hervorgerufen werden, kreiste das zweite Werk. In einer der Boxen erroch ich kalten Rauch.

Gisela Weimann, Mein Schatten bleibt
In einer Erzählung von Albert von Chamisso verkauft die Hauptperson seinen Schatten dem Teufel. Die Künstlerin des dritten Werkes drehte diesen Gedanken um. Bei ihr geht der Mensch, nur der Schatten bleibt. Das dies technisch möglich ist, haben Atombomben Explosionen bewiesen.

Detel Aurand
Ein Mensch stirbt, Erinnerung lebt
Sehr eindrucksvoll und hübsch anzusehen waren die mit dem japanischen Schriftzeichen für Leben bemalten, bunten Regenschirme.
Das Werk war nett anzusehen, doch mir erschloss es sich nicht. Was hatte es mit dem Thema Erinnerung zu tun?
Es wirkte etwas deplatziert.

Masko Iso, Schwebende Seelen
Etwas an Mumien erinnerten mich die mit Mullbinde umwickelte Äste, die an Bäumen hingen.
Die Künstlerin sagte dazu: "Eingehüllt in Weiß werden die Seelen sichtbar gemacht und schauen auf und herab" Dies erschloss sich mir nicht.


Sandra Riche, Notgedächtniss
Notschlüsselkästen, die überall zu finden sind, stellte eine Künstlerin auf den Friedhof. Diese enthielten aus Scrabblesteinen zusammengesetzte Worte. Wörter sind Bausteine des historischen Gedächtnisses. Viele, die sich dem Tod nähern, verlieren diese durch Demenz, daran soll das Werk erinnern.

Einiges meiner Meinung nach zu sehr misslungene Werke möchte ich euch durch Weglassen ersparen.

Liz Crossley, Gras wird über
unsere Städte wachsen
Für mich stellte die Skulptur der aus Südafrika stammende Künstlerin die Hauptattraktion der Ausstellung dar.
Ihrem Werk liegt die Annahme zugrunde, dass zukünftige Bewohner der Erde anfangen unseren Schutt abzutragen. Die neue Erdoberfläche wird durch die bewachsene Fläche über dem Holzgerüst symbolisiert. Auf der "alten" Erdoberfläche hat sie das Wort  GRASS GROWS (Gras wird über unsere Städte wachsen) in den Rasen geschnitten. Der Spruch ist ein Zitat aus der Bibel.

Den Schnitt muss sie aber ständig nacharbeiten. Bei dieser Tätigkeit trafen wir sie an. Sie sagte, dass sie bei dieser Arbeit oft über den von Menschen gemachten Zustand des Planeten nachdenkt. Eine kluge Frau zeigt hier was Kunst zu leisten vermag.

Zum Schluss boten uns die VeranstalterInnen des Rundgangs noch ein besonderes Ereignis. Aus einem leeren Mausouleum erklang Violinenmusik.
Zuerst dachte ich, dass es sich um eine weitere Installation handelte. Doch dort spielte Claudia Teschner im Halbdunkeln Violine.
Ein wunderschönes Hörerlebnis bot sich uns.
Nach dem Kunst Parcours besichtigten wir noch "besondere" Grabstellen.

Einige sind vom Verein Denk mal positivHIV betreut, der Aidskranken eine letzte Ruhestelle vermittelt. Um die Familiengräber des Friedhofs zu erhalten, können Interessierte die Pflege einer Denkmal geschützten Grabstelle übernehmen und sich dort auch beerdigen lassen.

Dies tat der Verein und so erwarb er das Recht tote Aidsopfer begraben zu können. Die Krankheit HIV bedeutet ja auch für viele Verarmung und das oft mit der Konsequenz eines anonymen Grabes.

Nach so viel Tod und Kunst genossen wir noch Kaffee und Kuchen im am Friedhofseingang gelegenen Café. Ein bezaubernder Ort, besonders wenn das Wetter mitspielt.


Pfifferlinge aus Strausberg

20.08.2011

Wir begannen die Pilzjagdzeit.

Unterwegs stoppten wir spontan beim Wesendahler Hofladen, um uns mit leckerem frischem Obst und Gemüse aus der Region einzudecken.
Gemütlich ist der Laden jedoch nicht und die zwei Stühle auf dem Parkplatz laden nicht zum Verweilen ein.

Im Wald bei Strausberg suchten wir zuerst um jede Birke herum nach Birkenpilzen. Sie sind ja die ersten in der Saison. Leider fanden wir in drei Stunden nur ein paar von Maden zerfressene Exemplare.

Kurz vorm Aufgeben schwenke ich auf Pfifferlinge um, die ja den ganzen Sommer zu finden sind, wenn man / frau weiss wo. Ich sah von Weitem eine Stelle, an der welche stehen könnten. Das nur mit wenig Gras bewachsene, sonnenbeschienene Fleckchen, war ein Volltreffer. Ein halbes Kilo Pilze in einer halben Stunde war der Lohn.
Leider liebt Sand die Pfifferling und das bedeutet Arbeit.

Anschließend besuchten wir im an Wegesrand liegende Gielsdorf das Dorffest. Das Fest bot ein paar Stände, Sitzplätze an Biertischen und ein, wie fast immer auf solchen Festen, grottenschlechtes Musikprogramm zum Schunkeln.
Aber die Wildbratwürste waren gut.

Später daheim aßen wir dann ein Mahl aus Pfifferlinge mit Zwiebeln, Schinken und Sahne an frischen Nudeln. Gehackte Petersilie war das Sahnehäubchen.