12.09.2011
Als wir dann im Flughafen Marco Polo gelandet waren, versuchte uns dann das Casino zu animieren unser Geld zu verspielen. Das Glück hängt zwar nicht am Geld allein, summen die Alten, aber es dem italienischen Staat zu schenken finde ich blöd.
Der Werber, der die Gepäckausgabe wie einen Roulettetisch gestaltete, hatte jedoch etwas nicht beachtet. Einen Koffer wieder zu bekommen sollte keine Frage von Glück sein. Doch vielleicht brachen meine Vorurteile gegen die etwas schlampigen Spaghettifresser auf.
Im Land der barbarischen Kartoffeln wäre ich nicht auf solche Gedanken gekommen.
Doch wir durften unsere Koffer zum Schiffsanleger schleppen. Beim ersten Venedigbesuch fuhr ich mit dem Bus.
Das war nicht klug gewesen.
Der Ausblick vom Schiffchen auf das näher kommende Venedig ist durch einen Blick aus dem Busfenster nicht zu ersetzen. Augenstern und mir wurde es warm ums Herz.
Von der Haltestelle Arsenale geleitete uns der Vermieter zu unserer Ferienwohnung.
Mit unserem Gepäck brauchten wir nur 5 Minuten.
Unsere Bleibe und ihre Lage waren bezaubernd. Wir kamen nicht aus dem Staunen hinaus. In dem Haus bezogen wir die untere Etage. Es gab Luft und Sonne. Von der Tür trat man / frau auf die Piazza.
Zwei Schlafzimmer, ein schickes Bad, ein Wohnzimmer und eine komplett eingerichtete geräumige Küche bildeten für die nächsten zehn Tage unsere Heimstatt. Als wir uns zum Einkaufen aufrafften, sahen wir auf "unserem" Platz die ersten Touristengruppe stehen.
Zum Glück waren es über die Zeit nicht allzu viele. Wir strebten zur Via Garibaldi, einer lokalen Fußgängerzone.
Auf dem Weg dorthin sahen wir diese romantischen Wäschekompositionen, die die VenezianerInnen extra für TouristInnen raushängen.
Die Via Garibaldi war früher ein Kanal, zum Teil ist er noch erhalten. In der Straße kaufen überwiegend Einheimische. Viele kleine Geschäfte bieten alles, was der Venezianer braucht, und Bars laden zum Verweilen ein. Am späten Nachmittag wird hier flaniert.
Vom Baby bis zur Oma ist alles unterwegs, es wird ein Schwätzchen gehalten, ein Aperitif getrunken und die letzten Besorgungen werden getätigt. Hier gelang es mir Augenstern zum ersten Spritz zu überreden, der bald zum Standardgetränk der Reise wurde.
Alexandra Pembleton, Would you like to be may patron or gallerist |
Beim Streunen entdeckten wir dann ein modernes Kunstwerk. Eine Wand mit Fotos einer Künsterlin beklebt. Im Text war zu lesen, dass sie einen finanzkräftigen Gönner oder Galleristen sucht. Hoffentlich kann der auch ihr Gummispielzeug akzeptieren.
Auf dem Weg nach Hause entdeckte Augenstern ein Büro der Kommunistischen Partei und direkt daneben eine an der Wand montierte Madonna. Die Szene könnte aus den Don Camillo und Peppone Filmen entnommen sein. Die haben mich in meiner Jugend begleitet.
Sie spielten nicht in Venedig, sondern in einem kleinen Dorf. Die Streitereien des kommunistischen, mit einem Stalinbärtchen bewaffneten Bürgermeisters mit dem schlitzohrigen Dorfpriester, sie kämpften vorher gemeinsam gegen die Deutschen, waren herzerfrischend im Vergleich zum tumben Antikommunismus, dem ich im Alltag in Berlin erlebte.
Nach Hause zurückgekehrt stellten wir Tisch und Stühle auf die Piazza, speisten und tranken dort bis in die Nacht hinein. Das Wetter war herrlich warm und bis auf ein paar Tropfen auf dem Rollfeld blieben wir den Urlaub über trocken.
Vor der Mauer des Arsenale befand sich ein Kanal, auf dem Boote heran tuckerten und festmachten.
Ab und zu schwamm auch mal eine Gondel vorbei. Langsam ging der Mond über den Zinnen auf (ihr dürft ruhig neidisch sein) und wir freuten uns des guten Essens und des preiswerten, aber guten Weines.
Mir wurde klar, dass wir mit der Unterkunft viel Glück hatten.
Im Lauf des Abends liefen auch viele Menschen über den Platz. Sie kamen wohl überwiegend von der Station Arsenale und strebten irgendwo hin. Süß war es, wenn Touristen uns beim Tafeln knipsten. Zu Hause erzählen sie dann bestimmt, dass Venezianer so leben.
Später kamen dann auch mehrmals verirrte KofferträgerInnen an unseren Tisch, versuchten uns meist auf englisch nach dem Weg zu fragen. Manchen konnten wir mit unserer großformatigen Karte helfen. Navis und Minikarten sind in Venedig besonders in der Nacht fast unbrauchbar. Ob der guten Taten und des dadurch gereinigten Gewissens, schliefen wir die Nacht auf sanften Ruhekissen.