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barcelona uno - Erste Eindrücke

28.09.2016

Als wir am Vorabend in unserem Feriendomizil in Barcelona im Stadtteil El Carmel ankamen, bemerkten wir gleich, dass wir nicht in einer touristischen Hochburg gelandet waren. Als wir die Metro verließen, betraten wir einen betonierten Platz zwischen Neubauten, mit Namen Plaza Pastrana. Dort saßen Emigranten und Katalanen, schwatzten und um ihre Beine herum spielten viele Kinder. Alles sehr lebendig, dort kamen wir uns mit unseren Rollkoffern eher exotisch vor.

Unsere Wohnung befand sich im 5.Stock und darüber eine Terrasse, von der wir einen hübschen Überblick  über die Stadt bis hinunter zum Meer hatten. Landeinwärts sahen wir die Barcelona einschließende Bergkette.
Das war ein schöner Anfang.

Am nächsten Morgen, beim Frühstückseinkauf, war ich baff ob den vielen Menschen, die auf der Straße unterwegs waren. Viele saßen vor Cafés oder auf Straßenbänken. Sie unterhielten sich, begrüßten sich laut über die Straße und das trotz der stinkenden Autokolonne, die den Berg hochkroch.

Sowas kennt man / frau nicht, höchstens von der Potsdamer Straße, bei mir zu Hause um die Ecke. Dort ertragen die Menschen den bleihaltigen Benzingeruch und den Dieselruß ebenfalls klaglos, wenn sie nur vor Cafés sitzen können.

Zum Glück entdeckte ich sofort die lokale Markthalle Mercado de Carmel. Für uns als Liebhaber von totem Meeresgetier das Paradies. Knapp die Hälfte der Stände bot Fisch und Co.
Es gab aber auch super leckeren rohen Schinken von iberischen Schweinen.

Nach unserem ersten barcelonischen Frühstück machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Park Güell. Auf der Karte nicht weit von unserem Feriendomizil entfernt, doch leider enthielt diese keine Höhenangaben. So erkletterten wir erstmal den Hügel, der das Zentrum des Park del Carmel bildet. Als wir die Rolltreppen und Zahnradbahnen entdeckten, die das Hinaufkommen erleichtern, waren wir froh dem Tipp Fahrräder zu mieten nicht gefolgt zu sein.

Die vielen Hügeln in den Außenbezirken erfordern entweder erfahrene BergradlerInnen oder Elektromotoren.

Praktisch sind Drahtesel nur in der Innenstadt.
Die BewohnerInnen der Stadt nutzen deshalb meist Motorroller.
Beim Klettern auf den Berg entdeckten wir, dass viele BarcelonerInnen nicht nur einen Vogel haben. Dieser war mit fünfundzwanzig am Start.

Als wir den Hügel erklettert hatten, bot sich uns ein toller Blick auf die Stadt und Mülltüten. Danach ging es abwärts zum Park Güell. Dort erfuhren wir, dass wir nicht nur 8 € Eintritt berappen mussten, sondern auch erst ein paar Stunden später Einlass begehren konnten.

Am Park konnten wir die mittlerweile europaweit übliche Jagd auf Flüchtlinge beobachten, die versuchten sich ein paar Euros mit dem Verkauf von Andenkenschrott zu verdienen. Sozialdarwinistische Politik ist widerlich.

Um uns die Zeit bis zum Eintrittsfenster in den Park zu vertreiben, besuchten das Stadtviertel Grácia. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir einen besetzten Palast. Widerstand gegen die Gentrifizierung lebt weltweit und lohnt sich.

In Grácia sind neben Hippstern viele junge TouristInnen unterwegs. Es roch etwas wie Kreuzberg 36, nur ohne Döner. Hier finden sich viele Cafés und Plätze, die zum Verweilen einladen.
An einer Kirche prangte eine feministische Aufschrift.


Ein Sohn meiner Liebsten hatte uns einen Reiseführer "Barcelona mit Kindern" geliehen und so besuchten wir das dort empfohlene Café mama. Biologische Kost wird hier geboten. So richtig warm wurden wir nicht. Das Café war so international ausgerichtet, dass es so beliebig wie eine Mac Donalds Filiale wirkte.

Wie um die Multikulturalität des Kiezes zu beweisen, stießen wir auf einen deutschen Kinderladen. Aufmerksam wurde ich darauf, weil junge Frauen davor Deutsch sprachen. Das Eins Zwei Drei wirbt mit deutschen ErzieherInnen, kleinen Gruppen und flexiblen Betreuungszeiten.


Auf dem Weg zurück zum Park Güell entdeckten wir die Bodega Manolo. Das Innere mit seinen Regalen voll Fässern wirkte überzeugend, dass wir noch zwei Cava, unser Lieblingsgetränk in Barcelona, genossen. Bei einem neuen Besuch in der Stadt werden wir wiederkommen.

Zurück beim Park Güell, reihten wir uns in die Schlange für unser Zeitfenster ein. Die Gartenanlage wurde vom Antoni Gaudí entworfen. Er entwickelte einen eigenen Stil, der sich an Art Deco und die arabisch / andalusiche Architektur anlehnt, mit vielen Rundungen, Tieren und Pflanzen.

Überall im Park sind Mosaike vorherrschend. Alles ist schön anzusehen, obwohl es mir teilweise zu kitschig daherkam. Besonders bei den von Gaudi entworfenen Häusern im Park dachte ich an Disneyland.
Leider ist es schwierig das Gelände in Ruhe zu betrachten. Barcelona ist eine Touristenstadt, wir waren ja auch solche, aber die Mengen, besonders die geführten Gruppen, waren kaum zu ertragen.

Aber auch die etwa zweihundert FotografInnen mit Selfiestick waren anstrengend. Mir fehlt der Zugang zu dieser Kultur, ich weiß nicht was daran cool ist, sich vor Denkmälern abzulichten. Wenn ich diese fotografiere, kann ich mich doch beim Betrachten der Bilder daran erinnern.

Dass ich dort war, weiß ich doch, weshalb muss ich mich davor ablichten.
Vielleicht taten mir aber auch nur die Füße vom Laufen weh, so leidend gefiel mir Gaudi und das Drumherum nicht.
Die Säulengänge in einem Teil der Anlage sind zu bombastisch.

Für mich ein wenig "kitsch as kitsch can".
Irgendwie sieht man / frau mir die Unzufriedenheit auch an.
Meine I. dagegen war noch guter Dinge, ihr machte der einstündige Rückmarsch in die Unterkunft nichts aus.
Ich hingegen jammerte erbärmlich.

Wir Männer sind hat Weicheier...

Alle Fotos Irmeli Rother

Mit Tandem durch Dada

25.09.2016

Wir verbanden den Besuch von Dada Afrika in der Berlinischen Galerie mit einer intellektuell anspruchsvollen Führung.

Der Kurator Dr. Ralf Burmeister und Dr. Natasha A. Kelly, Kommunikationswissenschaftlerin
und Soziologin mit den Forschungsschwerpunkten race und gender verwiesen im Tandem auf unterschiedliche Aspekte von Dada.
Bei einer Ausstellung mit dem Titel "Dada Afrika, Dialog mit dem Fremden" ist eine Betrachtung  der deutschen Kolonialgeschichte ja förmlich geboten.
Frau Kelly brachte das ein.

Vom Kurator wurde zum Anfang darauf hingewiesen, dass sich bei fast allen Dada KünstlerInnen direkte Einflüsse aus den Werken zu sehen sind, die damals in den Völkerkunde Museen zu bewundern waren. Zu dieser Zeit reifte langsam die Erkenntnis, das Masken und Skulpturen der Fremden Kunst sind.
Besonders die Kunsthändler freuten sich darüber, dass die geraubten und "abgehandelten" Stücke einen höheren Verkaufswert erlangten.

Trotzdem einige Dadas nicht unpolitisch waren, war ihre Aneignung der afrikanisch / polynesischen Kunst keineswegs ein antikolonialer Akt.
Sondern sie waren von den fremden Formen begeistert und bauten diese in ihre Kunst ein.
Insofern ist auch der Untertitel der Ausstellung nicht richtig, den einen Dialog mit den Fremden gab es bei Dada nie. Auch sie benutzten das Geklaute nur für ihre Zwecke.

Trotzdem ist die Ausstellung sehr interessant, bisher war der Zusammenhang Dada - Afrika kaum bekannt.

Ein wenig Kunst paßt nach der Berlinischen noch in unseren Kopf. So besuchten wir an der Möckernstraße eine Verkaufsausstellung der Enter Art Foundation. Diese fand in einer heruntergekommen Fabriketage mit dem etwas großmäuligen Namen Orenstein und Koppel lofts statt.
Malende Facebook Freunde, Sabatino Cersosimo und Jill Tegan Doherty, hatten mich eingeladen. Deren Bilder schaue ich mir gerne immer wieder an.
Wir entdeckten aber auch noch andere KünstlerInnen.


Tabitha Rab
Die Verabreichung
2016
Cem Ulug
The Veteran
2014

Tyrone Richards
Untitled
2016


Alle Fotos Irmeli Rother

Abstrakte Fotografie?

23.09.2016

Eine der uns liebsten Fotografinnen aus Berlin ist Silvia Sinha. Sie zeigte in der Carpentier Galerie Arbeiten unter dem Titel "Abstraktion des Raumes". Dieser erschien mir etwas gewagt, denn die Fotos von Fr. Sinha zeigen reale Räume. Abstraktion bedeutet in der Kunst das Gegenteil von der Abbildung realer Wirklichkeit. Angenommen wird, dass die abstrakte Malerei und Skulptur eine Reaktion darauf war und ist, dass die Fotografie deren Aufgabe der Wiedergabe der Wirklichkeit übernommen hat.

Nun weiß man / frau inzwischen, dass zwischen der Wirklichkeit und dem Foto das Auge des / der FotografIn steht. Spätestens seit dem Man Ray eine ölverschmierte Nackte neben Maschinen abbildete, ist klar, dass Fotografie auch Kunst sein kann.

Trotzdem sind für mich Fotos nur im künstlerischen Sinne abstrakt, wenn das Fotomaterial direkt bearbeitet wird.
Wenn Silvia Sinha ihre Fotoserie von realen abfotografierten Räumen also abstrakt nennt, meint sie wohl eher Abstrakt im wissenschaftlichen Sinn.

Sie reduziert die Räume auf das für sie Wesentliche. Das bedeutet, dass der Raum zwar ein Raum ist, aber jedoch an den Durchbrüchen Schatten produziert und Farbnuancen zeigt.
Leider schafften wir es nur zur Finissage der Ausstellung, aber ich empfehle euch ihre Fotos im Internet zu betrachten.

Alle Fotos Irmeli Rother

Über den Bäumen ...

18.09.2016

Foto: DFG
Die Deutsch-Finnische Gesellschaft aus Berlin bietet regelmäßig Ausflüge ins Umland an. Zu den Mitreisenden gehören immer viele D/F Paare. Meine Lebensabschnittpartnerin kommt aus dem dünn besiedelten Land im hohen Norden und so bot es sich an die Reise zum Baumkronenpfad Beelitz-Heilstätten mitzumachen.
Viele BerlinerInnen kennen Beelitz nur als Spargelstadt und als Eingangstor zu der "Bergwelt" des Naturparks Hohen Fläming.

Google Maps
Doch nordwestlich der Stadt befindet sich eine ehemalige Großklinik, die zwischen 1900 und 1930 in die Natur gebaut wurde. Der damaligen Behandlungidee entsprechend wurden die Lungenkranken PatientInnen in gute Luft möglichist außerhalb der Städte verbracht, auch um Ansteckung zu vermeiden.
Wir erreichten das Gebäudeensemble nach einer kurzen Reise mit dem Regionalexpress und einem Spaziergang vom Bahnhof.

Daneben entstanden weitere Sanatorien, alle in der zur damaligen Zeit modernsten Technik gebaut.
In den letzten Tagen vor der Niederlage der deutschen Kriegsverbrecher, versuchte die Wehrmacht noch von Westen einen Durchbruch nach Berlin. Als dieser von der Roten Armee zusammengeschossen war verschanzte sich die flüchtende deutsche Armee auch in den Heilstätten und dies war für massive Schäden verantwortlich.

Nach der Befreiung nutze die Rote Armee das Gelände bis 1994 als Hospital für Soldaten.
Die noch funktionstüchtigen Teile setzte sie instand, aber was zerstört war wurde nicht wiederaufgebaut.
Leider stehen heute fast alle der architektonischen Glanzlichter leer und verrotten.

Das liegt unter anderem daran, dass das Gelände nach der Einverleibung der DDR 1995 in die Hände des mit der brandenburgischen Regierung verbandelten Investitionsbetrügers Roland Ernst fiel. Seit dem, sein von der Presse bejubeltes Immobilien - Kartenhaus zusammenfiel, passiert in den Heilstätten fast nichts mehr.

Um den morbiden Charme der Gebäude in Szene zu setzen wurde über einem Teil des Geländes ein stählener Baumkronenpfad gebaut.
Baumkronenpfad ist eine unpassende Bezeichnung. Normalerweise dient eine solche Einrichtung der naturkundlichen Bildung, in dem BesucherInnen das Leben in den Baumkronen gezeigt wird.
Doch zerfallende Gebäude sind auch charmant. Es werden auch Führungen durch diese angeboten.

Nachdem wir einem Obolus von 8,5 Euro entrichteten, fuhr ich mit dem Fahrstuhl auf die oberste Plattform.
Von oben bot sich von dem mehreren hundert Metern langen Pfad ein guter Überblick über die zerfallenden Gebäude.
Auf einem Haus wuchsen Bäume.

Der Komplex war für meine liebste finnische Fotografin ein echter Zaubergarten. So viele Motive von zerfallenden Gemäuern finden sich selten so konzentriert.
Im Anschluss an den Rundgang wollten wir zusammen speisen und besuchten das ehemalige Pförtnerhaus der Heilstätten.
Es ist hübsch restauriert und verfügt über einem Biergarten. Leider ist das Essen schlecht, also lieber Brote mitnehmen und im Pförtnerhaus nur Getränke geniessen.

Alle Fotos ohne Bildunterschrift: Irmeli Rother

Bai, bai Laibzisch

09. - 11.09.2016

Zum Ende des Arbeitseinsatz besuchte mich meine Liebste noch mal in Leipzig. Ich hatte inzwischen die Unterkunft gewechselt. Diese bot leider nur Ausblick von vierten Stock, war aber sonst hervorragend in Schuss.
Wenn ihr mal eine gute Ferienwohnung in Leipzig mieten wollt, gebe ich euch gerne die Telefonnummer des Besitzers.
Das Quartier, die Neustadt, wird von der Eisenbahnstraße geteilt, laut Medien die kriminellste Meile der BRD. Ich empfand jedoch keine Angst, zehn Jahre in Nord-Neukölln hatten mich in dieser Beziehung abgehärtet. Und so ein paar Kriminelle sind mir lieber als widerliches Nazipack.

Bei einem kleinen Straßenfest mit Kinderprogramm in einer Seitenstrasse der gefährlichsten Straße Deutschlands lernte ich eine frisch zugezogene Kölnerin kennen, die mir ein paar Tipps für nette Orte im Kiez geben konnte.

FREITAG

Copywrite Restaurant Tenne
So probierten wir am Freitag das Restaurant Tenne. Das ist in einer Remisse eingerichtet, urgemütlich und bietet neben Speisen einen bezaubernden Biergarten.
Sicher kein Gourmettempel, zum Hunger stillen aber ein schöner Ort. Hierhin führt der / die Leipziger StudentIn auch gerne die besuchenden Eltern.

SAMSTAG


Mit dem Rad fuhren wir Nachmittags zur Karl-Liebknecht-Straße.

Wir schlenderten die Festmeile entlang, die viele Kneipen und Restaurants als Anlieger hat. Zuerst besuchten wir den Flohmarkt in der Fabrikruine, der ehemaligen VEB Feinkost Leipzig.
Bei der Feinkostgenossenschaft gab es viel Spannendes zu sehen und zu kaufen.

Beim Rundgang durch den Kiez verführte ich die Liebste in die Eisdiele Pfeifer. Diese entdeckte ich schon während einer Fahrradtour ein paar Wochen zuvor.. Das Geschäft existiert schon seit 1953, und präsentiert sich im besten DDR Design.
Das Eis ist gut, mit viel Frucht darin. Anders als der Chemiemüll, den die überall aus dem Boden schießenden "italienischen" Eisdielen anbieten.
Doch richtig gut, wie bei Marille und Vanille aus Berlin ist das Eis nicht.

Wieder auf der Karli entdeckten wir die Galerie Süd. Sie zeigte Fotos zu verlassenen Orten von Daria S. Diese bietet auch Touren durch Ruinen an, wo Mutige nach Herzenslust knipsen können.
Mir persönlich waren die Fotos von Daria S. jedoch zum Teil zu stark nachträglich koloriert.

Als sich die Straße langsam mit BesucherInnen füllte verliesen wir die Karl-Liebknecht-Straße.




SONNTAG

Ein Fest lockte uns wieder ins Grassi Museum.

Im Hof wurde allerlei Kulturprogramm geboten. Zu Kaffee und Kuchen passte das Akkordeon Duo Kratschkowski aus der Ukraine vorzüglich. Sie kamen sehr wohlerzogen daher, wie es sich am Sonntagnachmittag im Museum gehört.

Da im Grassi eine ethnologische Abteilung integriert ist bot es sich an dort die Performance "Fremd ist der Fremde nur in der Fremde" aufzuführen.
Die Akteure waren Gaetan Noussouglo und Alexej Vancl

Alexej Vancl gab einen zerstreuten Professor, er holte uns an der Museumskasse ab. Er führte uns durch die polynesische Abteilung, doch er behauptete steif und fest wir wären in der Afrika Sektion. Er verlas unbeirrt vor den Vitrinen seine mitgebrachten Erklärungen.

Irgendwie waren diese auch ein wenig stimmig, trotzdem die Objekte nicht aus Afrika stammten. Das wirkte recht komödiantisch, auch weil der Professor ständig seinen Koffer vergaß. Gerne verhedderte er sich in seinen Blättern. Eben ein typischer akademischer Nerd, wie er so im Buche steht.

Nachdem wir viel über die afrikanische Kunst gelernt hatten, entdeckte ich in eine Vitrine einen Schwarzen in einen Anzug. Der fing an zu singen und trat aus dem Glaskasten.
Dann griff er unseren Professor an, weil der die Objekte der spirutuellen Komponente entkleidet.

Damit endete die Performance.
Ein wenig beleuchtete sie auch unseren problematischen Umgang mit den rituellen Artefakten. Mir fehlte leider die Aussage, dass diese meist von uns gestohlen wurden.

Am Abend verließen  wir Leipzig, nicht ohne den Vorsatz es wieder zu besuchen.

Alle Fotos Irmeli Rother

Heiraten SCHÖN!!!

26. - 28.08.2016

FREITAG

Weil die Ex unter die Haube kam, machte ich mich mit der Liebsten auf zur Alten Molkerei Molkenberg. Ein Gästehaus, in dem die Freunde des Brautpaares mit ihm feierten.

Bei der Anreise mit dem Auto dorthin trödelten wir. So pausierten wir in Rathenow.
Wir parkten an der Stadtschleuse. An der Havel sieht die Stadt schnuckelig aus, aber als wir ins Zentrum kamen, dachte ich, es wäre Sonntag, so tot war die Stadt, doch es war Freitag.
.
Spannend waren aber die drei eisernen Kameraden, die an Tagelöhner erinnerten, die einstmals am Hafen auf Jobs warteten.
Die Stadt ist mit einfallslosen Neubauten bebaut und fordert so wie sie aussieht zur Nutzung der Umgehungsstraße auf.

Das einzige gelungene Gebäude erschien mir das Kulturhaus. Über dem Eingang prangt der Name Johannes R. Becher. Der war u.A. ein wichtiger Kulturfunktionär der DDR. Leider fand ich nichts zum Haus. Auch die Geschichte Rathenaus ist im Internet wenig präsent, als wenn es da viel Peinliches zu verstecken gibt.

Nun kann man den Bauleuten nicht vorwerfen, dass nach dem Ende des Deutschen Reiches die Stadt in Trümmern lag
Es fielen nicht nur verdientermaßen Bomben auf die Stadt, der Kriegsverbrecher General Keitel zog noch nach dem Selbstmord des Gröfaz (Größter Führer aller Zeiten) im Mai 1945 Truppen in Rathenow zusammen. Bei der Niederschlagung des Widerstandes zerschoss die Sowjetarmee den Rest der Gebäude. Leider war Keitel einer der wenigen Nazis, die hingerichtet wurden. Hunderttausend seiner Gesinnung wären besser gewesen. Das Wiedererstarken von rassistischen Parteien wie der AfD wäre schwieriger.

In einem Café aß ich  Würzfleisch, die DDR Alternative zu Ragout Fine. In diesem Fall mysteriöse Fleischstücke in einer Mehlpampe mit Käse überbacken. Chic sah es ja aus, doch der Geschmack war untergründig. Es ist doch komisch, was ich meinem Magen aus DDR Nostalgie zumute.

Gegen Abend erreichten wir das Gästehaus. Gelegen ist dies nah bei der Havel und so ging meine Liebste erst mal schwimmen, ich stand im Wasser und schaute ihr dabei zu.
Das Wetter war so toll, dass wir den ganzen Abend im Garten verbrachten.

SAMSTAG

Mittags fuhren wir mit dem Brautpaar zur Trauung nach Tangermünde.
Viel sahen wir nicht von der Stadt, aber das Wenige begeisterte uns. Die Altstadt ist überwiegend erhalten und gut restauriert.
Die Eheschließung von Susel und Strolch fand in der entwidmeten Salzkirche statt und war feierlich. Das Haus war gut gefüllt und nach dem Ringtausch spielte ein junger Iraner persische Liebeslieder.
Fast hätte ich geheult.

Danach zogen wir ans Elbufer und  genossen Sekt und Häppchen.
Zwischendurch ließen sich die Ehepartner mit Freunden fotografieren. Dabei zog Strolch den Kürzeren, die aktivere Susel ist in so vielen Kreisen eingebunden, wie kaum jemand.



Wieder in Molkenberg gab es erst mal lecker Essen. Als dann die Sonne sank, spielte Lüül und Band Rockiges. Strolch ist mit der Band befreundet und so war dies der erste Programmpunkt auf der Party. Ich kannte die Band noch nicht und war besonders von der musikalischen Vielfalt begeistert.

Auch die intelligenten deutschen Texte gefielen mir sehr gut.
Die Fete ging noch die Nacht weiter bis zum Sonnenaufgang.

SONNTAG

Nach einem ausführlichen Frühstück verliessen wir das Hochzeitspaar. Wir nutzen das Auto, um Schloss Roskow zu besuchen. Dort findet jährlich die Gruppenausstellung "Rohkunstbau" statt. Das Schloss liegt so abseits, dass es ohne einen fahrbaren Untersatz kaum zu erreichen ist.
Der Rohkunstbau fand zum zwölften Mal statt. Diesmal unter dem Motto „Zwischen den Welten – Between the Worlds“. Die KünstlerInnen waren:

Edouard Baribeaud, Ammar al-Beik, Angela de Cruz, Sokari Douglas Camp, Anthony Giocolea, Jia, Clemens Krauss, Ryan Mosley, Arne Schreiber, Peter Strauss, Hamid Sulaiman.
Es fällt mir schwer von dem Besuch dieser Kunstausstellung abzuraten, zumal mir die Arbeiten einiger KünstlerInnen gut gefielen.
Zu den Gründen:
- Es ist eine eher durchschnittliche Ausstellung, wie sie in Berlin ständig stattfindet.
- Es wird ein Eintritt von acht Euro verlangt.
- Zu all diesen Übeln ist auch noch das Fotografieren der Werke verboten

Eigentlich lohnt sich der Besuch nur, wenn man / frau in der Gegend zu tun hat. Das Schloss selbst ist kein guter Rahmen
Das reißen auch die bezaubernden Damen vom Handarbeitsverein Roskow nicht raus. Sie verkaufen Kaffee und selbst gebackenen Kuchen und Gehäkeltes.


Eine Fotografin auf dem Damenclo
Alle Fotos: Irmeli Rother

Leif in Laibzisch III.

14.08.2016

Auch am Sonntag stiegen wir wieder aufs Rad.

Zuerst besuchten wir die russisch orthodoxe Kirche, die wir am Vortag nur von ferne sahen.
Die St.-Alexi-Gedächtniskirche zur Russischen Ehre, ist von außen sehr imposant. Gerade fand jedoch ein Gottesdienst statt, so das wir von einem Besuch des Inneren absehen mussten.
Die Kirche wurde zum Gedenken an die 20.000 russischen Soldaten gebaut, die für den Blutsauger Zar Alexander krepierten.

Leider stand und stehen die Orthodoxen gerne an der Seite der Machthaber, ob Zar oder Putin.
Aber unsere deutschen Katholiken und Evangelen sind da keinen Deut besser. Sie lassen sich das Segnen der Mörder auch vom Staat bezahlen.

Danach fuhren wir durchs grüne Leipzig zum Markkleebergsee. Auch eine Hinterlassenschaft des Braunkohle Abbaus im Übertageabbau. In einem Café an der schicken Uferpromenade, bei Kuchen und Türkentrank, entschieden wir uns gegen eine Dampferfahrt.

Foto Robert Geipel

Dafür für den Besuch des Deutschen Fotomuseum, das ebenfalls im Ortsteil Markkleeberg liegt. Damit ein wenig außerhalb. Es ist jedoch auch architektonisch ein Juwel.

Trotzdem dem es schönes Wetter war und der nicht zentralen Lage war es gut sehr besucht. Die ständige Ausstellung bietet einen Überblick über die Geschichte der Fotografie, mit historischen Gerätschaften und Aufnahmen beginnend mit den Daguerrotypen.

Weniger interessant war eine Sonderausstellung des Wettbewerbs des Fotodienstleisters CEWE unter dem verdächtigem Motto "our word is beautiful" Einige Fotos waren ziemlich ansehnlich, doch viele eher guter Durchschnitt.

Richtig exzellentes zeigte die zweite Sonderausstellung Ullrich Wallenburg "Die Andere Sicht". Er ist ein Meister der digitalen abstrakten Fotografie. Seine Arbeiten begeisterten uns.

Ihr habt noch bis zum 25.09.2016 Zeit seine Arbeiten zu betrachten


Strampeln macht hungrig. Zum Ende der Tour kehrten wir ins Restaurant CoonSTanze ein.
Dies ist im Areal des Werk 2 angesiedelt. Einer ehem. Metallfabrik, die heute als Kulturzentrum genutzt wird.

Alle Fotos außer Fotomuseum Irmeli Rother


Leif in Laibzisch II.

13.08.2016

An diesem Wochenende war meine Liebste im Hochhausappartement zu Gast.
Das Wetter war schnucklig und so erkundeten wir das Neuseenland südlich von L. by bike.

Eine ordentliche Portion Kultur gehörte natürlich dazu.
Am Samstag begannen wir deshalb im Grassi Museum. Das zwischen 1925 und 1929 errichtet Haus beherbergt u.A. ein Designmuseum und bietet eine würdige Atmosphäre für besondere Ausstellungen.


Unser spezieller Anlass das Grassi zu besuchen war die Ausstellung von Arbeiten des Designers Tapio Wirkkala (1915 - 1985).
Der war einer der kreativen Köpfe von Iittala, einer finnischen Glasfabrik mit künstlerischem Welt Niveau.
Es wurde eine breite Palette seiner Entwürfe gezeigt, von denen viele verwirklicht wurden und die heute Design Klassiker sind. Einiges davon würde ich sogar zu Hause in die Vitrine stellen.

Auf dem Weg nach Süden kamen wir an einem riesigen Granitklotz vorbei. Dieser wird Völkerschlacht Denkmal genannt. Die Sieger des Gemetzel vom 16. bis 19. Oktober 1813 feiern sich dort. Eine Koalition um Napoleon schlug sich mit diversen reaktionären Monarchien und verlor die Schlacht. Etwa 100.000 in Armeen gepressten Soldaten ließen für div. Gewaltherrscher ihr Leben.
Eigentlich sollte man den Granitklotz in die Luft sprengen.

Doch die deutschen Patrioten lieben den Krieg und seine Opfer, aber am liebsten, wenn sie selber nicht dabei krepieren. So pilgern sie in großer Menge an die heroischen Denkmäler. Leichen pflastern ihren Weg.

Im Anschluss radelten wir zum Crospudener See und um den See herum. Neben den zehntausenden Lungenkranken ein bezaubernder Nachlass des Braunkohletagebau rund um Leipzig. Die BewohnerInnen kommen  hierher zum Badenvergnügen.

Ich kann mich noch daran erinnern wie es dort nach der Einverleibung der DDR aussah. Anheimelnd wie der Mond.

So viel Kultur und strampeln macht hungrig.

Da meine Liebste und ich Spanien affin sind, schien mir ein Tapas Restaurant der krönende Abschluss des Tages. So landeten wir im Bustamante. Der Lagen ist sehr spanisch, sogar der Besitzer und die Kellnerin stammten daher. Es gab selbstverständlich keine Fertigtapas aus der Tiefkühltruhe.

So etwas wird einem leider öfter in Berlin angeboten.
Für Tierfreunde sind der ausgestopfte Stierkopf und Stierkampfplakate gewöhnungsbedürftig, doch das Essen war exzellent, der Wein süffig und der Hof hinter den Restaurant / Hotel rustikal aber hübsch.

Als wir ankamen, war er noch recht leer, doch er füllte sich im Laufe des Abends gut.
Wir hatten ein Menü für zwei bestellt. Was ihr seht ist die Vorspeise, Pata Negra, Papas arrugadas, Gaspacio, Datteln im Speckmantel und Manchego.
Es folgte noch Einiges.

Leider kann ich euch den Preis des Festmahls  nicht nennen, die Liebste lud mich ein.
Den Rest des Abends danach verbrachten wir auf de Balkon meiner Hochhauswohnung.
Auch nachts ist der Ausblick phantastisch und regelmäßig schoss Feuerwerk in den Himmel.

Alle Fotos Irmeli Rother