Dieses Blog durchsuchen

Mit Tandem durch Dada

25.09.2016

Wir verbanden den Besuch von Dada Afrika in der Berlinischen Galerie mit einer intellektuell anspruchsvollen Führung.

Der Kurator Dr. Ralf Burmeister und Dr. Natasha A. Kelly, Kommunikationswissenschaftlerin
und Soziologin mit den Forschungsschwerpunkten race und gender verwiesen im Tandem auf unterschiedliche Aspekte von Dada.
Bei einer Ausstellung mit dem Titel "Dada Afrika, Dialog mit dem Fremden" ist eine Betrachtung  der deutschen Kolonialgeschichte ja förmlich geboten.
Frau Kelly brachte das ein.

Vom Kurator wurde zum Anfang darauf hingewiesen, dass sich bei fast allen Dada KünstlerInnen direkte Einflüsse aus den Werken zu sehen sind, die damals in den Völkerkunde Museen zu bewundern waren. Zu dieser Zeit reifte langsam die Erkenntnis, das Masken und Skulpturen der Fremden Kunst sind.
Besonders die Kunsthändler freuten sich darüber, dass die geraubten und "abgehandelten" Stücke einen höheren Verkaufswert erlangten.

Trotzdem einige Dadas nicht unpolitisch waren, war ihre Aneignung der afrikanisch / polynesischen Kunst keineswegs ein antikolonialer Akt.
Sondern sie waren von den fremden Formen begeistert und bauten diese in ihre Kunst ein.
Insofern ist auch der Untertitel der Ausstellung nicht richtig, den einen Dialog mit den Fremden gab es bei Dada nie. Auch sie benutzten das Geklaute nur für ihre Zwecke.

Trotzdem ist die Ausstellung sehr interessant, bisher war der Zusammenhang Dada - Afrika kaum bekannt.

Ein wenig Kunst paßt nach der Berlinischen noch in unseren Kopf. So besuchten wir an der Möckernstraße eine Verkaufsausstellung der Enter Art Foundation. Diese fand in einer heruntergekommen Fabriketage mit dem etwas großmäuligen Namen Orenstein und Koppel lofts statt.
Malende Facebook Freunde, Sabatino Cersosimo und Jill Tegan Doherty, hatten mich eingeladen. Deren Bilder schaue ich mir gerne immer wieder an.
Wir entdeckten aber auch noch andere KünstlerInnen.


Tabitha Rab
Die Verabreichung
2016
Cem Ulug
The Veteran
2014

Tyrone Richards
Untitled
2016


Alle Fotos Irmeli Rother

Abstrakte Fotografie?

23.09.2016

Eine der uns liebsten Fotografinnen aus Berlin ist Silvia Sinha. Sie zeigte in der Carpentier Galerie Arbeiten unter dem Titel "Abstraktion des Raumes". Dieser erschien mir etwas gewagt, denn die Fotos von Fr. Sinha zeigen reale Räume. Abstraktion bedeutet in der Kunst das Gegenteil von der Abbildung realer Wirklichkeit. Angenommen wird, dass die abstrakte Malerei und Skulptur eine Reaktion darauf war und ist, dass die Fotografie deren Aufgabe der Wiedergabe der Wirklichkeit übernommen hat.

Nun weiß man / frau inzwischen, dass zwischen der Wirklichkeit und dem Foto das Auge des / der FotografIn steht. Spätestens seit dem Man Ray eine ölverschmierte Nackte neben Maschinen abbildete, ist klar, dass Fotografie auch Kunst sein kann.

Trotzdem sind für mich Fotos nur im künstlerischen Sinne abstrakt, wenn das Fotomaterial direkt bearbeitet wird.
Wenn Silvia Sinha ihre Fotoserie von realen abfotografierten Räumen also abstrakt nennt, meint sie wohl eher Abstrakt im wissenschaftlichen Sinn.

Sie reduziert die Räume auf das für sie Wesentliche. Das bedeutet, dass der Raum zwar ein Raum ist, aber jedoch an den Durchbrüchen Schatten produziert und Farbnuancen zeigt.
Leider schafften wir es nur zur Finissage der Ausstellung, aber ich empfehle euch ihre Fotos im Internet zu betrachten.

Alle Fotos Irmeli Rother

Über den Bäumen ...

18.09.2016

Foto: DFG
Die Deutsch-Finnische Gesellschaft aus Berlin bietet regelmäßig Ausflüge ins Umland an. Zu den Mitreisenden gehören immer viele D/F Paare. Meine Lebensabschnittpartnerin kommt aus dem dünn besiedelten Land im hohen Norden und so bot es sich an die Reise zum Baumkronenpfad Beelitz-Heilstätten mitzumachen.
Viele BerlinerInnen kennen Beelitz nur als Spargelstadt und als Eingangstor zu der "Bergwelt" des Naturparks Hohen Fläming.

Google Maps
Doch nordwestlich der Stadt befindet sich eine ehemalige Großklinik, die zwischen 1900 und 1930 in die Natur gebaut wurde. Der damaligen Behandlungidee entsprechend wurden die Lungenkranken PatientInnen in gute Luft möglichist außerhalb der Städte verbracht, auch um Ansteckung zu vermeiden.
Wir erreichten das Gebäudeensemble nach einer kurzen Reise mit dem Regionalexpress und einem Spaziergang vom Bahnhof.

Daneben entstanden weitere Sanatorien, alle in der zur damaligen Zeit modernsten Technik gebaut.
In den letzten Tagen vor der Niederlage der deutschen Kriegsverbrecher, versuchte die Wehrmacht noch von Westen einen Durchbruch nach Berlin. Als dieser von der Roten Armee zusammengeschossen war verschanzte sich die flüchtende deutsche Armee auch in den Heilstätten und dies war für massive Schäden verantwortlich.

Nach der Befreiung nutze die Rote Armee das Gelände bis 1994 als Hospital für Soldaten.
Die noch funktionstüchtigen Teile setzte sie instand, aber was zerstört war wurde nicht wiederaufgebaut.
Leider stehen heute fast alle der architektonischen Glanzlichter leer und verrotten.

Das liegt unter anderem daran, dass das Gelände nach der Einverleibung der DDR 1995 in die Hände des mit der brandenburgischen Regierung verbandelten Investitionsbetrügers Roland Ernst fiel. Seit dem, sein von der Presse bejubeltes Immobilien - Kartenhaus zusammenfiel, passiert in den Heilstätten fast nichts mehr.

Um den morbiden Charme der Gebäude in Szene zu setzen wurde über einem Teil des Geländes ein stählener Baumkronenpfad gebaut.
Baumkronenpfad ist eine unpassende Bezeichnung. Normalerweise dient eine solche Einrichtung der naturkundlichen Bildung, in dem BesucherInnen das Leben in den Baumkronen gezeigt wird.
Doch zerfallende Gebäude sind auch charmant. Es werden auch Führungen durch diese angeboten.

Nachdem wir einem Obolus von 8,5 Euro entrichteten, fuhr ich mit dem Fahrstuhl auf die oberste Plattform.
Von oben bot sich von dem mehreren hundert Metern langen Pfad ein guter Überblick über die zerfallenden Gebäude.
Auf einem Haus wuchsen Bäume.

Der Komplex war für meine liebste finnische Fotografin ein echter Zaubergarten. So viele Motive von zerfallenden Gemäuern finden sich selten so konzentriert.
Im Anschluss an den Rundgang wollten wir zusammen speisen und besuchten das ehemalige Pförtnerhaus der Heilstätten.
Es ist hübsch restauriert und verfügt über einem Biergarten. Leider ist das Essen schlecht, also lieber Brote mitnehmen und im Pförtnerhaus nur Getränke geniessen.

Alle Fotos ohne Bildunterschrift: Irmeli Rother

Bai, bai Laibzisch

09. - 11.09.2016

Zum Ende des Arbeitseinsatz besuchte mich meine Liebste noch mal in Leipzig. Ich hatte inzwischen die Unterkunft gewechselt. Diese bot leider nur Ausblick von vierten Stock, war aber sonst hervorragend in Schuss.
Wenn ihr mal eine gute Ferienwohnung in Leipzig mieten wollt, gebe ich euch gerne die Telefonnummer des Besitzers.
Das Quartier, die Neustadt, wird von der Eisenbahnstraße geteilt, laut Medien die kriminellste Meile der BRD. Ich empfand jedoch keine Angst, zehn Jahre in Nord-Neukölln hatten mich in dieser Beziehung abgehärtet. Und so ein paar Kriminelle sind mir lieber als widerliches Nazipack.

Bei einem kleinen Straßenfest mit Kinderprogramm in einer Seitenstrasse der gefährlichsten Straße Deutschlands lernte ich eine frisch zugezogene Kölnerin kennen, die mir ein paar Tipps für nette Orte im Kiez geben konnte.

FREITAG

Copywrite Restaurant Tenne
So probierten wir am Freitag das Restaurant Tenne. Das ist in einer Remisse eingerichtet, urgemütlich und bietet neben Speisen einen bezaubernden Biergarten.
Sicher kein Gourmettempel, zum Hunger stillen aber ein schöner Ort. Hierhin führt der / die Leipziger StudentIn auch gerne die besuchenden Eltern.

SAMSTAG


Mit dem Rad fuhren wir Nachmittags zur Karl-Liebknecht-Straße.

Wir schlenderten die Festmeile entlang, die viele Kneipen und Restaurants als Anlieger hat. Zuerst besuchten wir den Flohmarkt in der Fabrikruine, der ehemaligen VEB Feinkost Leipzig.
Bei der Feinkostgenossenschaft gab es viel Spannendes zu sehen und zu kaufen.

Beim Rundgang durch den Kiez verführte ich die Liebste in die Eisdiele Pfeifer. Diese entdeckte ich schon während einer Fahrradtour ein paar Wochen zuvor.. Das Geschäft existiert schon seit 1953, und präsentiert sich im besten DDR Design.
Das Eis ist gut, mit viel Frucht darin. Anders als der Chemiemüll, den die überall aus dem Boden schießenden "italienischen" Eisdielen anbieten.
Doch richtig gut, wie bei Marille und Vanille aus Berlin ist das Eis nicht.

Wieder auf der Karli entdeckten wir die Galerie Süd. Sie zeigte Fotos zu verlassenen Orten von Daria S. Diese bietet auch Touren durch Ruinen an, wo Mutige nach Herzenslust knipsen können.
Mir persönlich waren die Fotos von Daria S. jedoch zum Teil zu stark nachträglich koloriert.

Als sich die Straße langsam mit BesucherInnen füllte verliesen wir die Karl-Liebknecht-Straße.




SONNTAG

Ein Fest lockte uns wieder ins Grassi Museum.

Im Hof wurde allerlei Kulturprogramm geboten. Zu Kaffee und Kuchen passte das Akkordeon Duo Kratschkowski aus der Ukraine vorzüglich. Sie kamen sehr wohlerzogen daher, wie es sich am Sonntagnachmittag im Museum gehört.

Da im Grassi eine ethnologische Abteilung integriert ist bot es sich an dort die Performance "Fremd ist der Fremde nur in der Fremde" aufzuführen.
Die Akteure waren Gaetan Noussouglo und Alexej Vancl

Alexej Vancl gab einen zerstreuten Professor, er holte uns an der Museumskasse ab. Er führte uns durch die polynesische Abteilung, doch er behauptete steif und fest wir wären in der Afrika Sektion. Er verlas unbeirrt vor den Vitrinen seine mitgebrachten Erklärungen.

Irgendwie waren diese auch ein wenig stimmig, trotzdem die Objekte nicht aus Afrika stammten. Das wirkte recht komödiantisch, auch weil der Professor ständig seinen Koffer vergaß. Gerne verhedderte er sich in seinen Blättern. Eben ein typischer akademischer Nerd, wie er so im Buche steht.

Nachdem wir viel über die afrikanische Kunst gelernt hatten, entdeckte ich in eine Vitrine einen Schwarzen in einen Anzug. Der fing an zu singen und trat aus dem Glaskasten.
Dann griff er unseren Professor an, weil der die Objekte der spirutuellen Komponente entkleidet.

Damit endete die Performance.
Ein wenig beleuchtete sie auch unseren problematischen Umgang mit den rituellen Artefakten. Mir fehlte leider die Aussage, dass diese meist von uns gestohlen wurden.

Am Abend verließen  wir Leipzig, nicht ohne den Vorsatz es wieder zu besuchen.

Alle Fotos Irmeli Rother