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das zweite Kölsch

28.06.2013


© Irmeli Rother
Das wunderschöne Wetter lockte uns aufs Wasser. Deshalb nahmen wir die schon in Berlin geplante Schifffahrt nach Bonn in Angriff.

© Irmeli Rother
Wir packten unseren Picknickkorb, überquerten den Rhein und nutzten ein Schiff der KD vom Anleger Frankenwerft, das von April bis September täglich um 9 Uhr 30 ablegt.
Vom Deck bot sich eine gute Übersicht über Köln und das interessante Wohnhaus am ehm. Rheinauhafen war auch gut zu sehen.

Dampferfahrten sind eine gemeinsame Leidenschaft von meiner Liebsten und mir. Auf dem Oberdeck die langsam vorbeigleitende Landschaft zu betrachten ist eine nette Art sich von A mach B zu bewegen.
Die Sonne reiste auf alle Fälle mit, nach drei Stunden Flussfahrt waren unsere Nasen ziemlich rot.

Mit so viel UV Bestrahlung hatten wir nicht gerechnet.
Auf dem Weg legten wir ein paar mal an, doch meine Vorstellung vom Rhein als industrielle Wasserstraße mit Fabriken, wie an einer Perlenkette aufgereiht an den Ufern erfüllte sich kaum. Große Lastkähne begegneten uns nicht viele.

Und da die Ufer überwiegend grün bewachsen waren, freuten wir uns über Brücken und kleine Häfen, die Anlass zum Knipsen boten.
Dabei entdecke ich ein Gebäude mit der Beschriftung Solarworld. Dieses Unternehmen war der Hoffnungträger der deutschen Nachhaltigkeitswirtschaft.

Die Firma war während der Rot / Grünen Regierungszeit (1998-2005) massiv mit 130 Millionen Euro subventioniert worden und hat diese Zuwendungen komplett verbrannt. Bleibt nur die Frage offen, ob Rot / Grün aus Dummheit oder wegen Zuwendungen so spendabel war. Ach, es war ja nicht ihr Geld.

Drei Stunden Fahrzeit gingen recht schnell vorbei. In Bonn angelandet packte uns die Lust auf Biergarten.
Im Am Alten Zoll fanden wir einen Platz mit Rheinblick und speisten recht mittelmäßig. Eine der dümmsten Ausreden, die ich je hören musste, leistete sich die Servierkraft.

Mark di Suvero, L’Allumé (1990)
Auf die Nachfrage, ob wir ein Stück Zitrone für das Kristallweizen bekommen könnten, entgegnete sie: "Wir haben nicht genug Lagerkapazität für Zitronen".
Lachend machten wir uns am Rheinufer entlang auf den Weg zu den Bonner Museen auf. Die Skulptur am Wegesrand stimmte uns hoffnungsfroh.

© Irmeli Rother
Leider dauerte der Fußmarsch vom Anleger beinah eine halbe Stunde. Die Museumsmeile liegt in einem der Viertel mit vielen Bürogebäuden. So war unsere Verwunderung klein, dass wir im Kunstmuseum Bonn ziemlich einsam waren. Auf dem Vorplatz entdeckten wir mit Erwin Wurm einen alten Bekannten aus Venedig. Dort hatte er ein ähnlich zusammen gequetschtes Haus gestaltet. Hier war es Teil der Ausstellung  "HEIMsuchung. Unsichere Räume in der Kunst der Gegenwart".


© Irmeli Rother
Das Museum ist ein von Axel Schultes geplanter architektonischer Juwel. 1992 wurde es eröffnet. Wir bestaunten das Haus und die Liebste wollte kaum aufhören zu knipsen. Dann entdeckten wir eine Besuchergruppe. Lachende Kinder mit einer Museumspädagogin brachten ordentlich Stimmung in die Bude.

Von der Baukunst abgesehen betrachteten wir in diesem Haus nur Teile der Ausstellungen. Nebenan wartete ja noch ein weiteres Museum auf uns.

Sigmar Polke,
Ohne Titel, 1981
Rosemarie Trockel,
Vase, 1998
Neo Rauch, Waldmann, 2003
Silvia Baechli,
Ohne Titel, 1991

Gerhard Hoehme,
Strahlenfall, 1968
Reinhard Mucha, Wasserstandsmeldung, 1986
Günther Uecker,
Übernagelter Tisch, 1963
Jiri Dokoupil,
Der Zirkel, 1984
Joseph Beuys, Urobjekt: Erdtelefon, 1967

Einiges und Einige kannten wir, unsere Fotos zeigen euch was uns am meisten gefiel.

Die andere spannende Ausstellung im Haus war "HEIMsuchung. Unsichere Räume in der Kunst der Gegenwart" Hier waren Objekte ausgestellt, die die Redewendung.  „Trautes Heim – Glück allein“ ins Absurde verkehrten.

Stefan Mörsch zeigte ein Werbevideo aus den USA. Im Jahr 1954, in der Zeit der großen Atomangst, wurde es gedreht. Darin behauptete ein Farben- und Lackhersteller, dass ordentlich weiß gestrichene Holzhäuser gegen einem Atombomben Angriff  besser geschützt sind.




Dieser Trick ist ebenso hilfreich wie der Tipps, dass Schüler in der Schule unter die Bänke kriechen sollen. Das die Politiker mit solchem Schwachsinn versuchten die Bevölkerung zu beruhigen, mag ja noch verständlich sein. Das eine Firma mit der Angst vorm Atomkrieg Geld machen wollte, ist widerlich.

Eine weitere Installation war ein merkwürdiges Labyrinth mit gewellten holzgetäfelten Wänden, darin versteckte sich auch noch Möbel mit merkwürdigen Beinen, die sich durch den Raum bewegten. Diese Installation sollten die BesucherInnen irritieren. Ähnliche Ergebnisse erzielte vorher nur mit Drogen wie LSD.
Wir waren froh, als wir draußen waren.
Das Künstlerpaar Martine Feipel und Jean Bechameil vertraten auf der Bienale Venedig 2011 Belgien im Landespavillon..

Eija-Liisa Ahtila, the wind, 2002
Dieses Video wurde als Triptychon gezeigt. Eine Frau wird in ihrer Wohnung gezeigt, als der Wind das Fenster aufriss und ihre Wohnung durcheinander wirbelte. Beim Versuch Dinge zu retten richtet sie ein totales Chaos an. Die finnische Künstlerin versucht mit ihrer Arbeit das Aufbrechen einer Psychose filmisch darzustellen. Wir fanden, dass ihr das gut gelungen ist.

Christian Haake baute in seiner Installation Less Mess von 2007 das Zimmer eines Messis nach. Selbst der Telefonhörer liegt nicht auf der Gabel. So kann die abwesende Person nicht durch Anrufe gestört werden. Toll ist, dass er das Zimmer detailiert auf 1 Meter x 50 Zentimeter verkleinert hat.

Susanne Kutter stellte das Zelt einer Himalaja Expedition nach. In ihrer Arbeit Nepal Vario von 1999 / 2013 wartet das Zelt auf die Rückkehrer. Aber alles ist schon mit einer dünnen Schicht Schnee überzogen. Sind die Expeditionmitglieder verschollen? Endlich ein sicherer Raum, aber ohne BewohnerInnen.

© Irmeli Rother
Nach einer Mittagspause besuchten wir die Bundeskunsthalle.
Die Kegel auf dem Dach leiten Licht ins Innere. Gustav Peichl war der Architekt. Die Bauzeit war von 1989 bis 1992. Leider war es dort leer, obwohl es angeblich das Museum mit den meisten BesucherInnen in Deutschland ist.

Im Haus wurden wir herzlich empfangen.
Drinnen erinnert es etwas an einen Irrgarten. Ohne Plan verläuft man / frau sich sicher. Aber es macht auch mal Spaß sich zu verlaufen. Manchmal findet sich so ein Juwel.
Doch wir liefen recht schnell durchs Haus.
Zwei Museen an einem Tag ist selbst für uns heftig.
Hauptsächlich interessierten wir uns für eine Ausstellung der StudentInnen der Kunsthochschulen. Wir sind immer neugierig nach spannendem Neuen.

Sechsundfünfzig StudentInnen hatten ihre Arbeiten zum Wettbewerb Atlas eingereicht. Viel hatten die Frischlinge jedoch leider nicht zu bieten.
Doch das mannshohe Katzenklo mit dem Namen Megabox aus 2013 gefiel mir.
Robert Baron und Robin Ortgies von der Kunsthochschule Münster haben das geschaffen. Dort arbeitet auch Ayşe Erkmen als Lehrerin, die ich aus Berlin kenne. Die KünstlerInnen, die aus dieser Schmiede kommen, fallen immer wieder durch Besonderes auf.

Sehr schön fanden wir auch die Skulptur Eine Drapie der Falte von Kirsten Achtermann genannt Brand aus 2012.
Sie kommt von der Hochschule für Bildenden Künste Braunschweig.
Ihr Faltenentwurf war sehr ansehnlich.
Leider gewann sie keinen Preis der Jury.

Richtig begeistert waren wir jedoch von einer netten kleine Live Performance der Studentin Vroni Hammerl von der Kunsthochschule Nürnberg. Sie wartete die ganze Zeit auf BesucherInnen. Stellte sich vor sie, hob sie hoch und positionierte sie im Raum. Dies geschah auch mit uns.
In dieser Form auf Fremde zuzugehen, dazu gehört Mut.
Zu recht gewann sie einen Sonderpreis der Jury.


Vroni Hammerl im Gespräch
Anschließend fuhren wir zurück nach Köln. Uns zog es wieder an den Platz, wo wir gestern Kölsch tranken. Im Walfisch war diesmal sogar das Fernsehen anwesend. Sie drehten einen Bericht über die besten Kneipen Kölns. Da können wir ja unser Restaurant nicht so schlecht gewählt haben.


Die VegetarierInnen mögen mir verzeihen, aber ich aß schon wieder Fleisch, um eine gute Grundlage für das Kölsch zu haben. Diesmal Haxenfleisch mit Bratkartoffeln und Kohlrabi in Sahnesoße. Sehr Lecker!

das dritte Kölsch

29.05.2013

© Hpschaefer
Langsam hatten wir uns mit dem ÖNV von Köln vertraut gemacht. Die Kölner Verkehrsbetriebe verschenken einen handlichen Stadtplan inklusive Linienplan. Mit dessen Hilfe fuhren wir mit der Tram über die Deutzer Rheinbrücke bis zur Station Rudolfplatz. Dort befand sich im Mittelalter die Stadtmauer und übrig geblieben ist das imposante Hahnenentor. Dahinter fand wie jeden Dienstag ein Ökomarkt statt.
Von dort spazierten wir zurück in Richtung Rhein.

© Raimond Spekking
Nach der Kunstpackung vom Vortag wollten wir es gemütlicher angehen.
Der Kölnische Kunstverein hat kleine Ausstellungsräume nicht weit vom Stadtzentrum. Er wurde 1839 von Kölner Bürgern gegründet.
Heute sitzt er in einem in der Nachkriegszeit bebauten Gebäude.
Es ist wahrlich nicht schön, aber sehr rechteckig.

Stefan Müller, Allerliebste Tante Polly
Ein kleines bisschen Kunst konnten wir durchaus noch ertragen und der Eintritt war günstig (4 Euro).
Leider konnten wir uns mit der in der großen Halle in Erdgeschoss ausgestellten Malerei nicht anfreunden.
Auch der witzige an Tom Sawyer erinnernde Titel der Ausstellung erhellte uns nicht.

Gut gefiel mir die Idee die Bilder an eine Art Lattenzaum vor die riesigen Fenster zu hängen. Dieser erinnerte etwas an den Roman von Mark Twain.
Als wir uns an der Kasse über die Qualität des Gebotenen beschwerten, verwies uns die Dame auf eine weitere Ausstellung in dem ersten Stock.

Dort präsentierte sich Anouschka Oler aus Brüssel.
Sie hatte den kleinen Raum quasi bezogen. Schminktisch, Sitzball, Spiegel, Fotos, ein Videoplayer und was noch in ein Zimmer einer jungen Frau gehört, waren zu sehen. Sogar ein Monsterbaby in Kleidchen erwartete sie.

Ihre fantasievollen Objekte entschädigten uns für die Langeweile im Erdgeschoss.
Das Haus des Kunstverein erinnerte mich an so manches Gebäude in Berlin. Zum Beispiel sieht das Arbeitsamt am Händelplatz in Steglitz wie eine Kopie aus. Dieses wirkt und ist genauso kalt.

Dann begannen wir einen kleinen Stadtspaziergang. Am Neumarkt fühlten wir uns beobachtet. Diesmal nicht von einer der zahlreichen Videokameras, die dafür gesorgt haben, dass in unseren Städten kaum noch Kriminalität stattfindet und der Gewinn von Sony und Co. in diesem Marktsegment explodierte.
Nein, da saß doch jemand mit einer Kamera auf dem Fensterbrett. Er warb jedoch für ein Fotogeschäft am Platz. Mir gefiel die auf die Ecke montierte Rollfilmkamera besonders.

Erinnerte sie mich doch an die Rollei Spiegelreflex Kamera, mit der ich in meiner Jugend unterwegs war.
Die Bilder wurden damals noch richtig auf Negativfilm gebannt, den ich im Labor entwickelte. Mit dem Format 6 mal 6 cm war eine sehr feine Auflösung bis DIN A3 möglich.

Da noch ein bisschen Kultur in unsere Gehirne passte, liebäugelten wir mit einem Besuch im Käthe Kollwitz Museum, das auch am Neumarkt im Neubau der Sparkasse untergebracht ist. Doch als wir mit dem futuristischen Fahrstuhl in dem architektonisch gelungenen Haus in der Dachetage ankamen, erfuhren wir, dass es wegen eine Feier der Familie Kollwitz geschlossen war. Schade!
Also schauten wir Teddys in einem Bärengeschäft im Haus an. Viel Süßes wurde dort geboten.

Weiter liefen wir durch eine der Fußgängerzonen. Dort entdeckten wir eine tolle Band vom Balkan. Wir verweilten lange und gaben reichlich. StraßenmusikerInnen in Köln haben günstige Bedingungen. Sie benötigen keine Genehmigung, dürfen jedoch nicht länger als 20 Minuten stehen und keine Verstärker nutzen.

Nach zwei Abenden mit deftiger Kost in Kölsch Kneipen stand mir der Sinn nach Feinerem. Hinter der Antoniterkirche entdeckten wir das Café Stanton. Dort servieren sie leckere Gerichte aus biologischen Zutaten. Auch die Gestaltung der Räume ist hervorragend. Besonders die Deckenlampen aus Küchengeräten hatten es meiner Freundin angetan.
Sie sind sehr ansehnlich, aber für die Belegschaft ein Graus, wie uns der Kellner verriet.

Alle zwei Wochen werden sie zerlegt und geputzt und danach müssen alle Bestandteile am selben Platz zu finden sein. Das verlangen die LichtdesignerInnen Bettiner Gruber und David Smithson, die sie geschaffen haben.



Nachdem wir gut vollgefuttert waren, fuhren wir ins Feriendomizil.

Für die Abendgestaltung nutzten wir die Stadtrevue. Diese monatliche Stadtzeitung bietet unter anderem einen Veranstaltungskalender. Dieser ist auch Online einsehbar.
Wir überquerten wieder den Fluss und fuhren ins Univiertel zur Station Zülpicher Platz.

Dort fand ein Jazzkonzert mit anschließender Jam Session im Theater in der Filmdose statt. Drei junge Musiker, einer an der Gitarre, einer hinter der Schießbude (Thomas Sauerborn) und einer an einer Hammond Orgel spielten auf. Leider waren mit uns nur ca. zwanzig Personen anwesend.

Von diesen waren mindestens sechzehn MusikerInnen. Nach dem Opener Set stürmten diese nach und nach die Bühne. Besonders die antiquarische Hammond Orgel war beliebt.
Nach der Jam Session zogen wir über die sehr belebte Zülpicher Straße. Dort befindet sich eine Kneipe neben der anderen. Mindestens drei kubanische Bars waren darunter. Wir blieben in der Cuba Bar hängen und schlürften Cocktails bis zur Bettschwere.

Alle Fotos ohne Copywrite Vermerk stammen von Irmeli Rother.

das vierte Kölsch

30.05.2013


Fronleichnahm war es oder wie es auch heißt Happy Cadaver Day. Da zogen vormittags komisch verkleidete Menschen um den Kölner Dom herum. So was passiert nur in katholischen Landen. Als ich die in Rauschgift Wolken dahin marschierenden Knaben sah, musste ich leider an die so gerne unter den Tisch gekehrten Missbrauchsfälle denken. Lange dauerte es zum Glück nicht und der Spuk war vorbei.

Der Dom ist, trotzdem er von einer christlichen Sekte okkupiert ist, ein sehr imposantes Gebäude. Mit der Höhe von knapp 160 Metern beherrscht er die Altstadt. Eigentlich ist er jedoch ein riesiger Brocken Kitsch.
Im 13. Jahrhundert als gotischer Bau begonnen wurde er überwiegend erst im 19. Jahrhundert fertig gestellt. Das ist ungefähr so stilsicher wie wenn ein Neureicher sich eine Villa im Stil von Neuschwanstein bauen lässt. Aber Preussen hatte das Rheinland besetzt.

Es wollte mit dem Bau des Doms seinen Herrschaftsanspruch in Stein meißeln.
Doch heute ist er der Touristenmagnet in Köln geworden.
So versucht die Dombauhütte ihn durch Restaurierungen zu erhalten. Am Bau ist das an den helleren Bestandteilen zu erkennen.
Ca. sechzig MitarbeiterInnen, darunter viele SteinmetzerInnen, werken daran.
Sie heben mit Kränen Teile herunter und arbeiten sie gestützt auf alte Fotos und Bauzeichnungen nach.

Erschwert wird das dadurch, dass kaum ein Teil dem Anderen gleicht. Gut an den beiden Regenwasser Traufen zu erkennen.
Doch der olle Dom war vor allem in seiner ausufernder Ornamentik und mit all seinen tausenden Figuren sowieso nicht zu erfassen. Ich vermute, dass dies die Idee der Baumeister war. Satt sehen kann man / frau sich an ihm nie, sich nur optisch überfressen.
Mir gefällt der Dom, mit Abstand, am besten.


Thomas Schütte, Frau No 13, 2003 
Dann besuchten wir endlich das Museum Ludwig, dem Haus für moderne Kunst in Köln. Es ist nah beim Dom gelegen.
Die Architektur korrespondiert mit den Farben Kaminrot und Schiefergrau gut mit den Farben der Altstadt.
Uns gefiel die Dame aus Aluminium, die vor dem Eingang saß und die Fassade anschaute.
Jede Veränderung des Himmels spiegelt sich in ihr und gibt ihr ein neues Aussehen.

Gerhard Richter, 48 Portraits, 1972
Im Flur fielen mir zuerst die Portraits von 48 berühmten Männern auf. Als echtem Macho ist dem Künstler keine einzige Frau eingefallen.
Feministinnen kritisierten ihn deshalb laut.
Durch mehrfachen aufgetragenen Druck erscheinen die Gesichter der Berühmtheiten sehr plastisch.

Meine Liebste nutzte den Besuch der Toilette, um eines ihrer künstlerischen Fotos zu schießen. Vielleicht sollte sie ihre Arbeiten ausstellen. Ihre Freunde bekommen ja wenigstens Weihnachten einen Kalender. Mein Dank gilt ihr, denn ich darf ihre Arbeiten für den Blog verwenden.

In der ständigen Ausstellung entdeckten wir viel Spannendes auch Lustiges, das wir euch gerne zeigen wollen.

Anna und Berhard Blume, Tranzendale Orthopädie, 2006
Francis Picabia, 1922
Die spanische Nacht
Man Ray, 1939
Zurück zur Vernunft
Renato Guttoso, Cafe Greco, 1976
Pablo Piccaso, 1922
Frau im grünen Morgenrock
Alberto Giacometti, 1947
Die Nase
George Segal, Das Restaurantfenster, 1967
Nun schauten wir die Sonderausstellung Kathryn Andrews - Special Meat Occasional Drink an. Mich erinnerten die Werke an Jeff Koons und fand sie ähnlich langweilig. Hauptsächlich waren sie bunt.

© Museum Ludwig
Die Sonderausstellung von Phil Collins - In every dream home a heartache gefiel mir besser. In einem Teilbereich standen zwei sich auf einer Scheiben langsam drehende Wohnwagen. Darin schauten pubertierende Jungs Videos. Als ich las, dass dort auch Pornofilme gezeigt wurden, verstand ich ihr Interesse an diesem Kunstwerk.


Eine große Spezialshow war mit Arbeiten von Jo Baer bestückt.
Sie ist eine der großen Künstlerinnen, die erst jetzt mit 84 Jahren richtig bekannt wird. Wie auch sonst im Leben, haben sich die Männer gerne in den Vordergrund gedrängt. Ihre grafischen Arbeiten und die Collagen gefielen mir.

Memorial for an Art World Body
2009 © Museum Ludwig
ohne Titel, 1961
© Museum Ludwig
Nach so viel Kunst waren wir etwas geschafft und wollten im Restaurant pausierten. Auf den Weg dort hin sahen wir diese schnarchende Frau in der Eingangshalle.
Einen Moment war ich unsicher, ob sie lebte oder eine Installation war. Doch sie sah so lebendig aus. Da wäre höchstens ein Performance möglich gewesen.
Sie möge uns verzeihen, wir mussten sie ablichten.
Nicht um sie bloß zu stellen, ich war sogar etwas neidisch.

Das Café war sehr hübsch eingerichtet. Das Ludwig gehört zur selben Firma wie das Sankton, das wir gestern besuchten. Auch hier hingen wieder die hübschen Kronleuchter. Leider war hier die Bedienung recht chaotisch, doch Kaffee und Kuchen waren ein Genuss.

Derweilen bemerkten wir eine merkwürdige Absperrung auf dem Platz vor dem Café. Sicherheitspersonal verhinderte, dass Menschen den Platz betraten. Wir gingen hinaus, um zu erfahren, was das bedeutet. Die Kölner Philharmonie ist darunter untergebracht.

Deren Deckenisolation ist so schlecht, dass sowohl bei Konzerten als auch für Proben der Platz gesperrt wird. Dieses Ritual findet seit siebenundzwanzig Jahren statt.
Im Ranking der korruptesten Bauverwaltungen in Deutschland ist Berlin wohl vom Kölner Klüngel nicht zu schlagen (Kreisel Steglitz usw.), doch bei der Frage, welche der Bauverwaltungen die dümmste ist, scheinen mir die Kölner gute Aussichten zu haben Erster zu werden.

Leider war nicht zu erfahren, wie oft in Jahr der Platz abgesperrt wird und wie viel jeder Einsatz kostet. Doch vermute ich, dass über die Jahre mehrere Millionen Euro verbrannt wurden.
Die Kölner sollten sich vorsehen, dass es der Maus nicht zu dumm wird und sie zu einem anderen ARD Sender wechselt.
Am späten Nachmittag wechselten wir ins Café Bauturm im Belgischen Viertel. Dort speisten wir lecker und warteten auf den Beginn des Theaterstücks, das wir von Berlin aus gebucht hatten.

Das Theater am Bauturm liegt im Hof des Cafés.
Wir sahen dort das Stück Deportation Cast von Björn Bicker. Es beschreibt das Schicksal einer nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland integrierten Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo, die abgeschoben wird. Sie müssen sich dort mit Müllsammeln über Wasser halten. Der Sohn wird von der kosovarischen Polizei erschlagen, die Tochter prostituiert sich und am Ende erhängt sich der Vater.
Harter Stoff, der aber wohl die Wirklichkeit des deutschen Abschiebepraxis wiederspiegelt. Sie ist Spiegelbild des herrschenden Rassismus in meinem Heimatland. Ausländer, die nichts zum Bruttosozialprodukt beitragen, sollen verschwinden.
Doch was kann von einem Volk erwartet werden, das in der Zeit zwischen 1934 und 1945 mindestens 70.000 Behinderte für unwert erklärte und ermordete.
Sozialdarwinismus wird die dahinter stehende Theorie genannt.

Gut fand ich, dass die Motive der konkret mit der Abschiebung Beteiligten genau beleuchtet werden, sie machen alle mit, weil sie davon profitieren. Leider wurden viele Rollen im Stück von dem selben Mimen gespielt. Das trug wenig zum Verstehen der Handlung bei.

Eine Kritik der Theaterzeitung Köln.