Dieses Blog durchsuchen

Ich will nicht immer loben

 11.01.2022

 - Mal eine Jam Session an einem anderen Ort. Die Blue Moonday Session findet im Cafe Engels montäglich in Neukölln statt.
Der Host ist hier die Saxophonistin Charlotte Joerges. Sie spielte mit einem Quartett in der Beginner Formation. Der Auftritt war gelungen und auch weitere MusikerInnen, die jamten, leisteten Bemerkenswertes.
Wir saßen in der ersten Reihe und es hätte ein schöner Abend werden können.
Leider schwatzten Menschen an den Tischen hinter uns so laut, dass ich einer widerlichen Kakophonie ausgesetzt war. Zusätzlich fingen Dödel an zu rauchen, obwohl die MusikerInnen gebeten hatten, das zu unterlassen. Und dann war noch mein Weißwein und das Bier meines Begleiters lauwarm.
Auch wenn es mir um die guten MusikerInnen leid tut, mal keine Empfehlung!

Foto Guntram Höfker

- Nicht lustig, aber spannend ist der Film Holy Spider um einen Serienmörder in der heiligen Stadt Maschad im Iran. Der erwürgt Prostituierte, um den Ort vom Schmutz zu reinigen. Die Geschichte beruht auf einem realen Fall.
In allen Religionen kommt es vor, dass einer / eine der Meinung ist, dass Gott ihm Aufgaben übertragen hat. Das Handwerkszeug um seine Aufgabe zu erfüllen, hat der Mann im Iran / Irak Krieg gelernt.
Der Mörder im Film ist um die vierzig, Familienvater, er hat Frau und zwei Kindern und nach außen ist er komplett unauffällig. Seine Taten geschehen in stetiger Reihenfolge, ohne dass die Polizei sich allzu sehr darum schert, die Opfer sind halt nur Nutten.
Zur Strecke bringt ihn eine aus Teheran angereiste Journalistin, die so mutig recherchiert, dass sie fast ums Leben kommt.
Als der Killer dann geschnappt ist, wird er von einem Teil der EinwohnerInnen als Held gefeiert. Am  Ende des Films wird er trotzdem gehängt.
Problematisch finde ich die Begeisterung der Journalistin über die Todesstrafe, ich finde das abstoßend, auch ein Täter hat das Recht zu leben.
Ein letztes Erschrecken überkam mich, als die Journalistin schon im Bus nach Hause sitzt und ein Video anschaut. In dem der vielleicht zwölf Jahre alte Sohn des Mörders unter Mitwirkung seiner kleinen Schwester nachstellt, wie sein Vater die Frauen ermordet hat.
Geht in ihm ein Samenkorn auf?

Kritiken der Anderen: NDR, Frankfurter Allgemeine, Süddeutsche Zeitung

- Auch französische Filme dürfen auch mal etwas lahm daherkommen. Sowie Passagiere der Nacht, mit Charlotte Gainsborg als Mutter, sie ist die Hauptfigur. Der Film spielt 1984, drei Jahre nachdem der Sozialist François Mitterrand die Wahl gewonnen hatte.
Die Euphorie darüber ist vorbei, private Probleme treten mehr in den Vordergrund.
Diese hat auch die Hauptfigur. Ihr Ehepartner hat sie für eine Jüngere verlassen. Als allein erziehende Mutter von zwei fast erwachsenen Kindern ist sie auch noch arbeitslos.
Dazu nimmt sie auch noch eine wohnungslose Jugendliche in ihre Familie auf.
Doch Ente gut, Alles gut.
Sie findet Arbeit, die Kinder werden flügge und sie erlebt eine neue Beziehung. Nur die Streunerin verlässt ihre "Familie" und zieht weiter.
Eigentlich alles ganz nett und positiv, doch verstehe ich nicht, wozu darüber ein Film gedreht werden muss, vielleicht waren Fördertöpfe am überlaufen.


Kritiken der Anderen: epd, rbb, Perlentaucher, critic.de, Jüdisch Allgemeine

- Die neue Ausstellung  im Jüdischen Museum Berlin unter dem Titel Paris Magnetic präsentiert bildende KünstlerInnen jüdischer Herkunft, die sich in Paris zwischen 1904 und 1940 dort aufgehalten haben. Verschiedene Gründe haben sie dort hingeführt.
Erst mal war Paris die Metropole der Malerei in dieser Zeit, dann der Antisemitismus in ihren Herkunftsländern und sicher auch ökonomische Motive.

Philomene 1907 Öl auf Leinwand
Sonia Delaunay

Viele kamen aber auch, um sich in einer der Kunstschulen einzuschreiben.
Sie fanden sich in Paris in einem brodelnden Hexenkessel wieder, der viele der Kunstströmungen dieser Zeit hervorgebracht hat. Nationale Beschränktheit schien dort unbekannt, es zählte nur die Qualität der Arbeiten.
Und diese war in der Ausstellung recht hoch, waren doch auch bekannte Namen vertreten. Von Marc Chagall und Amedeo Modigliani war exellentes zu erwarten.
Aber auch viele mir unbekannte waren mit erstaunlichen Bilder oder Skulpturen vertreten. Doch nur wenige haben religiöse Motive gezeigt.
 


Weshalb deshalb der Fokus der Ausstellung auf jüdische KünstlerInnen gelegt wurde, kann ich nicht nachvollziehen. In dieser Zeit waren in der Kunst-Metropole viele Nationen vertreten und der religöse Hintergrund spielte in den Diskursen kaum eine Rolle. Außerdem dürften sich viele Freigeister in Paris aufgehalten haben, denen Religion komplett unwichtig war. Diese im Nachhinein in das Korsett jüdisch zu quetschen finde ich merkwürdig.
Dies ist genauso eigenartig wie eine Austellung evangelischer, katholischer, muslimischer oder buddhistischer KünstlerInnen in Paris.

- Die in deutschen KZ Flossenburg Ankommenden bekamen eine Häftlingnummer verpasst und Schreibkräfte trugen sie mit weiteren Personalangaben in eine Karteikarte ein. Die Organisation every name counts digitalisiert diese und bittet um eure Mithilfe.
Es ist widerlich wie die Bundesrepublik sich auch hier um ihre Verantwortung drückt, deswegen mache ich mit.

Wir brausten ins Neue

 29.12.2022

- Wer die prickelnden Jungs aus dem Wedding nicht kennt, hat die Welt verpennt!? Diese Aussage ist etwas übertrieben, aber schön, erheiternd, ernsthaft und erhellend war der Kabarettabend schon, das "Auf Nimmerwiedersehen 2022" der Brauseboys. Diese sind schon seit fast zwanzig Jahren auf den Bühnen Berlins zuhause.
Gefühlt kenne und mag ich sie auch schon fast so lange, jedoch bei den wöchendlichen Lesungen. Diese finden meist an kleineren Orten statt, dort lesen die mittlerweile eher als Brausemänner anzusehenden Boys Geschichten, die sie in der letzten Woche erlebt haben.
Von den sechs ehemaligen Mitlesern sind vier noch am Start, einer ist dazu gekommen.
Hier die aktuellen Vorleseratten: Frank Sorge, Robert Rescue, Volker Surmann, Heiko Werning, Thilo Bock (das Nesthäcken).
Bei einem Jahresrückblick treiben sie etwas mehr Aufwand als während des Tagesgeschäfts.
Die Boys treten jeden Donnerstag um 20:00 Uhr im Haus der Sinne, Prenzelberg, Ystader str. 10 auf, hingehen lohnt sich.


- In Frankreich um 1830 spielt der Roman Verlorene Illusionen von Honoré de Balzac. Den auf der Erzählung beruhenden, sehr opulenten Kostümfilm vom Regiseur Xavier Giannoli schaute ich im Kino.
Die Geschichte: Eine junger Autor zieht es aus der Provinz nach Paris, um ein berühmter Schriftsteller zu werden. Wie schon der Titel andeutet, geht dies schief.
Der junge Held wird aber Journalist, zwar bei einer kleinen Zeitung, aber deren Stil ist sehr ähnlich der Bild-Zeitung. Korruption und Schreiben gegen Bezahlung, provozieren von Skandalen wird sein tägliches Brot.
Missgünstige sorgen dann für seinen Absturz.
Der Geschichte ist anzumerken, dass Balzac selbst als Zeitungsschreiber gearbeitet hat. Dieses Insiderwissen hat wohl dazu geführt, dass er die Journaille wenig Gutes zutraut.


Kritiken der Anderen: EPD, Süddeutsche Zeitung, NDR, Deutschland Funk, critic.de, TAZ,

- Vertraue nie einem Hippie, besonders wenn er / sie behauptet 17 Hippies zu sein. Die gleichnamige Band sah ich schon öfter, aber nie standen wirklich siebzehn MusikerInnen auf der Bühne.
In der Kulturbrauerei spielten diesmal nur zwölf Hippies auf.
Doch das tat der musikalischen Qualität der Weltmusik Combo keinen Abbruch.
Ich nutzte die Gelegenheit zu tanzen und zog nach dem Konzert beseelt nach Hause.
Ist und bleibt halt ne geile Mucke, die sie zu hören bringen.


- Während in den meisten Filmen, die ins Fernsehen oder Kino kommen, die ProtagonistInnen HausbesitzerInnen mit einem SUV und Zweitauto in der Garage sind, hat der Film "Die Stillen Trabanten"normale" Menschen, die nicht der oberen Mittelschicht angehören im Fokus.
Gegen dem Motto. "Man sieht nur die im Lichte, die im Dunkel sieht man nicht" portraitiert der Regisseur Thomas Stuber Menschen in Leipzig in der Nacht.
Drei Zweierkonstellationen agieren in Episoden ohne sich je zu treffen.
1. Eine Putzfrau, sitzt frustriert vom Job bei der DB in der Bahnhofskneipe und trifft auf eine ebenso einsame Friseuse. Beide finden zueinander.
2. Ein Imbissbudenbesitzer lernt beim Rauchen im Treppenhaus seine verheiratete muslimische Nachbarin kennen und es funkt zwischen den Beiden. Das endet nicht gut, sie und ihr Mann ziehen weg, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.
3. Ein Wachmann bei einem Flüchtlingsheim verliebt sich in eine Flüchtlings Waise aus der Ukraine. Sie kommen sich näher, doch wie die Geschichte ausgeht, bleibt offen.
Die grosse Stärke von Regisseur Thomas Stuber ist, dass er Bilder erschafft, die haften bleiben. Weil die von ihm erzählten Geschichten zwar ergreifend, aber oft nicht hoffnungslos sind, berühren sie mich.


Kritiken der Anderen: EPD, Süddeutsche Zeitung, TAZ, rbb,

- mit Kurzfilmen stellt Arte KünstlerInnen und besondere Werke von diesen vor. Eine Fundgrube!