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Für Stunden im Clo

25.06.09

Mutig wie wir sind reisten G. + ich zu einer Dampferfahrt nach Henningsdorf.
Zum Glück waren die mit Absicht nicht durchgeführten Sicherheitkontrollen der DB Tochter S-Bahn noch nicht aufgeflogen, so dass die Reise ohne große Wartezeit und / oder Achsbruch verlief.

Doch der Osten bietet auch viel Interessantes, die Erinnerungen an so manche Delegationsreise in die DDR wurden diesmal bei mir wachgerufen.

In Henningsdorf enterten wir die Pelikan der Reederei Grimm & Lindecke am Hafenkai.
Als gestandene SeebärInnen zogen wir den Decksplatz dem Restaurant unter Deck vor, das durch eine Seniorengruppe (Diakonie, nicht Volkssolidarität) gut gefüllt war. Mit Schirm und und Plastikjacke bewaffnet hielten wir die Stellung.

Auf dem Weg zum Lehnitzsee in Oranienburg zogen das Stahlwerk, viele Datschen und ein bezauberndes Naturschutzgebiet an uns vorbei.
Kurz nach dem Ablegen wunderte uns, dass der Steuermann regelmäßig das Ruder allein ließ, das Schiff fing dann ungesteuert an sich gemächlich in der leichten Strömung des Oder / Havel Kanals zu drehen.

Doch nach kurzer Zeit erschien er wieder, um den Kahn gerade zu stellen. Wir beachteten jedoch mehr, was an uns vorbei zog.
Trotzdem kam uns sein Verhalten komisch vor, so dass ich runter ging und einen Blick in den Maschinenraum warf. Dort war der Käpten dabei die ständig ausfallende Kühlung des Motors wieder in Betrieb zu setzen.

Ich schloss, wenn die Kühlung ausfällt und der Motor läuft, ist er nach kurzer Zeit kaputt. Dann ist der Dampfer manövrierunfähig und das Schiff legt sich quer. Es würde sich ins Ufer rammen, aber wohl nicht untergehen. Der Verkehr auf der Wasserstrasse war nicht so stark und die Sicht betrug einige hundert Meter, so dass es eigentlich nur lustig werden könnte.

Ich hatte nur Angst wegen der Panik, die das Ereignis bei den Senioren auslösen könnte.
Die waren allerdings mit einem anderen Problem beschäftigt. Ihre Leiterin war im Damenklo eingesperrt, das Schloss war verklemmt, und der Käpten konnte die Tür nicht öffnen. Sie verbrachte den Rest der Fahrt im Klo, konnte aber durch ein Bullauge mit Zigaretten versorgt werden.

Langsam kam bei mir der Verdacht auf, die Deutsche Bahn hätte die Reederei übernommen.
So tuckerte der Dampfer langsam und immer wieder durch Stopp unterbrochen zum Lehnitzsee.
Dort legten wir neben einer Werft an und ich hoffte auf qualifiziertes Personal, was den Kahn wieder flott macht.

Pustekuchen, in der halben Stunde Aufenthalt verschwand der Kapitän im Maschinenraum und erklärte danach über Lautsprecher, dass es Probleme mit der Kühlung gegeben hätte, aber die wären jetzt behoben.
Das stimmte nicht, und so tuckerte das Schiff langsam und von einer weiteren längeren Pause unterbrochen nach Hennigsdorf zurück.
Dort angekommen wurden wir freundlich vom Personal verabschiedet und aufgefordert wieder mal mit der Reederei Grimm & Lindecke zu fahren. Wir werden dies vermeiden!
Zum guten Ende wurde auch die Frau aus den Klo befreit.

Bevor wir wieder in den Westen zurück fuhren warfen wir noch einen Blick auf Henningsdorf.
Sieht mit seinen modernisierten Plattenbauden und dem aus dem Fond Deutsche Einheit finanzierten Einkaufszentrum so aus wie alle Nester im Osten.
Einzig beim Rathaus, im Bild links, haben Architekten was ansehnliches gezaubert.


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