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Der Tag der Kinder

28.02.2012

Am zweiten der schönsten Tage im Jahr feiern zuerst die Lütten ihren Karneval mit einem Umzug. Dabei benutzen sie meist Erwachsene als Zugtiere. Diese stecken oft in ihren Verkleidungen vom Vortag. Einige Kinder waren als Miniausgaben der selben unterwegs, doch ein großer Teil könnten auch bei einem Faschingfest in Berlin dabei sein. Ich sah mehrere kostümiert wie Pippi Langstrümpf, Prinzessinen, Ritter und andere Helden. Auch Tierkostüme waren viel vertreten.

Am Wegesrand entdecken wir eine Gruppe, die wohl zu einer Konferenz unterwegs war. Offensichtlich wird die Fähigkeit der BaselerInnen fantastische Kostüme zu schneidern auch für die Verkleidung der Kleinen genutzt. Es war wenig von der Stange zu sehen.
Die Zwerge hatten natürlich super Spaß an der Sache. Sie warfen mit Räppli und verteilten kleine Geschenke mit noch mehr Freude als die Erwachsenen. Wobei sie das Zweite scheinbar lieber taten.

 Es rührte mein Herz, als ein kleiner Teufel auf mich zu tapste, um mir Süßigkeiten zu überreichen. Ob aus Respekt vor Erwachsenen oder geringer ausgeprägter Bosheit, wurden wir von Kindern auch kaum mit Konfetti beworfen.
Als wir die Brücke nach Großbasel überquert hatten, herrschte in der Altstadt wieder so ein Gewusel wie am Vortag. Große und kleine Musikformationen zogen kreuz und quer durch die Gassen.

Ich hatte in den Lokalinformationen erfahren, dass das Museum der Kulturen am Münsterplatz zum Besuch einer Ausstellung zur Geschichte des Karnevals einlud und so besuchten wir diese.
Nach den Trubel Draußen war dort eine Oase der Ruhe.
Die Wände waren mit historischen Masken behängt, Laternen wurden gezeigt und in einem Raum war eine Szene aus einem typischen Guggekeller nachgestellt.


Danach bewegten wir uns zum Theaterplatz. Meine Liebste wollte den von mir angepriesenen Fasnachtsbrunnen von Jean Tinguely anschauen. Wie bei ihm üblich bewegt sich alles und Wasser wird dauernd in andere Richtungen gesprüht. Im Sommer sicher toll für die Kinder.

Im Winter wenn das Wasser gefriert entstehen bizarre Formen.
Jetzt zur Fasnacht schwamm ordentlich Räppli in ihm.
Neben den Brunnen stand eine große Blaskapelle. Die eine Hälfte der Musiker waren mit Schottenröcken und bekleidet.

Die anderen trugen blaue Mäntel und Totenkopf Masken. Zusammen gaben sie ein exzellentes Platzkonzert. Die spiegelnden Tubas hatten es der Liebsten so angetan, dass sie kaum aufhören konnte sie zu fotografieren. So ist sie aber auf jeden Bild selbst zu entdecken.

Wir waren inzwischen etwas müde und nutzten eine nahegelegene Fähre, um über den Rhein zu setzen. Diese haben keinen Motor sondern werden von der Strömung angetrieben. Zu diesem Zweck wurde ein Seil  über den Fluss gespannt, an dem sie sich langziehen.

Es gibt drei solche Fähren in Basel. Mit uns warteten viele KarnevallistInnen darauf über zu setzen. Für uns war die Fahrt eher ein nettes touristisches Erlebniss. Auf der anderen Seite sahen wir dann einen etwas müden Haufchen Narren, doch spielen taten sie weiter.

------ Schnarch ------

Nachdem wir wieder Kraft getankt hatten, stürzten wir uns wieder in das bunte Treiben. Auf der Suche nach etwas zum Essen und einer typischen Lokalität, besuchten wir mehrere Guggekeller. Das sind die Orte, an denen sich die Karnevalsgruppen den Rest des Jahres versammeln. 


Die meisten sind auf Hinterhöfen versteckt, so dass es klug ist sich vorher im WEB zu informieren, wo sie zu finden sind. Obwohl sie wohl nicht der schweizerischen Gaststättenverordnung entsprechen, dürfen sie an Fasnacht Speisen und Getränke anbieten.


Rustikal ist es, meist aber auch sehr nett. Außerdem sind die Speisen relativ preiswert. Sonst waren uns die Preise in den Restaurants zu heftig. Schon deswegen empfielt sich in Basel eine Ferienwohnung. 
Leider sprechen und schreiben die BaselerInnen ein sehr besonderes Deutsch. So ist selbst das Verstehen der Speisekarte manchmal schwierig. 
Am Besten ist, man / frau versucht die Ungetüme auszusprechen, dann ist die Bedeutung oft zu erahnen. Es gibt sogar eine gewisse Verwandtschaft zum Finnischen, Doppelbuchstaben und das Anhängen von "i" an viele Worte ist ein Indidiz dafür, dass die FinnInnen auf ihrer im Dunkeln der Geschichte verborgenen Reise in den Norden hier durchkamen. Wie sonst ist Schwyynswürstli erklärbar.
Auch auf dem Foto unten ist die Bedeutung des Geschriebenen nur zu erahnen.
Ich vermute, es bedeut, dass der Laden bis nach Fasnacht geschlossen ist. 
Für uns fand der Zapfenstreich wieder recht früh statt.



Letzter Fasnachtstag

29.02.2012

Nach so viel Mummenschanz lüstete es uns nach Kunst. Wir fuhren nach Deutschland ins Vitra Design Museum. Das hat sich dem Fabrikationsentwürfen verschrieben.
Gerne besuche ich mit meiner Liebsten Ausstellungen zum Thema Design.
Leider wurden wir etwas enttäuscht, hatten wir doch gehofft, viele neue Designentwürfe zu sehen. Davon gab es nur in kleinsten der drei Gebäude ein wenig anzuschauen.
In dem einen großen Haus wurde eine Ausstellung zum Leben von Rudolf Steiner gezeigt, den wir beide uninteressant fanden. Wir haben es nicht so mit Egotherik.
Im Hauptgebäude befindet sich dann ein Kaufhaus für all die schicken Designs Klassiker, die auf dem Gelände gefertigt werden.

Hübsch anzusehen sind die Sachen und  Probesitzen ist gestattet. Wir lümmelten uns ausführlich. Doch ohne gut gefülltes Konto sind sie nicht bezahlbar. Die Qualität ist exzellent, die Möbel überstehen wahrscheinlich sogar einen Umzug. Ist halt nicht Ikea.

Ansehnlich war auch die Auswahl stylischer Wanduhren. Da ist man / frau schon mit ein paar hundert Euro dabei.
Doch irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass die Firma Vitra trickst und ihren Fabrikverkauf unter der Flagge eines Museums fahren lässt.



Daheim in Basel kehrten wir wieder in einen Guggekeller ein. Durch die ganze Stadt zogen weiter Musikgruppen. Doch selbst die besten Räppliwerfer werden mal müde. Das Sieb auf dem Foto ist ihr Hilfsmittel, um hinterrücks Passanten eine ordentliche Portion auf den Kopf zu kippen.

Doch bis Donnerstag Morgen um 4:00 Uhr früh durften sie noch weitermachen. So weit reichte unsere Kondition nicht.
Ganz Basel war mittlerweile mit Konfetti übersät, der Stadtreinigung stand eine Herkulesaufgabe bevor.
Wir  trollten uns lieber ins Bett.

Museum Beyerle

01.03.2012

Der Mensch lebt nicht vom Feiern allein. Die Baseler Müllabfuhr beseitigte den Abfall der letzten Tage, derweil fuhren wir mit der Straßenbahn aufs Land nach Riehen ins Museum Beyeler. Hier werden die Kunstwerke gezeigt, die das Sammlerpaar Beyeler zusammengetragen haben.

Werke von Picasso, Klee, Mondrian usw. haben sie in den Depots. Als sie begannen diese zu sammeln, kosteten sie noch wenig. Um alles angemessen präsentieren zu können, ließen sie von Renzo Piano ein Museum entwerfen. Es entstand ein schönes Gebäude, das sich angenehm an die Landschaft schmiegt.
Die Liebste und ich fanden allerdings mit 25 Franken pro Person den Eintritt heftig und dann durften wir noch nicht mal drinnen fotografieren.

Zur Strafe knipsten wir alles, was sich um das Haus ablichten ließ.


Die Zusammenstellung der Werke in der Dauerausstellung fanden wir sehr gelungen, auch weil die "moderne Kunst" mit afrikanischer Kunst kontrastiert wurde. Auf dem Weg weg vom Realismus der alten Meister war den Modernen diese nämlich neben asiatischer und polynesischer Kunst eine wichtige Inspirationsquelle.

Die Sonderausstellung mit Bildern des Koloristen Pierre Bonnard (1867-1945) gefiel uns nur mäßig. Oft malte er seine Frau leicht bekleidet oder nackt im Bade. Ich fand seinen Pinselstrich zu grob und flächig. Zu seiner Zeit war er wohl in Frankreich sehr bekannt und beliebt und viele Museen haben ihn im Bestand. Neben anderen Künstlern der Belle Époque wie Monet kann er jedoch nicht bestehen.
Dann fuhren wir retour nach Basel.

Ich wollte der Liebsten die Stadt ohne verrückte Narren zeigen. Als wir die Rheinbrücke passierten, fotografierte sie die von Bettina Eichin geschaffene Skulptur sitzende Helvetia. Diese rastet auf der Seite der Brücke, schaut nach Großbasel und ist sichtbar auf Reisen. Sie muss sich nur vorsehen nicht unter Terrorismusverdacht zu geraten. Schließlich ist sie mit Speer und Schild bewaffnet und wer weiß, was sich im Koffer befindet!

Nach Überqueren der Brücke nach Großbasel schauten wir uns das historische Rathaus an. In den Kaufmannsstädten demonstrierten die Pfeffersäcke mit diesen Bauten ihre Bedeutung. Demnach war Basel einstmals eine sehr bedeutende Handelsmetropole.

Der große Aufschwung kam mit dem 30jährigen Krieg. Die Stadt blieb wie die Schweiz neutral und verkaufte an alle Kriegsparteien gut.
Auf dem Rathausvorplatz konnte ich der Liebsten dann den Markt zeigen. Hier werden hochwertige Lebensmittel angeboten.

Besonders die originalen Alpkäse hatten es mir angetan.
An mehreren  Ständen wurden sie angeboten und es wurden überall Kosthäppchen gereicht. Sie waren so lecker, dass wir ordentlich Käse für mindestens vier Wochen einkauften. Hier wird man / frau verführt.


Ein paar Ecken weiter begegnete uns noch einmal Fasnacht. Eine der Guggen hatte ein Zelt aufgebaut, um den musikalischen Nachwuchs unter dem Motto "Die erste Lektion" zu werben. Drinnen trommelten Kinder und Jugendliche unter Anleitung ihre ersten Takte.
Da war ich doch überrascht, ich dachte der gemeine Basler Narr braucht Wochen, um sich von der Fasnacht zu erholen. Kompliment!

Um ein wenig in die Geschichte der Stadt einzutauchen, besuchten wir das Historische Museum in der ehemaligen Barfüsser Kirche. Hier ist neben einem Teil des Domschatzes allerlei aus der Geschichte der Stadt aufbewahrt. Schon vor der römischen Stadtgründung von Augusta Raurica 44 vor unser Zeitrechnung war die Gegend bewohnt. Sehr interessant fand ich auch, dass der Ort ca. 250 n.u.Z von einem Erdbeben zerstört wurde.

Und dann will uns die Atomlobby weismachen, dass die Atomkraftwerke in der Gegend todsicher sind.
Wie die Faust aufs Auge passte dazu der berühmte Baseler Totentanz, der im Museum ausgestellt wird. Da tanzt der Tod mit Menschen aller Schichten.

Abends besuchten wir dann eine von der Belegschaft erst wegen der Liquidation besetzte und dann in Eigenregie übernommene Brauerei.  Unser Bier heisst die daraus entstandene Marke.
So konnten wir uns in der Braustube mit gutem politischen Gewissen betrinken.

Bebbi ade

02.03.2012

Auch ein schöner Urlaub geht zu Ende. Unsere letzten Stunden am Dreiländereck wollten wir dem Überblick widmen. Um ihn zu erlangen, mussten wir jedoch zuerst über den Rhein übersetzen.


Auf der anderen Seite angelandet, kletterten wir zum Baseler Münster hinauf. Leider war der Ausblick durch mangelnde Durchsicht behindert, trotzdem wir 242 Stufen in die Spitze des Turmes hinaufkeuchten. Ich war natürlich besonders begeistert, dass der Turm den Vornamen mit mit teilt. Der Dunst verhinderte es, dass wir den vielgeliebten Berliner Fernsehturm sehen konnten, so mussten wir warten bis unser Flugzeug in Berlin gelandet war.

Religion;- Nein Danke!?

12.02.2012

Wir besuchten die Berlinale. Augenstern hatte den Film Call me Kucha über die Verfolgung von Schwulen und Lesben in Uganda ausgesucht.
Dort versuchen Evangelisten, ähnlich wie in den USA, mit Homophobie zu punkten. Sie brachten einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, der Homosexualität unter Strafe stellt. Sie wittern eine weltweite Verschwörung der Homos, um das Christentum zu zerstören. Unterstützung erfahren diese Demagogen auch von Evangelikalen wie Scott Liverly aus den USA. Ähnliches hört man auch von islamischen und jüdischen Extremisten.

In Artikeln in der ugandischen Zeitung Rolling Stone stellten die Evangelisten Aktivisten der Schwulen und- Lesbenbewegung mit Foto und Namen vor und geben sie damit direkt  zum Abschuss frei.

Bei dem sich offen bekennenden Schwulen aus Uganda David Kato hat das funktioniert. Er wurde erschlagen. Menschenrechtsaktivisten versuchen deshalb weltweit gegen diese Übergriffe vorzugehen.

Ein mutiger katholischer Bischof unterstützt die Bewegung vor Ort, obwohl der katholische Fundamentalist und Papst Ratzinger  Homosexualität verdammt. Das macht ein wenig Hoffnung, auch wenn der Geistliche nur Schäfchen um sich scharen will.

Schön ist es, dass die Berlinale manchmal solche Filme ins Kino spült.

Russland goes Afrika usw

11.02.2012

Wieder waren Augenstern und ich im Panda Theater, um einer Session von Sasha Puskin zu lauschen. Zuerst stellte er eine fantastische, sehr junge Sängerin vor.
Danach lud der russische Musik Zampano zu einem Drum Jam.
Trommler waren gefragt.

Das bedeutete, dass neben ihm am Piano Yatziv Caspi (Israel) Tabla spielte, Masaya Hijikata (Japan) hinter dem Schlagzeug saß, Ali Keita (Ivory Coast) das Balafon zum Klingen brachte und der Altmeister der Talking Drums Souleymane Touré (Ivory Coast) diese unter dem Arm quetschte.

So entstand Weltmusik auf hohem Niveau. Wenn Sasha Puskin zum Konzert einlädt, lohnt es sich hinzugehen.

Schokolade und Absinth

10.02.2012

Zum Feierabend traf ich die Liebste im Sarotti-Café am Mehringdamm. Das ist gleichzeitig die Rezeption des Hotels im Hinterhaus, in dem früher Sarotti Schokolade hergestellt wurde.
Das Café ist eine Augenweide und der Kuchen schmeckt extravagant lecker.

Die Hauptattraktion des Abends war der Besuch im Yorckkino. Wir sahen den modernen Stummfilm The Artist. Die Story ist einfach: Ein Star der Stummfilmära kommt mit dem aufkommenden Tonfilm nicht klar und endet vor dem Happy End als Alkoholiker.

Er überlebt knapp den Brand seines Hauses, denn sein Hund holt Hilfe. Und eine Kollegin, die Tonfilmstar ist, liebt ihn schon lange und rettet ihn aus seiner Depression.
Das ist die Macht der Liebe!
Hund glücklich, alle glücklich!

Ich fand die Story etwas flach, sie ist sehr durchsichtig und vorhersehbar, aber ins Herz ging sie doch. Die meisten Kritiker waren jedoch begeistert. Und Preise hat der Film ja auch viele kassiert.
Das meinten die Anderen: Zeit, Süddeutsche, Spiegel, FAZ

Da wir noch nicht ins Bett wollten, schleppte ich die Liebste in die meist von Touris heimgesuchte Zyankali Bar. Sie war so früh am Abend noch wenig besucht, so dass wir uns in Ruhe umschauen konnten. Das Innere ist recht ungewöhnlich gestylt.
Die Spezialität des Hauses ist Absinth. Am Beginn des letzten Jahrhunderts soll das Getränk viele in den Wahnsinn getrieben haben. Wir blieben bei Verstand, obwohl der Stoff hart war.

Klassik finnlandaise

03.02.2012

Wer immer noch denkt, die FinnInnen können nur Black Metal, konnte sich in der Schwartzschen Villa vom Gegenteil überzeugen.
Zwei bezaubernde Finninnen, Pauliina Valtasaari (Violine) und Terhi Dostal (Klavier), spielten auf.
Das Programm:
1. Johannes Brahms, Sonate G-Dur op. 78
2. Jean Sibelius, fünf Stücke Op. 81
3. Armas Launis, Andante religiosa
4. Gabriel Fauré, Sonate A-Dur op. 13

Sie sind international bekannte Solistinnen. So erhielten sie am Ende viel Beifall nicht nur von FinnInnen. Deren Nationalstolz macht sie automatisch zu Claqueuren. Doch auch Menschen anderer Nationalität waren begeistert, so dass wir gemeinsam eine Zugabe erklatschten.