28.04.2012
Da meine Liebste behauptete, in Hamburg wäre immer schiet Wetter, wollte ich sie vom Gegenteil überzeugen. So reisten wir mit der Bahn an, um Hafenluft zu schnuppern.
Wir hatten das schon einmal von mir bewohnte
Hotel Hafentor gebucht. Das ist ein nicht sehr ansehnlicher Bau aus den fünfziger Jahren, aber die Zimmer sind in Ordnung und die Preise für Hamburg erträglich. Unschlagbar gut ist die Lage an den Landungsbrücken
Im Raum fühlten wir uns nicht beengt und sogar das Doppelbett war ein französisches. Nach leidvollen Nächten auf der Besuchsritze bestehe ich darauf.
Aus unserem Zimmer im 4. Stock genossen wir sogar freien Blick auf die Elbe. Lange hielten wir uns damit nicht auf.
Gleich bei der Sünde wohnhaft wollten wir diese zuerst erkunden. Wir hatten dies unter Obhut einer Führerin von
Stattreisen Hamburg. Diese war eine echte Sankt Pauli Pflanze. Die Tour stand unter dem Motto: "St. Pauli-Quickie – in 66 Minuten über die heiße Meile".
Denkt Mann bei dem Stadtteil an käuflichen Sex liegt er nicht ganz falsch. Seit dem der Hamburger Hafen viele Seeleute in die Straßen spülte, werden deren Bedürfnisse von Kneipen und Dirnen befriedigt. Die Gegend war immer ärmlich, die Männer arbeiteten im nahen Hafen als Schauerleute, die Frauen verdienten im Dienstleistungsgewerbe etwas dazu. Daran änderte sich erst durch den Containerverkehr etwas, ärmer wurden die BewohnerInnen dadurch.
Doch der Mythos lebte in Filmen, Liedern und Pornoheftchen fort, aber die Jobs fielen weg und durch kurze Liegezeiten verschwanden die Seeleute als Kunden. Als sich dann HIV verbreitete, blieben auch andere Klienten weg. Zunehmend wurde der Kiez, wie der / die St. PaulianerIn den Bezirk nennt, auch Zielscheibe der globalisierten Kriminalität. Zwischen den alteingesessenen und den internationalen Banden kam es zum Krieg um die Futtertröge Prostitution und Drogen.
Trotz dem Widerstand der offensichtlich korrupten Polizei setzte sich die Globalisierung mit Waffengewalt und Geld durch. In dem
Bericht des NDR wird dieser Krieg jedoch nur aus Polizeisicht dargestellt.
Durch die Entwicklung Hamburgs als Musicalstadt kommen heute jedoch wieder viele TouristInnen in die Stadt. Die
Herbertstrasse hat trotzdem überlebt.
Sonst hat sich der Kiez modernisiert. Auf der
Reeperbahn gibt es z.B. die
Boutique Bizarre, die Sex Spielzeug für jeden Geschmack und jedes Geschlecht anbietet. Im angesagten Club
Herzblut auf der Reeperbahn opfern Touristinnen auch gerne den BH für die Deko.
Die zum großen Teil weiblichen Besucher haben natürlich andere Bedürfnisse als sexuell ausgehungerte Seebären. In
Olivias Club müssen die Männer sogar draußen bleiben. Wie die Mädels sich beim Männerstrip benehmen, kann Mann auf YouToube betrachten.
Wir wurden dann auch noch in die Strasse
Große Freiheit geführt. Dort reiht sich Sexclub an Sexclub. In einem, dem Starclub, begann eine Band aus Liverpool ihre Karriere. Sie spielten für wenig Geld zwischen Striptease Nummern ein paar Songs und das von nachmittags bis zum Morgen. Heute erinnert nur noch ein Relief an den Auftrittsort der Pilzköpfe. Die doofen Hamburger haben ihn nach einem Brand nicht wieder aufgebaut.
Der Ort wäre ein Besuchermagnet.
Zum Schluss der SexiSex Minuten Rundgang fanden wir uns auf dem Hans-Albers-Platz wieder. Das Denkmal zu seinen Ehren hat
Jörg Immendorf geschaffen. Hans Albers hatte ja Sankt Pauli besungen und in den Dreißigern weltweit bekannt gemacht. Heute ist das Bild des Stadtteils jedoch eher durch die Rebellion gegen Vertreibung und durch einen witzigen Fußballclub in den Schlagzeilen.
Wir beklatschten am Ende die Führerin.