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Dodo Open Stage

16.08.2013

Eigentlich war das Wetter für viel zu gut für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen. Ich wollte auch nur auf dem Weg nach Hause einen Wein vor dem Dodo trinken. Doch dann wurde ich animiert herein zu kommen, um den KünstlerInnen auf der Bühne zu lauschen.
Jeden Freitag findet in der Kellerkneipe Open Stage statt.
Das Wappentier der Kneipe stammt aus Neuseeland.

Neben besser nicht zu erwähnenden MusikerInnen gefielen mir drei Auftritte gut.

Abhyudaya sind ein junges Duo, spielen beide Gitarre und singen.
Sie sind vielleicht noch nicht ganz abgehangen, aber schon sehr eindringlich.
© by Heike Scholz
Pianlola besteht aus einem argentinischen Pianisten und einer Berliner Sängerin. Lola trägt Lieder der zwanziger Jahre, teilweise mit aktualisierten Texten, vor. Das tat sie witzig und genial.
Die Jazz Sängerin Katharina Lehmann tritt sonst mit ihrer Band KATHAKOMBO auf.
Aber auch mit Klavierbegleitung kann sie es.

Der Zufall hatte mir einen musikalisch gelungen Abend beschert.

Im Keller

14.08.2013

Die neuen spannenden Plätze sprießen in Neukölln aus dem Boden wie die Pilze nach dem Regenguss.
Die Keller Klänge finden im zweiten Hinterhof beim U-Bahnhof Rathaus Neukölln statt. Als wir dort pünktlich ankamen, verkündete uns ein junger Mann, dass der Laden noch nicht auf ist.

Und überhaupt beginnen die Konzerte immer später?!
So nutzten wir die Zeit im netten kleinen Japanischen Restaurant Tabibito einen Imbiss einzunehmen. Das gibt es schon seit 1990, damals wussten wohl nicht viele Deutsche was Sushi bedeutet. Außerdem war Neukölln zwar schon ein Problem Bezirk, aber noch nicht als solcher zeitungsbekannt. Und Nordneukölln war das rechte Gegenteil von Hip.
Doch der kleine Japaner entwickelte sich schnell zu einem Geheimtipp. Heute könnte das Lokal zehn mal so groß sein und es wäre immer noch schwierig einen freien Platz zu ergattern. Wir hatten jedoch Glück.

Wieder beim Keller zahlten wir einen kleinen Eintritt und betraten den Underground.
Hier erwartete uns die für viele neuköllner Kneipen typische trashige Atmosphäre, gepaart mit einer guten Portion Phantasie. Irgendwie wirkt alles unfertig, aber auch bezaubernd.
Teilweise echt genial.

Oben rechts im Bild an der Gitarre Bob Longstaff, der Musiker, wegen dem wir gekommen waren. Er ist ein Soul / Blues Musiker, der sich in Berlin einen guten Ruf erspielt hat.
Doch erst hieß es warten, denn teilweise herrscht im Bezirk die Regel, Konzerte die um 21 Uhr angekündigt sind, beginnen nie vor 23 Uhr.
So hatten wir noch genug Zeit zu schwatzen und Getränke zu konsumieren, was den Gastwirt freut.
Doch die Preise waren sehr zivil.

Die Verzögerung nutzte ich, um die Innenarchitektur zu bewundern und zu knipsen.
Bei der Lampe, die ich in einer Nische entdeckte, war ich mir nicht sicher, ob sie ein Vorleben in einer Erotik Bar hinter sich hatte oder ob sie frisch von Wollterroristen gebastelt war. Witzig war sie auf alle Fälle.

Bemerkenswert ist auf alle Fälle das Klo.
Zuerst muss man / frau sich auf die Unisex Variante einstellen. Für Mischwesen sicher angenehm, dann entfällt die Entscheidung, doch wer damit Schwierigkeiten befürchtet, sollte besser wenig trinken oder die umliegenden Kneipen aufsuchen.
Für eine Kneipentour mit Mama und Papa aus Posemuckel ziemlich sicher nicht das Richtige.
Ich war zufrieden und empfehle den Club und die Konzerte immer mittwochs.

Im Folterkeller

11.08.2013

© Johannes-Kramer
Nachdem die Mehrheit der Deutschen den Führer an die Macht gewählt hatte, wurde die Prügel- und Mordtruppe Sturm Abteilung der NSDAP in die Polizei integriert. Mit staatlicher Legitimität ausgestattet bezog eine Abteilung Quartier in einem Kasernengelände am Bahnhof Papestraße (heute Südkreuz).

Die Aufgabe dieser Spezialabteilungen waren politische GegnerInnen zu verhaften, zu foltern und mit diesem Terror Widerstand zu brechen. Dies überließen die Herrschenden erst später der "normalen" Polizei, nachdem politisch unzuverlässige Elemente aus ihr entfernt waren.

Die Sondereinheit in der Kaserne bei der Papestraße bewegte sich mit den Quälereien an den Gefangenen sicher nicht auf rechtlich korrektem Terrain.Trotzdem wurden die Folgen der Folterungen im Polizei Krankenhaus von Ärzten genau protokolliert. Die Befunde sind einsehbar.

Werner Ilberg zeichnete Erinnerung
Ob man den Häftlingen den Schädel eingeschlagen hat oder ob sie tot getreten wurden, alles ist ordentlich dokumentiert.
Wer jetzt meint, dass dieser Terror versteckt geschah, liegt falsch. Das Kasernengebäude lag auch damals in einem viel frequentierten Industriegebiet, so dass die Schreie der Opfer gut zu hören waren.

© Harry Weber
Aber dies war ja wohl auch zum Teil der Zweck. Die Folterer waren sich wohl sicher, dass sie nicht belangt werden.
Leider behielten sie überwiegend recht. Die Nachfolgestaaten DDR und noch mehr die BRD zeigten kaum Interesse die Täter zu verfolgen.

Dazu passt gut, dass das SA Gefängnis Papestrasse, mehr aus Zufall, der einzige noch erhaltene Gedenkort des Terrors der NSDAP ist.
Im Haus befinden sich Wohnungen und der Folterkeller wurde lange als Mieterkeller genutzt. Er wurde nach der Nutzung durch die Sonderpolizei kaum baulich verändert. So blieben sogar Wandzeichnungen der Häftlinge erhalten.
Nachforschungen von Anwohern brachten es ans Licht, dass sich im Keller einstmals ein Polizeigefängnis befand. Erst 1992 konnte ein Zeitzeuge dessen Existenz bestätigen.

2011 wurde dann der Gedenkort eröffnet. An jedem Sonntag um 14:00 Uhr findet dort eine kostenlose Führung statt. Bei der Teilnahme erfuhren wir viel über die Geschichte des Ortes.

Als wir heim radelten, machte wir einen Zwischenstopp in der Gartenwirtschaft Süden am S-Bahnhof Priesterweg. Die ist ein lauschiger Ort am Südgelände Park.
Angeboten werden ausschließlich BIO Speisen und Getränke.
Bei leckerem Weizen ließen wir im Garten den Tag ausklingen.

Das Copyright für die meisten Fotos liegt bei Irmeli Rother.

Die Sonnenterasse

02.08.2013

Ein neuer, bezaubernder Fleck in Neukölln ist der Klunkerkranich, eine aus Altholz errichtete Bar auf dem Parkdeck der Neukölln Arcarden am U-Bahnhof Rathaus Neukölln.

Doch vor dem Besuch aß ich um die Ecke in der Neckarstraße den ersten Obst Döner meines Lebens beim angeblichen Erster Obst Döner.
Nach fettigem gegrilltem Gammelfleisch im Brot oder Gemüse in gleicher Tasche, endlich eine süße Alternative.
Im Laden in den Glasvitrinen lagen Kokos- und Schokoraspel, Smarties, Milky Ways, alles was sich Schleckermäulchen so zu erträumen wagen. Hier lautet die Frage nicht, Soße Knoblauch oder Scharf, hier gibt's Schoko oder Erdbeer.

Mehrere Eissorten kamen dazu und in Schalen lag vorbereitetes Obst. Es darf ausgewählt werden, was in die warme frische Waffel hinein kommt.
Leider erreichte eine Gruppe Jungs den Tresen vor mir. Die waren ob der Auswahl leicht überfordert und blockierten den Ablauf erheblich.

Seht selbst, sieht der Döner nicht affengeil aus.

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Anschließend ging's in den Kranich.
Eigentlich sollte ich für den Ort nicht werben, schon jetzt ist er überlaufen.
Doch der / die Türkraft lässt nur eine begrenzte Zahl Besucher nach oben. Bis 18 Uhr meist kein Problem. Danach heißt es, teilweise eine Stunde warten.
Einen Klunkerkranich gibt es auch in der Natur, dort trägt er allerdings selten Klunker um den Hals, wie seine Stoffschwester.
Bei den Fotos bekommt ihr hoffentlich Lust auf den nächsten Sommer.

Kunstschüler

27.07.2013

Die jährliche Leistungsschau der Kunsthochschule Weisensee fand wie in den Jahren zuvor in den Uferhallen im Wedding statt.

Unter dem Titel Familienaufstellung trat der Nachwuchs an. Da wir seit Jahren diese Schau besuchen, meinen wir, dass der Jahrgang 2013 weniger gut ist als die zuvor. Wir fanden es auch Schade, dass niemand das Spezifische des Straßenbahn Depots in seine Arbeit einbezog.

Nicolas Fontaine, Quantum Gate
Eine gefällige Assemblage aus zwei Bildern, einem gefiederten Geweih und einem asiatischen Tor.
Mirjam Martinovic, Parochet
Ziegelsteine aus dem Modellbau und Brot ergaben eine ansehnliche Skulptur.
Eriko Yamazaki, o.T.
Sehr gelungen fand ich diese Waben. Wespen und Schwalben bauen Ähnliches.
Katja Eklöf-Wietzke
Isä, 67 vuotta, alkoholisti
Übersetzung: Papa, 67 Jahre, Alkoholiker.
Eine interessante, sehr finnische Skulptur.
Von 54 Auszustellenden fanden wir leider nur vier erwähnenswert. Hoffentlich sind es im nächsten mehr.

Radeln zur Kunst

20.07.2013

Wir machten uns mit dem Radle auf den Weg nach Schöneweide, ein Stadtteil, der sonst oft durch seine Nazis in die Nachrichten gerät.

© Hermann Günther
Auf dem Weg besichtigten wir die Hufeisensiedlung in Britz. Diese wurde von den Architekten Bruno Taut und Martin Wagner entworfen.
Gebaut wurde sie von 1925 bis 1933. Genossenschaften mit sozialer Ausrichtungen errichteten damals überall in Deutschland ähnliches.

Das Ziel waren Wohneinheiten für DurchschnittsverdienerInnen. Im Gegensatz zu den Mietskasernen, die private Spekulanten in der Kaiserzeit errichten durften, sollten die Wohnungen menschengerecht sein und luftig im Grünen liegen.
Da ist die Hufeisensiedlung heute auch noch Vorbild.

Im Inneren des Gebäudeblocks befinden sich, um einen Weiher herum gruppiert, Bäume und Rasenflächen.
Gerne hätten wir eine Zwischenstopp in der Kneipe Zum Hufeisen eingelegt, doch sie war wegen Urlaub geschlossen. Nebenan befindet sich außerdem ein Info Zentrum.

In Schöneweide tobte "Kunst am Spreeknie". Dort gerieten wir aus Zufall in einen temporären Fotosalon. Den hatte Georg Krause eingerichtet, um sein Projekt "Auch ich bin ein Berliner" durch zu führen. Er wollte für jeden der 190 Nationen einen / eine VertreterIn ablichten, um die Vielfalt Berlins zu dokumentieren.

Sich dafür gerade Schöneweide auszusuchen erscheint mir gewagt. Ein bunter Bezirk wie Kreuzberg oder Neukölln ist das gerade nicht.
Aber er hatte Glück, meine Liebste ist Finnin. Sie malte ein Schild, auf dem sie ihre Doppelidentität beschrieb und ließ sich damit ablichten.
© Georg Krause
In einem Lichtblick in Schöneweide, dem Cafe LaLü, tranken wir Kaffee und schauten spannende Fotos von Harald Hauswald an. Es wurden unbekannte und unveröffentlichte Arbeiten aus seinen Auslandsreisen gezeigt.

Die eigentlichen Kunstaktionen fanden jedoch auf dem Gelände der ehemaligen Kabelwerke Oberspree statt. Die KWO waren einer der Großbetriebe der DDR. Auf dem riesigen Areal zwischen der Spree und der Wilhelminenhofstraße wurden Kabel und Leitungen für die Elektroindustrie gefertigt.
Nach der Einverleibung der DDR durch die BRD sorgte die Konkurrenz aus dem Westen dafür, dass der Betrieb pleite ging.

Heute stehen viele Gebäude leer. Einige werden jedoch von KünstlerInnen genutzt.
Im ehemaligen Umspannwerk besuchten wir eine Ausstellung.
Schön morbide war es dort.
Mit Preisen zwischen 500,- und 39.000,- Euro war die Spanne, der zum Verkauf angebotenen Werke, sehr groß.

Wir knipsten was uns gefiel.

Moxc, Moses, 1.800 €
Oxana Mahnac, In the Bathtube, 3.000 €
Ivan Prieto, birdman, 6.500 €
Sandra Setzkorn, hunter, 2.200 €
Markus Withmann, Sandinstallation, 8.000 €
Jens Tümmel, s.O. 1.900 €
S. Cersosimo, l'orso, 1.100 € 
Ivan Prieto,  Der blaue Hase, 1.500 €

Unter den Ausgestellten war viel Bemerkenswertes. Leider reichte unser Kleingeld nicht, um etwas zu kaufen. Den Preis für die Sanduhr, die regelmäßig mit einer Schaufel nachgefüllt werden muss, fand ich unverschämt.

Weiter zogen wir und entdeckten das Cafe Schöneweile beim Industrie Salon Schöneweide. Viel ist hier wohl nicht los, wenn nicht gerade Kunst am Spreeknie ist.
Das Cafe ist etwas langweilig, aber das Werbeplakat ist bezaubernd.
Im Industrie Salon wird die Geschichte des Industriestandorts beschrieben.
Dort faszinierte mich eine Sonderausstellung von Skulpturen aus Elektronikschrott der Fa. m.BATMAN ELEKTRONIK.

Diese sitzt in einem Laden in der Herrmannstraße nah beim U-Bahnhof Boddinstraße. Die Arbeiten bewunderte ich schon öfter durch das Schaufenster.
Ich fachsimpelte mit dem Techniker und die Liebste betrachtete fasziniert das Kleid und den Schmuck aus E-Schrott. Typisch Geschlechter determiniert.

Doch der Höhepunkt erwartete uns noch.
Direkt an der Spree liegt das Atelierhaus Kunstalarm, so rasteten wir erst mal beim Wasser und genossen eine Kunstpause.
BLNHEAT 2.0 nannte sich die Art Show, der Schergen der Kunst, die uns erwartete.

Erst sang und spielte der mir bekannte Matt Grau Songs mit eigenen Texten am Ufer.
Das erinnerte mich etwas an Klampfen am Lagerfeuer, aber war mit Bratwurst, Rotwein und einem Schuss Spree Romantik gut zu ertragen.
Leider kann ich dem Musiker aber keine Weltkarriere voraussagen.

Ausgeruht und satt schauten wir die Ausstellung an.

Freiraum
wovor dem Kinde
 graust das hält
der Vater für gar nichts

der freie Fall
Alle Bilder von Florian Hagen

Matt Grau
Mamas, Papas, Kinders Müllpark
(Sozial kritische Kunst zu Zeiten der Gentrifizierung in Kreuzberg)

Er malt erheblich besser als er singt!
K.W.D.
Killerameisen

Die riesigen Viecher krabbelten über eine ganze Wand,
K.W.D
It´s springtime

Eine süße Zitronenschale aus blauen Fahrrad Reifen
Moseke Pelda
Aleppo Playground

Auch politische Aussagen, klug verpackt, waren zu sehen. Leider war nicht zu erkennen, wer diese Patronen nach Syrien geliefert hat.

Danach war eine Modenschau angekündigt. Ich erwartete etwas Langweiliges und wurde sehr angenehm enttäuscht.
Es begann mit einem genialen Musiker am Cello, der frei improvisierte und auf das Kommende einstimmte.
Dazu gesellte sich eine hübsch gestylte Vorleserin.



Dann liefen Modells auf,
ein Paar jonglierte,
eine voltagierte am Seil,
sie performten in den Räumen,
und trugen Wollmasken.
Birgit Neppl war die Designerin und Choreografin.
Wir ließen uns begeistern.
Am der Hausbar tranken wir etwas Wein und freuten uns über den gelungen Abend. Die VeranstalterInnen hatten das Fest super toll ausgerichtet.
Als ich das Herrenklo mit den angeschraubten Stilettos vor dem Becken sah, musste ich dann los prusten. So etwas Verrücktes ist mir noch nie begegnet. Wenn es doch bei jedem Kunstfest so spannend zugehen würde!
Den Rest des Abends schauten wir auf die nächtliche Spree.


Das Copyright für die Fotos liegt bei Irmeli Rother.