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Aus Glas betrachtet

15.09.2011

Nach dem Frühstück brachen wir nach der Insel Murano auf. Auf dem Weg zum Dampfer wieder "Über tausend Brücken musst du gehen" und wieder eine bezaubernde Spiegelung auf dem Wasser. Zum Glück ist das Fotografieren mit der Digitaltechnik preisgünstig.

Am Weg entdeckten wir den Biennale Auftritt von Litauen. Das Land zeigt Kunst aus dem Land unter dem Titel "Behind the white Curtain". Diese war vom Zentrum für Zeitgenössische Kunst Vilnius kuratiert. Als wir die Ausstellung betraten, huschten wir sofort hinter den weißen Vorhang.

Wir wollten erfahren, was der Titel bedeutet. Von dort wurden wir allerdings sofort von der Aufsicht vertrieben, die uns das ungewöhnliche Konzept erklärte. Frau / man durfte aus dem Katalog Werke auswählen, die die Aufsicht dann vor den Vorhang holte.

Dieses Konzept fand ich gewöhnungsbedürftig. Die Aufsicht Kunst schleppen zu lassen erschien mir übergriffig. Von den Stücken vor dem Vorhang gefielen mir die drei Holzfiguren vom 81-jährigen Leonas Strioga besonders gut. Er ist der bekannteste Bildhauer Litauens.

Kurz besichtigten wir die im selben Komplex untergebrachte Kirche San Francesco della Vigna. Sie gehört den Franziskanern. Diese leben in Armut, was jedoch in Venedig nicht einfach war. Es gab nicht so viel Prunk wie bei anderen Kirchen, doch ärmlich war die Ausstattung auch nicht.

Wir gingen zur Station Ospedale, diese liegt beim größten Krankenhaus von Venedig. Während der Wartezeit beobachteten wir die an- und abfahrenden Ambulanzboote. Von dort brachte uns ein Vaporetto der Linie 41 zur Inseln der GlasmacherInnen Murano.

Als in Berlin gerade ein paar hundert Nasen wohnten, die im Winter die Fensterhöhlen mit Fellen zustopften, wurden hier schon farbiges Glas und Spiegel hergestellt. Heute existieren auf der Inselgruppe neben einigen Bars und Restaurants fast nur Geschäfte, die Glashandwerkskunst anbieten. Die viereinhalb tausend BewohnerInnen sind wahrscheinlich entweder in einer der vielen Glasfabriken oder mit dem Verkauf der Produkte beschäftigt.

Teilweise wird dort Billigkitsch angeboten, den ich dem ärgsten Feind schenken würde, aber zum Teil sehr schöne Stücke. Der ideale Ort, um Geschenke für die Liebsten einzukaufen.
Zuerst tranken wir den ersten Spritz des Tages an einem der Kanäle.

Dann schauten wir eine weitere Örtlichkeit der Biennale an. Auf Murano war dieser natürlich der Glaskunst gewidmet. Die Ausstellung unter dem Titel "Glasstress" fand im Berengo Centre for Contemporary Art and Glass statt. Sie zeigte Interessantes in einer ehemaligen Glasbläserei, in der Künstler aus aller Welt unter Anleitung mit dem Material experimentierten. Schaut selbst:

Kiki van Eijk, 2011
Allotment / Scarecrow
Marya Kazoun, 2011
The ignorant skin
Javier Perez, 2011
Carrona
Shi Yong, 2011
The Moons hues are teasing
Kiki Kogelnik, 2011
Nach der Ausstellung streiften wir auf Murano herum. Das besteht wie Venedig aus mehreren Inseln, die durch Brücken verbunden sind.
Augenstern war von dem Schmuck in den Läden so begeistert, dass sie gut Geld ausgab, ich kaufte nur Kleinigkeiten.

Beim Besuch eines Fabrikverkaufs, hier werden Perlen in größeren Mengen angeboten, nutzten wir die Gelegenheit in den Produktionsbereich hineinzulugen. Wenn ich nochmal nach Murano fahre, würde ich gerne an einer Fabrikführung teilnehmen.

Beim folgenden Espresso entdeckten wir einen 1 Euro Shop für Glas. Da waren wir endgültig genervt von Murano und der vorherrschenden Ramsch Kultur. Angeblich soll auch ein großer Teil der als Murano Glas verkauften Stücke Made in China sein.

Kurz vor der Rückfahrt versöhnte uns Murano mit einem bezaubernden Kunstwerk an der Südspitze der Hauptinsel. Mit dem Vaporetto schipperten wir dann zur Station Arsenale, tranken auf der Via Garibaldi noch einen Spritz und verbrachten den Abend auf unser Piazza.

Tod in Venedig

16.09.2011

Wir konsumierten auf dem Weg zu unserem Tagesziel erst mal wieder Kunst. Yi Zhao stellte in Räumen 20 Meter von unserem Domizil entfernt seine Videos aus.
Viel Apokalyptisches untermalt mit der Musik vom Oscar preisgekrönten Filmkomponisten  Ennio Morricone war zu sehen. Eine etwas schwere Kost direkt nach dem Frühstück, doch Art Junkies wie wir können so etwas ertragen.Unsere Magenschleimhäute sind Schlimmeres gewohnt.



Auch in Venedig sterben Menschen und ihre toten Körper brauchen Platz. Ihr könnt euch denken, dass dafür eine Insel ausgewählt wurde. San Michele ist nur 10 Minuten Dampferfahrt entfernt.
Damit sich kein Totenschiff verfährt, weisen ihm zwei Mönche den Weg.

Photo by Mario Vercellotti (vermario)
Die Insel hat eine Größe von 460 x 390 Meter. Damit die Leichen bei Hochwasser nicht frei gespült werden, ist sie von einer Mauer umgeben, die auch als Deich funktioniert.
Es gibt nur einen Zugang zur Insel über die Anlegestelle.

Um Platz zu sparen, werden viele Gräber übereinander gestapelt.
Die Verschlußplatten sind sehr individuell dekoriert und damit hübsch anzusehen. Neben Blumen und oft ein oder mehr Fotos finden sich auch nette kleine Beigaben, wie das Lieblingsauto als Modell.

Auch ein Niederspannungs Stromanschluß, ich vermute 12 Volt, ist vorhanden. Die Zuleitung wird durch die Platte geführt und speist ein elektrisches, Ewiges Licht. So was begeistert den Elektroniker in mir. Was nur noch fehlt, ist ein DSL Anschluss ins Jenseits.

Neben den "normalen" Toten liegen auf der Insel auch viele bekannte Persönlichkeiten. Zum Beispiel der Literatur Nobelpreis Träger Joseph Brodsky. Witzig war der Briefkasten an seinem Grabstein.Wird ihm die Post dort zugestellt, hat er einen Nachsendeantrag gestellt? Fragen, die uns niemand beantwortete. Im Leben hatte der Poet arge Probleme in der Sowjetunion. Obwohl er nach dem Großen Steuermann Stalin benannt war, wurde er ausgebürgert.

Das nächste auffällige Grab beinhaltete die Überreste des Dichters Ezra Weston Loomis Pound. Der war geborener US-Bürger und über die Stationen New York und London nach Venedig gekommen. In Italien entwickelte er sich zu einem glühenden Anhänger Mussolinis, was ihm nach dem Krieg fast den Kopf gekostet hat. Drei Jahre Aufenthalt in der Psychiatrie bewahrten ihn davor. Eigentlich schade, er blieb bis zum Ende überzeugter Faschist.

Über den nächsten Verblichenen gibt es viel mehr Freundliches zu erzählen. Der Komponist Igor Stravinsky gehörte zu den Wegbereitern der Moderne in der Musik. Was ihn mir neben seinen genialen Werken für Tanztheater und Konzerthaus zusätzlich sympathisch macht, ist seine Begeisterung für das Scrabble Spiel.
Einer jüdischen Tradition entsprechend waren viele Steine auf sein Grab gelegt. Er ruht auf San Michele neben seiner geliebten Frau Vera.

Emilio Vedova war ein Bildender Künstler. Er wurde in der Nachkriegszeit weltweit bekannt und nahm mit seinen Werken sowohl an der Biennale als auch mehrmals an der documenta teil.
In den 70er Jahren wohnte er in Berlin. Eine Skulptur mit dem Titel  Absurdes Berliner Tagebuch '64, aus gefundenem alten Bauholz hergestellt, wird in der Berlinischen Galerie gehütet. Venedig war seine Heimatstadt, deshalb ist er hier begraben.

Eine Erweiterung des Friedhofs wurde 1998 von David Chipperfield gestaltet. Von Außen wirkt das Betonquadrat wenig einladend und innen wären die Gänge schwer zu ertragen, wenn die ItalienerInnen nicht so gerne an den Grabplatten Fotos und bunten Kitsch befestigten.

Auf dem Weg zurück zur Anlegestelle entdeckten wir mehrere schlecht gesicherte verfallende Gruften.
Wären wir Antiquitätendiebe, hätte es uns in den Fingern gejuckt die Gitter aufzuhebeln. Besonders die wahrscheinlich aus dem Art Deco stammende Vase hätte es mir angetan. Der Krempel aus der Kammer bringt ein wenig restauriert am Markt bestimmt ein paar tausend Euro. Wir waren traurig, dass solche Kulturgüter dem Verfall preisgegeben werden.

Für den Rückweg bestiegen wir ein Vaporetto, das mit uns durch den Canal Grande schipperte. Dort herrschte gerade Feierabend Verkehr und am Engpass Rialtobrücke stauten sich die Schiffe. Augenstern konnte so das Bauwerk in Ruhe in Augenschein nehmen.

Wieder daheim verzehrten wir einen Imbiss auf der Piazza.
Derweil trudelten die älteren Herren ein, die jeden Abend ein paar Meter von uns entfernt zusammen kamen. Diesmal holte einer Muscheln aus dem Boot, flugs stand ein Topf auf einem Propankocher und sie speisten.

Für den Abend hatten wir einen Besuch auf Guidecca geplant. Ein Kunstfestival war dort angekündigt. In die untergehende Sonne hinein fuhren wir über die Lagune di Guidecca dort hin.
Vom Schiff bot sich uns ein herrlicher Blick zurück.

Vom Kai sahen wir ein Kreuzfahrtschiff auslaufen, von den Tagestouristen, die über Venedig herfallen, wird ein guter Teil von diesen schwimmenden Hotels ausgespuckt.
Die Bewohner Guideccas werden jedoch selten belästigt.

Leider fanden wir von angekündigten Kunstfest nichts mehr.
Nur auf einer der Verbindungsbrücken am Kai fand eine Session statt und Feuerschlucker und Jongliere traten auf. Wir platzierten uns vor eine Bar daneben, tranken Rotwein und genossen die Stimmung.

Mit einer der Nachtverbindungen setzten wir zurück nach Venedig über. Wir spazierten noch etwas herum und ich konnte so eine Nachtaufnahme vom Einfahrttor des Arsenale schießen. So gruselig sieht es dort nicht in Wirklichkeit aus, ich habe das Foto manipuliert.

Ein Tag ohne Kunst

17.09.2011

Man / frau muss auch mal faul sein dürfen. An diesem Tag besuchten wir nicht einmal die kleinste Ausstellung.

Statt dessen versuchten wir das Rätsel zu lösen, wie die Bootsnutzer in ihre Boote kommen ohne nasse Füße zu bekommen. Durch Zuschauen wurden wir klug. Rechts am Boot ist über eine Rolle an einer Leine ein Gewicht befestigt. Damit wird es zur Arsenalemauer gezogen.

Die NutzerInnen ziehen ihre Nussschalen mit einem Seil von der Mauer an den Kai. Nicht doof, diese VenezianerInnen!
Die FischerInnen unter ihnen trockneten ihre Netze auf dem Geländer. All das spielte sich ein paar Schritte vor unserer Tür ab.

Gegen Nachmittag zog es uns wieder nach Guidecca, denn für den Abend war dort ein großes Konzert angekündigt.
Auf dem Weg zum Dampfer sahen wir dann vor uns diese Albino Pinguine watscheln.
Ich dachte, die sind ausgestorben.

Andere Vögel badeten im Becken eines Trinkwasserspenders. Hatte Venedig früher drei mal so viele Tauben wie BewohnerInnen, ist das heute umgekehrt. Ich erinnere mich an Menschen auf dem Markusplatz, die Tauben fütterten. Jetzt ist das verboten.

Als wir auf Guidecca ankamen, war es schon fast dunkel. Einstmals war die Insel ein Gemüsegarten Venedigs.
Im 19ten Jahrhundert entstand dort viel Industrie, von der heute aber nur noch ein paar kleine Werften übrig sind. So ist die Molino Stucky heute ein Luxushotel.

Nach längerem Suchen fanden wir endlich das Konzert. Leider hatten die Veranstalter zu wenig Werbung gemacht. Die überwiegend exzellent Blues und Rock spielenden Bands hörten nur hundert Nasen.
Mitternacht fuhren wir zum San Marco und liefen heim.

Biennale Giardini

18.09.2011

Auf dem Weg zur Kunst mussten wir die Reste einer Kundgebung der Lega Nord passieren. Diese sozialdarwinistische Partei sammelt Menschen, die Süditaliener für minderwertig halten und die eine Loslösung des reichen Nordens vom armen Süden Italiens erreichen wollen. Rassisten, die in der Regierung Berlusconis vertreten waren. Kotz - Würg!

Die Biennale entstand als internationaler Kunst Leistungvergleich der Länder. Entsprechend präsentieren sich die Nationen in eigenen Pavillons in den Giardini. Die Globalisierung der Kunst hat jedoch zur Erkenntnis geführt, dass die Vorstellung einer ausschließlich regional begrenzbaren Kultur wahrscheinlich schon in der Steinzeit Blödsinn war. Menschen haben schon immer weltweit kommuniziert, nur geht dies im Zeitalter des Internets etwas schneller. So ist es eigentlich konsequent, dass einige Nationen Künstler aus anderen Nationen ihre Pavillons gestalten lasen. Aber auf der anderen Seite entzieht es auch dem Gründungskonzept den Boden.
Wir erwanderten den Giardini der Kunst, soweit uns die Füße trugen.


Schweiz
Copyright - JanManu
Motto: "Crystal Of Resistance"
Thomas Hirschhorn bastelte einen Flughafen Terminal.
Leider war der Zugang begrenzt, so dass wir eine halbe Stunde anstehen hätten müssen.
Schade, so sahen wir dieses Werk leider nicht.


Als Begründung las ich später, dass seine Arbeit von handelsüblichem Packband zusammengehalten wird. Als es richtig heiß war, erreichte die Innentemperatur an die 40 Grad, der Kleber begann sich aufzulösen und damit das komplette Ganze. Sie haben es wohl notdürftig flicken können, aber zur Vorsicht wurden nur Wenige in den Pavillon eingelassen.
Pavillons mit Begrenzung der Einlasszahl sollten Sitzplätze und kostenlose Getränke für die Wartenden anbieten.

Dänemark
Motto: "Speech Matters"
Zum Thema Meinungsfreiheit waren siebzehn internationale KünstlerInnen geladen etwas darzustellen. Der Grieche Stelios Faitakis hat die Front des Pavillons zum Thema bemalt.

Der Deutsche Thomas Kilpper hatte auf der Rückseite einen großen Sprechtrichter aufgestellt, durch den man / frau sprechen durfte.
Drinnen ging es recht brav zu, bei diesem Thema verwunderlich.

Einzig der Altmeister der US Comic Robert Crumb durfte ätzend über die Angst seiner Mitbürger spotten, dass die Schwarzen an die Macht kommen. Da fährt ein Schwarzer in einer Kutsche, die von nackten Weißen gezogen wird, während drei weiße Mädchen seinen Schwanz lutschen. Zum Schluss taucht dann ein weißer Supermann auf, der mit einer Atombombe der Menschheit und der Herrschaft der Schwarzen ein Ende bereitet.
Damit wollte die Kuratorin wohl wenigsten etwas politisch Inkorrektes zeigen. Ich habe das Gefühl, dass sie auf keinen Fall anecken wollte.
Aber selbst dieser harmlose Pavillon erregte bei den Rechtsdemagogen, die in Dänemark in der Regierung vertreten sind, Aufsehen. Die schimpften darüber, dass überwiegend nicht dänische KünstlerInnen verpflichtet wurden.

Venezuela
Motto: Espacios
Drei KünstlerInnen des Landes haben den Raum gestaltet. Die naturalistische, etwas an Mangas erinnernde, Darstellung von Personen der Zeitgeschichte links stammt von Francisco Bassim.

Der Künstler Yoshi scheint einen Lehrgang im Papierfalten besucht zu haben. Auch diese Arbeit war dekorativ, aber nicht besonders bewegend. Diesen Teil des Auftritts fand ich eher langweilig.

Schweden
Der nordische Pavillon wird im Wechsel bestückt, diesmal war Schweden dran.
Das Moderna Museet präsentierte Werke von Andreas Eriksson und Fia Backström. Sie gestalten sehr weitläufig.

Immer wieder hübsch anzuschauen ist die Idee der Architekten drei vorhandene Bäume in das Gebäude zu integrieren. Eckström legte Maulwurfhügel aus Bronze dazu und stellt Bronzevögel in den Raum. Ein bisschen Spass muß sein.

Russland
Der russische Pavillon erstreckt sich über zwei Etagen. Im unteren Stockwerk gab es wenigsten mal was Witziges zum Mitmachen. In der Wand war ein Loch, daraus kam eine Kordel, man / frau sollte mehr heraus ziehen.

Augenstern kam der Aufforderung nach. Ich vermute, dass auf der anderen Seite eine sehr große Rolle stand.
Im oberen Stock ging´s dann um Straflager. Die Betten erweckten den Eindruck.

Bei den Etagenbetten sollten wir wohl einen Schlafraum assoziieren. Es hätte aber auch einfach ein Kellerregal sein können. Richtig spannend war der Rest auch nicht.
Neun Künstler bespielten das Haus, doch mehr ist nicht notwendigerweise gut.

Japan
Motto: Teleco-Soup
Hier hatte ich das erste mal den Eindruck, dass sich der Besuch in den Giardini gelohnt hat. Die Videokünstlerin Tabaimo hat das Haus gestaltet. Bei ihr gehen Kunst und Technik einen fruchtbaren Dialog ein.
Besonders eine Installation in einem abgedunkelten Raum hat es uns sehr angetan.


An allen Wänden war ein Video zu sehen, dadurch dass die unteren Ecken abgerundet waren, erhöhte sich der Eindruck mittendrin zu stehen immens. Leider kann das Youtube Filmchen zu wenig davon rüberbringen, aber schaut es euch trotzdem an.


Süd-Korea
Das Motto: "The Love Is Gone But The Scar Will Heal"
Der Künstler Lee Yong-Beak stellt in einem Raum Flower Soldiers aus. Diese waren hübsch anzusehen. Ratlos war ich jedoch mal wieder, was diese mit dem Motto "Die Liebe ist vorbei, doch die Narben werden heilen" zu tun haben.
Aber KünstlerInnen und ihre Werktitel sind eh ein unergründliches Mysterium.

In einem anderen Raum hingen Spiegel an den Wänden. Sie zerbrachen unter lautem Krachen und in den Scherben spiegelten sich die Besucher. Wartete man / frau, wurde das Video neu gestartet und die Spiegel waren wieder ganz.

Ein spannendes und aufregendes Erlebnis.
Im lichtdurchfluteten Teil des Gebäudes saßen dann noch diese überdimensionalen Skulpturen, die vielleicht die versprochenen sich ehemals Liebenden darstellen sollten.
Ein paar Meter weiter prügelten sich die gleichen Figuren dann.
Mit viel Fantasie stellte ich mir dann vor, dass sie seelische Narben davon trugen!?!

Deutschland
Für diesen Pavillon wurde Christoph Schlingensief posthum ein goldener Löwe zuteil. Der Hauptraum war wie die Kirche gestaltet, in dem seine Totenmesse gelesen wurde. Herum lagen allerlei Stücke aus seinem Künstlerleben.

Irgendwie empfand ich Schlingensief nie als einen so bedeutenden Künstler, dass er diese Auszeichnung verdient. Er war nach der "Filmphase" bis zum Tod ein sozial engagierter Künstler. Das rechne ihm hoch an. Doch das sagt nichts über die Qualität seiner Arbeiten aus. Wie diese erschien mir die "Kirche" ausgesprochen kitschig. In einem Nebenraum zeigten sie dann auch noch die trashigen Filme von ihm. Diese Gedenkstätte lohnte für mich den Besuch nicht.


Kanada
Motto: Exhume to Consume
Der Künstler Steven Shearer stellte seine Werke aus. Neben einer ganz hübschen Skulptur aus Kupferrohr waren das Selbstportraits in Öl gemalt, in einem Stil, der ein wenig an Munch erinnerte.

Richtig zwingend waren die Arbeiten nicht.

Großbritanien
Motto: "I, IMPOSTOR"
Mike Nelson hatte das Innere des Pavillons in einen Teil der Altstadt Istanbuls verwandelt. Er spiegelte damit einen Aufenthalt in der Stadt am Bosporus wider. Diese Installation gehörte sicher zu einem der Höhepunkte der Biennale. Leider war hier der Andrang so groß, dass wir verzichteten.
Während des anstrengenden Kunstpilgerweges mindestens dreißig Minuten in einer Schlange zu stehen war uns zu viel. Eine Warteliste mit fester Einlaßzeit wäre geschickter gewesen.

Frankreich
Motto"Chance"
Dem Künstler Christian Boltanski wurde hier Platz geboten Werke vorzustellen. Das imposanteste bestand aus einer riesigen Stahlrohrkonstruktion, die fast den ganzen Pavillon ausfüllte. Auf dieser lief ein Film über Rollen und zu sehen waren darauf Babyfotos. Ab und zu wurde der Ablauf nach einem lauten Klingeln unterbrochen.


In einem Seitenraum wurde ein horizontal drei geteiltes Video gezeigt. Zu sehen waren in jedem Drittel ein Teil eines Gesichtes. Nach dem Zufallsprinzip wurden Gesichter zusammengesetzt. Per Knopfdruck konnte man / frau diesen Vorgang unterbrechen und wenn es gelang, ein komplettes Portait zu erzeugen, gab es ein Lob. Mich erinnerte das Prinzip an einen Glücksspielautomaten.
Digitalanzeigen zeigten die französischen Sterbe- und Geburtenzahlen.
Vor dem Gebäude befanden sich zwei Stühle, auf der die Menschen gerne ermattet Platz nahmen. Aber auch dort steckte schon wieder Christian Boltanski drin. Sobald ich mich gesetzt hatte, begann der Stuhl mich zu befragen. Die beiden Frauen reagierten ebenfalls amüsiert.

Hier hat ein Großer der Kunstwelt gezeigt, was Konzeptkunst zu leisten vermag.

Tschechien / Slowakei
Motto: "The Sleeping City"
In diesen Pavillon hatte Dominik Lang, der im Bildhauer Atelier seines Vaters aufwuchs, die nicht mehr fertig gestellten Arbeiten seines Erzeugers Jirí Lang hineingestellt und ansehnlich neu arrangiert.

Eine bezaubernde Idee sich so am Erbe des Vaters abzuarbeiten.
Es entstand dadurch sehr Sehenswertes.
Diese Ausstellung wirkte auf mich geradlinig und geschlossen konzeptioniert.

Australien
Motto: "The Golden Thread"
Hany Armanious stellte hier aus.
Hübsch war die Idee die Burger King Werbung mit einer echt goldenen Krone, die mit echten Diamanten verziert war, zu karikieren.

Ungarn
Motto: Crash
Die Künstlerin Hajnal Nemeth bespielte diesen von der Autofirma BMW gesponserten Pavillon. Ganz im Sinne des Sponsors tauchten in den Installationen und Videos viele Autos der bayrischen Autobauer auf. Das Thema sind Unfälle, doch die FahrerInnen steigen immer wieder unverletzt aus den Qualtätsautos aus. Ein Bösewicht ist, wer Auftragsarbeit unterstellt.

Griechenland
Motto: "Nach den Reformen"
Die Künstlerin Diochantihat hat den renovierungsbedürftigen Bau außen mit Holz verschalt. Innen sind die Wände kahl. Beim Betreten steigt man / frau eine Treppe hinauf, die zum Licht führt. Das soll wohl die Hoffnung symbolisieren, das die neoliberalen Sparvorgaben der EU und des IWF das Land nicht total verarmen lassen.

Zum Glück gibt es Menschen, die deren Lügen nicht glauben. Sie haben die Fassade mit den Spruch AUSVERKAUFT verziert.
Passend zum Verkauf des Volksvermögens an internationale Profiteure

Rumänien
Motto: Performing History
Der Großmeister der Kunstgemeinde Ion Grigorescu gestaltete den Pavillon gemeinsam mit den Nachwuchstalenten Anetta Mona Chisa und Lucia Tkacova.

Polen
Motto: "...And Europe Will Be Stunned"
Polen zeigte Yael Bartana, die ihr Projekt schon in den KunstWerken in Berlin vorstellte. Ihre Idee ist die Nachfahren der jüdischen Flüchtlinge aus Polen wieder dorthin zurück zu holen. Eine Künstlerin, die kein politisches Fettnäpfchen auslässt. Sie greift sowohl die zionistische Vertreibungspolitik Israels gegen die Palestinenser als auch das Vergessenwollen des Antisemitismus in Polen an.


Ägypten
Motto: 30 days of runnig in the space
Das Land ehrt den Performance Künstler Ahmed Basony. Der wurde während des Kampfes gegen dem Diktator Mubarak von Regierungstruppen ermordet.
Er war Performancer und schloss sich frühzeitig dem Widerstand an. Mit einer Videokamera dokumentierte er diesen und wurde dabei erschossen.

Serbien
Motto: Light and Darkness of the Symbols
Diesen Pavillon gestaltete der Avangardist Dragoljub Raša Todosijević.
Rechts im Bild seht ihr einen Zoom auf einen von ihm bestickten Schlafanzug.

Schön ist, wie er sich damit über den tumben Nationalstolz der Serben amüsiert.
Auch sonst liebt es der Künstler humorvoll. Die so hübsch drapierten Kaffeekannen rechts sind mit Beton ausgegossen.

Er hat auch keine Berührungsängste vor unberührbaren Symbolen.
Auch seinen Fotos merkt man / frau eine große Lust am spielen.hat.
Wir haben einen Großen der Kunst kennengelernt.

Österreich
Dieser Pavillon wurde von Markus Schinwald bespielt. Ein Künstler mit einem feinen Humor, der teilweise an Arbeiten von Maurizio Cattelan erinnert.
Gleich an Eingang setzte er ein Zeichen mit einer Skulptur.

Sie war aus vier Chippendale Tischbeinen zusammen gesetzt, die an einer Stange wie ein Affe hing.
In den Räumen waren mehrere klassisch gemalte Portraits mit sehr merkwürdigem Schmuck zu sehen.
Witzig waren auch lebensgroße natürliche Menschen Figuren, von denen einer wohl gegen die Wand getreten hatte und dessen Bein darin fest steckte.

Den Namen Markus Schinwald sollte man / frau sich merken.

Brasilien
Motto: For when there are no more fish in the see
Hier verwirklichte Artur Barrio sich. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er nichts zu sagen und erwartet auch nicht, dass wir uns mit seiner Kunst beschäftigen.

Da liegen stinkende Fische im einer Salzwanne. Urinbeutel hängen an der Wand und ein ungemachtes Bett steht herum. Ich kann mit so etwas nichts anfangen.

USA
Foto Haupt und Binder
Das Künstlerpaar Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla machten sich mit ihrer Arbeit über den Körperkult und die Geldgier in der USA lustig. Viele von euch haben sicher den Eyecatcher als Foto gesehen. Auf einem umgedrehten Panzer ist ein Laufband montiert. Ätzend schön war auch ein Bankautomat, der in eine Orgel integriert war.

Israel
Motto: One man´s floor is another man´s feeling
Sigalit Landau war die Künstlerin. Wasser und Salz waren ihr Thema. In einem Land mit Salzseen und viel Wüste natürlich ein Thema.

Leider wurde der Konflikt in Palästina und mit den Nachbarn um das Nass nicht thematisiert.
Das hätte sich die Regierung auch wohl verboten. Im Land Israel wird Kunst gefördert, die den Herrschaftsanspruch der Zionisten auf Palästina unterstützt und dessen Umsetzung nicht kritisiert.

Finnland
Motto: All Structures Are Unstable
Als wir den Pavillon betraten, sahen wir keinen Aufseher und fanden kein Infomaterial. Einer der beiden Videoprojektoren war außer Betrieb und der Lautsprecher schepperte.

So konnten wir den Beitrag von Vesa-Pekka Rannikko nicht richtig beurteilen. Trotzden trauen wir uns zu sagen, dass der Auftritt des Heimatlandes meines Augensterns grottenschlecht war.
Dann sollen sie doch lieber die Fahne einziehen und zu Hause bleiben!


Niederlande
Das Motto: "Opera Aperta / Loose Work"
Hier wurde eine Gemeinschaftsproduktion von acht KünstlerInnen präsentiert. Sie schufen eine hübsch anzusehende raumfüllende begehbare Holzinstallation. 

Ein wenig wie die künstlerische Weiterentwicklung einer Holzhütte vom Abenteuerspielplatz.
Alles sauber gearbeitet und es waren Spiegel, Klavier und Bücher integriert.
Dekorativ, aber belanglos.

Belgien
Motto: Feuilleton
Angel Vergara vertritt das Land. Besonders war es nicht, was er bot. Eigentlich fiel uns nur eine witzige Lampe aus leeren Weinflaschen auf. Sonst hingen mit Öl übermalte Fotos herum.

Spanien
Motto: Lo Inadecuado
Dora Garcias Auftritt war etwas gewöhnungsbedürftig. Sie erschuf eine Plattform für eine über die Zeit der Biennale reichende Performance. Als wir den Raum betraten, saßen mehrere Menschen an Laptops und taten wichtig. Das als mangelhaft zu übersetzende Motto erfüllte sich. Wir verweilten nicht lange.


Nach Getränk und Imbiss im bezaubernden, von Tobias Rehberger entworfenen Café besuchten wir die Zentralausstellung.
Wir zeigen euch, was uns gefiel.
Sie fotografiert immer nur sich selbst
Cindy Shermann, Untiteld, 2010
Die körperlosen Köpfe, sie sabbelten und bewegten sich doch
Nathaliel Mellors, Hippy Dialectics, 2011
Sigmar Polke, 2007

Llyn Foulkes, 1969

Endlich Demokratie in der Kunst, Knetgummi für Alle!
Norma Jeane, 2011
Sind es die aus Hitchcocks Thriller?
Maurizio Cattelan, 2011


Als wir die Giardini verließen, konnten wir immer noch nicht von der Kunst lassen. Am Ausgang stand ein Café, das einer weiteren Nation Heimstatt war.

Thailand
Im Café Paradiso war ein gnadenloser Selbstdarsteller am Werk. Navin Rawanchaikul taucht in jedem seiner Bilder auf. Man / frau mag dies überzogen empfinden, wenn er sich gemeinsam mit den Großen der Welt abbildet.

Da er dies aber mit sehr viel Selbstironie tut, kann ich gut damit umgehen.
Er präsentiert sich als schrille Persönlichkeit.
Doch er wäre nicht der erste Selbstdarsteller, der damit in der Kunstwelt richtig erfolgreich ist.
Außerdem erinnern seine Bilder an die Politikerwerbung aus seiner Heimat.
Er steht somit in der nationalen Tradition Thailands.