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Schrecken mit Ende

12.02.2020

Das Tagebuch der englischen Autorin Sahra Kane bietet keine zusammenhängende Handlung. Ist eigentlich auch kein Theaterstück, sondern die Beschreibung ihrer psychischen Krise durch depressive Schüben bis hin zu ihrem Selbstmord.
Deshalb wollte ich euch während des Aufkommens von Covid19 nicht mit meiner Kritik an 4.48 Psychose im Deutschen Theater belästigen.
Die Szene auf der Drehbühne ist schnell beschrieben, eine Band spielt laute stampfen Musik und die SchauspielerInnen stampfen auf rollenden Laufbändern. Und der Text den sie vortragen geht stark an die Nerven. Damit gelang der Aufführung ein Drittel der ZuschauerInnen aus dem Saal zu treiben. Aber sicher nicht wegen der mangelnden Qualität der Aufführung.
Ich selbst war auch froh als das dreistündige Stück vorbei war, ich habe selbst Erfahrungen mit Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, war aber anderseits begeistert über die Leistung der SchauspielerInnen und MusikerInnen und natürlich des Regisseur Ulrich Rasche.
Unbedingt anschauen, auch wenn es nah geht!


Kritiken der Anderen: Freitag, FAZ, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, RBB24,

Zärtlichkeiten in Lieberose

28.06.2020

Das kleine Nest Lieberose im Spreewald hat auch für mich eine besondere Bedeutung. Vor drei Jahren verliebte ich mich dort im Schloss beim Besuch der Rohkunstbau in meine Frau.

Ein Jahr später ehelichte ich sie dort im Rathaus.
In diesem Jahr besuchte ich nun zusammen mit ihr die aktuell 25. Ausgabe der Rohkunstbau Ausstellung. 
Zum Jubiläum stellen ausschließlich KünstlerInnen aus, die schon einmal dort mit Werken vertreten waren.
Motto: „Zärtlichkeit. Vom Zusammenleben“
Rechts seht ihr uns als zärtliches Paar in der Arbeit "Andere Bedingungen Aggregatzustand" von Alicja Kwade.

Unter den KünstlerInnen sind auch noch weitere bekannte Namen zu finden:
Thomas Rentmeister, Via Lewandowsky, GODsDOGs (Britta und Ron Helbig), Alicja Kwade, Bettina Pousttchi, Bjørn Melhus, Leiko Ikemura, Thomas Scheibitz, Christiane Möbus, Gregor Hildebrandt, Michael Sailstorfer, Julian Rosefeldt, Karin Sander, José Nogueros,  Olga Chernysheva, A.K. Dolven, Ayşe Erkmen, Thomas Florschütz, Gregor Hildebrandt,Ola Kolehmainen, Yehudit Sasportas.
Beeindruckend, die ausgebuddelte Laterne von Via Lewandowsky mit dem Titel "Alles was der Fall ist"

Im Hof sah ich dann nochmal die Angetraute durch die Spiegelröhre von Alicja Kwade, benannt "Megasubstanz"

An den parkenden Autos mit B-xx xxxx war zu sehen, die Ausstellung ist ein Touristenmagnet.

Aber irgendwie auch ein Fremdkörper in der Provinz. Das ist gut an den Öffnungszeiten zu erkennen. Schulklassen werden kaum am Wochenende kommen.
Eintritt frei für Schulklassen und kostenloser Bustransfer wären eine gute Lösung.
Leider ist auch für AusflüglerInnen der Besuch am Wochenende mit dem ÖPNV ein Problem. Lieberose hat keine Bahnanbindung, von Cottbus her gibt es zwar einen Bus (21) aber...
Trotzdem lohnt der Besuch der Rohkunstbau 2020.
Der Eintritt beträgt 10 € pro Nase.

Geöffnet ist die Ausstellung vom 27. Juni bis 20. September, Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

Spekulanten, Nazis und Widerstand in Kreuzberg

17.06.2020

Endlich wieder im Kino und sogar open air.
Wir sahen die "Känguru Chroniken", die Verfilmung eines Buches / Hörbuches mit Kult Charakter. Ich kannte die Vorlagen nicht und Komik im deutschen Film, da bin ich vorsichtig.
Aber ich hoffte das gut Wetter und die nette Begleitung trösteten mich über einen möglicherweise schlechten Film hinweg.
Doch meine Vorurteile wurden durch die Realität überzeugend überstimmt.
Es gibt sie doch, die deutschen Filme mit Humor.
Die Geschichte:
Bei unserem Helden, einen etwa 35jährigem Salon-Anarchisten und Lebenskünstler, wohnhaft in einem Altbau irgendwo in Kreuzberg klingelt ein Rotes Riesen Känguru (Macropus rufus). Diese Gattung erreicht die Höhe eines ausgewachsenen Menschen. Es fragt nach ein paar Eiern, es sagt es will Pfannkuchen backen und ihm fehlen Eier. Etwas genervt gibt ihm unser Held diese und hoffte wieder in seinem Bett ruhe zu finden. Störungen vor Sonnenuntergang gefallen ihm wenig.
Doch nach einigem hin- und her und kurze Zeit später ist das Känguru bei ihm eingezogen. Es hat seine Hängematte aufgehängt und eine Karl-Marx Büste aufgestellt, es ist schließlich überzeugter Kommunist.
Das Spiel kann beginnen.


Ich gebe zu, dass der Film keine fundierte Analyse über das Verhältnis Mensch <> Känguru zu bieten hat, aber unterhaltsam ist er allemal.


Endlich wieder!

25.05.2020

Portrait Lee Mingwei
Foto: Matteo Carcelli
Nach Monaten der Abstinez endlich wieder Kunst.
Im Martin-Gropius-Bau sah ich mit einer Freundin die Werke von Lee Mingwei, er stellt sie unter dem Titel Geschenke und Rituale aus.
Vielleicht war es ja nur lange Abwesenheit der Kunst, die uns die Ausstellung so begeistert aufnehmen ließ, aber ich glaube sie ist ganz nach meinem Geschmack.  . 
Zum einen sind die dahinter steckenden Geschichten persönlich, aber allgemein interessant und dazu sind seine Ideen sehr spannend aufbereitet.
Da viele seiner Arbeiten das Thema Frieden umkreisen, ist es eigentlich kein Wunder das das Bild Guernica von Picasso in der Ausstellung einen zentralen Platz einnimmt.
Er hat es auf dem Boden des Innenhofs aus Sand nachgebildet.
Ist doch die erste Zerstörung einer kompletten Ortes durch Bomben ein bedeutendes Ereignis des letzten Jahrhunderts. Die deutsche Luftwaffe war verantwortlich für dieses, ihr erstes Kriegsverbrechen nach dem ersten Weltkrieg.

Foto: Laura Fiorio

In einem Video war zu sehen, wie wohl die "Zerstörung" des Sandbildes, zum Ende der Ausstellung von statten gehen soll. Dann werden vor Publikum HelferInnen mit Besen die Farbsegmente vermischen.
In den Seitenräumen rund um den Innenhof stellt der Künstler dann einzelne Ereignisse und die daraus entwickelten Ideen vor.
So zum Beispiel hatte Schuberts Lieder Zyklus ihn in einer schweren Stunde sehr berührt. Also lässt er uns dadurch an seinem Gefühl teilhaben, dass jeweils einzelne BesucherInnen von SängerInnen zu einem persönlichen Liedvortrag eingeladen wurden. Auch mir ist das passiert.

Foto: Martin Gerhard

Das hat mich sehr angerührt.

Wegen dem Virus fiel leider eine weitere Performance aus, Für die Teilnahme daran hätte ich mich gern beworben. In dem unten zu sehenden Schlafzimmer konnte man / frau eine Nacht mit dem Künstler im Museum verbringen. Das Ziel von Lee Mingwei dabei war Geschichten aus dem Leben der ausgewählten Personen zu erfahren, am besten bis Morgen um acht Uhr, wenn der Museumsbetrieb wieder aufgenommen wird. Wer also eine ruhige Nacht verschlafen wollte, war hier sicher fehl an Platz.

Foto: Laura Fiorio

Nochmal, ich kann euch die Ausstellung mit ruhigem Gewissen ans Herz legen. Sie läuft noch bis zum 12. Juli, also sputet euch, aber nehmt euch Zeit zum Betrachten.

Jazz, weiblicher und wieder schwärzer

10.02.2020

Nerija sind sieben auf einen Streich aus GB. Sechs Frauen, ein Mann - fünf Schwarze und zwei Weiße.
Sie sind Teil der gehipten Jungen Jazzszene aus Großbritannien.
Mit den vier Blechbläserinnen entstand ein sehr präsenter Sound.
Bei ihrem Auftritt im Maschinensaal der Kulturbrauerei stellten Sie ihr neues Album Blumen vor.

Wer fette Jazzklänge mag, dem sei dieses von mir wärmstens empfohlen. Leider ist die Europatour beendet, ihr könnt nur hoffen das die Gruppe wieder nach Berlin kommt.

"Ich kann keine Kunst mehr Sehen"

23.01.2020

Durch eine Postkarte mit dem Motiv links entdeckte ich Timm Ulrichs. Mir als Kulturnudel machte es Spaß diese an Freunde und Bekannte zu verschenken.
Den Künstler dahinter entdeckte ich erst später.
Der ist oft zu scherzen aufgelegt und seine Kunst lässt sich schlecht in eine Richtung einordnen, aber ein wenig DaDa und Fluxus steckt schon drin.
Man / frau tut ihm wohl nicht ganz unrecht, ihn als verrücktes Huhn zu bezeichnen.
Als Autodidakt konnte er der Kunstwelt lange wenig abgewinnen und diese ignorierte ihn lange. Doch er schuf sich einen solchen Namen, dass er zum Professor an einer Kunsthochschule berufen wurde.
Oft nutzte es sich selbst als Leinwand, diverse unter öffentlicher Beteiligung  gestochenen Tatoos künden davon. Er begreift sich als Gesamtkunstwerk.
Der Anlass um über ihn zu berichten ist der Käthe Kollwitz Preis 2020, der ihm von der Akademie der Künste verliehen wurde. Ganz verstehe ich jedoch nicht weshalb. Käthe Kollwitz war eine politische Künstlerin, die die sozialen Verhältnisse unbarmherzig anprangerte.
Aber die Arbeiten von Timm Ulrich sind schon spannend und das das Lebenswerk des inzwischen achtzig Jahre gewordenen Künstlers gewürdigt wird, ist außer Frage richtig.


Auf alle Fälle denkt gelingt es ihm tiefer in Dinge hinein zu sehen. Oben stellt er seine verbrauchten Farbbänder seiner Schreibmaschine aus. Als ein Datenarchiv der besonderen Art.

Er schaut besonders gut hin, das auf der von mir täglich genutzten Qwertz Tastatur das Wort WERT versteckt ist habe ich erst durch ihn realisiert.
Als er bei der Pressevorstellung auftrat, hatte der alte Herr aber etwas von einem Grantler. Besonders gerne erzählte er schmuddlige Geschichten über Joseph Beuys. Sprach dabei der Neid aus ihm? Künstler hacken wohl doch gerne Künstlern die Augen aus.

Schwindelgefühle

14.02.2020

Wenn man / frau schon mal in Stuttgart weilt, ist der Weg zum Kunstmuseum nicht weit.
Vorher, beim Bummel durchs Zentrum, stellte ich fest, dass das Provinznest tres chic ist. Die ansässigen Autokonzerne scheinen so viel Geld in die Stadt zu spülen, das Stuttgart eher reich und prüde erscheint.
Aber die Ausstellung unter dem Titel: Vertigo. Op Art und eine Geschichte des Schwindels 1520-1970 ist durchaus sehenswert.

Die Op Art lässt sich als eine Kunst definieren die Optische Effekte in dem Mittelpunkt stellte. In den Sechzigern des letzten Jahrhunderts entstanden, war sie damals neben der Pop Art die beherrschende Kunstrichtung.

In vielen Werken ist der Einfluss von östlichen Moden wie Meditation (Mandalas) und psychedelischem Erleben durch Rauschmittel (LSD) nach zu spüren.
Viele Arbeiten verwirren das Auge und können Schwindel (Vertigo) auslösen.
Doch auch in der Zeit vorher experimentierten KünstlerInnen mit optischen Effekten.
Die Ausstellung ist noch bis zum 19. April täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr anzusehen.

Roboter auf die Bühne

28.12.2019

Die freie Theatergruppe Rimini Protokoll ist für ihre innovativen Stücke bekannt. Diesmal setzte sie ein Roboter als "Ersatz" für dem Schriftsteller Thomas Melle auf die Bühne. Sein Replikant sieht ihm von vorn sehr ähnlich. Das Gesicht ist aus Silikon gegossen, er ist mit identischen Kleidern angezogen und durch geschickt programmierte Schrittschaltmotoren sind seine Bewegungen im Sitzen zwar etwas eckig, aber doch auch recht flüssig. Nur am Hinterkopf wurde die Abdeckung weg gelassen und so sieht man Mechanik und Elektronik.
ZuschauerInnen sollen nicht ganz verführt werden den Avatar als Menschen zu akzeptiert. Die Stimme von Thomas Melle ertönt natürlich aus den Lautsprechern, der Roboter bewegt dazu aber die Lippen und versucht passende Gesten. "Er oder die Beiden" reden von der bipolaren Störung des Autors und was ein humanoider Replikant so tun muss, um dem menschlichen Vorbild nah zu kommen. Denn die Beziehung zwischen Mensch und Roboter ist nicht unkompliziert. Menschen haben Angst, dass ihre Einmaligkeit flöten geht. Es gibt ein Uncanny Vallley, so heißt auch das Stück. Dieser Effekt bezeichnet eine Akzeptanz Lücke, die entsteht wenn der / die Roboter zu menschenähnlich werden.
Das "Stück" ist eine spannende philosophische Versuchsanordnung, meine Empfehlung - Ansehen.



Kritiken der Anderen: Märkische Allgemeine, Deutschland Radio, Spiegel, Wienerzeitung,

Der Mensch muss nicht singen

19.12.2019

Nicht das ihr denkt ich will jetzt jeden Tag Weihnachten feiern, aber das Nächste folgt bestimmt.

Zum zweiten Mal fand in den Sophiensaelen ein großes Weihnachtsingen statt. Unter dem Motto: "Das große Kiezchortreffen" sagen Chöre und danach gab es Gruppen Karaoke.
Also ein Event auch mit Mitmach Charakter.
Vor dem Publikum sangen-

KIEZCHOR FISCH IM WASSER

Sie kommen aus Mitte,




MGV PET SHOP BEARS

Alle anderen Chöre suchten verzweifelt männliche Stimmen, hier gab es sie im Überfluss.
Und dazu noch viele hübsche, aber schwul. Wer es noch nicht wusste, Homosexuelle können auch singen und sogar gut.










LICHTENBERGER KAMMERCHOR „
PIEKFEINE TÖNE“











NEUER JAZZCHOR BERLIN


Song











HEART CHOR

Der Chor ist besonders, viele junge SängerInnen, mit viel Spaß bei der Sache und einer frechen Performance. Bei einem Lied über Nippel packten alle ganz frech ihre Brustwarzen aus.














Das war ein Kessel Buntes an Chören.
Er folgte die Gruppen Karaoke.
Dazu stellt uns ein Moderator jeweils zwei Weihnachtslieder vor und das, bei dem am lautesten geklatscht wurde, war ausgewählt. Der Text wurde auf eine Leinwand eingeblendet und jeder/jede durfte singen. Das war spaßig und da viele tanzbare meist englisch sprachige Lieder ausgewählt wurden, begannen immer mehr ZuschauerInnen zu tanzen, bis fast alle auf der Bühne waren.
Der Abend war echt vergnüglich und so gingen wir ganz beseelt Heim.
In 2020 findet die Veranstaltung wieder staat, unbedingt Hingehen!

Neuer Ort, fremde Musik

17.12.2019


Den Kunstbunker an Hohenzollerndamm wollte ich schon immer kennen lernen. Das Artist Homes ist in einem Wehrmacht Bunker untergebracht. Gelegen ist der Veranstaltungsort in Schmargendorf, von meinem Wohnsitz aus also ein wenig am Arsch der Welt. Aber dort gibt es regelmäßig Konzerte und Ausstellungen.

Das Homes wird von einem koreanischen Paar betrieben. Passender weise konzertierten zwei Frauen aus Korea.

Sie spielten die alten Instrumente Gayageum und Geomungo.

Beide Instrumente gehören zu den weltweit verbreiteten so genannten Hackbrettern, wer jetzt an Fleischzubereitung denkt liegt komplett falsch. Im deutschsprachigem Raum heißen die Dinger manchmal Zitter. Man/frau zupft die Saiten oder schlägt sie mit Stöcken.

Trotz starker Affinität zur Weltmusik habe ich immer noch Schwierigkeit die klassische Südost asiatische und chinesische Musik zu mögen. Schon als Jung Revoluzzer besuchte ich einen Solidarität Abend unter dem Motto "Waffen für den Vietcong". Dabei wurde vietnamesische Musik gespielt. Mir kräuselten sich die Nackenhaare, ich meinte so müsste es klingen, wenn Katzen gefoltert würden.

Heute, um Jahre älter und ein wenig weiser, konnte ich die von den Beiden im ersten Set gespielten klassischen Weisen besser ertragen, richtig gut gefiel mir die Musik nach der Pause. Sie improvisierten auf ihren Instrumenten und es wurde mehr jazzig.

Der Ort ist auf alle Fälle spannend anzuschauen und da es ein vielfältiges Programm gibt, lohnt sich der Besuch, es gibt auch nicht immer koreanische Klassik.