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Verrückte Künstler

12.08.2013

Dass der Grad zwischen Kunst und Wahnsinn schmaler als zwischen Normalos und Wahnsinn ist, zeigt das Schicksal viele KünstlerInnen.
Doch auch einige psychatrisierte Menschen, ohne künstlerische Vorbildung, entwickeln den Drang sich kreativ auszudrücken. Schon um die Wende zum 20. Jahrhundert erkannte der Psychiater Hans Prinzhorn dieses Potential bei seinen Patienten.
Doch es gibt logischerweise auch viele KünstlerInnen, die in der Klinik landen.
Eine solche präsentierte die Galerie ArtCru, die sich auf Kunst von Irren spezialisiert hat.
Jutta Jentges studierte Kunst in Nürnberg, stellte viel in der Bundesrepublik aus, bis sie in eine persönliche Krise geriet. Seit 2005 mied sie die Öffentlichkeit und war auch bei der Vernissage leider nicht persönlich anwesend.
Neben ihren Assemblagen aus bemaltem Holz und Metall, schreibt sie Gedichte und psychiatriekritische Aufsätze.

Bei der Eröffnung
Das Auge des Baumes
Flieg Engel, Flieg
Blaue Rose
Frau mit Trichter
Sehnsucht
Danach draußen vor der Tür

Mir gefielen die ausgestellten Arbeiten gut.
Schön war auch die Zeit nach der Bildervorstellung. Draußen im Zelt gab es günstig Wein und so weiter und Kürbissuppe gegen Spende. Die Vernissagen in der ArtCru sind bezaubernd.

Bye, Tanas, bye, bye

07.09.2013

Die letzte Vernissage in der Galerie Tanas vor der Schließung. Sie versucht uns Deutschen seit 2008 die türkische Kunstszene nah zu bringen.
Das Wort TANAS ist ein Anagramm von Sanat, dem türkischen Wort für Kunst.
Die Ausstellung The Unanswered Question - İskele 2 präsentierte eine Auswahl der Werke, die auf der Biennale in Istanbul zu sehen sind. Sie ist eine Wiederauflage der Nummer 1, die vor zwanzig Jahren in Deutschland stattfand und die erstmals die Augen der Kunstinteressierten für die Szene Türkei öffnete.
Ein Teil der Werke von Iskele 2 wird parallel in der Galerie des Neuen Berliner Kunstvereins gezeigt. Dort fand auch das Fest zur Vernissage statt, doch dazu später.
Arbeiten, die wir in Tanas spannend fanden, stellen wir euch vor.

Enough ?, 2013
Wie meist bei großen internationalen Kunstausstellungen war natürlich eine Finnin dabei.
Maaria Wirkkalas Installationen hatten mich schon in der Weserburg in Bremen beeindruckt.
Dort hatte sie hunderte kleine Plastiktiere in Richtung Arche Noah marschieren lassen.
Hier hat sie ein ehemaliges Klo in einen Fixerraum umgestaltet.
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Adel Abidin, Ping-Pong, 2009
Zur Situation: Alles ist wie bei einem Tischtennisturnier, zwei Spieler, eine Platte und eine Gruppe Schiedsrichter, nur anstatt des Netzes liegt eine Nackte auf dem Tisch. Doch sie ist kein toter Gegenstand, bei jedem Treffer hört man / frau ein leises Jammern und es entsteht ein Bluterguss. Das Video ist verstörend aber sehr klug.
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Olaf Menzel bedruckt Aluminiumfolien und zerknautscht sie anschließend. Beeindruckende großformatige Arbeiten.
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Pravdoliub Ivanov,
Fary tale device crashed, 2013
Der Künstler stellt die Situation nach, wenn ein nach einem Regenguss vereister fliegender Teppich mit hoher Geschwindigkeit auf ein Wand trifft. Nicht übel!
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Dieses Werk der Künstlerin fügt beide Seiten der Welt mit dem Mittel von gerundeten Drahtbügeln zusammen. Auf der anderen Seite hängt ein Plastikbeutel.
Wer dabei an Umweltprobleme denkt, liegt wohl nicht falsch.
Mona Hatoum, United, 2011
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Gespräche nach der Vernissage.

Danach zogen wir weiter zum Neuen Berliner Kunstverein an der Chausseestraße. Dort waren im Hof Biertische aufgebaut und es gab Speis und Trank. Die Temperatur war mild und so ließen wir uns nieder. Wir aßen Merguez und tranken Roten, bis wir keine Lust mehr hatten, den anderen Teil der Ausstellung anzusehen. Das müsst ihr selber tun.

Das Copyright für alle nicht ausgezeichneten Fotos liegt bei Irmeli Rother

Garcia Marquez im Morgenstern

06.09.2013

Manchmal ist es nett, besonders wenn die Liebste von der Arbeitswoche müde ist, am Freitag eine kleine Veranstaltung um die Ecke vom Zuhause zu besuchen. Leider findet sich jn Steglitz in dieser Beziehung sehr wenig.

Ab und zu bietet das Antiquariat Morgenstern Entsprechendes.
Diesmal las dort Matthias Blume aus dem Band „Zwölf Geschichten aus der Fremde“ von Garcia Marques und Adriana Balboa spielte Stücke des Komponisten Máximo Diego Pujol, der durch die Geschichten inspiriert wurde.

Die Geschichten sind in Spanien angesiedelt und haben eine Tendenz in Richtung Grusel. Da steigt z.B. eine Frau in einen Überlandbus und endet ausweglos in der Psychiatrie.
Die Veranstaltung entwickelte sich gut, wir genossen dabei Roten und die Mitarbeiter freuten sich.


Kunstgericht

31.08.2013


Oh, meine deutschen Blutsbrüder und - schwestern! Das ihr euch vor Fremden fürchtet, zeigt jede neue Umfrage mit den Werten zum Rassismus und Sozialdarwinismus. Da müsst ihr natürlich Fremden den Zutritt verbieten, aber muss das auch noch streng sein und meint ihr, dass die Fremden bei streng sich mehr an eure Anweisungen halten. Macht ihr euch damit nicht einfach nur lächerlich?

Doch wir waren zum Atelierbesuch in die Gerichtshöfe im Wedding geladen und da das Schild nicht ganz neu war, ignorierten meine Liebste und ich es.

So stiegen wir die Stufen hinauf und hinunter, besuchten diverse Ateliers.

Überall konnten wir KünstlerInnen anschauen und die frische Farbe riechen.
Bei Kate Schneider sahen wir viel Meer und Schiffe.
Ich liebe die Wellen und den Schrei der Möwen.
Die Bilder transportierten das nicht schlecht.
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Die abstrakten Arbeit von Lutz Müller sagte mir zu.
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Arryn Snowball zeigte spannendes Gefalltetes
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Nikolai Kraneis malt traditionell, aber das Ergebnis gefällt mir.
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Matthias Rühl gestaltet mit Fotos, Papier und mit Pinsel Collagen.
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In der Arbeit "Allerseelen" verarbeitet Uschi Leonhardt ungewöhnliche Materialien, diesmal Schmetterlingen zu einer Robe. Auf den Schmetterlingsflügel sind die Namen von Verstorbenen geschrieben.
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Die Jungs auf der Zeitungskiste sind ein Werk von Sibylle Gädeke.
Ihre Arbeiten sprachen mich an.
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Katja Sehl zeigte Materialcollagen. Schöne Kunst. 
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Heike Roesner kannten wir aus Friedenau, sie gestaltet Figuren aus Pappmaschee und bemalt sie. So entsteht bezauberndes.
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Barbara Landbeck ist auf Prominente mit Tier aboniert.
Hier ist es mal Beatrix Potter, eine englische Kinderbuchautorin.
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Reinhard Haverkamp hat es mit Fahrrädern und Rad Einzelteilen.
Diesmal Narben und Speichen.
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Monika Ortmann nutzt aus Zeitungen hergestellte Schnüre für ihre Ketten.

© Anton Milagros
Das Spannendste was uns an diesem Abend unter die Augen kann waren die Fotografien von Anton Milagros.
Seine Arbeiten erinnert mich an Herbert Tobias, was keine Herabsetzung, sondern hohes Lob bedeutet. Tobias fotografierte Mode und für Schwulen Magazine. Er starb 1977 viel zu früh an AIDS.
Milargos fotografiert Mode, die Queer Szene und Momente des Stadtlebens.

© Anton Milagros
Der Queer Riot Club beschrieb ihn als:
- geboren in Sanktpetersburg
- Weltbürger-Fotograf
- Er hat das Auge den besonderen Moment für die Ewigkeit fest zu halten!
Ein größeres Lob kann man / frau einem Fotografen kaum machen.

Das Copyright für alle nicht ausgezeichneten  Fotos liegt bei Irmeli Rother.

Mörder als Vorleser

27.08.2013

Ich wollte mal wieder eine mir unbekannte Lesebühne kennenlernen. Die Brutusmörder lasen in Neukölln im Kulturklub ORI nah beim Hermannplatz. Mit G. flezte ich mich in Sessel, trank Roten und lauschte den Autoren.
Jeder / Jede las in den zwei Aufzügen je ein Mal.

Erst einmal betrachteten wir jedoch die aktuelle Ausstellung von Elisa Bortolussi - “Thea Kuta Collection”. Die Arbeiten erinnerten uns optisch ein wenig daran wie man / frau die Welt durch ein Kaleidoskop betrachtet.
Sie bestehen jedoch aus farbigen Fäden, die auf einen Drahtstern gewickelt sind.
Was so entstand, ist sehr ansehnlich.

Von den fünf Mördern waren jedoch nur drei anwesend. Michael-André WernerGeorg Weisfeld, und Saskia Jaja stiegen in den Ring, besser gesagt setzten sich an die Nähmaschine.
Von den Dreien gefielen mir nur die Geschichten von Frau Jaja gut.
Eine Lesegästin vom quEAR FestivalJoey Juschka, zeigte allen wie spannende Kurzgeschichten geschrieben sein sollten.
Nach der Hör-Kultur zogen wir noch ein wenig trinkend durch die Weserstraße.

DIE BRUTUSMÖRDER

Agnieszka
Dębska
Johanna von Stülpnagel
Saskia Jaja
Georg
Weisfeld
Michael-André Werner

Dodo Open Stage

16.08.2013

Eigentlich war das Wetter für viel zu gut für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen. Ich wollte auch nur auf dem Weg nach Hause einen Wein vor dem Dodo trinken. Doch dann wurde ich animiert herein zu kommen, um den KünstlerInnen auf der Bühne zu lauschen.
Jeden Freitag findet in der Kellerkneipe Open Stage statt.
Das Wappentier der Kneipe stammt aus Neuseeland.

Neben besser nicht zu erwähnenden MusikerInnen gefielen mir drei Auftritte gut.

Abhyudaya sind ein junges Duo, spielen beide Gitarre und singen.
Sie sind vielleicht noch nicht ganz abgehangen, aber schon sehr eindringlich.
© by Heike Scholz
Pianlola besteht aus einem argentinischen Pianisten und einer Berliner Sängerin. Lola trägt Lieder der zwanziger Jahre, teilweise mit aktualisierten Texten, vor. Das tat sie witzig und genial.
Die Jazz Sängerin Katharina Lehmann tritt sonst mit ihrer Band KATHAKOMBO auf.
Aber auch mit Klavierbegleitung kann sie es.

Der Zufall hatte mir einen musikalisch gelungen Abend beschert.

Im Keller

14.08.2013

Die neuen spannenden Plätze sprießen in Neukölln aus dem Boden wie die Pilze nach dem Regenguss.
Die Keller Klänge finden im zweiten Hinterhof beim U-Bahnhof Rathaus Neukölln statt. Als wir dort pünktlich ankamen, verkündete uns ein junger Mann, dass der Laden noch nicht auf ist.

Und überhaupt beginnen die Konzerte immer später?!
So nutzten wir die Zeit im netten kleinen Japanischen Restaurant Tabibito einen Imbiss einzunehmen. Das gibt es schon seit 1990, damals wussten wohl nicht viele Deutsche was Sushi bedeutet. Außerdem war Neukölln zwar schon ein Problem Bezirk, aber noch nicht als solcher zeitungsbekannt. Und Nordneukölln war das rechte Gegenteil von Hip.
Doch der kleine Japaner entwickelte sich schnell zu einem Geheimtipp. Heute könnte das Lokal zehn mal so groß sein und es wäre immer noch schwierig einen freien Platz zu ergattern. Wir hatten jedoch Glück.

Wieder beim Keller zahlten wir einen kleinen Eintritt und betraten den Underground.
Hier erwartete uns die für viele neuköllner Kneipen typische trashige Atmosphäre, gepaart mit einer guten Portion Phantasie. Irgendwie wirkt alles unfertig, aber auch bezaubernd.
Teilweise echt genial.

Oben rechts im Bild an der Gitarre Bob Longstaff, der Musiker, wegen dem wir gekommen waren. Er ist ein Soul / Blues Musiker, der sich in Berlin einen guten Ruf erspielt hat.
Doch erst hieß es warten, denn teilweise herrscht im Bezirk die Regel, Konzerte die um 21 Uhr angekündigt sind, beginnen nie vor 23 Uhr.
So hatten wir noch genug Zeit zu schwatzen und Getränke zu konsumieren, was den Gastwirt freut.
Doch die Preise waren sehr zivil.

Die Verzögerung nutzte ich, um die Innenarchitektur zu bewundern und zu knipsen.
Bei der Lampe, die ich in einer Nische entdeckte, war ich mir nicht sicher, ob sie ein Vorleben in einer Erotik Bar hinter sich hatte oder ob sie frisch von Wollterroristen gebastelt war. Witzig war sie auf alle Fälle.

Bemerkenswert ist auf alle Fälle das Klo.
Zuerst muss man / frau sich auf die Unisex Variante einstellen. Für Mischwesen sicher angenehm, dann entfällt die Entscheidung, doch wer damit Schwierigkeiten befürchtet, sollte besser wenig trinken oder die umliegenden Kneipen aufsuchen.
Für eine Kneipentour mit Mama und Papa aus Posemuckel ziemlich sicher nicht das Richtige.
Ich war zufrieden und empfehle den Club und die Konzerte immer mittwochs.

Im Folterkeller

11.08.2013

© Johannes-Kramer
Nachdem die Mehrheit der Deutschen den Führer an die Macht gewählt hatte, wurde die Prügel- und Mordtruppe Sturm Abteilung der NSDAP in die Polizei integriert. Mit staatlicher Legitimität ausgestattet bezog eine Abteilung Quartier in einem Kasernengelände am Bahnhof Papestraße (heute Südkreuz).

Die Aufgabe dieser Spezialabteilungen waren politische GegnerInnen zu verhaften, zu foltern und mit diesem Terror Widerstand zu brechen. Dies überließen die Herrschenden erst später der "normalen" Polizei, nachdem politisch unzuverlässige Elemente aus ihr entfernt waren.

Die Sondereinheit in der Kaserne bei der Papestraße bewegte sich mit den Quälereien an den Gefangenen sicher nicht auf rechtlich korrektem Terrain.Trotzdem wurden die Folgen der Folterungen im Polizei Krankenhaus von Ärzten genau protokolliert. Die Befunde sind einsehbar.

Werner Ilberg zeichnete Erinnerung
Ob man den Häftlingen den Schädel eingeschlagen hat oder ob sie tot getreten wurden, alles ist ordentlich dokumentiert.
Wer jetzt meint, dass dieser Terror versteckt geschah, liegt falsch. Das Kasernengebäude lag auch damals in einem viel frequentierten Industriegebiet, so dass die Schreie der Opfer gut zu hören waren.

© Harry Weber
Aber dies war ja wohl auch zum Teil der Zweck. Die Folterer waren sich wohl sicher, dass sie nicht belangt werden.
Leider behielten sie überwiegend recht. Die Nachfolgestaaten DDR und noch mehr die BRD zeigten kaum Interesse die Täter zu verfolgen.

Dazu passt gut, dass das SA Gefängnis Papestrasse, mehr aus Zufall, der einzige noch erhaltene Gedenkort des Terrors der NSDAP ist.
Im Haus befinden sich Wohnungen und der Folterkeller wurde lange als Mieterkeller genutzt. Er wurde nach der Nutzung durch die Sonderpolizei kaum baulich verändert. So blieben sogar Wandzeichnungen der Häftlinge erhalten.
Nachforschungen von Anwohern brachten es ans Licht, dass sich im Keller einstmals ein Polizeigefängnis befand. Erst 1992 konnte ein Zeitzeuge dessen Existenz bestätigen.

2011 wurde dann der Gedenkort eröffnet. An jedem Sonntag um 14:00 Uhr findet dort eine kostenlose Führung statt. Bei der Teilnahme erfuhren wir viel über die Geschichte des Ortes.

Als wir heim radelten, machte wir einen Zwischenstopp in der Gartenwirtschaft Süden am S-Bahnhof Priesterweg. Die ist ein lauschiger Ort am Südgelände Park.
Angeboten werden ausschließlich BIO Speisen und Getränke.
Bei leckerem Weizen ließen wir im Garten den Tag ausklingen.

Das Copyright für die meisten Fotos liegt bei Irmeli Rother.