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Sex mit Herz-Jesus

29.03.2013

GASTBEITRAG

Der zweite Teil der Paradies-Trilogie Paradies Glaube von Ulrich Seidel dreht sich um Katholizismus und um fanatischen Glaube. Die Protagonistin Anna Maria ist die Schwester von Teresa, die Keniaurlauberin aus dem ersten Teil Paradies Liebe. Unterschiedlicher können Lebensentwürfe kaum sein.

Anna Maria hat nichts anderes im Kopf als ihre Liebe zu Jesus. Vor den Kruzifixen in ihrer kargen, unpersönlichen Wohnung kasteit sie sich selbst, fügt ihren Körper Schmerzen als Buße zu. In ihrer Freizeit missioniert sie mit einer Wandermuttergottes-Statue.

Sie sucht Wohnungen von sozial schwachen Menschen auf und versucht diese auf einer penetranten Art und Weise zu bekehren. In einem Kreis von Glaubensbrüdern und -schwestern betet sie für ein katholisches Österreich.

Abends mastrubiert sie mit dem Kruzifix unter ihre Bettdecke.

















Eines Abends taucht ihr muslimischer Ehemann in der Wohnung auf. Wie lange der querschnittsgelähmte
 Mann abwesend war und was für ein Unfall ihm passiert war, bleibt im Unklaren. Auf alle Fälle beginnen die beiden einen erbitterten Krieg miteinander, der absolut nichts mit christlicher Nächstenliebe zu tun hat. Anna Maria hat eine verurteilende Haltung ihren Mitmenschen gegenüber. Sie scheut auch nicht vor Gewalt zurück. Eine glückliche Christin ist sie nicht.


Glaube als Ersatzhandlung für die unterdrückte Sexualität, das Thema sorgte beim Filmfest in Venedig für einen Skandal. Trotzdem wurde der Film mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Die schwierige Hauptrolle spielt die knapp 50-jährige Schauspielerin Maria Hofstätter und das tut sie auf einer sehr beeindruckenden Weise. In der Rolle des Ehemannes sieht man den ägyptischen Laienschauspieler Nabil Saleh.



Was haben westliche Missionare über Jahrhunderte in fremden Ländern angerichtet?
Wo nehmen sie das Recht den eigenen Glauben an "Ungläubigen" aufzudrängeln?  Unter dem Deckmantel der Religion, egal welche, werden jeden Tag Menschen gefoltert, missbraucht, getötet. Oh, Gott, wo bist Du?
Zum Thema des Films fand ich kaum Zugang. Es gab keine Identifikationsfiguren für mich. Ich fand den Film irritierend und äußerst beklemmend.

Am nächsten Morgen klingelt es an meiner Tür. Ein zehnjähriger Junge liest mir ein Bibelzitat vor und will mit mir eine Diskussion über Gott anfangen. Nein, danke. Spähen die Zeugen Jehovas jetzt die Daten von den Yorck-Kinokartenbesitzern aus, um die Besucher des Films "Paradies Glaube" zu bekehren?
Dass Kinder auf Missionstouren geschickt werden ist auch Kindermissbrauch.

Kritiken der Anderen: Süddeutsche, Zeit, Spiegel,

Alle Fotos: © Neue Visionen Filmverleih

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