25.07.2012
Das Haus ist 1779 als eines der ersten Museen Europas errichtet worden. Hier stellten die hessischen Landgrafen ihr geraubten oder mit ausgepresstem Geld gekauften Kunstwerke aus.
1955 fand in diesem Haus die erste documenta statt.
Wie in vielen vor 1900 gebauten repräsentative Museen sind die Räume eher klein, aber in großer Zahl vorhanden.
Etwa siebzig KunstlerInnen waren hier ausgestellt.
Sehr beeindruckt haben mich die Geschichte und damit auch die Bildpostkarten von Korbinian Aigner. Der war Inhaftierter in Dachau und es gelang ihm in der Gärtnerei mehrere neue Apfelsorten zu züchten. Er überlebte die Mordmaschine.
Er hat in seinem weiteren Leben über Äpfel und Birnen in Postkartengröße gezeichnet.
Ein ganzer Raum war damit voll gehängt. Mir gefiel es sehr gut, dass die documenta einen der wenigen deutschen Widerstandskämpfer ehrte.
Sehr interessant fand ich auch das mit verschiedenen Materialien beklebte Bild vom US-Amerikaner Llyn Foulkes. Seine Kunst erschließt sich nicht schnell. In seinen Werken finden sich oft Einzelheiten, die widersprüchlich sind. Eine Mickeymouse in Frauenkleidern mit Gewehr sind zu erkennen.
Wir sehen eine Autobrücke über einer Müllhalde, die in eine Stadt übergeht, ein Mann schaut auf eine Mikrowelle, daneben liegt ein mumifizierter Affe. Links sitzt Jemand versteinert, der an einen australischen Ureinwohner erinnert.
Schön ist anders. Auch das ältere Ehepaar ist schonungslos gemalt.
Ästhetisch ansehnlich waren die stark traditionell orientierten Arbeiten des Kambodschaners Sopheap Pich.
Bambus ist sein bevorzugtes Material und das verarbeitet er virtuos. Die Gitter sind zart bemalt und wirken damit noch graziler und plastischer.
Ebenfalls stark durch ihren ethischen Hintergrund ist das Werk der Aborigines Warlimpirrnga Tjapaltjarri und Doreen Reid Nakamarra geprägt. Sie waren beide Mitglieder im Künstler Kollektiv Papunya Tula Artists. Ihre Motive sind aus Naturformationen abgeleitet.
Eine Wiederentdeckung sind die Teppiche der 1970 gestorbenen Schwedin Hannah Ryggen. Zu ihrer Zeit waren Webarbeiten noch in der Kunst gebräuchlich. Ihre Werke waren oft dezidiert politisch. Auf dem Wandbehang links beschreibt sie den Faschismus, wie er Menschen einsperrt und ermordet.
Die 1943 von den Deutschen in Auschwitz ermordete Künstlerin Charlotte Salomon war vor ihren Häschern nach dem vermeintlich sicheren Südfrankreich geflohen. Dort erfuhr sie vom Selbstmord ihrer Mutter. Das Leid darüber versuchte sie künstlerisch zu verarbeiten. Sie gestaltete das Singspiel "Leben? oder Theater?" und malte dazu 769 Gouachen (Wasserfarbenbild), von denen Einige zu sehen waren.
Nach gut drei Stunden waren wir von dem angebotenen Kunst fast erschlagen. So entschieden wir uns dafür uns nicht auch noch anzustellen. In der Rotunde wurde Spannendes geboten, doch wir hatten fertig. Zu sehen waren z.B. die Fotos der im Auftrag des Life Magazin arbeitenden Fotografin Lee Miller. Direkt nach der Kapitulation der Deutschen hatte sie in Hitlers Badewanne geplanscht.
Zu bestaunen waren auch die mysteriösen Baktrischen Prinzessinnen. Diese sind weniger als 20 Zentimeter groß und aus Speckstein gearbeitete Figuren. Sie wurden in dem zwischen dem Pamir und dem Hindukusch Gebirge gelegene Gebiet gefunden und entstanden vor ca. 3000 Jahren. Die KünstlerInnen und der Zweck der Figuren sind unbekannt. Baktrien war ein früher Kulturort.