Der Besuch der filmische Dokumentation war das Weihnachtsgeschenk von N. Hannes Wader und Konstantin Wecker sind alte Barden der Protestbewegung der BRD. Doch während Wader sich später in der DKP wiederfand, war mir Wecker früher sympathischer. Er war links ohne sich in einen dogmatischen Verein einzuordnen.
Konstantin Wecker
Hannes Wader
Der Film berichtete sowohl von einer Konzert-Tournee der Beiden sowie von ihrer Geschichte und den Verhältnissen in denen sie leben. Sie sind vom Typ her sehr verschieden, so dass es mich wunderte wie sie eine gemeinsame Konzertreise durchstanden. Wader wirkt sehr in sich gekehrt, hat Schwierigkeiten andere Menschen in seiner Nähe zu ertragen. In der Garderobe merkte man ihm wie viel Überwindung es ihn kostet aufzutreten. Wecker dagegen ist eine Rampensau, liebt das Publikum. Doch er kann anderen Künstlern auch Raum gewähren, so dass die Waderfans nicht zu kurz kamen.
Privat klafft es ähnlich auseinander. Wader ist seit seiner 1986 mit einer etwa gleichaltigen Frau verheiratet, Wecker hingegen ist seit 1996 mit einer 35 Jahre Jüngeren zusammen.
Wecker lässt auch gern den bajuwarischen Burschen raushängen. Er wirkte auch in dieser Rolle in div. Filmen mit. Wobei er seine Rolle als Sepp in Beim Jodeln juckt die Lederhose und in weiteren Softpornos in den frühen achtziger Jahren auf seiner WEB Seite nicht verschweigt. Heute sind seine Rollen eher ernsthaft.
Er schreibt auch Film- und Theatermusik, Musicals und Bücher. Auch als Kabarettist wurde er bekannt.
Insgesamt also ein umtriebiger Künstler.
Waders musikalische Karriere begann in den siebziger Jahren in Berliner Folklore Clubs. Das GO-IN, der Steve Club und das Folkpub boten damals Künstlern Auftrittsmöglichkeiten. Ich besuchte diese damals regelmäßig.
Die "Berliner Liedermacher" wie Reinhard Mey, Ingo Insterburg, Schobert & Black verdienten sich dort erste Sporen, leider gelang es ihnen nicht, dem von mir damals gehassten Deutschen Schlager, den Garaus zu machen.
Der Film lohnt sich anzuschauen. Es bringt Spaß sich die gemeinsamen Konzerte anzuhören und spannend ist, was die beiden über ihr Leben erzählen können. Durchaus nicht nur für Nostalgiker.
Mit ein paar Bekannten besuchten Augenstern und ich das Russische Theater in der Kulturbrauerei in Prenzelberg. Das ist recht versteckt gelegen und im Internetauftritt sind die Programmeinträge von 2009. So wussten wir nur, dass es irgendwie Musik geben sollte.
Der Tipp kam von einer Russin.
Enttäuscht wurden wir nicht. Der Auftritt wurde mit Obertongesang eingeläutet. Eine angeblich aus der Mongolei stammende Dame trat mit einem äußerlich an Lenin erinnernden Mann auf. Er begleitete sie mit Maul- und Schamanentrommel.
Dann holte Sasha Pushkin, der Zeremonienmeister des Abends, weitere Freunde auf die Bühne. Jetzt wurde es gut tanzbar. Die musikalische Tendenz war balkanisch, schnell und heftig. Tische wurden zur Seite geräumt und Menschen verrenkten sich im Takt.
Augenstern und ich nutzten die gemeinsamen freien Tage zum Besuch der Ausstellung Polen - Deutschland / Tür an Tür. Nicht nur weil Augensterns Schwiegertochter Polin ist, sondern auch weil ich Polen immer noch zu wenig auf dem Schirm habe, machten wir uns auf den Weg in den Martin-Gropius-Bau.
Dort bezahlten wir den recht hohen Eintrittspreis von 12 Euro pro Nase.
Die Schau gliederte sich in drei Teile. Im ersten Abschnitt, der auf der Hälfte des Rundgangs im Parterre zu sehen war, ging es eigentlich nur darum, welche adligen Blutsauger wann geherrscht hatten und welche ihrer Töchter sie an wen verschachert hatten.Weil dieser Teil für mich uninteressant war, durchquerte ich ihn schnell. Nur ab und zu blieb ich bei auffälligen Gemälden hängen.
Brautkutsche der Herzogin Hedwig
Danach entdeckte ich einen PC, auf dem multimedial die Beziehungen Polen / Deutschland ansehbar waren. An seinem Touchscreen verbrachte ich eine gute Stunde. Hier konnte ich einige neue Informationen zur Geschichte des Nebeneinander her Lebens der beiden Nationen finden.
Danach konnte ich mir besser erklären, weshalb Deutsche gerne auf die Polen herabsehen. Wenn man ein Volk für den eigenen Profit beherrschen und unterdrücken will, bietet es sich an, dieses für minderwertig zu erklären. Dann hat man keine Skrupel es unter die Knute zu zwingen.
Schlacht bei Grunwald, der Deutsche Orden wird besiegt
Im Mittelteil der Ausstellung befand sich dann eine große Installation zum Konflikt Deutscher Orden versus Polen. Leider wurde hier nicht Roß und Reiter genannt. Der Deutsche Orden war es, der polnische Gebiete besetzte und einen Kreuzzug gegen das ebenso christlichen Polen anführte. Schlussendlich konnte Polen diese Raubritter vertreiben.
Erschießung mit einem Jungen
Andrezej Wróblewski, 1949
Der dritte Teil widmete sich der Eroberungen Preußens und des 2. deutschen Reiches in Polen. Auch damals wurden die Polen von den deutschen Herren als Arbeitskräfte ausgebeutet. Fast ohne Unterbrechung knüpfte das 3. deutsche Reich an diese Politik an. Die polnische Intelligenz wurde systematisch ermordet, die polnischen Schulen wurden geschlossen und die Menschen in die Zwangsarbeit gezwungen. Zum Glück bereitete die Sowjetarmee diesem Spuk ein Ende.
Doch dies erzählte die Ausstellung nur sehr verhalten, ich spürte förmlich, dass alle Fettnäpfchen der Geschichte vermieden werden sollten. Auch die Vertreibung der deutschsprachigen Polen aus den Land nach 1945 kam nur wenig zur Sprache. Wenigstens wurde die Rolle der Solidarnosc bei der Zerschlagung des verlogenen Sozialismus gewürdigt.
So verfehlte die Ausstellung ihr Ziel die Geschichte der Beziehungen Polen / Deutschland umfassend darzustellen. Es war zu merken, dass die Kuratorin sich selbst zensiert hatten.
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Abends besuchte ich mit Augenstern das Konzert der 17 Hippes in der Kulturbrauerei. Wir bewegten uns recht weit in Richtung Bühne vor, um etwas von der Band zu sehen. Diese 1995 gegründete Gruppe spielt Weltmusik. Meist sind das gut tanzbare Stücke.
Wir hatten uns einen Platz gesichert, auf den wir ein Tänzchen wagen konnten, trotzdem das Kesselhaus brechend voll war. Das Konzert war ausverkauft.
Toll ist dass die Band neben einem vielfältigen Repertoire sehr gut Musiker vereint.
Einzig die Anzahl der Musiker ist Betrug, es waren nie siebzehn, mit Gästen mal fünfzehn. Deswegen wollte ich zuerst Geld zurückfordern, Augenstern musste mich erinnern, dass wir Freikarten gewonnen hatten.
Der neue Film von Andreas Dresen, Halt auf freier Strecke, zeigt wie ein Mann um die vierzig versucht mit der Diagnose Gehirntumor umzugehen. Er weiß, dass er nur noch Monate zu leben hat. Langsam setzt der Verlust der geistigen Fähigkeit ein.
Er vergisst wie Dinge und auch wie seine Kinder heißen.
Die Familie versucht ihn aufzufangen, doch das ist schwieriger als gesagt. Der Tochter ist der sabbernde Vater peinlich. Der Sohn ist noch klein und kann mit der Situation umgehen.
Seine Frau ist überfordert neben Arbeit und Haushalt auch noch die Pflege zu leisten. Ihr Mann wird jedoch nicht nur sonderbar, sondern auch aggressiv.
Der sich Verlierende bemerkt diesen Verfall und findet das nicht toll.
Spätestens wenn er denkt, er kann etwas leisten und es klappt nicht. Oft versucht er so etwas zu verstecken.Wenn PflegerIn ihm helfe, wehrt er ab. Das hört meist erst auf, wenn das Ende naht und die Demenz stark fortgeschritten ist.
Bevor die Frau zusammenbricht, gelingt es ihr professionelle Beratung und Krankenpflege zu akzeptieren. So kann ihr Mann im Kreis der Familie sterben. Den DarstellerInnen gelingt es gut diese gerne verdrängte Geschichte darzustellen.
Doch war ich am Schluss froh, dass der Film vorbei war. Sterben ist selten lustig, und der dargestellte geistige Verfall ist nicht gerade was man / frau sich als Vorspiel zum Tod wünscht. Ich bekam Angst.
Ein subpolares Basislager hatte Christop Marthaler für uns bereitet. Wir durften Blicke in den Innenraum werfen und anfangs war auch nicht mehr zu sehen als ein etwas unaufgeräumten Containerraum. Nach etwa zehn Minuten kam die Besatzung zur Tür herein.
Sie zogen die Schneeanzüge aus und setzte sich an einen Tisch. Es wurde gesungen und an einander vorbei geredet. Es gab ein wenig Auftritte und Abtritte. Dann meldete sich die Zentrale auf Deutsch und eine Grönländerin antwortete auf Grönländisch ohne Übersetzung.
So wenig wie sich die Kommunikationspartner verstanden, so wenig verstanden Augenstern und ich, was wir vielleicht auch nicht verstehen sollten. Doch muss man / frau seine Zeit mit Beschauen des doch recht eintönigen Alltags einer arktischen Station verbringen?
Wir sahen dies nicht ein und verließen nach einer Stunde die Vorstellung. Zum Glück hatten wir die Karten gewonnen.
Ohne R´s Geburtstagsgeschenk hätte ich Mummenschanz nicht kennen gelernt. Das ist eine fantastische, internationale, herumreisende Maskentheater Gruppe. Was sie in 3-10 Minuten Sketchen zeigen sind wunderbar poetische Gedichte ohne Ton.
Manchmal ist dabei nur eine Maske auf der Bühne, oft interagieren zwei oder mehr miteinander. Der Auftritt fand im Admiralspalast statt, leider war dieser jedoch nur halb besetzt, 60.- Euro für die preiswertesten Karten war wohl Vielen zu heftig.
Einmal in Jahr zieht das Festival Cinema Italia durch 28 deutsche Städte, um am Ende in Berlin den Publikumspreis zu vergeben.
Bei freiem Eintritt wird der Gewinnerfilm gezeigt. Die Darstellerin Micaela Ramazzotti nahm den Preis entgegen.
Anschließend stand im Foyer ein leckeres Büfett und Wein und Prosecco flossen in Strömen.
R. + S. genossen mit mir die Leckereien.
Diesmal war der Gewinner LA PRIMA COSA BELLA, ein Film über eine Sohn - Mutter Beziehung
Die Geschichte beginnt in Italien der 60er Jahre: Bei der Wahl der Miss Strand gewinnt die Mutter vom kleinen Bruno. Später hängt im Fotoladen ein Bild von ihr, auf der sie den Moderator des Misswahl küßt.
Deshalb dreht ihr Mann durch und sie verlässt ihn mit den Kindern. Das turbulente Leben einer allein erziehenden Mutter in dieser Zeit beginnt. La Mama ist eine italienische Löwenmutter, aber sie wäre auch gerne ein berühmter Filmstar.
Sohnemann findet ihre Affären peinlich. Als er sechszehn ist, nimmt er Reißaus. Aber all das erfahren wir erst später. Zu Beginn sehen wir einen verhuschten Lehrer, der von seiner Schwester erfährt, dass seine Mutter nur noch kurz zu Leben hat.
Vor einem Besuch würde er sich aber gerne drücken. Die Schwester zwingt ihn aber mitzukommen. So lernt er seine Mutter neu kennen und lieben. Sie ist immer noch ein verrücktes Huhn. Als sie dann stirbt, ist er mit ihr ausgesöhnt.
Insgesamt ist der Film sehr nett, erheiternd und zeigt viel vom italienischen "Leben" in den Sechzigern. Doch ist er auch irgendwie eine im Stil von damals gedrehte Komödie. Ich war nicht komplett begeistert.
Etwas Gutes hat es auch wenn ich keinen Job habe. So konnte ich wieder an einer Nachmittagsführung in der Berlinischen Galerie teilnehmen. Am ersten Montag im Monat zahlt man / frau nur den halben Eintritt und die Führungen sind sowieso im Preis inbegriffen.
Diesmal betrachteten G. und ich Fotos von Friedrich Seidenstücker unter Anleitung des Kurators, der sie für die Ausstellung zusammengestellt hatte.
Nach dem Kunststudium 1920 hatte Seidenstücker sich als Bildhauer versucht, dann wurde die Fotografie sein Brotberuf. Er flanierte durch die Straßen Berlins und knipste was er sah.
Dazu gehörten auch die um ein Dreirad streitenden Kinder.
Einen weiteren Meilenstein seiner Karriere bildete die Akkreditierung als Zoofotograf. Im Zoologischen Garten gelang es ihm Kurioses aus Sicht der Tiere und der Besucher abzubilden.
Dabei fragte er auch gerne Gemeinsamkeiten nach. Oft sind Tier und Mensch doch recht ähnlich.
Ab 1933 waren seine Bilder nicht herrisch genug. Er bekam kaum Aufträge. So fotografierte er lieber privat Aktmodelle.
Mir gefiel es die jungen Damen mit Kopftuch vor so einem Akt abzulichten.
Momente der Irritation mag ich auch.
Am Abend besuchten wir dann den Sandmann. Seit Jahren findet hier Montags eine Bluessession statt. Blue Monday ist ein nicht mehr ganz geheimer Geheimtipp. Es war brechend voll. Vielleicht auch weil S.C.H. Berliner Blueslegende und Leiter der Session Geburtstag hatte.
Viele, die in dieser Szene einen Namen haben wie Nina T. Davis, spielten deshalb mit ihm. Es wurde ein fröhlicher Abend in dieser alten Eckkneipe im verruchten Neukölln.
Leider wird hier jedoch wie fast überall im Bezirk gequalmt. So stanken am Morgen meine Klamotten.
Vor Weihnachten gibt es jedes Jahr den Markt der Kontinente im Ethnologischen Museum in Berlin / Dahlem. An
vier Wochenenden vorm Fest findet jeweils eine Zuordnung zu einem
Kontinent statt.
Wie
im letzten Jahr betreute ich für ein paar Stunden den Stand von Radio
multicult.fm. Der Weihnachtsmarkt wird überwiegend von der gebildeten
Mittelschicht besucht. Diese ist auch eine große Zielgruppe des Radios
und so ist die Präsenz wichtig, um Kontakt zur Zuhörerschaft zu halten.
Dieses Wochenende war beim Markt Amerika das Motto. Passend spielte die Band Colinda Musik, die aus Louisana stammt, Cajun und Zydeco.
Nachdem Frankreich Louisana 1803 an die USA verkaufte, blieben viele Französisch sprechende BewohnerInnen dort. Ihre Musiker entwickelten den
Cajun Stil, tanzbare Musik mit französischen Texten.
Colida greift diese Musik auf, die auch in die Country Musik der USA ausgestrahlt hat.
Die Tanzstile der Band sind meist Polka und Walz, die Geschwindigkeit erinnert manchmal an Balkan Musik.
Wichtige Instrumente sind Fidel und kleine Quetschkomode.
Leider wurde zu wenig getanzt.
Zwischendurch kaufte ich auf dem Markt Weihnachtsgeschenke ein.
Ein
großer Teil der Fläche ist jedoch von sogenannten Dritte Welt Händlern
belegt. Diese bieten fast alles an, was kosmopolitische BürgerInnen gerne
um sich haben und verschenken. Auch ich bin immer wieder fasziniert vom
der Qualität und der schlichten Schönheit des Angebotenen.
In der Berlinischen Galerie werden in letzter Zeit öfter aus den Nachlassen bedeutender Fotografinnen Ausstellungen zusammengestellt. Diesmal vom Verborgenen Museum initialisiert. G. und ich ließen uns bei einer Führung das Werk von Eva Besnyö erklären.
Die in Ungarn geborene Fotografin lebte und arbeitete von 1930 - 1933 als Bildreporterin in Berlin und floh dann rechtzeitig nach den Niederlanden. Vor der Besetzung nahm sie an bedeutenden Ausstellungen teil. Später kämpfte sie in Widerstand gegen die Deutschen und ihre Vasallen im Untergrund. Sie fälschte Pässe und Papiere.
Nach dem Krieg arbeitete sie dann in den Niederlanden hauptsächlich an Fotoreportagen. Dabei entfernte sie sich von den von der Malerei abgeleiteten Regeln. Es spielte für sie nicht mehr so eine Rolle, ob der Schatten markant ist oder ob Fluchtlinien an den Goldenen Schnitt angelehnt sind. Momente zu erfassen wurde ihr wichtiger.
Besonders toll fand ich, dass sie die Aktionen der Dollen Minas, einer feministischen Gruppe aus den 60ern, dokumentiert hat. Von denen hörte ich im Fernsehen. Die Minas wurden damals in den deutschen Medien verlacht, verrückte Dinge fordernde Frauen waren das.
Als ein paar Jahre später die Frauenbewegung in Deutschland ankam, blieben der Journaille die dummen Sprüche im Hals stecken.
Leider fand ich nur ein Video in holländischer Sprache, in dem sich Veteraninnen erinnern. Schön anzusehen ist es trotzdem.
Wir wurden von einer Volontärin der Berlinischen Galerie durch die Ausstellung geführt. Die Führung erfüllte trotzdem meine Erwartungen, die junge Dame war erstaunlich kompetent. Leider erlebte ich schon anderes. Am liebsten lasse ich mich von Kuratoren führen.