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3. Tag Bremen

21.03.2010

Ein fauler Sonntag war angesagt.

Wir hatten die letzten Tage so viel Kultur genossen, dass uns der Sinn erst mal nach einem Spaziergang stand. So liefen wir zum Fluss und am Stadion vorbei in Richtung Innenstadt. Zum Glück spielte Werder nicht und wir konnten die Weserwiesen ziemlich ungestört genießen.

Natürlich waren wegen des guten Wetters relativ viele SpaziergängerInnen unterwegs, aber BremerInnen ohne grün / weißen Schal und Bierdose sind recht gut zu ertragen. Wir wollten die Sonne nicht privatisieren.

Bei einer Tasse Kaffee pausierten wir  im Bürgerhaus Weserterrassen, ein Cafe mit Weserblick und vielfältigen Veranstaltungen. Bei Sonnenschein besuchenswert.

Nach etwa einer Stunde Fußwanderung erreichten wir dann unser Ziel, den Teil des Weserufers, der an das Viertel grenzt. Hier stehen viele fette Villen an der Uferstraße.
Im Fluß darunter verkehrt die Sielwall Fähre. Sie transportiert Räder und Menschen zum Cafe Sand, das sich am gegenüber liegenden Ufer befindet.
Auf dem Bild fährt die Fähre allerdings wieder zurück.

Neben dem Glashaus hat es eine große Terrasse und einen Badestrand zu bieten, der zum Planschen einlädt.
Wem das öfter eingetrübte Wasser nicht geheuer ist, kann sich zwischen Mai und September über die Wasserqualität informieren.


Beim Stöbern im Bremer Veranstaltungskalender mussten wir feststellen, dass die Auswahl an Spannendem für den Abend gering war. Was soll man / frau bei einem Nest mit gut fünfhunderttausend Einwohnern erwarten. Wir waren halt nicht in Berlin

Mehr aus Verlegenheit entschieden wir uns fürs Kino. In einem der Arthouse Kinos Bremens, der Schauburg, direkt im Viertel gelegen, fanden wir uns wieder. Ein nettes altes Kino mit zwei Sälen und einem Cafe.
Sogar der Wein war lecker.

Es lief die Friseuse von Doris Dörrie. Darin geht es um die Diskriminierung von Dicken, die materielle Armut der Ossis, vietnamesische Flüchtlinge, allein erziehende Mütter, Multiple Sklerose und darum, dass frau das Leben positiv sehen soll.
Im Film werden diese Themen nett, aber etwas dreist zusammen gemixt.

Nach so viel dümmlichem Humor gönnten wir uns einen kleinen Imbiss (Hühnerspieße) und leckeren Rotwein im gemütlichem Restaurant Cabra (Ziege), gleich um die Ecke vom Kino am Ziegenmarkt gelegen.
So ging der lazy sunday zu Ende.

2. Tag Bremen <> Groningen

20.03.2010

Am Samstag fuhren wir nach Groningen in den Niederlanden. Um 6:00 Uhr stiegen Dora, J. und ich in den Public Express, um 3 Stunden später am Groningen Museum auszusteigen. Es ist eines der schönsten Museen, das ich kenne.

Doch dazu später. Natürlich öffnet ein Museum noch nicht um 9:00 Uhr und so zeigte ich meinen BegleiterInnen erstmal die Altstadt. Mein erstes Ziel war der Markt, um mit Dora eine typisch niederländische Spezialität zu frühstücken, den Jonge Haring.

Dies sind Baby Heringe, die frisch ausgenommen und gereinigt werden. Man / Frau ißt sie roh mit rohen Zwiebeln. Das ist lecker, aber nicht für jeden / jede. Dora fotografierte nur den Kauf, um euch den Anblick des toten Babys zu ersparen.


In Anschluss schlenderten wir ausführlich über den Markt und bewunderten die vielfältigen Auslagen.




Um eimal ein wenig die Ruhe der Kleinstadt ohne Frauen zu geniessen, lieferte ich sie im Droppi ab, ein Geschäft mit einigen hundert Sorten Drop - Lakritz (würg). Dieser Laden in der Astraat 7 war wohl das Paradies für sie, nach einer halben Stunde hatten sie ihn noch nicht leergekauft.

Im langsam einsetzenden Regen strebten wir danach am Wallgraben entlang zum Museum.
Das Gerücht, dass in den Niederlanden viele Menschen in Hausbooten wohnen und mehr Fahrräder als Autos fahren, konnten wir leicht durch Augenschein überprüfen.

Nach einer europaweiten Untersuchung des VCÖ ist Groningen der Spitzenreiter, was den Anteil des Fahrrads am Verkehr betrifft. Etwa 50 Prozent der Wege werden hier mit dem Rad zurückgelegt, verglichen mit Amsterdam und Bremen (22 %) oder München (15 %) und Berlin (10 %).

Leider sind die Fahrrad Nutzerinnen nicht daran gewöhnt, dass Touristen wie wir nicht sofort die Straße frei machen, wenn sich ein Fahrrad annähert.
So wurden wir regelmäßig per Klingel vom Weg gescheucht. Da freut es, wenn die Räder im Ständer ruhen.

Groningen ist eine schöne Stadt, doch für mich ist das Museum die Attraktion. Es wurde 1994 eröffnet. Es erinnert ein wenig an eine Fähre, wie es so im Wasser liegt. Innen finden sich viele Schrägen und Rundungen, so dass das Gebäude ein Juwel ist.

Der italienische Designer Alessandro Mendini und die Architekten Michele de Lucchi, Philippe Starck und Coop Himmelb(l)au projektierten es gemeinsam und schufen ein bemerkenswertes Bauwerk. Zum Teil liegen die Innenräume unter der Wasserlinie.








Ein paar Eindrücke von den Innenräumen


Der Blick aus einem Fenster auf Wasserlinie
Leider erzeugten die angebotenen Ausstellungen bei uns nicht sehr großes Wohlgefallen.
Die erste war eine Schau der Mode Designer Bernhard Willhelm und Jutta Kraus.




Einzig der Herr mit Schwanz im Auspuff seines Cadillac erregte Aufsehen.

Die Zweite Abteilung präsentierte Folkert de Jong - Circle of Trust. Selected works 2001-2009. Dieser Künstler baut alle Werke aus Styropor. Manches war ansehnlich, vieles mittelmäßig interessant, anderes langweilig. Ziemlich durchwachsen das Ganze.




Dieser Aufmarsch der "Krieger" gefiel mir gut.

Die dritte Abteilung überflogen wir nur, es waren Bilder der Brücke Künstler aus Berlin, irgendwie hatten wir die fast alle schon mal gesehen.

Max Pechstein, Im Boot

Nach so viel Kunst besuchten wir noch das ebenfalls im gleichen Stil designte Museums Cafe.
Gestärkt durch Kaffee und erfreut dadurch, dass der Regen sich vertrocknet hatte, starteten wir unseren zweiten Ausflug in die Innenstadt.









Dort gibt es viel Spannendes zu entdecken.
Doch wie das so ist, wenn drei Kulturnudeln unterwegs sind, landeten wir wieder bei der Kunst. In einer Seitenstrasse vom Vismarkt fanden wir das Depot Jan Steen, eine Galerie mit Beelden (Skulpturen) und Schilderen (Gemälde) von ihm..
Lecker Art!




Dann neigte sich der Aufenthalt dem Ende entgegen. Zu guter Letzt kehrten wir in das Markt Gasthaus de Beurs am Vismarkt ein. Stilvoll alt ist es und mit schönen Leuchtern ausgestattet. Ein guter Platz, um nach dem Einkauf bei Klaviermusik zu entspannen.

Dora und ich begannen eine Belgische Bierspezilität der Brauerei Bosteels mit dem schönen Namen Kwak zu trinken. Drei Gläser pro Nase dürften es gewesen sein. Leider haben wir erst jetzt bei der Nachlese im Internet erfahren, dass es 8,4 Drehungen hat. Kein Wunder, dass wir so fröhlich zum Bus schwankten und beim Rückweg nach Bremen dösten.
Im Hotel angekommen schliefen wir gut, fest und lange.

1. Tag Bremen

19.03.2010

Der Tag begann mit einer Enttäuschung, das Hotelfrühstück war langweilig und es lief, während wir auf Weißbrot mit Belag herumkauten und schlechten Kaffee tranken, Frühstücksfernsehen.
Ich werde mich irgendwann mal durchsetzen und Zimmer ohne Frühstück buchen, eigentlich sind diese immer enttäuschend.

An Vormittag besichtigten wir zuerst das historische Stadtzentrum. Rathaus, Dom, Roland und Stadtmusikanten bildeteten die Anlaufpunkte.
Im Anschluß kam das Paula Moderson Haus dran. Die Kunstsammlung Böttchergasse besuchten wir nicht, das Wetter war zu schön und wir wollten noch etwas auslüften.
Die Architektur der Gasse hatte es uns angetan. Überall gab es Spannendes zu entdecken.


Art Deco in Stein gehauen gibt es selten in Deutschland zu schauen.
Diese Inschrift an einem Haus hat es mir besonders angetan:
"An dieser Stelle des Paula Moderson-Becker-Hauses wurde am 16. Juli 1991 bei Sanierungsarbeiten der Beinknochen des Esels Graukopf gefunden, der sich einst mit Hund, Katze und Hahn auf den Weg nach Bremen machte, um hier ein Stadtmusikant zu werden. Ein ebenfalls freigelegtes Dokument mit den Symbolen der vier wackeren Tiere liefert den endgültigen Beweis, dass die Bremer Stadtmusikanten tatsächlich bis nach Bremen gekommen sind."
Heute ist das Stadtamt Abt.Ordnung und Sicherheit für das Musizieren auf öffentlichen Plätzen zuständig. Damit könnten Stadtmusikanten heute Ärger bekommen.


Nach einem Spaziergang am Fluß strebten wir ins Weserburg Museum. Eine ordentliche Packung moderne Kunst erwarteten wir und wurden nicht enttäuscht.
Am Hintereingang begrüßte uns eine Skulptur eines unbekannten Künstlers, gesponsert von der Recylingfirma Nehlsen.
Ein großes Werk des konkreten Realismus. Wie sagte schon ein großer Dichter: "Tand, Tand ist das Gebild aus Menschenhand."


Neben dem Standardprogramm gibt es hier auf fünf Stockwerken (6000 m²) ständig Sonderausstellungen. Für uns BerlinerInnen befremdlich war, dass wir uns fast alleine im Museum fühlten, das üblich dichtgedrängte Wachpersonal fehlte fast vollständig. Nur ein paar Kameras beobachteten uns gelegentlich.
Dafür waren die wenigen AufpasserInnen recht gut informiert und konnten Auskunft geben.

Unter den Dachschrägen begannen wir den Rundgang. Dort erwartete uns Kybernetisches von Rebecca Horn, einer alten "Bekannten" aus Berlin, die im Jahre 2006 im Martin-Gropius-Bau geehrt wurde.


Dialog der Silberschaukeln polnische Trommler
In der Etage darunter waren Installationen vom Fluxus Künstler Daniel Spoerri gruppiert.

Les Dix Juges

Unschuld

Die dritte Ebene enthielt eine Sonderausstellung mit dem Titel
A.R. Penck – Deutschland“. Seine Bilder gefallen mir nicht sonderlich, interessant war es jedoch mehr über sein bewegtes Leben zu erfahren.
 Italien it alien 1976

 Polnische Reiter 1983

Im zweiten Stockwerk waren "Noble Gäste" beheimatet. Da die Kunsthalle renoviert wird, zeigt sie in der Weserburg einen Teil der sonst dort gezeigten Kunst. Die Tiergruppe unten dürfte bekannt sein, auch wenn sie Maurizio Cattelan verfremdet hat ;-)


Love Saves Life, 1995
Love Lasts Forever,1999

Dann etwas aus der Abteilung Malerei und Fotografie. Die Bilder hingen friedlich nebeneinander.

Zuerst von Caspar David Friedrich das "Grab des Arminius" von 1814.
Da dem Künstler das Orginal zu langweilig erschien, manipulierte er noch ein paar Felsen aus der Umgebung hinein.

Das Foto von Hiroyuki Masuyama "Felsental" 2007 wirkt auf den ersten Blick, als ob es als Vorlage für den Maler diente. Masuyama schuf eine Serie von nachgemachten Bildern, die eine Hommage an C. D. Friedrich darstellen.


Auf dem Weg nach unten schauten wir durch das Bullauge von Norbert Radermacher. Der hinterlässt gerne Irritationen im öffentlichen Raum. Das Loch in der Wand wurde mühsam heraus gebohrt, damit man/frau einen Blick auf Bremen riskieren kann.


Beim Abstieg ließen wir uns noch ins Labor zu den jungen KünstlerInnen locken. Es wurden Ersatzgeräte für Joysticks der besonderen Art angeboten, um sich mit Gegnern zu messen. Dora und ich erhielten einen Toaster in die Hand gedrückt. Die Aufgabe bestand darin virtuelle Toastscheiben so geschickt los zu schießen, dass damit auf dem virtuellen Tisch befindliche virtuelle Gegenstände getroffen wurden.
Wir fanden dies recht orginell.


In ersten Stock erreichten wir endlich die Ausstellung "Who killed the Painting?". Hier wurde viel Spannendes aus der Sammlung Block geboten.

Aino Kannisto, women in water, 2003
Sigmar Polke, Kartoffelhaus, 1969

Maaria Wirkkala, Found on mental connection II, 2002

Voll mit tollen Eindrücken verliessen wir die Weserburg, überquerten den Fluß in Richtung Altstadt, nicht ohne ein letztes Foto vom Haus zu schießen und danach ein Abendessen im Restaurant einzunehmen.
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Freundin J., Studentin an der Fachhochschule Ottersberg in der Ausbldung zur Kunsttherapeutin, hatte uns für den Abend in das kleine Nest bei Bremen eingeladen. In ihrer Schule wurden die Absolventen mit einer Feier verabschiedet.
Der Weg dort hin war allerdings beschwerlich. Zum Bahnhof Ottersberg fahren Bus und Bahn, doch von dort sind es noch dreißig Minuten Fußmarsch über Felder. Irgendein bekloppter Politiker hat die Busverbindung dorthin abgewickelt.
Da außerdem der örtliche Taxibetrieb aufgegeben hat, standen wir ein wenig blöd am Bahnhof rum. Zum Glück fanden wir eine junge Frau, die uns im Auto mitnahm.
Die Festansprache wurde schon gehalten, als wir ankamen. Danach besichtigten wir die Semester Abschlußarbeit von J.
Dora und ich waren begeistert, doch urteilt selbst.


Judith Lenhardt, Androgyn, Kaninchendraht, 2010