Ein Besuch im Knast ist nicht gerade erbaulich.
Die von Draußen wissen, dass diese Gewaltinstitution des bürgerlichen Staates nicht das Gelbe von Ei ist, Wegsperren von StraftäterInnen keine nachhaltige Lösung ist.
Für die Drinnen bleiben müssen, sind die BesucherInnen eine schmerzliche Erinnerung daran, dass es ein Draußen gibt.
Ich wusste schon lange, dass es Theaterprojekte in Knästen gibt.
Als ich davon erfuhr, dass in der JVA Tegel das Gefängenentheater Aufbruch Die Maschinenstürmer von Ernst Troller spielt, fasten I. und ich uns ein Herz und bestellten Karten.
Besonders als wir die positiven Beurteilungen der JVA auf Google lasen, waren wir hoffnungsvoll gestimmt.
Ein Google-Nutzer - vor 3 Jahren
Sehr gute Kost auch für den kalorienbewussten Besucher. Kompakte aber gut ausgestattet Zimmer und super nettes Personal. In jedem Fall einen Aufenthalt wert! Kleiner Wehrmutstropfen, viel zu wenig weibliche Besucher... Ist halt eher was für harte Kerle.
Wie ich meinen KundInnen immer wieder sage, sollen sie bei Beurteilungen im Internet misstrauisch sein. Wenn ein Produkt zu sehr angepriesen wird, stecken oft Werbefirmen dahinter. Hier waren es aber wohl Beiträge von Spaßvögeln.
Ernst Toller schrieb Die Maschienenstürmer im Knast, denn die Weimarer Klassenjustiz verurteilte ihn, 1919 nach seiner Beteiligung an der Münchener Räterepublik, für fünf Jahre zu Festunghaft.
Er thematisiert im Stück die Aufstände der Textilarbeiter in England, die sich ab 1800 gegen die Mechanisierung der Produktion richteten. Damals wurden dadurch ganze Berufsgruppen arbeitslos und durch billigere Angelernte ersetzt. Die Bewegung der Maschinenstürmer versuchte dies zu verhindern.
Die Herrschenden ließen drauf hin die Armee auf die protestierenden Armen schießen und verbannten die Anführer der Revolte nach Australien.
Weshalb dieses Drama vom Theater ausgewählt wurde, konnte ich nicht ergründen.
Es wirkt altbacken proletarisch und bedarf mindestens einer gründlichen dramaturgischen Bearbeitung und Aktualisierung.
Einzig die Kleidung der Akteure war modern. Leider vermied die Regie dies und auch die zu wenig heraus gearbeiteten schauspielerischen Fähigkeiten der Knackis trübten den künstlerischen Genuss. Schade!
Es spielten das Gefangenenensemble der JVA Tegel: Albaner, A.J., Amar Sharif, Antonije Prezzi, Cenk, Däor, Demoe, Dr. Zigic, Gino, Horst Grimm, Ismet, Jabriel Kurde, Jean, MCI, Norbert, Polat Alindar, Roberto Omerovic.
Künstlerisch betreut von:
Regie Peter Atanassow, Bühne Holger Syrbe, Kostüm Thomas Schuster, Dramaturgie Anna Galt, Choreographie Ronni Maciel, musikalische Leitung Frank J. Schneider.
Trotzdem war es spannend einen Knast als Besucher von innen anzuschauen und angenehm ihn nach der Vorstellung wieder zu verlassen. Obwohl ich mich ein wenig wie bei einem Zoo Besuch fühlte, nur waren hier Gefangene in der Rolle der Tiere gesteckt.
aktuelle Fotos © Irmeli Rother
Trotzdem war es spannend einen Knast als Besucher von innen anzuschauen und angenehm ihn nach der Vorstellung wieder zu verlassen. Obwohl ich mich ein wenig wie bei einem Zoo Besuch fühlte, nur waren hier Gefangene in der Rolle der Tiere gesteckt.
aktuelle Fotos © Irmeli Rother
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