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Storchenstadt

14.11.2010

Zum Sonnenschein am Sonntag fuhren wir in Richtung Storkow, einem Nest im Südosten von Berlin.
Unser Weg führte uns auf der Autobahn Richtung Dresden bis zur Abfahrt Bestensee.
Wir befuhren die B 246 bis Gross Schauen.

Dort befinden sich zwei Fischereibetriebe mit Restaurant. Nachdem wir etwas an den Fischteichen entlang gelaufen waren, genossen wir vor dem Aalhof ein leckeres Brötchen mit Lachsforelle.
So gestärkt fuhren wir nach Storkow.

Diese Kleinstadt am Storkower Kanal gelegen ist von Moor- und Sumpfland umgeben. Ein idealer Standort für Frosch und Maus, der Leib- und Magenspeise der Großvögel, die uns die Babys bringen.
Das Wappentier von Storkow, der Weißstorch (Ciconia ciconia), war wegen des fortgeschrittenen Jahres jedoch schon in wärmere Regionen wie Afrika abgereist.

Doch überall in der Gegend sahen wir verlassene Nester. Im Frühjahr sicher ein heißer Tipp für´s Meister Adebar Watching. Wir besuchten zuerst die Burg Storkow. Bevor die Deutschen die Slawen aus der Region vertrieben, stand hier schon eine Sumpfburg.

Im 12. Jahrhundert entstand eine steinerne Wehranlage. Leider ist sie nach dem Großbrand 1978 nicht mehr historisch aufgebaut worden, viele alte Feldsteine sind durch Backstein ersetzt worden. Nicht sehr ansehnlich, aber der Kaffee im Burg-Café war ok.

Das Städtchen selbst machte einen trostlosen Eindruck.
Die Innenstadt, d.h.der Marktplatz wirkte verlassen, in den Nebenstraßen befanden sich die üblichen Supermärkte und am Platz fanden sich nur vereinzelt Geschäfte und viel Leerstand.
Ob dagegen die Kauf vor Ort Kampagne nützt? Was Rainald Grebe so treffend singt: "ich fühl' mich heut' so leer, ich fühl' mich Brandenburg.", konnten wir nachvollziehen.



Der nett gemeinte Versuch den Leerstand mit bemalten Brettern vor den Fenstern zu kaschieren erinnert etwas an die Protokollstrecke für die DDR Regierung. Damals wurden verfallene Häuser für die Wagenkolonne von Honecker verkleidet und angemalt.

Ein architektonisches Kleinod der Stadt ist die Zugbrücke über den Storkower Kanal, der den Scharmützelsee mit der Dahme verbindet. Die Konstruktion ist offensichtlich von holländischen Siedlern inspiriert. Sie ist ein Nachbau von 2001, aber gelungener als die Burg.

Als wir aus Storkow abfahren wollten, verabschiedete sich der Himmel mit diesem Schauspiel.

Zwangsarbeit + Festbankett

12.11.2010

Am Nachmittag besuchte ich das Jüdische Museum, um die Ausstellung "Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg" anzusehen. Neben der Architektur und den ständig gezeigten Exponaten zum jüdischen Leben, werden öfter spezielle Aspekte beleuchtet.
Es tut gut sich zu vergegenwärtigen, wie der Traum der germanischen Herrenrasse die Vorfahren meiner Mutter dazu brachten, Minderwertige schamlos auszubeuten. Da die Herren ihr Leben im Krieg verloren, wurden Arbeitskräfte gebraucht. Dabei gab es eine feine Abstufung der Bedingungen.von Angehörigen germanischer Rassen wie den Flandern bis zu denen, die zur Vernichtung durch Arbeit vorgesehen waren.

Davon profitierte nicht nur die deutsche Industrie, auch der "normale" Deutsche konnte endlich über Sklaven herrschen.
Die Schweinereien unserer Vorfahren sind noch bis zum 30.01.2011 zu besichtigen.

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Abends besuchten meine Liebste und ich die Krimishow Mord beim Festbankett im Abacus Tierpark Hotel in Lichtenberg. Dazu wurde ein vier Gänge Menü gereicht. Die Show hatte Laientheater Niveau und das Essen war überwiegend a la Kantine.

Was man so als Kulturgenuß verkaufen kann, ist unglaublich und die Menschen bezahlen auch noch Geld dafür.

Ganz schön alt

11.11.2010

Langsam komme ich in die Jahre, mit 58 Lenzen kann man ja schon mal langsam nachdenken, wen man zur eigenen Beerdigung einlädt. Den Geburtstagsabend verbrachte ich mit der Liebsten und Kultur. Zuerst zogen wir uns eine Ausstellung rein.



Nänzi, In Erwartung, 2010
2.800 Euro
Der Künstlersonderbund veranstaltete sie in den Uferhallen im Wedding.
Er hat sich vom Künstlerbund abgespalten, weil dort Abstrakte angeblich zu sehr dominieren, er steht für figürliche Arbeiten.
Der Vorteil ist, dass man / frau meist gleich identifizieren kann, was er / sie zu sehen meint. Doch Vorsicht, Schein und Bedeutung sind nicht immer deckungsgleich.
Sehr gut gefielen mir die gar nicht braven Frauen von der Bildhauerin Nänzi Reichert.


Nänzi, Die Audienz, 2009
3.900 Euro
Die Künstlerin hat es schon geschafft einen Skandal in der evangelischen Kirche in Berlin Brandenburg zu provozieren und diese ordentlich vorzuführen. Ihre 3,5 Meter große barbusige Flügelfigur ohne Kopf, "Apokalyptischer Engel", wurde aus Kirchen verwiesen, deshalb sucht sie jetzt Asyl.

Carl Constantin Weber, 2008
Schleswigerin, 36.000 Euro
Natürlich gab es auch viel Braveres zu sehen.
Diese Skulptur ist wohl das Richtige für den Stadtpark in Schleswig, aber doch ein wenig altbacken.
Ohne Datum hätte ich die Bronze von 2008 eher auf 1955 geschätzt.
Dass der Künstler auch Spannenderes produzieren kann, ist auf seiner WEB-Site zu sehen.
Klickt seinen Namen an.
Leider hatte ich bei ihm und einigen KünstlerInnen das Gefühl, dass sie zu sehr Vergangenem verhaftet waren.

Ewa Kwasniewska, 2002, Pieta
Zum Beispiel das Gemälde links erinnert doch verdammt an Werke aus der Zeit des Jugendstils. Wenn ich so etwas im Bröhan Museum sehe, gefällt es mir nicht und aktuelle Kunst ist es nicht.

Volker Leder, 1999, Stilbruch
Dass es auch anders geht, zeigt das Gemälde rechts.
Es ist im Stil und den Farben der Zeit Goethes gemalt, als jeder deutscher Maler ins verehrte / verklärte Italien fuhr, um dort sein Arkardien zu finden.
Mit den hinzugefügten Satellitenschüsseln bricht der Künstler diesen Kitsch, denn wenn Heute bei Capri die Sonne im Meer versänkt, Goethe vor der Glotze abhängt.

 2004, Über der Stadt
Aufsehenerregend spannend fand ich die Bilder  von Norbert Wagenbrett.. Der Maler ist ein Urgestein der Leipziger Schule und definiert sich in der Tradition der Neuen Sachlichkeit aus der Zeit zwischen den Kriegen. Deren bekanntesten Vertreter waren Otto Dix und George Grosz.
Er war Meisterschüler bei Willi Sitte, dem langjährigen Präsidenten des Verbandes der Bildenden Künstler der DDR.
Der Künstler führt uns hier mit dem Bildtitel in die Irre. Das Äußere passt zwar zu einem Mädchen, doch die Hände und die Körperhaltung nicht.

Eberhard Linke, 2010,
Hoffmanns Murr
Ein weiteres Meisterwerk der gegenständlichen Kunst ist die Skulptur rechts.
Auf dem Arm lief einstmal ein Vierbeiner, wahrscheinlich eine Katze. Der Titel weist in diese Richtung. E.T.A. Hoffmann schrieb "Die Lebensansichten des Katers Murr"
Doch wo ist die Katze?



Insgesamt bot die Ausstellung viel Interessantes, nur merkte man / frau den fehlenden Kurator, hier stellt halt eine Künstlergemeinschaft aus, die Qualität war so sehr unterschiedlich.

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Nach so viel Kunst meldete sich der Hunger bei uns. Der Einfachheit halber fuhren wir ins LaLuz in den Osramhöfen, denn die Brauseboys, die dort später auftraten, hatten es empfohlen.
Für die Zukunft werde ich nichts auf Restaurant Tipps von Schreiberlingen geben.
Richtig schlecht waren die Speisen nicht, aber auch nicht richtig lecker. 

Meine passend zu meinem Wiegenfest gewählte Gänsekeule war OK, dass Lamm meiner Liebsten aber zäh. Auf ihre Beschwerde hin wurde uns aber dann eine schmackhafte Nachspeise kostenfrei gestellt.
So waren wir etwas versöhnt.

Meine herzallerliebsten Brauseboys waren verlässlich gut. Zwei Boys wohnen wohl im gleichen Haus und berichteten über die niemals endende Renovierung des Hausflurs.
Auf dem Bild singen sie sich gerade beim Abschiedssong die Seele aus dem Leib.

Jugendstil Museum

03.11.2010

Das Frühstück, 1913
Ein Besuch mit Judith im Bröhan Museum bein Schloss Charlottenburg. Immer am 1. Montag im Monat ist hier freier Eintritt.
Eine Sonderausstellung mit Bildern vom Impressionisten Philipp Franck lud ein.
Der Titel vom „Vom Taunus zum Wannsee“ beschreibt in Kurzform den Lebensweg des Malers. Er wurde 1860 in Frankfurt / Main geboren und zog 1892 nach Berlin um.
Hier wurde er mit Walter Leistikow zu einem der Wannsee Maler.

Die Bäke in Kohlhasenbrück, 1895
Diese zogen mit Palette, Pinsel und Staffelei in die Umgebung von Berlin.
Den Fluß Bäke kenne ich nur als stinkenden Wassergraben in Steglitz, der in den Teltow Kanal mündet.
Eine Renaturierung zu einem Zustand wie im Bild dürfte schwierig sein.

Die Bilder von Franck zeichnen sich durch eine starke Farbigkeit aus. Besonders sein Rot ist mir im Gedächtnis geblieben.
Kritiken zur Ausstellung: Tagesspiegel

In der ständigen Ausstellung wurde allerlei Kitsch und Gebrauchskunst aus der Zeit des Jugendstil und des Art Deco gezeigt.
Manches fand ich ansehnlich, Anderes total überladen. Bilder von halbnackten weiblichen Wesen beim Feentanz im Walde finde ich erbärmlich schwülstig.
Mit dem Kaffee Hag Service links unter ist auch der Bremer Firmengründer, Kunstmäzen und glühende Nazi Ludwig Roselius verbunden.

Vom romantischen Kitsch ist der Weg zur faschistischen Ideologie wohl nicht so weit.

Farben bei Guggenheim

01.11.2010

Frank Stella, Harran II, 1967
Bild im Hintergrund

Montags gibt es kostenlos Kunst bei Guggenheim.
Diesmal Colour Fields, Farbfelder als Tendenz in der Malerei der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Diese Richtung verneinte jede Figürlichkeit.
"Alles so schön bunt hier", um mal Nina Hagen zu zitieren, war die Aussage.

Mark Rothko, No.18, 196
Ein bisschen wenig für meinen Geschmack, außerdem passten nur ein paar der großformatigen Werke in die recht kleinen Räume. Die Gemälde kamen nicht richtig zur Geltung.
Meine Begleiterin und ich kannten auch die meisten Bilder schon.
Der Besuch wurde so schnell langweilig. Länger als eine halbe Stunde brauchten wir für den Rundgang nicht.


So hatte unser Besuch mehr den Charakter einer Stippvisite.
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Abends hörten S. und ich nach dem Tanzunterricht Jazz im Café Bar Südwest gleich bei meiner Wohnung.
Keine Band spielte auf, zwei ältere Herren begannen und nach und nach gesellten sich Musiker dazu.
Was sich entwickelte, war gut.

Weiß unter Schwarzen

30.10.2010

Haben unsere in rassistischer Tradition aufgewachsenen Großeltern noch bei Elvis Presley von "Negermusik" gesprochen (womit sie trotz ihrer Dummheit nicht ganz Unrecht hatten), waren wir wirklich in einem Konzert von Schwarzen.

Es fand passenderweise im Haus der Kulturen der Welt statt.
Der Sänger und Frontmann der Band, Salif Keita, war der einzige Hellhäutige, er ist Albino. Leider ist es in Afrika immer noch lebensgefährlich mit dieser Pigment Störung auf die Welt zu kommen (TAZ, 25.09.2010).
Zum Glück hat er überlebt und so konnten wir seine herrliche Musik genießen.
Ob er allein mit Gitarre auf der Bühne stand oder die Band mit aufspielte, seine Präsenz war komplett überzeugend.

Seine Band bestand aus einem Schlagzeuger, einem Trommler auf einer Kalebasse, einem Conga / Djembe Trommler, einem Bassisten, einem Leadgitaristen und einem Koraspieler. Seine Stimme wurde von zwei weiblichen Background Vocals unterstützt.

Sein weicher, melodischer, aber auch druckvoller Gesang macht ihn zu einem der bedeutendsten zeitgenössischen afrikanischen Künstler.
Die Bühnenshow war hoch professionell. Als das Konzert zu Ende ging, waren wir traurig aber glücklich.



Nach den Konzert gelang es mir eine der reichlich im Tiergarten vorhanden Kaninchendamen abzulichten. Der gelbe Umhang soll wohl im Straßenverkehr schützen.

Liebe und Geld passen nicht gut

29.10.2010

Ja, die Kraft der Liebe.
Auch beim sogenannten Geldadel bricht sie alle Konventionen und alles Geld der Welt reicht nicht sie zu kaufen.
Die Story vom Film I am Love ist schnell erzählt:

Frau eines reichen Mailänder Industriellen verliebt sich in einen Koch und verlässt die Familie für guten Sex und leckeres Essen.
Gedreht wurde das in einem Stil, der stark an Visconti erinnert. Der hatte schon in den Sechzigern des letzten Jahrhunderts den Untergang der Kapitalisten ob ihrer Geldgier und ihrer dadurch bedingten Gefühlsarmut prophezeit.
Leider hat seine Vision noch nicht die Wirklichkeit verändert und der Film ist eigentlich eine Wiederholung.
Doch schön anzusehen ist der alle male, die Bildsprache überzeugt, die Filmmusik setzt immer gefühlvoll ein, wenn Liebe angesagt ist.
Die Darsteller spielen überzeugend.
Doch schlussendlich war ich nicht begeistert, mir war es zu viel Wiederholung und etwas zu altbacken.
Irgendwie erinnerte mich der Plot ein wenig an eine Seifenoper.

Aber vielleicht braucht die nachrückende Generation neue Filme zum alten Thema.



Kritiken: Rheinische Post, Süddeutsche Zeitung, Zeit,

Einkaufen de Luxe?

23.10.2010

Dora und ich besuchten den neuen Indoor Markt MAG am Gleisdreieck.
Ein ziemlicher Gemischtwarenladen, teilweise wie die Feinschmecker Etage des KaDeWe, teilweise Trödelmarkt und teilweise Kleinkunst aus aller Welt.

Den Wochenendeinkauf kann man / frau hier leider nicht tätigen, Grundnahrungsmittel sind einfach nicht vorhanden.
Aber die Schlemmereien an den Imbissen sahen lecker aus, wir probierten Schweinefilet von dem Pata Negra im Brot und Rotwein.

Der Wein war lecker, doch mit 3 Euro pro 0,1 l sehr teuer.
Es gab jedoch nicht einmal Schmackel für Hunde, wie dieser Dackel bestätigte.
Er ist kein Spitzensteuersatz Zahler, aber die Veranstalter sollten nicht nur diese auf den Schirm haben.

Etwas spannend fanden wir die Kunstabteilung in einer Nebenhalle.
Dort gab es netten Schnick Schnack zu schauen.
Hübsches zum Anziehen wurde auch angeboten.
Uns fehlte jedoch die Kauflaune.

In einem Nebenraum entdeckten wir noch ein sehr ansehnliches Kunstwerk. Von der Decke hingen bunte Schmetterlinge an Nylonfäden in einem Lichtschacht. In dem Raum entstand eine magische Athmosphäre. Es fehlte jede Information über das Werk.

Witzig war, dass ich in der Halle noch im Frühjahr geholfen hatte, einen Karnevalswagen zu bauen.
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Abends besuchten wir die Straßenbahn, ein nettes Restaurant in Wilmersdorf.
Jeden Samstag finden hier gut besuchte Konzerte statt.
Sie sind im Prinzip kostenlos, es wird jedoch gerne gesehen, wenn hinterher der rumgehende Hut voll ist.

Wir hatten uns ein Jazzkonzert mit Hans Hartmann (Chapmanstick), Ulli Bartel (Violine) und Süleyman Celik (Darbukka) ausgesucht.
Hans Hartmann hörte ich ca. vor 30 Jahren das erste Mal, er wohnte, wie ich, nahe beim Chamissoplatz.

Dort spielte er manchmal sonntags in meiner Stammkneipe. Heute ist er fast siebzig und immer noch gut.


Viel Zigarettenrauch um nichts

22.10.2010

Gastpost von Dora:

© kinokompendium
An der wohl unwirtlichsten Straße Neuköllns, nah beim Herrmann-Platz, befindet sich ein Lichtspielhaus aus der guten alten Kinozeit, das Neue Off. Die Hermannstraße lädt nicht zum Flanieren ein, aber der Weg in eins der sympathischsten Kinos der Yorck-Gruppe lohnt sich.

Das ursprünglich als Revuetheater gebaute Saal wurde bereits 1926 zu einem Filmtheater umgebaut. Vor gut zehn Jahren wurde das Kino liebevoll im 50er Jahre-Stil restauriert und bietet heute knapp 200 Plätze und ein attraktives Filmprogramm.

Eine Handvoll Menschen der Generation Fünfzig Plus stand am Freitag Nachmittag etwas irritiert vor verschlossenen Türen des Kinos. Hechelnd kam der  Vorführer, ließ die Truppe rein und versicherte uns, dass der Film auf alle Fälle gezeigt wird.

Die Kasse fehlte noch.
Mit passendem Geld oder mit der Option nach dem Film zu zahlen, ließ man uns rein. ... der Vorhang ging auf.

Ein pubertierender Junge betrachtet interessiert die sekundären Geschlechtsmerkmale der erwachsenen Frauen, rauchend  -  und fängt an zu zeichnen und malen. Bald gesellt zu ihm, als Begleiter und Ratgeber, eine witziger Figur mit Vogelschnabel und mit hauchdünnen Krallen. Der jüdische Junge überlebt die Nazizeit, wird erwachsen und steigt in das kulturelle Leben Frankreichs ein.
Eine schrille Kultfigur ist geboren.

Serge Gainsbourg,  gespielt von Eric Elmosnino, singt, komponiert Filmmusik, schreibt Liedertexte und Drehbücher, steht vor Filmkameras.
Es wird ein Potpourri von schönen Frauen präsentiert:
Die Frauen kommen und gehen. Warum und weshalb ist unwichtig, die Beziehungen sind es auch.
Das schmollmundige Supermodel Laetitia Casta als Brigit Bardot ist gut gelungen.


Später taucht der sexiest Song aller Zeiten auf: Serge Gainsbourgh und Jane Birkin hauchen und stöhnen zusammen Je t'aime... moi non plus und das Skandal des Jahres 1969 erobert die ganze Welt. Daran kann ich mich sehr gut erinnern.



Auch eine Provokation der gutbürgerlichen Gesellschaft ist die Reggae-Version der französischen Nationalhymne, die wie eine Bombe einschlägt.

Selbst gezeugte Kinder verschiedenen Alters tauchen kurz auf der Leinwand auf,  spielen jedoch im Ganzen eine untergeordnete Rolle. Die Hauptrolle spielen  -   ÜBERRASCHUNG ! -  Sex, Drugs and Rock 'n' Roll.

Der Film, Gainsbourgh: Der Mann der die Frauen liebte, beschreibt zentrale Ereignisse und Etappen im Leben des Bohemiens. Es wird auch ein bisschen hinter die Kulissen geschaut. Mir blieb unklar, was das alles sollte. Der Sexappeal der Hauptfigur näherte sich an derselbigen von Günter Netzer, die Beischlafszenen boten null Erotik, Liebe habe ich auch nicht entdecken können. Kurzum, meine Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Bei den beiden alten Kinogängerinnen, die eigentlich einen ähnlichen Filmgeschmack haben,  klafften die Meinungen weit auseinander; ich fand den Film grottenschlecht, die Begleiterin wiederum supergut. Außerdem wurde ich bei der ständigen Raucherei nicht das Gefühl los, dass der Film von Gitanes gesponsert wurde.
Serge Gainsbourgh starb 1991 an Lungenkrebs (Emphysema), wie der berühmte Marlboro-Man.

Sufis, Wurstsalat und Salsa

22.10.2010

Der Abend begann im Sufi Zentrum Berlin.
Ich war zuerst nur mit Roger unterwegs. Ein Bekannter von ihm wollte im Zentrum heiraten und er und ich statteten diesem dort einen Besuch ab.
Als wir dort ankamen, tanzte noch kein Derwisch, alles wartete auf den Sheikh Esef Efendi. Wir gingen gerade als er ankam.
Mir war nicht danach die arabische Weisheit und Mystik zu entdecken.

Aber Berlin bietet schon eine große Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten für das Freizeitprogramm.

Um Rogers Appetit zu stillen, liefen wir ins Valentin am Südstern. Leider hielt die angebotene Küche meinen strengen Kriterien nicht stand. Der Wurstsalat schmeckte so spannend wie ein Telefonbuch zu lesen ist. Nicht nur dass er keine Lyoner, sondern etwas wie Jagdwurst enthielt, er war auch kaum gewürzt. Dafür war Rogers Sauerkraut versalzen.

Liesel und Karl hätten den /die KöchIn sicher an den Ohren gezogen.
Eigentlich wird die bayrische Küche gelobt.

Aber G. stieß zu uns, wir schwatzten gepflegt und zogen weiter zur Werkstatt der Kulturen am Hermannplatz. Dort spielten Fidel Conde & Latin Connection Tanzbares aus Amerika. Ich schnappte mir G. und legte mit ihr eine flotte Sohle aufs Parkett.

Aus Spiel wird ernst

21.10.2010

Schade, wenn Mann und Frau nach einer Balkan Party (Dresscode: arme Rumänen) irgendwo in der polnischen Provinz vollgedröhnt wach werden. Ohne Geld und Handy ist das dann auch als Pole in Polen ein echtes Abenteuer.
Parcha (Jungschauspieler) und Dschina (Prekariat) werden das durchstehen müssen. Dies ist in etwa die Ausgangssituation des Stücks "Zwei arme Polnisch sprechende Rumänen" von Dorota Maslowska.

Leider können sie niemand so richtig überzeugen, dass sie Polen sind, und so werden sie wie Roma diskriminiert.
Mit den armen Brüdern und Schwestern aus dem Osten wollen die zu Europäer aufgestiegenen Polen nichts zu tun haben.

Die Vorstellung war aktionreich und alles Mögliche flog herum, es wurde gebrüllt, geweint und gemordet.
Leider gab es einige inhaltliche Unstimmigkeiten im Stück, so dass wir den Handlungstrang nicht immer nachvollziehen konnten.

Das spannende Stück sahen wir im Maxim Gorki Studio.
Kritiken: Standard, Wiener Zeitung, Die Presse

Made in China

19.10.2010

Wir, G. und ich, besuchten die neu eröffneten Uferstudios im Wedding.
Der Name der Performance "Made in China" beschreibt das Herkunftsland der Darsteller.

In dieser Aufführung performten zwei Lautsprecher Boxen.
Geht so was? Es geht!
Sie standen auf der Bühne, quatschten und stritten miteinander.
Wenn sie sich  gerade nicht mochten, schwiegen sie sich an.

Wenn sie Lust hatten wo anderes zu stehen, riefen sie Helferlein herbei, die sie umsetzten.
Eigentlich war die Idee sehr gut. Da Boxen Schallwellen erzeugen können, nimmt man / frau ihnen auch ab, dass sie sprechen können.

Leider hatten die KünstlerInnen textlich wenig Zündendes zu bieten. Da nützte es wenig die Hauptdarsteller mit Lichteffekten und Nebel in Szene zu setzen. Dragana Bulut & Milka Djordjevich sollten die Texte noch überarbeiten.