Dieses Blog durchsuchen

Hanko und Tanzen

26.06.2010

Am Morgen schauten wir zuerst Hanko an, eine süße Kleinstadt am Meer.
Früher legten dort Fähren auch aus Deutschland an. Dass von hier, dem südlichsten Punkt Finnlands, Rostock zu sehen ist, halte ich für ein Gerücht.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts wanderten vom Hafen ca. 240.000 FinnInnen nach Amerika aus.
Da Hanko meist eisfrei ist, war es in der Geschichte immer ein beliebter Ankerplatz und ist ein Seebad.

Als wir losfuhren, schien die Sonne, deshalb hatten wir obenrum nur T-Shirts an. Leider lag Hanko im Nebel, es regnete und wir schlotterten vor Kälte.
So verließen wir das Auto nur wenig. 
Im Hafen konnten wir kaum das Meer sehen.
In der Kaimauer entdeckten wir diese kleine Ökotop.
Aus der Zeit, als Russen sich hier Sommervillen bauten, sind noch viele elegante Gebäude erhalten.

Am Strand fanden wir das hübsche Hangon Casino.
Es stammt aus der eleganten Zeit des Ortes und sieht heute noch so aus. Mit ein wenig Fantasie stellte ich mir vor, dass gleich russische Offiziere mit ihren Damen am Arm im Garten flanieren.

Drinnen war hauptsächlich der Blick nach außen interessant. Das Interieur wirkte zusammen gewürfelt und / oder verschlissen. Doch bei der schönen, großen Parkettfläche bekam ich wieder Lust auf Tanzen. Leider war der Kaffee kalt und schlecht.

Am Strand entdeckten wir dann diesen Mittsommer Baum.
So etwas gibt es eigentlich in Schweden. Wir waren aber in einer "schwedischen" Provinz.
In der Region leben viele FinnInnen, deren Muttersprache schwedisch ist.
Die über 600 Jahre andauernde Besetzung hat diese Minderheit hinterlassen. Deshalb sind hier sogar die Straßenschilder schwedisch / finnisch beschriftet.

Auf einem Platz in Zentrum stand diese Statue.
Diese war von der Fahrrad Fabrik Helkama gestiftet worden, die im Ort beheimatet ist.
Frierend verließen wir Hanko, um uns bei Harriet und Frank  für den Abend fein zu machen.

Die beiden fuhren mit uns zum Tanzen auf die Insel Skärlanet in ein Gemeinschaftshaus mit Namen Skärhalla. Um dorthin zu gelangen, mussten wir mit einer Autofähre zu der Ferieninsel übersetzen. Als Schiffsfreund erfreuen mich schon ein paar hundert Meter Distanz.

Das Tanzhaus selbst war klein. Nicht mit dem Pavi in Helsinki zu vergleichen. Mit höchstens zweihundert Gästen war es voll.
Aber auch hier spielte eine Band, die offensichtlich aus Eltern mit ihrem Sohn bestand. Der sang wie die Mutter.

Da viele TouristInnen anwesend waren, überwiegend mit geringer Tanzerfahrung, wurden eher anspruchslosere Stücke gespielt.
Dabei war sogar Letkiss, ein finnischer Modetanz, den ich bisher für schwedisch hielt.


Eigentlich stammt er aus den 60er Jahren, scheint aber ob seiner Einfachheit auch heute noch weltweit gerne getanzt zu werden.

Beim Haus befand sich noch ein Garten, wo Getränke und die finnische Bratwurst (Makkara) angeboten wurden. Im Haus war Essen und Trinken nicht erlaubt.
Hier draußen waren auch viele Familien mit Kindern anwesend, es war mehr ein Familienfest..

Ich musste natürlich die Bratwurst, vor der in allen Reiseführern gewarnt wird, probieren. Sie schmeckt so widerlich wie alle behaupten.
Bitte nicht nachahmen!
Nachdem wir uns ausgetanzt hatten, links seht ihr Harriet und Frank beim Schwoof, fuhren wir Heim nach Tammisaari.
Wir saßen noch eine Weile zusammen und besprachen unseren für den nächsten Tag geplanten Ausflug.

Raasepori Rundfahrt

27.06.2010

Diesmal setzte uns Harriet ins Auto, um uns ihre Heimat zu zeigen.

Zuerst schauten wir uns eine Ausstellung in Kunstmuseum Tammisaari an. Dies firmiert unter der Abkürzung  EKTA. Es ist in einem Ensemble aus Holzhäusern untergebracht.
Kim Simonsson hat allerlei Figuren aus der Mangawelt zu Skulpturen hergestellt.
Er will wohl auch erschrecken, der in die Scheibe geflogene Vogel erinnerte mich an einen Hitchcock Klassiker.





Taistelija, 2010, Keramik, Visier
Kymmenen käskyä, Keramik, I-Pod
Sotilas 2, 2009, Keramik
Keiju 2, 2010, Keramik, Gold

Im Anschluss besichtigten wir die in Holz gebaute Altstadt von Tammisaari und den Hafen.
So sollte nach meinen Vorstellungen die kleine nordeuropäische Stadt aussehen. Alle Gebäude haben den typisch roten Holz Schutzanstrich.

Der Hafen war natürlich fast nur noch mit Booten von Freizeitkapitänen belegt.
Wir pausierten mit Kaffee und Kuchen in einem Cafépavillon mit Blick auf die hübschen Schiffchen.
Wegen der 1300 dem Ort vorgelagerten Schären ist es bei Seglern sehr beliebt.
Wenn ich das Meer vor der Nase habe, bin ich schnell glücklich.
Auch diese Stadt war während der russischen Besatzung Badeort für die zaristischen Adligen.

Weiter gings zur Raasepori, der Burganlage, die der Gemeinde den Namen gab. Erwähnt wurde sie das erste Mal 1378. Sie schützte einstmals einen Fluß, der sich ein neues Bett gesucht hat und den Handelsweg der Waräger. 1553 wurde die Burg aufgegeben.

Da sie seitdem sich selbst überlassen wurde, stehen eigentlich nur noch die Grundmauern.
Treppen, Wehrgänge und Dächer sind später nachgebaut worden.
Aber die Anlage ist immer noch imposant.

Nach der Burg besuchten wir Fiskars. Der Ort ist seit 1649 ein Stahlstandort, an dem Messer und Werkzeuge geschmiedet wurden. In den 80er Jahren wurde hier die Produktion eingestellt und der Ort zu einem Tourismuszentrum umgebaut.

Davon waren auch reichlich vorhanden. Auf dem Parkplatz standen viele Reisebusse. Wir reiten uns in den Strom ein.
Neben einigen historischen Gebäuden und Stadtmöbeln existiert ein großes Fiskar Outlet Center. Dort werden die Werkzeuge und Küchengeräte der Company verkauft. Messer und Scheren verließen es in meinen Rucksack.
Das Stadtmöbel rechts war einmal eine Telefonzelle.

Einer der Gründe für den Fabrikstandort war der kleine Fluß auf dem Foto links. Mit Hilfe seiner Fließkraft wurden Wasserräder angetrieben, die die Maschinen zum Laufen brachten.
In einer Ausstellung im Fiskas Zentrum kann man / frau die Geschichte der Stahlverarbeitung auf Schautafeln betrachten.
Natürlich brauchte eine solche Fabrik auch eine Feuerwehr. Diese war in dem Haus hinter der Brücke untergebracht.

Neben einigen Galerien, die die Fantasie anregen sollten, bietet der Ort auch was für die Gaumen.
Wir suchten den Chocolate Room Petris auf. Genossen Kaffee und Torte und ich hätte mich am Liebsten durch das Trüffelangebot durchgefüttert.

Wieder ging ein schöner Ausflug zu Ende. Abends fuhren wir dann zurück nach Helsinki.

Auf dem Dampfer

28.06.2010



Am Morgen fuhren wir wieder mit der Bahn zum HBF. Von dort ging es zu Fuß zum Fährhafen.
Als wir dann mit dem Dampfer der Sunlines zu unser zweistündigen Tour aufbrachen, sahen wir zurück auf die Markthalle am Hafen.

Endlich stand eine richtige Schifffahrt an. Fast die ganze Zeit war ich am Wasser, aber nie richtig drauf.
Zuerst passierten wir Fähr- und Kreuzfahrtschiffe. Dieser Pott war die Serenade von der Silja Line. Am Kai lagen bestimmt acht so große Schiffe.

Wenig später bot sich uns dieser kolossale Blick auf die Skyline von Helsinki.
Der linke Turm ist vom evangelischen Dom, der rechte von der orthodoxen Basilika.
Überall ragten kleine Felsen aus dem Wasser, die sogenannten Schärengärten.

Sie bildeten bis zum 19ten Jahrhundert einen sehr wirksamen Schutz gegen Angriffe von See. Zusätzlich errichteten die Schweden eine Festung auf einer vorgelagerten Insel.
Suomenlinna heißt sie seit 1918.

Das Bild zeigt sie von der Seeseite, wir sahen nur die Rückseite. Wir waren aber auch keine Eroberer.
Als nächstes fuhren wir an der Insel Santahamina vorbei. Diese ist bei den Bewohnerinnen Helsinkis wegen der intakten Natur beliebt.

Dann umfuhren wir die Halbinsel Laajasalo.
Auf dem Teil mit Namen Jollas stehen viele Villen aus der Zarenzeit, meist wie in Finnland üblich, mit Saunahaus am See.
Nach 1900 entstanden hier Häuser nach Entwürfen von finnischen Stararchitekten.

Als sich dann ein kräftiger Mann vor uns setzte und wie ihr seht, der Dampfer sich schräg stellte, dachten ich typisch, diese übergewichtigen Finnen.
Leider fing er dann mit einem Bekannten an zu schwäbeln, schade, wenn sich Vorurteile nicht bestätigen.

Dann fuhren wir durch den Verbindungskanal zwischen dem Festland und der Halbinsel, um wieder in Richtung Stadt zu kommen.
Eine wildromantische Wasserstrasse.
Langsam kam die Rundfahrt zum Ende.


Wieder an Land entdeckte ich auf einem vietnamesischen Imbissstand Lachmöven, die darauf warteten, dass den TouristInnen das Essen aus der Hand fällt. Es wurde auf Plakaten sogar gewarnt, dass die Flugratten auch gerne mal Menschen angreifen, damit diese ihre Speisen fallen lassen.
Bisher kannte ich so freche Möwen nur aus Warmemünde, vielleicht sind sie ja über das Meer eingewandert.

Weiter zogen wir zum alten Kohlenhafen.
Hier liegen viele restaurierte historische Boote. Dort findet Mann / Frau Segel- und Dampfschiffe.
Mit der russisch- orthodoxen Kirche im Hintergrund ist der Platz sehr schön anzusehen.

Vom Hafen kommend schauten wir uns ein Wohnviertel an, in dem viele Gebäude um 1900 gebaut wurden.
Da Helsinki auf die gleichen riesigen Felsen gebaut ist, die überall im Hafen herumliegen und dort Schären heißen, ging unser Fußweg immer auf- und abwärts. Ein guter Platz, um Autojagden für Kriminalfilme zu drehen.
So hatten wir vom ersten Hügel einen guten Überblick über den besichtigten Hafen.

Im Stadtteil Kruununhaka gibt es fantastische Architektur aus Jugendstil und Art Deco zu bewundern.
Das Haus links im Art Deco Stil wurde sogar mit Blattgold verziert.
Die Gegend ist auch sonst netter als die Innenstadt.
TouristenInnen, wie wir, verirren sich nicht oft hier her und für die AnwohnerInnen gibts kleine Läden, Cafés und Restaurants.

Als wir die Pitkäsilta (Lange Brücke) überquerten, stießen wir auf das Restaurantschiff Flying Dutch. Irgendwie mag ich es, wenn Städte Ähnlichkeiten mit Berlin haben, hier empfand ich dies stark. Wir saßen an Deck, blickten aufs Wasser und schlürften ein Bier.

Weiter gingen wir die Seepromenade entlang, um zu unserem für´s Abendessen vorgesehene Restaurant zu gelangen. Dabei beobachteten wir, wie Bullen Männer, die grillten, ansprachen. Pigs machen sich wohl auf der ganzen Welt gerne wichtig.

Ein paar Meter weiter sahen wir dieses junge Pärchen beim Picknick mit Baby am Innenstadtstrand.
Das sieht doch idyllisch aus!
Helsinki ist teilweise wild romantisch.
Zu mindestens im Sommer ist es dort recht nett.

Den Rest des Abends verbrachten wir im Ravintola Juttutupa. Seit 1908  geöffnet ist es innen recht groß, durchaus auch für Veranstaltungen geeignet, Konzerte waren auch angekündigt.
Es besitzt eine geräumige Terrasse und wir genossen dort die Sonnenstrahlen.
Ich aß lecker Fisch.
Leider musste ich feststellen, dass das dazu passende alkoholische Getränk im Restaurant ziemlich teuer war.


Fünf Euro für 0,1 Liter weißen Hauswein ließen mich nachvollziehen, weshalb die FinnInnen gerne einen Flachmann dabei haben. Aber Wein aus einem Flachmann?

Letzter Tag und Abschied

29.06.2010

Diesen Tag fuhren wir mit dem Bus in die Stadt.
Wir stiegen im nördlich der Innenstadt gelegenen Stadtteil Hakaniemi aus. TouristenInnen sind hier kaum unterwegs. Spannendes war hier zu sehen.
In der ehemaligen Fabrik (links) befand sich eine hübsche Bar.
Auf dem Hakaniemen Tori, wie der Marktplatz des Stadtteils heißt, befindet sich die Hakaniemen Kaupahalli, eine fast nur von FinnInnen frequentierte, bezaubernde Markthalle.
Wieder ein Industriearchitektur- Kleinod in Backstein.
In der unteren Etage wird meist Frischware angeboten, viel leckerer Fisch und dem Klima geschuldet wenig Sorten frisches einheimisches Obst und Gemüse.

Die obere Etage war mehr den Kurzwaren vorbehalten. Finninen sollen Handarbeiten lieben, der lange Winter lädt dazu ein, so gab es viele Stände mit Stickvorlagen und Wolle.
Hübsch war auch das Café anzusehen.

Als wir wieder draußen an einem der Stände auf dem Marktplatz Kaffee tranken und leckere Pulla (Zimtschnecke) aßen, fotografierte ich die beiden Möwen beim Melone futtern. Der Genuss von Gemüse und Obst tut wohl nicht nur dem Menschen gut.

Urheber: Jyri Lehtinen
Um die andere Seite der Stadt zu erreichen, nutzten wir diesmal die Metro.
Die Station Hakaniemi liegt gleich bei der Markthalle.
Angst sich groß zu verfahren, wie in Berlin, braucht man / frau bei der einzigen Linie nicht zu haben. Nach kurzer Zeit erreichten wir die östliche Endstation Ruoholahti.

Weil sie Gewässer und Felsbrocken unterqueren muß, ist die U-Bahn dreißig Meter tief gebaut.
Wo ich normalerweise aus Fitness Gründen gerne mal Treppen laufe, verzichtete ich hier und war froh, dass die Rolltreppe durchhielt.

Wir stiegen in einem von Neubauten geprägten Gebiet aus. Hier standen früher  Industriegebäude im roten Backsteingewand.
Jetzt gibt es einen schicken Jachthafen, Wohngebäude und Einkaufszentren. Hightech Unternehmen haben hier ihre Firmensitze errichtet.
Mittendrin gab es aber auch mal hübsche Kunstwerke.

Vielfach ist die Architektur ebenfalls sehr sehenswert.
Direkt am Hafen sahen wir diese Konstruktionen, die den Firmensitz von F-Secure beherbergt. Ich kannte die Antiviren Software der Firma, wusste aber nicht, dass das F für Finnland steht.
Wenig später erreichten wir unser Ziel, Kaapeli. Eine restaurierte alte Kabelfabrik, in der sich ein riesiges Kulturzentrum befindet.
Im Komplex finden sich Galerien, Übungsräume, Ateliers, Theater, usw.
Im Vordergrund seht ihr einen Container, in dem eine riesige Camera Obscura eingebaut war.
So kam ich in den Genuss Dora und ihre Umgebung kopfstehend zu betrachten.

Wir strebten danach erstmal ins Café.
Auf dem Weg dorthin begegnete uns in der Eingangshalle eine Gruppe Kinder, die wohl zu einem Workshop geleitet wurde.
Das Café selbst war natürlich auch Kunst.

Mit unserem Kaffee begaben wir uns auf die Terrasse, die Sonne und der Blick aufs Wasser luden uns ein.
Meer und Himmel waren so blau wie niemals vorher.
Ich glaube, Finnland wollte mir zeigen, wie schön es ist, und sagen, komm wieder. 



Auch die Möwen wirkten etwas bedrückt.
Am nächsten Morgen flogen wir heim nach Berlin.


RESÜMEE

Der kleine Teil des Landes, den ich sehen durfte, gefiel mir überwiegend gut.
Die FinnInnen, die wir besuchten, waren sehr gastfreundlich.
Besonders gefallen hat mir, dass Kinder und Kunst stark im Fokus des Staates stehen.
Und auch die "einfachen" FinnInnen lieben es hübsches Design in ihre Wohnung zu integrieren.
Das einzig Negative im Land waren die Mücken für mich. Obwohl ich mich meist in der Nähe des Meeres aufhielt, nervten sie. Im Landesinneren mit seinen tausend Seen, die ca. 18% der Gesamtfläche ausmachen, muß es die Hölle sein.
Zum Glück gibt es sie im finnischen Winter nicht, jedoch muß man / frau sich da, glaube ich, sehr warm anziehen.