Dieses Blog durchsuchen

reading all night long

14.05.2011

Zwölf mal habe ich die Lange Buchnacht in der Oranienstrasse verschlafen, diesmal war ich mit Augenstern dabei.
Fünfzig Veranstaltungsorte und vierzehn Stunden Lesezeit, da kostet es schon Hirnschmalz sich zu entscheiden.
Um 18:00 Uhr stiegen wir ein. Los ging es schon um 12:00 Uhr u.a. mit vielen Veranstaltungen für die Lütten.
Als ich die Namen von zwei Brauseboys, Frank Sorge und Robert Rescue, im Flyer entdeckte, war der erste Anlaufpunkt klar.

Wir hörten sie bei Lebensmittel Hillmann / Blauhaus.
Im Alltag die Küche des Ladens auf dem Hinterhof der O21, wie der gemeine 36er gerne abkürzt, um sich vom Rest der Welt abzuheben.
Doch diesmal schlugen die Weddinger zurück.

Die Schreiberlinge trugen Alltagsgeschichten aus dem Arbeitsamt und von der Brunnenstrasse vor.
Draußen setzte ein Platzregen ein, so hielten wir die Sitzplätze besetzt und warteten mit Bratwurst und Rotwein auf die nächsten Lesenden.

Wieder lauschten wir dann Brauseboys. Bukowski und Surmann gehören zu der bekennend Schwulen Fraktion derselben und so berichteten sie von den Irrungen und Wirrungen der Männerliebe.
Der Regen hörte auf und wir  wechselten die Räumlichkeiten.

Leider ist die Buchnacht in der O Strasse sehr beliebt.
Tante Horst und Zum goldenen Hahn waren zu überlaufen.

So probierten wir es im Monarch, ein Multifunktionsort im ersten Stock des NKZ (Neues Kreuzberger Zentrum). Durch die Fensterfront schaut man / frau auf die Hochbahn. Ein spannender Platz, im Hochhausgewirr ist der Eingang jedoch nicht leicht zu finden.
 
Hier wurde jedoch geraucht und die Klimaanlage war eher altersschwach. Wir hielten es nicht lange aus.
So streunten wir noch eine Weile durch SO36, besuchten das Bethanien.

Danach schauten wir noch ins Kreuzbergmuseum rein. Hier wurde gerade russisch Dadaistisches vorgetragen.
Der "Text" wurde von fünf Personen gleichzeitig vorgetragen. Ich wurde schlagartig müde und nickte ein.

So zog es uns um Mitternacht nach Steglitz zurück.

Humppa Balkanika

12.05.2011

Wenn eine finnische Band aufspielt, fährt Augenstern sogar abends ins Ghetto. Ich begleitete sie als Bodyguard.
Die Band Jaakko Laitinen & Väärä Raha war mit finnisch / balkanischer Volksmusik im Lagari unweit vom Hermannplatz am Start.

Wir erreichten den Veranstaltungsort ohne ausgeraubt zu werden.
Im Saal befanden sich ein paar Ältere, meist FinnInnen, und viele junge Damen, die wohl Fans der Gruppe waren.
Als die Kapelle aufspielte, brach sich mal wieder die finnische Tanzlust die Bahn. Die jungen Frauen räumten die Tische zur Seite und hüpften zur Musik.
Augenstern und ich konnten auch bald nicht mehr still sitzen, wir tanzen ebenfalls zügellos.







Wem die Kirschen blühen

10.05.2011

Ich besuchte das Theatertreffen 2011 in den Räumen der Berliner Festspiele.
Leider hatte ich keine Karten für weitere Vorstellungen ergattern können.
Als ich an ersten Verkauftag anstand war der Rest schon ausverkauft.

Ich sah den Kirschgarten von Anton Tschechow.
Das Stück beschreibt anschaulich die Agonie des Adels in Russland vor der Revolution. Als Klasse behindern sie nur noch den "Fortschritt".


Die Geschichte:
Eine Adelsfamilie besitzt einen wunderschönen Kirschgarten, der aber keinen Profit mehr ab wirft. Alle brauchen Geld, um ihren Lebensstil zu finanzieren, aber wollen auch an ihrem Besitz als Zeichen realer Macht festhalten.
Am Schluss ist der Kirschgarten an einen ehemaligen Leibeigenen verkauft und die Adelsgesellschaft reist ab, überlässt den neuen Ausbeutern das Feld..
Toll ist, wie genau und detailreich Tschechow die einzelnen Charaktere beschreibt.
Die Inszenierung des Schauspiel Köln setzte diese Geschichte als Totentanz der abtretenden Klasse um. Die Gesellschaft tanzte auf der sich drehenden Bühne immer im Kreis. Ein sehr passendes Bild dazu.

Kritiken der Anderen:
Kölner Stadt Anzeiger, Deutschlandradio Kultur,


Stolpern tut gut

10.05.2011

Vor dem Haus einer Freundin wurde ein Stolperstein verlegt. Dort in der Björnsonstrasse 1 hatte Erna Lustig gelebt, bevor sie von den Deutschen 1943 in Auschwitz ermordet wurde.
Um an Menschen wie sie zu erinnern, soll man / frau "stolpern".

Der Initiator der Stolperstein Bewegung ist der Künstler Gunter Demnig. Er startete die Aktion 1997 in Kreuzberg und diese hat mittlerweile einen Siegeszug durch Europa angetreten. In den Niederlanden, in Tschechien und in Österreich liegen Steine.
Nach der Verlegung wurde die Tote gewürdigt. Viele AnwohnerInnen waren zugegen.
Wer heraus bekommt, welche von den Deutschen Ermordeten in seinem Haus wohnten,  braucht sich nur beim Künstler zu melden. Stein und Verlegung kosten 95 Euro.

Kunst erradelt

08.05.2011

Ausflugswetter verführte uns zu einer Radtour in den Fläming. Wir fuhren mit der RE vom Bahnhof Zoo nach Bad Belzig. Ca. nach einer Stunde erreichten wir den Ort. Von dort führen Kunstwanderwege nach Wiesenburg. Wir wählten die Südroute.

Beim Bahnhof entdeckten wir das erste Schauobjekt und es folgten weitere im Gelände.

Jens Kanitz, Axis Mundi 2
Siegfried Krepp, Chronometrisches Relief
Marie-Christine Blomme, Sphären
Carsten Tarrach, Die Weiße Frau
Birgit Cauer, Flämisches Haus
Jost Löber, Gartenbild
Egidius Knops, Schwarzstorch
 Karl Menzen, Fünf Kuben
Der Weg war im Dorf Borne zur Hälfte geschafft. Wir kehrten im Kunsthof von Marion Mentel ein. Ein netter Platz mit vielen Schafen, deren Wolle zu Kunstwerken aus Filz verarbeitet wird. Getränke (Kaffee) gab es und frisch gebackenes Brot und Kuchen.

Danach fuhren wir weiter und übersahen irgendwie zwei Skulpturen, aber es gab ja mehr als genug.

Hannes Forster, Ruhende Brücke
Barbara Vandecauter, Porzellanbaum
Marion Burghouwt, Wölfe
Silke de Bolle, (K)uier(en)

Ute Hoffritz, Kapelle
Von allen Skulpturen habe ich mich am Meisten in die schwarz - weißen Kugeln mit Euter von Silke de Bolle verguckt. Leider fand ich zu den flämischen KünstlerInnen nur Links in Niederländisch. Schade.

In Wiesenburg besuchten wir den Blumenmarkt, doch uns stand der Sinn nach Bratwurst und Bier.
Zu müde, um auch noch die Nordstrecke zu bewältigen, fuhren wir auf der Bundesstrasse zurück. Der Verkehr war heftig und nervig.

Zum Abschluss speisten wir recht lecker auf der Terrasse des Burghotels Belzig. Der Ausblick von der Burg Eisenhardt ist eigentlich nicht zu bezahlen, die Sonne schien, es war warm, nur leider ging ein kräftiger Wind.
Ein RE brachte uns heim.

8 x Finnenkunst

03.05.2011

In einer Doppelausstellung war viel Finnisches in der Galerie Laine Art und dem Mastul zu sehen.
Die KünstlerInnen: Jussi M. Hukkanen, Ismo Hyvärinen, Leila Tanskanen, Irmeli Mäkilä, Maiju Heikkilä, Pekka Kokkonen und Ville Kamppinen.

Nach Reden und den Blumen für die Künstler spielten zwei Musiker von Satumaa auf.
Die Band nennt sich nach dem größten finnischen Tango Hit Satumaa (Märchenwald), 1962 gesungen von Reijo Taipale.
Sie ist regelmäßig in Berlin zu hören..

Die folgenden Werke haben mir besonders gefallen:

Irmeli Mäkilä, Serie It's Getting Ornamented, 2011
Ville Kamppinen, Gui, 2011
Leila Tanskanen, Schneemänner, 2011
Getränke und Kuchen gab es gratis dazu.

Mumin Vappu

01.05.2011

Auch ohne Augensterns Anwesenheit werde ich immer finnophiler. Da bei den FinnInnen die Walpurgisnacht oder Vappu beliebte Feiertage sind, war ich zu einer kleinen Feier eingeladen.
Der Gastgeber hatte Gutes aufgetischt.

Ich war der Erste, aber dann klingelte es an der Tür und viele merkwürdige Gestalten tauchten bei der Party auf. Die meisten waren sympathisch, nur mit den Hatifnatten, die nie ein Wort sagten, wurde ich nicht richtig warm.

Insgesamt war die Kaffeetafel jedoch gelungen.

Konzert in den Mai

30.04.2011

Das Radialsystem lud zum Maifest. Leider spielte das Wetter nicht mit, gemütlich mit einem Rotwein im Liegestuhl liegen und den auf der Spree vorbeiziehenden Dampfern nachschauen, war nicht drin.

Im Saal spielte jedoch Di Grine Kuzine auf. 1993 gegründet sind sie alte Hasen in der Klezmer Szene.
Diese weltliche jüdische Musik entwickelte sich in Osteuropa und wurde durch den Massenmord der Deutschen (Holocaust) fast ausgerottet.

Ab 1960 begannen Musiker sich aus dem riesigen Reservoir der aufgezeichneten Stücke zu bedienen. In der Folge kam es erst in den USA und später auch in Westeuropa zu einem Klezmer Boom. Auch heute noch spielen einige Bands diese gut tanzbare Musik.
Di Grine Kuzine tut dies professionell.




Alles Vorschriften

28.04.2011

Vatten Unfall ist einer der großen Absahner unter den europäischen Energieriesen.

Nach dem Zusammenbruch der DDR fing er an sich massiv in Deutschland einzukaufen. Heute gehört der Konzern zu den Big Five. Weil wir die Zeche zahlen, lieben sie die Atomtechnik.
Die Vattenfall, die ab und zu mal vergisst, einen Unfall in ihren Atommeilern zu melden, hat zur Imagepflege einen Kunstpreis gestiftet.
Dieser wurde in der Berlinischen Galerie an die Kanadierin Angela Bulloch vergeben. Sie lebt und arbeitet in Berlin und London.

In ihren oft multimedialen Installationen beschäftigt sie sich mit Ordnungssystemen. So zeichnete sie in der Berlinischen an Wände vergrößerte collagierte Grafiken von technischen und sozialen Satzungen, Regeln oder Beschreibungen.

Unter Anderem die ISO Norm für Papierformate oder den Verhaltenscodex der Cosa Nostra.
Leider zeigte sie nicht die Handlungsanweisung von Vattenfall, wie die Manager Unfälle in AKWs vertuschen sollen.

Aber dann hätte die Künstlerin wohl auch nicht den Preis erhalten.
Der Satz "... die Kunst geht nach Brot" wurde schon im 1772 geschriebenen Drama Emilia Galotti von Lessing ausgesprochen.
KünstlerInnen waren wohl schon immer gezwungen, die herrschenden Klassen zu bedienen, damit sie was zu beißen haben.

Augenstern und ich nutzten die Gelegenheit noch ein wenig die Bilder von Rainer Fettig anzuschauen, dem in der Berlinischen eine Werkschau gewidmet ist.
psycodelic east, 1990
Fummel, 1977
Beim anschließenden Büfett ließ sich Vattenfall nicht lumpen. Häppchen, Getränke und ein DJ wurden aufgeboten. Leider mussten wir früh ins Bett.


Strausse überfahren

23.04.2011

Wenn ihr von Berlin nach Nordosten mit der S-Bahn unterwegs seid, landet ihr in Strausberg. Ortsunkundige werden denken, hier auf eine Straußenfarm zu stoßen. Doch historisch ist der Name wahrscheinlich aus dem slawischen Wort  strutch abgeleitet, was Schote bedeutet und sich wohl von der Form des Straussees ableitet, an dem die Stadt liegt.
Viele Ortsnamen in Brandenburg sind von Slawen geprägt.

Wir packten unsere Fahrräder am Rathaus Steglitz in die U-Bahn  und nach 1x Umsteigen am Zoologischen Garten erreichten wir nach ca. einer Stunde den Bahnhof Strausberg Stadt.

Zuerst beradelten wir die Hauptstrasse und tranken auf dem Marktplatz einen Kaffee. Dann fielen unsere Blicke auf ein verfallendes Kino. Für Augenstern und mich ein Stich ins Herz. Hier in der Provinz zerstören die Großketten wie CineStar die kleinen Kinos.

Sonst ist die Stadt recht gut herausgeputzt. Die meisten Häuser sind restauriert. Es gibt sogar einen kleinen Bioladen.
Von der Seepromenade aus überfuhren wir danach den See von der Stadtseite zur Waldseite der Stadt.
Eine kleine Dampferfahrt.

Die Personenfähre brachte uns in ca. 10 Minuten auf die andere Seite des Straussees.
Die Station "Jenseits des Sees" ist ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge. Wir strampelten von dort aus nach Spitzmühle, einer zwischen zwei Seen gelegenen Landbrücke.

Wir passierten darüber den Kanal zwischen Fänger- und Bötzsee.
Den kleinen Hunger bekämpften wir in einem dort ansässigen Fischimbiss.
Das nebenan angesiedelte Restaurant Neue Spitzmühle ließen wir links liegen.

Links am Fängersee und am Grenzfließ Gamengrund entlang fuhren wir nach Norden. Es folgten weitere kleine Gewässer, bis der Weg langsam immer schlechter für Stadträder wurde. Eigentlich konnte man / frau nur noch wandern.
Eine Wanderkarte fehlte uns.

So verfransten wir uns ordentlich und erreichten die B 168 recht weit von unserem Etappenziel Prötzel. Vom Fahrrad durch den Wald schieben hatten wir jedoch genug. Leider gab es keinen Radweg und so waren wir ca. eine Stunde auf einer viel befahrenen Bundesstrasse unterwegs. Nicht sehr gemütlich.
Fahrradtouristen sind in diesem Teil Brandenburgs anscheinend unerwünscht.

Dann erreichten wir den Gasthof zur goldenen Kartoffel.
Wir setzten uns wegen des Sonnenscheins auf die Terrasse und genossen das leckere Essen.
Den Innenraum des Restaurants fand Augenstern zu kitschig eingerichtet.

Leider war der Rückweg nach Strausberg wieder nur über eine Hauptstrasse möglich.
So erreichten wir die Station Strausberg Nord. Diese ist die Endstation der S-Bahn Linie.
Wer nach Strausberg fährt, sollte wissen, dass es vier Haltepunkte in der Stadt gibt.

Müde, aber glücklich, fuhren wir heim nach Steglitz.