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..., jeder Schuss ein Russ

27.02.2011

Mit diesem dummen Spruch machten sich die Vorfahren meiner Mutter Mut in den ersten Weltkrieg zu ziehen. Dass die Russen zurück schießen könnten, hatten sie nicht bedacht.
Schießen steht wörtlich und manchmal auch faktisch in enger Beziehung zur Fotografie.

Seit den 30er Jahren fanden sich auf Jahrmärkten Buden, wo man / frau mit einem Luftgewehr auf Zielscheiben schoss, und bei einem Schuss ins Schwarze wurde ein Foto der /des SchützIn geschossen. Zuerst Schwarz / Weiß, später in Farbe.

Im c/o, der Berliner Institution für Fotokunst, wird diese Geschichte des Foto Schießens dokumentiert.
Neben Shots von vielen Unbekannten existieren auch welche von Promis wie Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre (rechts).

Leider ist das c/o Berlin ernsthaft in seiner Existenz bedroht. Dumme Politiker haben erlaubt, dass das ehemalige Postfuhramt an einen Investor verkauft wurde, der es in eine Shopping Mall verwandeln will.
Auch ich hatte schon immer das Gefühl, dass die Oranienstrasse, an der die Galerie gelegen ist, unbedingt eine H&M Filiale und das übliche  Lädenspektrum einer Mall braucht. Wo sollen die Menschen sonst einkaufen?

In der Ausstellung durfte nicht fotografiert werden, so fehlt Einiges. Was ihr nicht sehen könnt, ist der Schießstand, an dem ich schoss. Außerdem eine Videoinstallation mit vier Projektoren, in der so ziemlich alle Baller Szenen aus Filmen zusammen geschnitten sind.

Und eine Fotostrecke mit den Schüssen einer Niederländerin, die seit 1920 jedes Jahr den Rummel besucht und ein Foto schießt.
Portraits eines Mannes, der ein Loch in die Front einer camera obscura schießt und damit sich selbst abbildet.
Augenstern und ich waren von der Ausstellung begeistert.
Beim Verlassen des c/o schoss sie durch die Tür auf die Oranienburger Strasse.

Maulboxen

19.02.2011

Den ersten Teil unseres Samstag Programms bildete die deutsche Meisterschaft in Beatboxen. Dies ist eine der Säulen der HipHop Kultur. Wegen der Armut in den Ghettos in den USA mussten die Jugendlichen Instrumente mit dem Mund nachbilden.

Genau wie die HipHoper aus Geldmangel zu große Hosen trugen, weil ihre Vorbilder die Buchsen der großen Brüder auftragen mussten.

Entsprechend sahen auch die zweiunddreißig Kandidaten aus, die deutscher Meister werden wollten.
Die Teilnehmer waren um die zwanzig, teilweise noch mit Pickeln gesegnet, überwiegend wirkten sie eher wie Gymnasiasten.

Die beim Rap oft auftretenden Goldkettchen tragenden Macho Kacker mit ihren dummen Sprüchen über Frauen und Schwule waren hier nicht zu sehen. Aber vielleicht lag es nur daran, dass beim Beatboxen nicht gesprochen wird.
Musikalisch wurde Tolles geboten. Augenstern und ich waren baff, was für Töne dem Atmungssystem zu entlocken sind. Im Video seht ihr den Kampf des Siegers Robeat vs. Babeli.



Wir waren mit der Entscheidung der Jury für Robeat zufrieden.

Später zogen wir zu einem Ort, der selten und wenn, dann auch nur von wenigen Gästen zu besuchen ist.
H. nahm uns mit ins Haus1, einem ehemaligen öffentlichen Klohaus am Waterloo Ufer, das für Veranstaltungen mietbar ist.

Es enthält eine Bar und ein Klo, ist also gut geignet für kleine Feten.
Bei der Dame links bezahlten wir fünf Euro Künstlerbonus.
Drinnen befand sich allerlei schräges Volk.
Als wir eintraten, spielte gerade eine Combo Jazz.

Dann trat ein mexikanischer Performer auf.
Er hüllte sich in eine Indio Decke, schwankte mit dem Kopf hin und her, ließ aus dem Laptop auf seinen Knien Töne erklingen. Zum Schuss warf er mit Hühnerfüßen. Irgendwie hatte er den Vodoo.

Manchmal denke ich, ich gebe es auf Performances zu verstehen. Ich habe das Gefühl, niemand kapiert, was die treiben. Anschließend stand der Performer den ganzen Abend in einer Ecke, mit einer schwarzen Brille vor der gleißenden Sonne geschützt.

Dann sang die Frau oben mit einer Begleitband jazzige Lieder.
Langsam regte sich auch bei uns die Tanzlust.
Als danach ein DJ Funky Music auflegte, waren wir nicht mehr zu halten. Leider war es schon etwas spät.
Gegen vier Uhr fuhren wir Hand in Hand heim.


Chor gut - Pinselkleckser mittelmäßig

12.02.2011

Vor dem Alkohol tut ein wenig Kunst ganz gut, außerdem öffnen die Bars meist später.
R., Augenstern und ich besuchten die Vernissage der MalerInnen Uta Zeidler und Gerard Waskievitz. Die Bilder in der Galerie Michaela Helfrich wirkten hingeschludert.

Uta Zeidler, Garten am Nil
Ich würde mich nicht trauen so etwas auszustellen.
Die Galerie ist in einer bestimmt 25 Meter hohen ehemaligen Kranhalle der Neuköllner Kindlbrauerei untergebracht, leider nutzten die bildenden Künstler das Spezifische des Raums garnicht. Schade!

Nach einleitenden Worten trat jedoch der Chor der Neuköllner Oper auf . Sein Name NEW BABEL SOUNDS ist Programm. Menschen aus aller Frauen Länder singen in ihm.
Der sehr engagierte Chorleiter schaffte es, dass die Sangesfreude rüberkam. Der Kirchen ähnliche Raum unterstützte den Klang.



Im Anschluss besuchten wir eine der netten neuen Kneipen in Neukölln.
Diesmal reduzierten wir den Rotweinvorat der Yuma-Bar. Dufte Soulmusik erhöhte dabei das Vergnügen. Bald schauten wir psychodelisch drein.
Im Lokal finden regelmäßig Lesungen, Kleinkunst und ein Origami Kurs statt. Es befindet sich nah beim Hermannplatz.

Lasst uns ein Tänzchen wagen

11.02.2011

Diesmal mit Besuch aus Hamburg im ollen West-Berliner Chic Bezirk. Ich traf sie in der Gaststätte Eierschale Dahlem.
Das Wetter war natürlich nicht so schön wie auf dem Foto, doch der Sommergarten ist ganz nett. Das Essen hat jedoch wenig Niveau.

Der Laden ist ziemlich mittelmäßig, eigentlich eine riesige, hässlich kitschig eingerichtete Pizzeria, mit großformatigen Engeln und terracottafarbigen "Gemälden", auf die ein Innendekorateur mit viel Augenmaß güldene Kandelaber geschraubt hat.

Einen davon mitten ins Knie eines römischen Soldaten. Berlusconi hätte das nicht besser gekonnt. Die in den Räumen verteilten angeschalteten Großbildschirme würden ihm sicher auch gefallen.

Regelmäßig treten jedoch Bands bei freiem Eintritt auf.
Diesmal spielten die The Corvettes auf, eine Rock`n Roll Cover Band. Dies taten sie ganz gut. Leider sind die ZuhöhrerInnen an diesem Ort nichts Besseres gewohnt und wären wohl auch überfordert.

Nett war jedoch anzuschauen, dass generationsübergreifend  gezappelt wurde. Das erste Jive tanzende Paar war um die 60 und hatte dies bestimmt in der Jugend gelernt.
Später füllte sich das kleine Parkett auch mit Jüngeren.


Wir nutzten die Gelegenheit und schwangen ebenfalls das Tanzbein.
Im Video unten könnt ihr sehen wie der Tanz aussieht.

Nasenflöten und ideale Frauen

06.02.2011

Wir besuchten die Finissage der Rectospektive 1980 - 2011 mit Werken von Klaus Theuerkauf und Freunden.Sie fand im Freien Museum Berlin im Schöneberger Galerienviertel statt. Dieses residiert in einen Fabrikgebäude im Hinterhof der Potsdamer Strasse.

Klaus Theuerkauf ist ein Urgestein der Kreuzberger Kunstszene. Er war einer der Gründer der Künstlergruppe und der inzwischen geschlossenen Galerie Endart. Er nutzt unterschiedlichste Materialien und hat oft Kunst gemeinsam mit anderen gestaltet.
In der Ausstellung fanden sich Werke der letzten 20 Jahre.

grand finale
grand finale zoom
tote Künstler sind Kapital
der buku-quirl
ideale Frau
ficky leandros
Zum Anlaß spielte das Original Oberkreuzberger Nasenflöten Orchester, der Künstler ist Mitflöter. Die erzeugen mit Nasenflöten Töne und covern so fröhlich herum. Wenn die Jungs mal wieder auftreten, geht hin!





Musiker Geburtstag

29.01.2011

Mit was feiern Musikerinnen ihren Geburtstag, na klar, mit einer Session. Zur Party eingeladen waren u.a. Augenstern, R. und ich. Nach den ersten Irrungen und Wirrungen entwickelte sich das Fest gut.
Aber zuerst setzte eine umgekippte Kerze einen Videorecorder (bereits defekt) in Brand und das entstandende Durcheinander nutzte Mara (Hündin) die Geburtstagstorte aufzufressen.
Danach zogen Alle Instrumente aus den Taschen oder bastelten sich was zum Töne erzeugen.

Augenstern knipste, Mara schaute schuldbewusst und nur R. und ich labten uns ausschließlich an leckeren Büfett und tranken Wein.
Zum Glück standen, bis wir um ca. 2 Uhr gingen, keine Bullenwannen (Berliner Slangwort für Polizeitransporter) vor der Tür, um den fröhlichen, aber auch nicht leisen Treiben Einhalt zu gebieten. Im verschlafenen Steglitz wäre dies anders gewesen, aber Kreuzberg ist halt was besonderes.

Carneval im Lido

28.01.2011

In New Orleans heißt  der Karneval Mardi Gras (Fetter Dienstag). Dieser wurde von den französischen Besatzern in das Mississippi Delta. eingeschleppt.
Seit 1704 ist er dort Tradition.

Ein Strassenumzug mit weniger Motivwagen als in Mainz und überall kleinen Festen findet dort jedes Jahr statt.
Der Umzug hat eher US Charakter, Universitäten und die Polizei marschieren mit.
Überall in der Stadt  spielen jedoch fantastisch kostümierte Brass Bands.

Nur wenn den BewohnerInnen das Wasser bis zum Halse stand, wie nach dem Hurrikan Katrina oder während des Bürgerkriegs fiel Mardi Gras aus.
Wir wollten jedoch Mardi Gras Musik in Berlin hören.

Die deutsche Band Mardi Grass BB versprach Stimmung aus New Orleans ins Lido nach Kreuzberg zu übertragen.
Damit sorgten sie für ein ausverkauftes Haus.

Wie bei einer "echten" Mardi Gras Brass Band waren die sieben Musiker und der DJ sehr fantasievoll gekleidet aber nicht einheitlich kostümiert.
Ihr musikalisches Know How war beachtlich und die Show erste Sahne.
Der Anlass ihres Auftritts war die Vorstellung ihres neuen Albums:
Von Humboldt Picnic - Editio Terra Incognita.
Es beschreibt eine imaginäre Reise auf einen Schiff um die ganze Welt. Die Besatzung bildeten die Musiker plus dem scratchenden DJ.



Die Jungs bilden eine super Live Band und wer nicht lahm ist, sollte zu ihrer Musik tanzen!.

uncharmante Bourgeoisie

26.01.2011

Peinlich, da wohne ich seit Jahren höchstens fünfzig Meter vom Kleinen Theater am Südwestkorso entfernt und besuchte es erst jetzt.
Nun, die meisten Inszenierungen haben Boulevard Charakter und ich stehe nicht auf so was.

Doch da machte mich das erste Mal das Thema eines Stücks an.
Hilda von Marie NDiaye schildert eine reiche Frau, die sich besagte Hilde zum Hausmädchen nimmt. Nicht nur weil sie den Haushalt nicht bewältigen kann, auch weil sie in ihrem langweiligen Leben als Gattin eines Industriellen was zum Spielen braucht. Nebenbei versucht sie auch noch sich durch Hildes Mann Befriedigung zu verschaffen. Ein witziger Einfall ist das Hilde, dass nicht auftritt, sondern immer nur über sie geredet wird.

Obwohl die Schauspieler sich mühten, kamen sie nicht richtig rüber. Ich glaube man / frau muß tiefer graben, um den Kern des Stücks zu erreichen. Schade, dass der erste Besuch eine Enttäuschung bedeutete. Der Beifall der meisten erklang jedoch anhaltend.

Ernteausfall

23.01.2011

Zuerst besuchten Augenstern und ich eine Ausstellung in der Galerie unter Berlin. Ein spannender Ort in der Nähe vom U-Bahnhof Rosa-Luxemburg Platz.
Sie ist in 500m² historischen Lagerräumen im Keller untergebracht.

Wir stiegen acht Meter in die Tiefe und standen in etwa sechs Meter hohen Gewölben. Diese waren Lager der Königstadt Brauerei und in der DDR Quartier der Fahrbereitschafft des MfS.

Die Ausstellung Frequenzen nutzte die alten Räume recht gut. Düster war es und mit Licht, Schatten und Tönen wurde Kunst gemacht. Für mich jedoch nichts Neues.
Die Projektionsfläche Gewölbe nutzt sich durch Wiederholung doch schnell ab.

Danach sahen wir Ernte im Studio des Maxim Gorki Theaters.
PolInnen, die nach Deutschland als Erntehelfer reisen, war das Thema. Klingt interessant, aber das Team fuhr das Stück komplett gegen die Wand.

Die Handlung entwickelte sich chaotisch, oft konnten wir kaum erahnen, was das, was auf der Bühne geschah, bedeutete. Die Personen wurden nicht sichtbar, die Beziehungen der Handelnden zueinander waren unklar, wir waren froh, als das Schauspiel zum Ende kam.

Aber wer mutig ist, sich neue Stücke von unbekannten AutorInnen anzuschauen, darf sich nicht beschweren, wenn es auch mal schief geht.

Zweimal Kunst auf einen Streich

18.01.2011

Als Werktätiger versuche ich manchmal ein wenig Kunst nach Feierabend abzugreifen.

Mein Augenstern holte mich vom Job ab und wir fuhren nach Mitte zu einer Ausstellung mit Fotos der S-Bahn aus den 70er und 80er Jahren. Wir schauten diese in der Kunststiftung Poll in der Gipsstrasse an. Renate von Mangoldt hat damit auch West-Berliner Geschichte aufgezeichnet.

Wir beide lebten damals in der Westside und entwickelten beim Abgebildeten heftige nostalgische Gefühle.
War das nicht schön in unserem Provinznest, ohne Autos mit TF oder Regierungskarossen.
Mit Mauer war Berlin heimeliger und gemütlicher.

Irgendwie waren die Fotos aber auch nicht richtig sensationell, so zogen wir wenig später weiter.

Um die Ecke in der Auguststrasse entdeckten wir jedoch in der Galerie BerlinArtProjects Kunst, die uns richtig anmachte.
Osman Dinc aus der Türkei stellte unter dem Titel 'LE AGE DE  FR. TAM TAM' Skulpturen aus poliertem und angelassenem Stahl vor.
Irgendwie war bis vor kurzem die Türkei als Land der Künste nicht auf meinem Schirm, doch in letzter Zeit entdecke ich immer mehr spannende Artisten.