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Killer in Indonesien

09.02.2013

© Irmeli Rother
Während der Berlinale sahen wir den Dokumentarfilm
The Act of Killing in der Reihe Panorama in Kino International in Ostberlin.
Joshua Oppenheimer drehte ihn in Indonesien. Mehrere Jahre hielt er sich dafür vor Ort auf. Seine nicht einfache Aufgabe bestand darin mit Massenmördern zu arbeiten.

© Irmeli Rother
Für sein Projekt musste er sie persönlich kennen lernen und "gemeinsam" mit ihnen den Film gestalten.
Trotzdem über den Film vorher bekannt wurde, dass er der politischste und brutalste Beitrag des Jahres wäre, war das Gedränge groß und die Vorstellung ausverkauft.

Zur Geschichte im Film:

In Kalten Krieg war die Welt leicht zu verstehen. Überall auf dem Globus schienen die Kommunisten auf dem Vormarsch. Indonesien war führendes Mitglied der erstarkenden Blockfreienbewegung. Dieser unterstellten die USA eine verdeckt für die Sowjetunion arbeitende Organisation zu sein.

Um ihren Herrschaftbereich abzusichern, installierten die USA zwischen 1960 und 1990 in vielen Ländern Militärdiktaturen, deren Aufgabe es stets war die sozialen Bewegungen einzuschüchtern und Vasallenregierungen zu installieren.

Helmut Kohl und ein Massenmörder
Der bekannteste Organisator dieser Morde war der US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger.
Die Bundesrepublik unterstützte, wie viele andere Vasallen der USA, diese Politik und hielt zu den Diktatoren freundliche und herzliche Beziehungen.

Die Idee des chilenischen Generals Pinochet: "Die Demokratie muss gelegentlich in Blut gebadet werden" hat sich ja auch in unserem Land. bewährt.

Für Lateinamerika richteten die USA extra eine Folterschule mit dem Namen Escuela de las Americas in Panama ein.
Eine sehr unvollständige Liste der Militärputsche:
1950 Guatemala, 1960 Türkei, 1965 Indonesien, 1967 Griechenland, 1973 Chile, 1976 Argentinien, 1980 Türkei, 1985 Brasilien.
In den Ländern entstanden Militärregierungen, die mit Unterstützung der USA die Gegner töten sollten. Schon vor dem Umsturz 1965 in Indonesien hatte die US-Botschaft eine Liste mit tausenden Feinden erstellt, die den Putschisten übergeben wurde.

Der General zu Besuch in der BRD
Als das Militär in Indonesien unter General Suharto gegen die gewählte Regierung putschte, nutze es jedoch einen Sonderweg, um die Feinde des Kapitalismus und der USA zu liquidieren. Gangster erhielten vom Militär freie Hand an dieser Aufgabe mitzuarbeiten.

Sie bildeten Todesschwadronen, die Menschen entführten, folterten und mit den so erpressten Namen die nächsten Opfer fanden. Die Ausgepressten wurden umgebracht. Dadurch, dass sie in ihrer Gemeinde lebten, konnten sie außerordentlich erfolgreiche Verfolger sein.
So ermordeten sie ca. eine Millionen IndonesierInnen. Eine frühe Variante des public privat partnership. In Indonesien wird der Zeitraum dieses Massakers die Saison der Hackmesser genannt.

Das Besondere an der Situation dort ist, dass die Mörder von damals heute hochangesehene Bürger sind und sie keine Verfolgung erwartet. Das ermöglichte die Täter direkt vorzuführen.

Sie berichteten stolz vor der Kamera von ihren Taten und spielten diese gerne nach. Ein sympathisch wirkender älterer Herr (der mit dem Strohhut) erzählte davon, dass das Blut der vielen Erschlagenen den Abtransport der Leichen schwierig gestaltete. Seine Lösung war die Opfer mit einer Drahtschlinge zu erdrosseln. Er berichtete aber auch, dass ihn die Toten in Albträumen begleiten. Dieses Trauma gönne ich ihm gerne.
Fast schon witzig war der Ratschlag eines Mordkumpanen, deswegen einen Psychiater aufzusuchen.

Beim Nachstellen eines Überfalls auf ein Bauerndorf brachten sie ihre Verwandten, sogar im Kleinkindalter befindliche Enkel zum Dreh mit. Als diese weinten, wurden sie von den Mördern getröstet.

Da blitzte mir der Gedanke durch den Kopf, wie das gewesen wäre, wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte. Alle Juden, die für die Deutschen erreichbar waren, wären erfolgreich ermordet und die Täter wären Rentner mit einer ordentlichen Pension.
Sicher würden sie genauso stolz von ihren Taten berichten und auf Wunsch eines Kamerateams auch mal ein Massaker nachstellen. Die ehemaligen Ingenieure von Bayer und Co. würden ihre Ruhmestaten bei der Perfektionierung der Vernichtung beschreiben und der "normale" Deutsche würde frohen Herzens sagen, er hätte von allem gewusst.
Der Regisseur nutzte die wohl weltweit einzigartige Chance, um mit den hochangesehenen Mördern zu drehen. Ich finde, er tat dies genial.

Kritiken der Anderen: TAZ, Spiegel, Deutschland Radio Kultur,

Schleiertanz rückwärts

03.02.2013

Der Stadtzeitung TIP sei Dank konnten meine Süße und ich kostenlos das Tanzstück "Der Bau" in den Uferstudios anschauen.

© Laurent Goldring
So begann es:
Isabelle Schad stand allein und nackt auf dem Podium und verrenkte sich rhythmisch und heftig. Dabei waren ihre vom Tanztraining ausgebildeten Muskeln heftig in Bewegung und gut zu sehen.
Ich empfand diesen ersten Teil des Solostücks sehr anschaulich.

© Laurent Goldring
Nach einer Weile griff sie sich einen der auf dem Boden liegenden Schleier und erzeugte mit ihm Wellen. Sie wickelte sich dann darin ein und nach einer Weile nutzte sie ein andersfarbiges Tuch. Teilweise wurden die Wellenmuster durch Geräusche wie Meeresrauschen unterstützt.
Zum Schluss war sie in fünf Schleier eingewickelt und rollte wie eine Raupe über den Boden.

© Irmeli Rother
Übrig blieb ein Haufen Stofftücher.
Ich war von der kraftvollen und ausdrucksstarken Performance begeistert. Gemeinsam mit dem Restpublikum klatschte ich mir die Hände rot.
Wieder war ich jedoch zufrieden nicht vorher den Begleittext gelesen zu haben. Das Stück bezog sich auf ein Romanfragment von Kafka und stand unter dem Motto "Auch der Raum ist ein Organ". Was das Gesehene damit zu tun hatte, erschloss sich mir überhaupt nicht.

Im Nahen Osten

30.01.2013

Weil die Liebste noch ferner im Osten arbeitet, trafen wir uns in der Mitte am S-Bahnhof Ostkreuz. Nördlich davon befindet sich der aktuell noch beliebteste Touristen Trampelpfad der Hauptstadt. Die meisten Restaurants und Lokale dort gehen davon aus, dass der Gast nie wieder kommt. Entsprechend ist auch die Qualität der Speisen und der Bedienung.

Doch wir waren hungrig und nach langwieriger Recherche im Netz stieß ich auf den Fischschuppen, einen gehobenen Imbiss für LiebhaberInnen des Meeresgetiers. Die meisten der Kommentare zum Laden waren positiv, doch einige warnten heftig. Die Fotos der Einrichtung wirkten jedoch sympathisch.

Warum sollten sich unsere Vorurteile gegen die Touristenmeile sich immer bestätigen?
Doch sie taten es. Bei meinen Spaghetti mit Jacobsmuschel schmeckte die Sauce so ekelig, dass ich nur einen Bissen kostete. Der Zander der Liebsten war hart durchgebraten und die "frischen" Bratkartoffeln waren wohl ein Fertigprodukt.
Den Fischschuppen bitte meiden!

Doch Futtern war nicht unser Hauptziel, wir wollten uns mal wieder eine Dosis Kultur reinziehen. Im Stadtmagazin war mir ein neues Kino mit dem verwegenen Namen Zukunft aufgefallen, das direkt am Ostkreuz angesiedelt ist. Dort spielten sie unseren Wunschfilm.

So überquerten wir nach dem grässlichen Essen die S-Bahngleise und fanden uns in einem Industriegebiet wieder.
Dort ist die Zukunft, das Kino, die Kneipe und die Galerie, in Baracken untergebracht. In unseligen Zeiten war dort ein Filmlager der DDR.

Die Tapeten und ein Teil des Mobiliars sind noch aus dieser Ära. Verstärkt durch einen leicht muffigen Geruch schwebt der diskrete Charme der Vergangenheit durch die Räume. Manchmal war auch noch ein Hauch des berühmten DDR Desinfektionsmittels zu erahnen.

Zur Kinokarte wurde uns dann ein Kulturbeitrag von 30 Cent für den Besuch der Galerie abgeknöpft.
Jen Repin war dort mit Gemaltem vertreten. 
Seine Formate waren recht unterschiedlich und auch die Stile wechselten mal zum Comic, mal in Richtung klassischen Realismus.
Ich habe das Gefühl, der Künstler hat seine persönliche Malweise noch nicht gefunden.

Dann suchten wir den Kinosaal auf. Er ist in Verhältnis zum Rest der Einrichtung hochmodern und mit sehr komfortablen Sitzen ausgestattet. Auch die Beinfreiheit ist exzellent. Von den ca. 50 Plätzen waren nur zwei, und zwar von uns, belegt.

Dort sahen wir den Film "Cäsar muss Sterben", der Altmeister des italienischen Kinos, den Gebrüdern Taviani.
So kurz vor der Berlinale 2013 wollten wir wenigsten den letztjährigen Gewinner des goldenen Bären gesehen haben.
Die Geschichte um den Tyrannenmord an Julius Cäsar, für die Bühne von Shakespeare umgesetzt, dürften viele kennen. Darin wird Cäsar, nachdem er zum Alleinherrscher ernannt wurde, von einer Gruppe enttäuschter Anhänger erdolcht.
 
Das Besondere am Film war jedoch, dass eine Gruppe von Gefangenen aus einem italienischen Hochsicherheitsknast dieses Theaterstück erarbeitete und aufführte. Keine leicht zu führenden Laienspieler, die meisten sitzen wegen Mafiavergehen.

Der Film ist aber keine Dokumentation sondern das Casting, die Proben und die Aufführung sind voll durchinszeniert. Doch dadurch dass, bis zum Spiel vor den ZuschauerInnen, der Film schwarz / weiß ist, wirkt er authentisch.

Im Nachhinein bin ich mir unsicher, ob ich gerne eine der auch in Berlin stattfindenden Theater im Knast ansehen will. Den Gefangenen ist anzumerken, dass sie um ihr Leben spielen, doch ist es für sie gut, wenn alles doch wieder in einer Zelle endet?



Die Kritiken der anderen: Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, Nachtkritik

Sugarmamas auf Safari

21.01.2013

GASTBEITRAG


Zum Thema Sextouristinnen gab es vor ein Paar Jahren den Film "In den Süden" mit Charlotte Rampling in der Hauptrolle. Jetzt bringt der Österreicher Ulrich Seidl uns in seinem Film "Paradies: Liebe" nach Kenia. Dort suchen die in die Jahre gekommene Europäerinnen den Kick von jungen, knackigen Männern begehrt zu werden. Die fünfzigjährige Teresa macht Urlaub in Kenia, wo ihre Freundinnen sich schon routiniert von Einheimischen anbaggern lassen. Teresa hat als Anfängerin erstmal Hemmungen sich auf das Spiel einzulassen, sie ist unerfahren und teilweise naiv. Sie versucht an der Illusion Liebe festzuhalten, glaubt an echte Begierde.

Es geht  jedoch um knallhartes Geschäft.  Eine weiße Urlauberin ist für einen jungen kenianischen Familienvater eine zu Fleisch gewordene Geldbörse. Die Frauen nutzen deren Not in erniedrigendem, kolonialistischem Stil.

Das Wort Safari bedeutet Jagdreise, hier geht es um eine Sexsafari. Wer wen jagt, möge offen bleiben.

Teresa ist übergewichtig, weit entfernt von westlichen Schönheitsidealen. Den kenianischen Beachboys ist das Alter und die Festigkeit des Körperfleisches  zweitrangig, Hauptsache die Medikamente für das Baby werden bezahlt.

Teresa wird in das raue, bescheidene Welt der Einheimischen mitgenommen, sei es für eine Mitleidstour in den ärmlichen Behausungen oder für schnellen Sex in einem trostlosen Stundenhotel.

Den jungen Männer sind alle Mittel recht, Hauptsache es springt was dabei raus. Es wird gelogen, getrickst, sexuelle Interessen, ja sogar Liebe,  vorgegaukelt. Manche Methoden sind schlicht erniedrigend.

Teresa kann in den Schutz ihres Luxusressorts zurückkehren, wo Touristen Tag und Nacht bewacht werden.
Die Beutetouren werden zusammen mit den Freundinnen ausgewertet. Da wird unablässig über die Sexpartner gesprochen, sich lustig über deren Sprechversuche in Deutsch gemacht. Ist es Gleichberechtigung, wenn vier Frauen sich mit einem bezahlten Boy vergnügen? Ist es moralisch verwerflich, wenn es sich bei dem als Geburtstagsgeschenk bestellten Stripper um einen Mann aus der so genannten Dritten Welt handelt? Gibt es Freiwilligkeit in Sachen gekaufter Sex?


Die Rollen im Film sind teilweise mit Berufschauspielern, teilweise mit Laien besetzt. Terese wird grandios von Margarethe Tiesel gespielt. Vieles im Film wirkt authentisch, beinah dokumentarisch. Es ist kein fröhlicher Film, jedoch allermal sehenswert. "Paradies: Liebe" ist der erster Teil einer Trilogie des Regisseurs. Der dritte Teil „Paradies: Hoffnung“ läuft im Wettbewerb auf der Berlinale.



Kritiken der Anderen: Zeit, Tagesspiegel, Spiegel,

Liedermacher Revival

19.01.2013

Als junger Kerl war ich in Berlin regelmäßiger Gast in Clubs, in denen auch Liedermacher mit Gitarre und deutschen Texten auftraten. Bei einer solchen Kombination sind die musikalischen Möglichkeiten jedoch recht begrenzt und so war ich froh, als der Hype um die Liedermacher abebbte. Zwar gibt es einzelne übrig gebliebene Leuchttürme wie Hannes Wader, aber ein Konzert mit ihm hätte ich nicht freiwillig besucht.

Leider ist das Foto etwas veraltet.
Dieses Mal war es eine Einladung, die mich ins SO36 lockte. Es war gerammelt voll. Der erste Minuspunkt beim Konzert war, dass das Rauchverbot nicht durchgesetzt wurde. Der Gestank war dementsprechend.
Dann trat die Vorgruppe Billi Rückwärts, zwei Jungs mit Gitarre und eine Frau mit Geige, auf. Musikalisch waren sie recht gut, leider waren die Texte spätpubertierendes Geschwätz.

Dann erschien Götz Widmann, der Star des Abends. Er spielte ein Wunschkonzert. Seine Fans hatten die Auswahl getroffen. Schon beim ersten Song sangen viele mit, die Texte wurden besser, doch richtig begeistert war ich auch nicht.
Nach dem dritten Lied verließen wir das SO36.

Wir zogen weiter ins Ballhaus Naunynstrasse. Dort hat die bekannte DJane Grace Kelly die Bar im Keller übernommen. Die hat sie auf den Namen "Heimlich" getauft. Wie gehofft, hörten wir dort einen tollen Weltmusikmix aus dem Laptop.



Auf dem Heimweg entdeckten wir im Treppenhaus spannende Kunstwerke von Silvina Der-Meguerditchian.
Sie ist Nachfahrin armenischer Flüchtlinge aus der Türkei und zog aus Argentinien nach Berlin. Ihr Teppich mit eingewebten, geschlossenen Augenpaaren steht für die geleugnete Verantwortung der Türken an der Vertreibung und den Massakern an der armenischen Minderheit 1915 / 1916.
Die Opferzahlen schwanken zwischen 300.000 und 1,5 Millionen.

Finissage mit Fuffzehn

12.01.2013

Eine kleine feine Galerie hat in der Nähe des U-Bahnhofs Walter-Schreiber-Platz ihre Tore geöffnet. Die Galerie Fröauf ist einem Laden untergekommen. Deshalb war ich skeptisch, als ich die Anzahl der KünstlerInnen sah, die dort ausstellen wollten.
Doch Platz ist in der kleinsten Hütte, wenn Frau weiß, wie geschickt gehängt wird. Die Hängung war sehr gelungen und die meisten Werke fand ich beachtenswert.

Dieses und die folgenden Fotos
© kunstraum FRÖAUF S. Wehr
Andreas Fischer
Tante Hilde
Lupe Godoy
`Schwarz ist mein Name` 2012, Collage auf Pappe, 30 x 30 cm
Heinz Kasper
Into the Light
(ein Schneelabyrinth)
Kunst am Berg Zell am See (A) Januar 2012
Ulrike Hogrebe
Silke Koch
from the series "Rockets from Evil Empire" - 2008/09 porcelain, plastic, metal, glass
45cm x Ø 13cm
Julia Neuenhausen
Ernst Baumeister
“Gesicht weiblich” 2011, Siebdruck
Mechthild Ehmann
`Little Hip` 2011, Sodalit
David Gessert
Jürg Schmiedekind
Berlin-Mitte, Vossstraße, 2012, Fotografie
Ev Pommer
`durchlässig` 2004 – 2007, Holz/Pigment, 74 x 46 x 95 cm
André Baschlakow
Aus der Serie `Tagebaulandschaften der Niederlausitz` Kontaktprintverfahren, Baryt
Susanne Wehr
`restless` 2012, Photocut, 70 x 100cm, gerahmt
Angela Bröhan
Aus der Serie “In anderen Gegenden” Teneriffa 2012, Fotografie,
Format 30 x 30 cm,
Auflage 10 + 1 AP
Gregor Cürten
`Marlen Haushofer 1955` 2010, Eitempera und Enkaustik auf Bütten, 51x39cm
Die Werke der meisten KünstlerInnen fanden mein Wohlwollen. Nur die Arbeit von David Gessert fand ich richtig schlecht.

Deutsch - Skandinavische Freundschaft

06.01.2013


Am Sonntag trieb es uns, meine geliebte Finnin und mich, zur Deutsch - Skandinavische Jugend-Philharmonie. Dieses Orchester existiert seit 1981 und tritt ein mal im Jahr in Berlin auf. Es probt stets ca. zwei Wochen und dann folgt ein Abschlusskonzert in der Berliner Philharmonie.

Karelische Mädchentracht
Nachmittags trudelten wir dort ein und nahmen in dem etwas klein geratenen finnischen Block Platz.
Trotzdem das Konzert unter dem Motto "Karelien" stand, war das gut gefüllte Auditorium nicht mehrheitlich mit Suomi gefüllt. Ich hatte dies erwartet, denn vielen FinnInnen ist Karelien ein heiliger Ort. Ihr Nationalepos Kalevala soll dort entstanden sein und einige trauern immer noch dem im Krieg gegen die Sowjetunion verlorenen Gebiet nach.

Am Beginn des Konzerts waren die jungen MusikerInnen wohl noch etwas nervös, denn es kam zu kleinen Missgeschicken, aber dann griff der Dirigent Andreas Peer Kähler ein und später lief alles rund.
Das Programm war anspruchsvoll:
- Jean Sibelius selten gespielter Karelia-Ouvertüre op. 10
- Jean Sibelius Karelia-Suite op. 11
- Igor Strawinsky Orchestersuite zu dem Ballett Der Feuervogel

Das waren bekannte Stücke, die dem Orchester gut gelangen. Richtig genial war jedoch die Eigenkomposition vom Dirigenten Andreas Peer Kähler und der Volkssängerin und Musikwissenschaftlerin Karoliina Kantelinen. Frau Kantelinen kam von Rang herunter zum Pult und stimmte dabei Joik (Obertongesang) im Wechsel mit den Gruppen des Orchester an. Sie forderte diese mit gesungenen Passagen zur Antwort heraus.

Eine tolle Idee, die das Konzert mit den 90 jungen Musikern aus 15 Ländern zu etwas sehr Besonderem machte. Bei dieser Aufführung durften sogar die PercussionistInnen die Ärmel hochkrempeln und mit Wasser plempern. Für das Orchester war das Stück eine Herausforderung.

Zum Schluss gab es lang anhaltenden Beifall und sogar noch eine kleine Zugabe.

Finnische Wettergöttin

30.12.2012

Wenn mein finnisches Naturmädel aus dem Fenster schaut und sagt heute regnet es nicht, werde ich zukünftig heimlich eine Regenhaut einstecken.
Der Sonntag begann mit frühlingshaften Temperaturen und teilweise Sonnenschein.

Es schien wie gemacht für einen kleinen Ausflug auf zwei mal zwei Rädern. So schlug ich vor eine Ausstellung im Haus am Waldsee in Zehlendorf zu besuchen.

Da die Liebste regenfreiheit verkündet hatte, verzichteten wir auf entsprechende Kleidung. Nach 20 Minuten, etwa zehn Minuten vom Ziel entfernt, begann es wie aus Eimern zu schütten. Pudelnass und durchgefroren kamen wir an. Zum Glück war das Museumscafe geöffnet

Als wir heißem Kakao tranken, kehrten unsere Lebensgeister zurück.
So gerüstet besahen wir uns was Erik Schmidt an Kunst zu bieten hat.
Den hat die Occupy Wallstreet Bewegung in NewYork so begeistert, dass viele seiner letzten Arbeiten um dieses Thema kreisen.
Die früheren Malereien begeisterten mich wenig, sie wirkten zu flach und waren eher Architekturzeichnungen. Auch die Videos begeisterten wenig.

In der Occupy Serie verwendet er viel aus Tuben und mit Spachtel aufgetragene Ölfarbe. Von Nahem betrachtet wirken sie wie Reliefs. Durch den groben Farbauftrag entfalten die Bilder ihre Wirkung erst nach einigem Abstand zum Betrachter.

We shall overcome, 2012
Tony Cragg, 2008
Outspan
© Irmeli Rother 
Für diese Bilder hat sich der Besuch der leider schon zu Ende gegangen Ausstellung gelohnt. Obwohl die Liebste den, mit 7 Euro doch recht heftigen, Eintrittspreis bemängelte.
Im teuren Villenvorort Dahlem sind die Preise wohl dem Einkommen der EinwohnerInnen angepasst.
Als wir unsere Drahtesel bestiegen, war uns der Wettergott wieder gnädig. By the way entdeckten wir dann noch diese tolle Schnecke an der Auffahrt zum Museum. Während die Sonne unterging radelten wir Heim.