31.03.2011
Augensterns Namenstag ist heute.
Da ich gelesen hatte, dass den FinnInnen dieser Tag recht wichtig ist, gratulierte ich ihr morgens brav und hatte auch ein kleines Präsent für sie. So macht man / frau FinnInnen glücklich.
Im Gegenzug versprach sie mir mich zum Kaffee und Kuchen einzuladen.
Doch zuerst galt es das Frühstücksbüfett im Hotel zu geniessen. Das war im Hotelflur aufgebaut und so erbärmlich, dass ich am liebsten darauf verzichtet hätte. Aber der Kaffee war trinkbar.
Im Anschluss wollten wir moderne Kunst im
LOGOMO besichtigen, einem ehemaligem Lokschuppen.
Dort ist die zentrale Ausstellung der Kultur Hauptstadt Turku angesiedelt
Dies war ja unser eigentlicher Grund die Stadt zu besuchen..
Auf dem Weg beim Bahnhof sahen wir jedoch die Bar
cup&pint, nach dem grottenschlechten Frühstück hatte ich schon wieder Hunger. An dem hübsch dekorierten Ort bieten sie zur Mittagszeit ein Salatbüfett mit reichlich Fisch und Fleisch.
Lecker war´s und preiswert, und Kaffee und Wasser verabreichten sie inklusive. Ein guter Tipp für BesucherInnen.
So gestärkt überquerten wir auf einer
Kunstbrücke die Bahngleise, um zu der etwas abgelegenen Ausstellungshalle zu gelangen. Viel los war dort nicht, nur Wenige strömten mit uns dort hin.Uns beschlich das Gefühl, dass die Kunst in Turku nicht sehr heimisch ist.
Die wenigen BesucherInnen außer uns gehörten wohl zu einer Seniorengruppe.
Der Lokschuppen war nur notdürftig hergerichtet und sollte wohl den Charme einer Industrie Ruine verströmen.
Das überzeugte nicht sehr, ähnliche Gebäude besuchte ich schon hundert Mal.
Ich hatte Spektakuläreres erwartet, wenn eine Stadt zu einem europäischen Kunstmagnet werden will. 2012 ist wahrscheinlich alles vergessen.
Drinnen lösten wir eine der möglichen Ticket Kombinationen. Den eher stadthistorischen Teil
Fire ersparten wir uns.
Wir schauten drei Abteilungen an: Leider war fotografieren verboten, so kann ich euch nur heimlich Geknipstes oder Geliehenes zeigen.
1.
Alice in Wonderland
Hier wurde der weiblich feministische Blick durch das Auge der Kamera gewagt.
Viele der bedeutendsten finnischen und internationalen Fotografinnen waren mit Werken vertreten.
Zum Beispiel Saara Ekströms Arbeiten beschrieb ich schon im
Blog.
Auch mit Sasha Huber begegnete mir eine alte Bekannte. Mit ihren Fotos begleitet sie oft ihre eigenen sozialen und politischen Aktionen.
Ihre Initiative einen schweizer Berg umzubenennen, um nicht einen Rassisten, sondern einen seiner Sklaven zu ehren, ist mir in Erinnerung geblieben.
Wir sahen mehrere ihrer Arbeiten im Kiasma in Helsinki und ich hatte im
Blog bereits einen begeisterten Kommentar über sie geschrieben.
Diesmal zeigte sie eine Fotoserie über ein älteres schwarzes Model.
2.
ARS 11
Dieser Teil wurde vom Museum der Modernen Kunst aus Helsinki
Kiasma gestaltet.
Die Videoinstallation von
Eija-Liisa Ahtila WHERE IS WHERE? - MISSÄ ON MISSÄ? (56 Min.) rief den Kampf der Algerier gegen die französische Besatzung in Erinnerung. Die Tötung eines französischen Jungen durch zwei algerische Freunde wurde nachgespielt.
Wir waren beeindruckt. Dazu trug sicher auch bei, dass
Kati Outinen, eine Darstellerin aus
Aki Kaurismäki Filmen, durch die Geschichte führte.
Das Video von
Isaac Julien kreist um das Schicksal von Bootsflüchtlingen und deren Versuche, Europa zu erreichen. Der harte Kontrast von ästhetischen Küstenbildern und angeschwemmten Schwimmwesten verstörte.
3.
Tom of Finland
Dieser berühmte Sohn der Stadt ist in den USA als Zeichner weltbekannt geworden. Er bildet kräftig gebaute Männer ab, die meist auf allerlei Art Sex miteinander haben.
Ich kenne die Bilder aus div. Schwulen Magazinen und sah etwas von ihm zuletzt auf der Biennale in Venedig im nordischen Pavillon. Ob das Kunst oder Porno ist, lohnt nicht zu streiten
Im Gehen entdeckten wir noch das toll von
Tobias Rehberger gestaltete SIS. Deli + Café. Wieder ein in meinem Gedächtnis beschriebenes Blatt. Er designte ebenfalls die Cafeteria der Biennale 2009, die ich damals im
Blog schon in höchsten Tönen gelobt hatte.
Deshalb wurde ihm ja auch ein Goldener Löwe dafür verliehen.
Beim Spaziergang zurück in die Stadt diskutierten wir ein wenig, wie wir die Ausstellung empfunden hatten.
Die beiden Teile mit Fotos und Videos und das Café fanden wir sehr gut. Die Zeichnungen von Tom aus Finnland waren ganz interessant. Insgesamt waren wir trotzdem nicht zufrieden. Weshalb die drei Teile zusammen in einer Ausstellung gezeigt werden müssen und weshalb Turku sich nicht zu einen spannenden Wahrzeichen, zum Beispiel einer Stahl / Glas- Konstruktion über dem Fluß, entscheiden konnte, verstanden wir nicht. Mit ein wenig mehr Mut wäre Besseres zu erreichen gewesen.
Wieder in der Markthalle angekommen, lud mich Augenstern dort in ein Cafe der 1928 gegründeten Bäckerei
Aschan ein. Kaffee und Kuchen schmeckten fantastisch. Das Café war wie ein Zugabteil gestaltet und bot so auch optisch einiges.
Auf der Visitenkarte entdeckte ich mal wieder eine der tollen finnischen Wortkonstruktionen,
käyttöönottopäivästä bedeutet
Zeitpunkt der Einführung. Sprache oder Zumutung?
Nach einer Ruhephase in der Absteige entschlossen wir uns nicht wie
geplant tanzen zu gehen, sondern um 21:00 Uhr ein Jazzkonzert zu
besuchen. Als wir dort ankamen, war das Konzert jedoch fast zu Ende, so wollten wir uns gerade gefrustet eine Kneipe suchen.
Da sagte uns jemand vom Personal, dass im Anschluss in einem anderen Raum noch etwas stattfindet.
So gerieten wir ungewollt auf die Feier zum 50sten Jubiläum des
Harlem Jazz Club, einer Vereinigung von Jazz LiebhaberInnen aus Turku. Entsprechend alt war zum Teil auch das Publikum. Es fand eine Jam Session statt, bei der sich bestimmt 30 MusikerInnen auf der Bühne abwechselten, um dem Jubilar ein Ständchen zu bringen.
Es gab leckeren Rotwein, die Flasche für 21 €, und als der kleine Hunger kam, lieh Augenstern noch ein paar Hühnerbeine vom Büfett. So ging ein spannender, kulturgeladener Tag beswingt zu Ende.