GASTBEITRAG
© Irmeli Rother |
Wettbewerbsfilme werden nochmal gezeigt und das zu einem sehr moderaten Preis von sechs Euro. Für das Geld kann man einen Hauch von Filmglamour in Berlinale Palast am Potsdamer Platz schnuppern. Im Riesensaal des Musicaltheaters fühlt es sich anders an, als in allen anderen sonst von mir besuchten Berliner Kinosälen.
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Elle se'n va (on my way) hieß der Film, den ein Freund sich ausgesucht hatte. Die große Diva des französischen Films, Catherine Deneuve, war der Grund für seine Filmauswahl.
In meiner Jugend haben die ersten ihrer Filme mich schwer beeindruckt. Die Regenschirme von Cherbourg war noch harmlos. Aber dann kamen von Roman Polanski Ekel und von Luis Buñuel Belle de Jour, die dann die Basis für meine cineastischen Vorlieben bildeten.
Der Film erzählt eine zigmal gesehene Geschichte von einer Frau, die aus einem Impuls heraus das Alltagsleben verlässt, um „kurz mal Zigaretten zu holen“. In Brot und Tulpen wird die Mutti an einer Tankstelle vergessen, hier verlässt die Chefin Bettie ihr bretonisches Restaurant und bricht auf zu neuen Ufern. Gründe hat sie genug: der Job ist langweilig, ihre alte Mutter stresst und ihr Lover hat sie gegen eine Fünfundzwanzigjährige getauscht. So lässt sie sich in ihrem Daimler durch die Landschaften treiben.
Auf der Suche nach Zigaretten landet sie in einer Dorfkneipe, wo die Hölle los ist. Sie taucht für einen Abend in eine andere Welt und betrinkt sich. Nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hat, den Jüngling der Nacht aus dem Bett gejagt hat, begibt sie sich wieder auf die Landstraße.
Zur großen Überraschung ihrer Tochter übernimmt sie die Betreuung ihres zehnjährigen Enkels, den sie vor Jahren zuletzt gesehen hat. Da das Mutter-Tochter-Verhältnis zerrüttet ist, hatte die Tochter mit ihrer Hilfe gar nicht gerechnet. Der rebellische Enkel soll zum Großvater väterlicherseits gebracht werden, da die ständig arbeitslose Mutter wieder auf Jobsuche muss.
So fahren Enkel und Großmutter zusammen durch Landschaften, zanken miteinander, lernen sich kennen und kommen sich näher. So lange Bettie Zigaretten hat und die Geldkarte noch funktioniert, ist alles in Ordnung.
Zwischendurch nimmt sie als ehemalige Miss Bretagne an einem Treffen der Schönheitsköniginnen von 1969 teil. Das Ende des Films ist vorhersehbar.
Bettie verliebt sich nochmal mal.
In wen, wird hier nicht verraten.
Die Themen dieses Wettbewerbsfilms sind kaputte Beziehungen innerhalb einer Familie, die Vergänglichkeit der Schönheit, Sexualität im Alter. Und da es sich um einen französischen Film handelt, spielen Zigaretten wieder eine große Rolle: es wird ständig geraucht. Diesmal hat Lucky Strike seine Produkte gut platziert. Catherine Deneuve ist einfach schön, auch nach einer durchgezechten Nacht. Die Liebeserklärung der Tochter am Ende des Films: „Im Sarg wirst du auch noch schön sein.“ Die Regisseurin Emmanuelle Bercot hat sich wohl in ihr Haar verliebt da sie unzählige Nahaufnahmen von ihrem fülligen Kopf zeigt
Am Ende der Reise berührt es Bettie eigentlich gar nicht mehr, als sie erfährt, dass ihr Restaurant endgültig pleite ist. Sie hat neue, aufregende Lebensperspektiven. Der Film endet in bester Asterix-und-Obelix-Manier: alle sitzen zusammen an einer langen Tafel unter schattigen Bäumen. Es wird gegessen, getrunken, gelacht und alle sind glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Oh, wie spannend.
Kritiken der Anderen: Tagesspiegel, Tip
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