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Fest an der Havel

22. - 23.10.2011

Irgendwann im Herbst fahre ich meist nach Molkenberg, Havel.
Jedes Jahr laden K. u. M. in die Alte Molkerei zum Herbstfest.
Es begann am frühen Abend. Jede / Jeder trug etwas zum Essen bei. So bog sich der Tisch unter dem Angebot. Meine mit Schafskäse gefüllten Buletten gingen weg wie warme Semmeln, obwohl keine Brötchen enthalten waren.

Rezept für ca. 10 Partygäste:
1 kg Rinderhack in eine Schüssel geben. Eine große Zwiebel sehr fein hacken, 2-3 zerquetschte Knoblauchzehen, ein Esslöffel Olivenöl, ein Esslöffel Senf, ein Ei und nach Gefühl ein wenig Paniermehl zugeben. Ein großes Bündel glatte Petersilie hacken und dazu fügen. Mit Salz, Pfeffer, Paprika und Chillisoße würzen. Durchkneten bis ein glatter Teig entsteht. Wenn er zu feucht ist Paniermehl, wenn er zu trocken ist Öl untermengen. Schafskäse in ca. 2 cm große Würfel schneiden und um jeden Block den Teig so verteilen, dass kein Käse herauslugt. Kleine Buletten sind leckerer. Braten und heiß oder kalt servieren. Anstatt der Benutzung von Rinderhack ist auch der vom Lamm möglich. So fühlen sich Menschen, die kein Schweinefleisch verzehren, nicht ausgegrenzt.


Das Tagungshaus wird seit 15 Jahren betrieben, deshalb erhielten K. + M. eine Geburtstagstorte geschenkt.
Zuerst verspeisten wir die vielen Leckerein, die die Gäste mitgebracht hatten.
Die Anzahl der BesucherInnen betrug mindestens fünfzig.

Nach dem Futtern begann das Fitness Programm. Jedes mal, wenn ich zum Herbstfest komme, tauchen mehr MusikerInnen aus der ganzen Gegend auf. Sie jammten in wechselnder Besetzung bis lange nach Mitternacht.
Die junge Dame auf dem Foto sang Solo Blues und Country Song.
Im Jahr zuvor hatte sie Ähnliches vorgetragen. Damals war ihr Outfit allerdings noch gruftimässig. 

Zur Musik zappelte ich mal alleine, mal mit PartnerInnen. Die Pfunde, die ich mir an gefressen hatte, schmolzen wieder dahin. Gut verschwitzt kroch ich ins Bett in meinen unbeheizten Bauwagen. Es war um Null Grad in der Nacht, zum Glück holte ich mir nicht den Tod.

Nachdem ich beim Frühstück aufgetaut war, spazierte ich durch den Ort Moltenberg. Das Dorf liegt idyllisch an der Havel.
Die BewohnerInnen kämpfen seit mehreren Jahren um einen Radweg. Die Wirtsleute der Alten Molkerei sind auch in der Bürgerinitiative aktiv. Die Moltenberger wollen sicher zum nächsten Ort radeln und hoffen auf RadtouristInnen. Sie werden bei ihrem Anliegen von ADFC unterstützt.

Bei der Heimfahrt machten wir einen kleinen Schlenker nach Brandenburg.
Zuerst tranken wir lecker Kaffee in der cafébar im Brückenhäuschen der Jahrtausendbrücke.Wir besetzten zwei leer stehende Liegestühle am Havelufer und genossen die vielleicht letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Jahres.
Hinter der Brücke entdeckten wir eine Flotte von hübschen Flößen.

Sie sind bei der Pension Havelfloß zu mieten und Bootsführerschein frei im Land Brandenburg zu nutzen. Gerne werde ich in den nächsten Jahren auf ein solches Angebot zurückkommen, wenn mal kein Kultururlaub angesagt ist.
Anschließend begaben wir uns auf einen kleinen Stadtbummel. Dabei entdeckten wir u.A. den im Stil der Norddeutschen Backsteingothik erbauten Dom.
Dieser wurde 1165 kurz nach der Vertreibung der slawischen Bevölkerung errichtet.

Melancholia trifft Depession

21.10.2011


Muss denn wirklich jeder Film gedreht und gezeigt werden? Auf das neue Werk von Lars von Trier Melancholia hätte ich gerne verzichten können.
Ein paar Bekannte und ich sahen den Film im Yorck-Kino in Kreuzberg.

Die Story: Zwei Schwestern und ein kleiner Junge warten auf den Weltuntergang. Die eine ist schwer depressiv und erwartet ihrem kommenden Tod ruhig. Die andere dreht langsam durch.

Viel zu langsam rast ein Planet auf die Erde zu, um mit ihr zusammen zu stoßen. Während ich dem anhaltenden Drama zusah, betete ich gelangweilt, dass die Tragödie hoffentlich bald zu Ende ist. Und Wagnerarien jammerten dazu.

Beim Aprés-Film-Wein danach stellte ich fest, dass wir den Eintritt besser einer Depression Selbsthilfegruppe gespendet hätten.
Herrn von Trier wünsche ich, dass ein Meteorit in der Größe eines Tennisballs auf seinen Schädel einschlägt, dann ist er seine Probleme los und ich brauche seine Filme nicht mehr begutachten.

Kritiken der Anderen: Süddeutsche Zeitung, Die Welt, Stern, Tagesspiegel, TAZ

Göttin des gerechten Zorns

17.10.2011


Im Film Nemesis spielen Ulrich Mühe und seine Frau Susanne Lothar ein Paar, das sich zerfleischt. Sie heißen Robert und Claire.
Die Story: Das Paar feiert mit Freunden den Abschied von ihrem Haus in der Toskana. Claires Schwester ist dort ermordet worden.

Deshalb wollen sie es aufgeben. Der Mord ist unaufgeklärt. Im Laufe der Zeit wird jedoch klar, dass Claire die Täterin ist. Sie war eifersüchtig; die Schwester hatte ihr offenbart, dass Robert mit ihr zusammen sein will. Doch sie hat die Tat verdrängt.

In ihrem Wahn beginnt sie ihren Mann zu verdächtigen. Es entsteht ein Beziehungkrieg de luxe. Claire mutiert zur Nemesis, der Göttin des gerechten Zorns. Robert könnte der passende Zeus sein und schon ist die griechische Tzagödie fertig gebacken.
Mein Urteil: eine interessante und spannende Geschichte, sehr gute Schauspieler, leider ein dilettantischer Filmschnitt. Der versaut den Handlungablauf durch nicht stimmige Sprünge. Schade!

Das schaffen wir

16.10.2011

Draußen tobt der schönste goldene Oktober und Mann + Frau wollen nichts Anderes tun als zwei Stunden im dunklen Kinosaal zu hocken. Ja! Die Reihe heißt Cinemaperitivo und sie wird jeden Sonntag im Kino Babylon Mitte serviert.

Die Idee zum italienischen Film „Si può fare“ (auf Deutsch ungefähr „Das schaffen wir schon“) von  Giulio Manfredonia hat ihren Ursprung in der Psychiatriereform Italiens. Auf Initiative des Psychiaters Franco Basaglia wurden 1978 die psychiatrischen Kliniken geschlossen und die Patienten in die Freiheit entlassen, meist zurück in die Familien. Auch hierzulande wurden Langzeitstationen und ganze Kliniken geschlossen.

Die ehemaligen Psychiatriepatienten wurden zurück in die Gemeinde oder die Familien geführt. In dieser Zeit entstanden überall Wohn- und Arbeitsprojekte für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.

Zum Film: In Mailand verliert der Gewerkschaftler Nello seinen Job. Mehr oder weniger freiwillig nimmt er das Jobangebot als Aufpasser eines Kollektivs von psychisch Kranken an. Die Mitglieder verrichten stupide Arbeiten wie Briefmarken kleben.

Die Arbeit schmeckt ihnen nicht, in der Gruppe herrscht ständige Unruhe und es kommt oft zu Streitigkeiten. Nello hat das Herz am rechten Fleck. Er begegnet den psychisch Kranken auf gleicher Augenhöhe, nimmt sie ernst, lässt sie mitentscheiden.

Nach einer Abstimmung ist Schluss mit Briefmarken kleben. Zukünftig wird richtige Arbeit verrichtet: Parkettverlegen. Das erste Parkett wird in Nellos Wohnung gelegt. Lohn wird sofort auf die Hand ausgezahlt, was die Motivation erheblich steigert.

Durch die Hartnäckigkeit von Nello erhält die bunte Truppe Folgeaufträge. Die aus der Not geborene Idee, aus Parkettresten schmucke Ornamente zu gestalten, wird zum Renner. Sie können sich kaum vor Aufträgen retten.

Der Film zeigt, dass wir alle unsere verrückten Seiten haben. Die Grenzen zwischen „Normalen“ und „Ver-rückten“ sind fließend. Der Film beschreibt das Projekt sehr liebevoll. Ein sympathischer Film mit viel Situationskomik und einem Schuss Tragik!



Im realen Leben sieht es etwas anders aus. Die psychisch Kranken sind gar nicht so knallverrückt wie im Film. Die Lankwitzer Werkstätten wurden 1986 im Zuge der Psychiatriereformbewegung als Modellprojekt gegründet. In der Tischlerei werden wunderschöne Schneide- und Servierbretter aus Resthölzern hergestellt.

Nachdem die Lichter in dem klitzekleinen Kinosaal wieder angingen, wurden die Zuschauer zu einer Diskussionsrunde in das obere Foyer von Babylon eingeladen. Es wurde Spritz und Prosecco serviert, dazu kleine Pizzastücke. Unter den Kinogängern wurde lebhaft auf Deutsch und auf Italienisch diskutiert: über Dokumentation und Fiktion,  Diagnosen und Behinderungsarten, über selektierende Schulsysteme und Pisa-Ergebnisse.

Bis der sympathische Diskussionsleiter die Diskussion unterbrechen musste und uns in die stockdunkle Oktobernacht schickte.

Ein Pilzlein steht im Walde

15.10.2011

Wieder einmal wollten wir Pilze in Brandenburg jagen. Wir fuhren bis zum S-Bahnhof Buch und durchquerten die Hobrechtsfelder Rieselfelder. Früher verklappte Berlin hier flüssigen Abfall. Seit dem ist der Boden so verseucht, dass die Früchte der Obstbäume und die Pilze sehr stark belastet sind. Vom Verzehr wird dringend abgeraten.

Aber Obst hing nicht mehr an den Bäumen und pilzig sah die Gegend eh nicht aus. So gerieten wir nicht in Versuchung.
Doch am Wegesrand gibt es Skulpturen anzuschauen. Das Projekt heißt Steine ohne Grenzen. Vieles ist hübsch anzuschauen und lohnt den Spaziergang oder das Absteigen von Fahrrad.
Leider fehlten an den Steinen die Beschriftungen, das finde ich sehr unbefriedigend.

Auch meine Recherche im Internet brachte keine Aufklärung.
Dabei benötigen KünstlerInnen, schon um Anschlußaufträge zu bekommen, Informationen an ihren Werken.
Aber bei gutem Licht bietet Kunst in der Natur immer ein hübsches Motiv.

Augenstern und Ich knipsten um die Wette.
Mir hatte es besonders das Warnschild vor freilaufenden Rindviechern angetan. Es bestätigte auch wieder mal mein Vorurteil gegen Bullen.

Wenn sie den Verkehr regeln und Omas über die Strasse helfen, akzeptiere ich sie. Wenn sie jedoch auf Demonstranten einprügeln, sollten sie eingesperrt werden. Ich bin der Meinung, dass sie hinter einen Elektrozaun gehören. Auf der Weide können sie mit Kühen Gras fressen.
Unser Zwischenziel war der Gorinsee. Im Sommer ein netter Badesee. Jetzt sahen wir im Wasser neben Enten nur zwei Biologen im Neoprenanzügen durchs Wasser stapfen, die Proben entnahmen.
Wir packten unseren Proviant aus und genossen die Sonnenstrahlen.

Als wir in das ausgesuchte Pilzgebiet kamen, fanden wir jedoch nichts essbares. Nachdem wir aufgegeben hatten, begegnete uns allerdings ein Pärchen mit einem Korb voll toller Pilze. Sie hatten sich verlaufen und fragten uns nach dem Weg. Das Leben kann so ungerecht sein!

Malen nach Richter

11.10.2011


Zunächst schauten G. und ich den dokumentarischen Film Gerhard Richter Painting. Die Werke von Gerhard Richter werden höchstpreisig gehandelt. Er ist einer aus der "Art Scene Düsseldorf", mit Beuys arbeitete er dort als Lehrer an der Kunstakademie. Malte er früher realistisch, arbeitet er heute nur noch abstrakt. Im Film schaut man / frau ihm beim Malen zu. Einmal steht er in Realzeit fünf Minuten vor der Leinwand, denkt nach, um sich dann doch zu entscheiden, dass er für den Tag genug getan hat. Ich lernte durch den Film den Prozess der Erarbeitung eines Werkes besser verstehen. Das Video unten spiegelt dies recht gut wider.



Den Film sahen wir im Babylon Kreuzberg in der Dresdner Straße am Kottbusser Tor.

Im Anschluß besuchten wir nebenan die Weinstube ottorink. Diese ist frisch eröffnet und bietet eine breite Weinauswahl und leckere kleine Speisen, der richtige Platz für nach dem Kino. Gerne hilft die Bedienung bei der Weinauswahl mit einem Probeschluck. So fanden wir den Passenden und probierten das Essen.



Meine Begleitung aß Austern und ich eine Pastetenplatte. Glibber, der nur nach Salz schmeckt zu schlüfen, halte ich für Pervers, aber die Pasteten waren sehr lecker.
Der Name "ottorink" stammt vom Grossvater des Besitzers. Sein Foto hängt hinter dem Tresen.

Von Le Havre bis El Sur

08.10.2011

Am Nachmittag traf  ich M. im Cafe Lenne beim Botanischen Garten. Auch bei schlechten Wetter ein schöner Ort, denn jetzt kommen die Tische in den Gewächshäusern richtig zur Geltung. Es gibt auch Kleinigkeiten zu Essen und so ist der Platz ein besuchenswerter Ort.

Im Anschluss sahen wir im Capitol Dahlem den neuen Aki Kaurismäki Film Le Havre.
Er zeigt die Geschichte eines schwarzen Flüchtlingsjungens, der von einem ältern Herrn entdeckt und versteckt wird. Der Junge will nach Großbritannien zu seiner Mutter.



Der alte Herr organisierte mit FreundInnen im Stadtteil ein Konzert und finanziert damit die illegale Überfahrt von Le Havre nach London.
In Gegensatz zu allen Kaurismäki Filmen, die ich sah, gab es hier ein Happy End.



Ein anderes Markenzeichen Kaurismäkis ist, dass seine Darsteller kaum Gefühle zeigen dürfen. Das hält er auch bei dem kleinen Jungen durch. In seiner Situation könnte ich mir vorstellen, dass er auch mal weint. Sollte der Regisseur mal ein Baby als Schauspieler brauchen, muß er wohl eine Puppe nehmen.
Die Typen, die er für diesen Film ausgesucht hatte, waren jedoch alle klasse. Uns gefiel der Film gut.


Danach fuhr ich zu G. und wir speisten im italienischen Imbiss "cielo di berlino" Monumentenstr. Ecke Bautzener Str. Lecker und preiswert ist es dort.

Gut abgefüttert hakten wir den letzten Programmpunkt des Tages ab. Im Hinterzimmer der El Sur Bar sang eine Frau zur Gitarre.
Sie träumte wohl davon in die Fußstapfen von Mercedes Sosa, der Königin des südamerikanischen Songwritings, zu treten.

Nur konnte diese richtig gut Gitarre spielen und hatte eine unbeschreibliche Stimme. Lange hielten wir das Rumstümpern nicht aus.

Bastelshop für Profis

01.10.2011


Auf dem Grundstück der ehemaligen Klavierfabrik Bechstein wurde das Aufbau Haus eröffnet. Neben dem Aufbauverlag, der dem Haus den Namen gab, ist hier u.A. das Designerkaufhaus Modulor eingezogen.
Als ich Augenstern das Modulor mit seinen 11.000 qm zeigte, staunte sie nicht schlecht. Zu meinem Glück warfen sie uns nach zwei Stunden staunen hinaus. Sie machten Feierabend.

Es gab noch Vieles zum Anschauen. Ich wurde beim Stand von Metas neugierig. Sie demonstrierten unter dem Motto "Upcycling Electronics" wie aus IT Müll Neues entstehen kann. So bauten sie z.B. einen 3D Plotter.mit Motoren, Sensoren und Elektronik aus alten Druckern.

Im Haus lud Anastacia and Friends zum Forro und Samba tanzen ein. Leider wurde nur herumgestanden und Augenstern traute sich nicht mit mir ein Tänzchen zu wagen.
So liefen wir weiter durch das Haus, entdecken viele kleine Kreativinseln, tranken einen Kaffee im coledampf´s.

Dort beschauten wir das fantastische Angebot an Kochutensilien und beschlossen noch einmal mit mehr Hunger wieder zu kommen und ein Tagesmenü zu genießen.
Wir besuchen sicher noch einmal das Aufbau Haus.

singend sterben

30.09.2011

Finnische Freunde besuchten Augenstern. Anlass war unter anderem der 60. Geburtstag von Tintti. Wir hatten die sie im letzten Jahr im finnischen Muhos besucht. Wir klapperten mit ihnen in Berlin viele Touristenorte ab. Das ist für mich irgendwie witzig.

Am Freitag Abend machten wir uns dann fein, um gemeinsam die Deutsche Oper zu besuchen. Seit diese 1967 den Schah von Persien empfing, boykottierte ich das Haus. Kein Vergeben und kein Vergessen ist schon ok, doch hat nicht die Oper Benno Ohnesorg erschossen.

Das war die Polizei. Gegenüber dem Opernhaus bin ich nach über vierzig Jahren milder gestimmt.
Bei einem Aperitif im Foyer freuten wir uns auf die Vorstellung der Oper Tosca von Puccini. Spannend war das für mich als altem Opernskeptiker.

In Tosca passiert genau das, was ich an Oper so gewöhnungsbedürftig finde, hier sterben die Akteure mit einer Arie auf den Lippen.
Tosca spielt um 1800 in Rom. Viele Intellektuelle sympathisierten mit der französischen Revolution, die Adelshäuser fürchteten sich davor.


Sie reagierten mit Folter und Mord.
Die Story: Der politische Gefangene Angelotti flieht aus den Knast und findet bei seinem Freund dem Maler Cavaradossi Unterschlupf. Dessen Freundin Tosca ist eifersüchtig und denkt, der Maler hat eine Andere. Dies nutzt der Polizeichef Scarpia den Maler und seinen Freund zu fassen und umzubringen. Nebenbei versucht er noch durch Tricks Tosca zum Sex zu zwingen. Als diese erfahrt, dass der Maler erschossen wurde, springt sie singend von der Festungsmauer.

Puccini hat mit dieser Oper dem Widerstand gegen die Feudalherrschaft ein Denkmal gesetzt. Da kann ich als linksradikaler Opa trotz der kitschigen Ausführung schlecht dagegen sein. So klatschte ich fleißig, denn auch die musikalische Leistung war bemerkenswert.


Venedig, wir kommen!

12.09.2011


Noch in Berlin am U-Bahnhof  Turmstraße begrüßte Augenstern und mich Italien, in Gestalt eines Spuckis der italienischen Antifaschisten. Die Vorfreude auf unser Reiseziel wuchs.

Als wir dann im Flughafen Marco Polo gelandet waren, versuchte uns dann das Casino zu animieren unser Geld zu verspielen. Das Glück hängt zwar nicht am Geld allein, summen die Alten, aber es dem italienischen Staat zu schenken finde ich blöd.

Der Werber, der die Gepäckausgabe wie einen Roulettetisch gestaltete, hatte jedoch etwas nicht beachtet. Einen Koffer wieder zu bekommen sollte keine Frage von Glück sein. Doch vielleicht brachen meine Vorurteile gegen die etwas schlampigen Spaghettifresser auf.

Im Land der barbarischen Kartoffeln wäre ich nicht auf solche Gedanken gekommen.
Doch wir durften unsere Koffer zum Schiffsanleger schleppen. Beim ersten Venedigbesuch fuhr ich mit dem Bus.
Das war nicht klug gewesen.

Der Ausblick vom Schiffchen auf das näher kommende Venedig ist durch einen Blick aus dem Busfenster nicht zu ersetzen. Augenstern und mir wurde es warm ums Herz.
Von der Haltestelle Arsenale geleitete uns der Vermieter zu unserer Ferienwohnung.

Mit unserem Gepäck brauchten wir nur 5 Minuten.
Unsere Bleibe und ihre Lage waren bezaubernd. Wir kamen nicht aus dem Staunen hinaus. In dem Haus bezogen wir die untere Etage. Es gab Luft und Sonne. Von der Tür trat man / frau auf die Piazza.
Zwei  Schlafzimmer, ein schickes Bad, ein Wohnzimmer und eine komplett eingerichtete geräumige Küche bildeten für die nächsten zehn Tage unsere Heimstatt. Als wir uns zum Einkaufen aufrafften, sahen wir auf "unserem" Platz die ersten Touristengruppe stehen.

Zum Glück waren es über die Zeit nicht allzu viele. Wir strebten zur Via Garibaldi, einer lokalen Fußgängerzone.
Auf dem Weg dorthin sahen wir diese romantischen Wäschekompositionen, die die VenezianerInnen extra für TouristInnen raushängen.

Die Via Garibaldi war früher ein Kanal, zum Teil ist er noch erhalten. In der Straße kaufen überwiegend Einheimische. Viele kleine Geschäfte bieten alles, was der Venezianer braucht, und Bars laden zum Verweilen ein. Am späten Nachmittag wird hier flaniert.

Vom Baby bis zur Oma ist alles unterwegs, es wird ein Schwätzchen gehalten, ein Aperitif getrunken und die letzten Besorgungen werden getätigt. Hier gelang es mir Augenstern zum ersten Spritz zu überreden, der bald zum Standardgetränk der Reise wurde.

Alexandra Pembleton, Would you like to
be may patron or gallerist
Wir deckten uns mit Wein und Essbarem ein.
Beim Streunen entdeckten wir dann ein modernes Kunstwerk. Eine Wand mit Fotos einer Künsterlin beklebt. Im Text war zu lesen, dass sie einen finanzkräftigen Gönner oder Galleristen sucht. Hoffentlich kann der auch ihr Gummispielzeug akzeptieren.

Auf dem Weg nach Hause entdeckte Augenstern ein Büro der Kommunistischen Partei und direkt daneben eine an der Wand montierte Madonna. Die Szene könnte aus den Don Camillo und Peppone Filmen entnommen sein. Die haben mich in meiner Jugend begleitet.


Sie spielten nicht in Venedig, sondern in einem kleinen Dorf. Die Streitereien des kommunistischen, mit einem Stalinbärtchen bewaffneten Bürgermeisters mit dem schlitzohrigen Dorfpriester, sie kämpften vorher gemeinsam gegen die Deutschen, waren herzerfrischend im Vergleich zum tumben Antikommunismus, dem ich im Alltag in Berlin erlebte.

Nach Hause zurückgekehrt stellten wir Tisch und Stühle auf die Piazza, speisten und tranken dort bis in die Nacht hinein. Das Wetter war herrlich warm und bis auf ein paar Tropfen auf dem Rollfeld blieben wir den Urlaub über trocken.
Vor der Mauer des  Arsenale befand sich ein Kanal, auf dem Boote heran tuckerten und festmachten.

Ab und zu schwamm auch mal eine Gondel vorbei. Langsam ging der Mond über den Zinnen auf (ihr dürft ruhig neidisch sein) und wir freuten uns des guten Essens und des preiswerten, aber guten Weines.
Mir wurde klar, dass wir mit der Unterkunft viel Glück hatten.

Im Lauf des Abends liefen auch viele Menschen über den Platz. Sie kamen wohl überwiegend von der Station Arsenale und strebten irgendwo hin. Süß war es, wenn Touristen uns beim Tafeln knipsten. Zu Hause erzählen sie dann bestimmt, dass Venezianer so leben.
Später kamen dann auch mehrmals verirrte KofferträgerInnen an unseren Tisch, versuchten uns meist auf englisch nach dem Weg zu fragen. Manchen konnten wir mit unserer großformatigen Karte helfen. Navis und Minikarten sind in Venedig besonders in der Nacht fast unbrauchbar. Ob der guten Taten und des dadurch gereinigten Gewissens, schliefen wir die Nacht auf sanften Ruhekissen.