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Reden über Sex

 03.05.2022

-  Die Schaubühne ist für ungewöhnliche Theater Formate bekannt. Das Stück "reden über sex" von Maja Zade war so eines.
Das Setting: Sechs mittelalte SchauspielerInnen treffen sich einmal im Monat ungezwungen gekleidet und mit einer Yogamatte unter dem Arm, um zu meditieren und über DAS Thema zu reden. Alle pflegen Sex unterschidlicher Art oder auch garnicht. Es gibt keine Moderation, zu sehen ist also also eine echte Selbsthilfe Gruppe. Wir durften ihnen dabei zuhören.
Außer den teilweise spannenden Erzählungen und einer kurzen körperlich Auseinandersetzung passiert auf der Bühne nicht viel.
Kein Stück was ich zwei Mal sehen möchte.

Kritiken der Anderen: Südeutsche Zeitung, Neues Deutschland, RBB

- In Potsdam, im Museum Barberini, besuchten wir die Ausstellung "Ein neue Kunst, Photografie und Impressionismus".
Das Haus ist nach der Übernahme der DDR von einem gut betuchten zugezogenen Potsdamer aufgekauft worden, um dort seine Kunstsammlung unterzubringen. Der adligen Blutsauger Friedrich II. hatte es nach dem Vorbild einer römischen Villa errichten lassen. Nicht nur presste er das Geld aus seinen Untertanen, er ließ seine Baumeister Stile ander Bauwerke kopieren.
Preussens Gloria war also nur  ein mieser Abklatsch.
Doch die Einführung in die Ausstellung war für mich spannend und lehrreich.
Die Dozentin zeigte an Hand von Beispielen, wie sich die oft noch unscharfe Fotokunst, mit der Malerei des Impressionsmus gegenseitig befruchtete. Ohne diesen Vortrag ging das aus den ausgestellten Werken nicht so klar hervor. Ich empfehle vorher die Einführung zu buchen.

- Wiedermal war ich im neuköllner Slum unterwegs, wie viele anderen Touris. Dort ist auf der Sonnenallee ist immer noch der orientalischer Basar Berlins. In den Seitenstrassen riecht es trotz angemessenem Abstand in der Nähe von Straßenbäumen nach Männerpisse. Vielleicht steht in den Reiseführern, dass Mann so sein begangenes Gebiet markieren soll. Möglicherweise ist es aber auch der Wolf in unseren Genen.
Vielleicht könnte der Bezirk eine Kurtaxe erheben und dafür ein paar Clohäuschen aufstellen.
Im Club Donau115 trat dann ein Trio auf. Ein Ort wo die Höhe des Eintritts noch freiwillig ist, d.h. zehn Euro sind erwünscht, doch gerne darf man / frau mehr, aber zur Not auch weniger zahlen.
Klima Kalima spielten Contemporary Jazz von Feinsten. Das Trio sind Kalle Kalima, guitar, Oliver Potratz, bass, der Drummer war eine Krankheitsvertretung, dessen Namen habe ich leider vergessen.
Der Bandleader, Kalle Kalima hat alle Songs des Abends selbst komponiert. Sie waren spannend anzuhören. Der neuköllner Slum hat oft Gutes zu bieten.

-  Im etwas feineren aber auch etwas langweiligen Bezirk Mitte ist das Deutsche Theater beheimatet. Dort brilliert Corinna Harfousch im Stück Birthday Candles. Sie spielte eine Frau zwischen 17 und 107, Tochter, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter. Alleine das schon eine reife Leistung.
Die großen Themen im Stück sind einfach das Leben einer Frau und die ewig gleichen Geburtstagstorten, die sie jedes Jahr backt.
Natürlich ist es wunderbar Frau Harfousch beim spielen zuzuschauen. Ich finde die Story jedoch zu flach, sie passt meiner Meinung nach eher zu einem Boulevardtheater. Einfach eine weise Mittelklasse Frau beim Leben zu beobachten trägt für meinen Geschmack kein Stück. 
Das überwiegend weibliche Publikum war anderer Meinung und applaudierte frenetisch. Vielleicht bin ich zu wenig Mutter, um das Stück zu verstehen, denn es war Muttertag und meine Begleitungen, beide Mütter von erwachsenen Töchtern waren sichtlich angerührt.

Kritiken der Anderen: FAZ, Tagesspiegel, Nachtkritik



Ich sah schon Pferde kotzen

26.04.2022

- "Kommt ein Pferd in die Bar..." ist die Einleitung eines beliebten Witzes. Das gleichnamige Buch des israelischen Schriftsteller´s David Grossmann wurde zuerst bei den Salzburger Festspielen und jetzt im Deutschen Theater theatralisch umgesetzt.
Zum Inhalt: Ein gealterter Komiker tritt in einer israelischen Kleinstadt auf. Seine Lust ZuschauerInnen zum Lachen zu bringen ist erloschen, er wirkt ausgebrannt. Er pöbelt das Publikum an und sagt ganz offen, dass er lieber woanders wäre. Das BesucherInnen beginnen abzuwandern.
Da entdeckt er eine Zuschauerin, die ihn aus seiner Kindheit kennt und die ihm sagt, dass er ein guter Junge war. Sein vorher gezeigter emotionaler Panzer zerbröselt dadurch und er beginnt aus seiner Jugend zu erzählen. Da ist endgültig Schluss mit Lustig.
Samuel Finz, als Komiker Dovele Grinstein, gelingt es zweieinhalb Stunden fast alleine die Bühne präsent zu bespielen.
Seine schauspielerische Leistung und die Romanvorlage überzeugten mich.
Kathleen Morgeneyer glänzte in der Rolle der Kindheits Nachbarin.

Ich boykottiere zwar seit Jahren alle Produkte aus Israel, bei Kultur allerdings nur wenn KünstlerInnen die Apartheitpolitik des Landes unterstützen. David Grossmann tritt dafür ein, das gleiche Rechte für alle BewohnerInnen Israels gelten.

Buchkritik: Deutschlandfunk, Süddeutsche Zeitung, Schweizer Rundfunk

Theaterkritik: Nachtkritik, Östereichische Rundfunk,

- Im c/o Berlin wurden die besten Aufnahmen eines fotografischen Chronisten der DDR Harald Hauswald gezeigt. Seine Fotos beleuchten die Spießigkeit, aber auch die Rebellion im "Arbeiter - und Bauernstaat".
Sie sind ein visueller Schlüssel zum Verständnis, weshalb die DDR untergehen musste.
Noch deutlicher wird dies in der Überwachungsprotokollen der Stasi zu Hauswald, die im ersten Raum der Ausstellung zu sehen sind. Da ist nachzulesen, das über Jahre staatliche Spitzel an seinen Hacken klebten, die u.A. protokollierten, das er seine Tochter Morgens zum Kindergarten brachte und Nachmittags wieder abholte.
Der Verfolgungswahn der DDR Granden war eigentlich lächerlich, wenn er nicht so fürchterliche Folgen für viele Menschen gehabt hätte.

Leider ist die Ausstellung vorbei, aber der Katalog mit viele spannenden Fotos ist sicher noch zu erwerben.

- Nach dem Lockdown besucht ich das erste Mal wieder die Volksbühne am Rosa-Luxenburg-Platz. Gezeigt wurde "Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer" unter der Regie von René Pollesch.
Es gibt nicht viele Regisseure die sich trauen den Titel eines Bertold Brecht Klassiker wie "Die Gewehre der Frau Carrar" so nett zu verwursten.
Im Stück taucht kein Gewehr auf und die Schauspielerin Kathrin Anger spielt sich selbst. Die Handlung wiederzugeben fällt mit schwer, es wird ständig von einem Thema zu anderen gesprungen und es gibt viel turbulente Aktion.
Nach einen Walzer beginnt Alles mit einer Slapstick Einlage von Martin Wuttke. Der rutscht ständig aus und wird immer wieder vom zweiten Mann auf der Bühne Thomas Schmauser aufgefangen. Nebenbei erfährt man / frau das wir auf ein Filmset blicken und das der Zeitpunkt 1938 ist. Das ist ein Jahr nachdem Brecht das Stück über eine Pazifistin, die im Spanischen Bürgerkrieg zur Waffe greift, schrieb.
Doch damit hat das was sich auf der Bühne abspielt rein garnichts zu tun.
Die Personen auf der Bühne, Marie Rosa Tietjen, Rosa Lembeck kommen noch dazu, sind sich aber nicht einig, worum es in dem Film gehen soll.
Vielleicht ein Sportfilm über Wrestling, ein Bibel Schinken, etwas über den Spanischen Bürgerkrieg oder gar ein Tanzfilm. Passend dazu taucht eine Gruppe Hupfdollen auf und bewegt sich hübsch choreografiert über die Bühne.
Auf der steht eine riesige drehbare Rolle (Spinnigroom) in der ein Zimmer eingebaut ist. Dazu noch die in den Musikfilmen der Zeit notwendigen Showtreppe.

© Luna Zscharnt
Damit wir wissen das es sich um ein Filmset handelt ist auch ein Kamerakran aufgebaut und es kamen Handkameras zum Einsatz. Deren Bilder werden an die Rückwand der Bühne projiziert.
Also es gab viel zu sehen und viel Gewusel.
In einem Gesprächen ging es dann um Martin Wuttke, der von drei Kolleginnen ordentlich angehimmelt wurde. Seine Beziehung Kathrin Anger sagte dabei über den Egomanen, dass er der einzige Mensch ist, der sein eigenes Foto auf dem Nachttisch zu stehen hat.
Lustig anzusehen ist das Stück auf alle Fälle, auch wenn öfter philosophisch diskutiert wird.
Zum Ende sitzen dann noch die Tänzerinnen auf der Treppe und rebellieren und pöbeln die SchauspielerInnen an.

Geboten  wurde 90 Minuten spannende und witzige Unterhaltung.

Die Kritiken der Anderen: Kleine Zeitung, Tagesspiegel, orf,

Bossa Nova , Theater, das Fressen und moderner Jazz mit etwas Wehmut

 14.04.2022

 - Die brasilianische Botschaft in Berlin ist für ihre hochwertigen Konzerte bekannt. Sie sind immer kostenlos, so man / frau Plätze ergattert. Ich hatte wieder mal Glück.
Manassés de Sousa wusste uns mit den Spiel auf seiner 12 saitigen Gitarre zu erfreuen. Die gespielten Songs waren meist stilistisch in der Art der Bossa Nova. Neben Eigenkompositionen hörten wir Stücke von Chico Buarque, Jacques Brel und  Baden Powell. Nach seinen Solis holte er seinen Sohn Jorge de Sousa auf die Bühne, der ihn mit seiner Querflöte unterstützte. Dazu gesellte sich dann noch der bekannte berliner Braslianer Jabuti Fonteles mit seiner E-Gitarre. Der hat schon bei meiner Hochzeit gespielt. Es war ein musikalisch sehr gelungener Abend.

- Das Maxim Gorki Theater lud zu "Eine Zusammenfassung von allem..." ein. Das Stück ist die theatralische Umsetzung des gleichnamigen Romans von  Rasha Abbas.
In diesem beschreibt sie in Kurzgeschichten Leben und Flucht aus Syrien und Ankommen in Europa. Aber nicht als lineare Erzählung, sondern eher in wilder wirren Fantasien. Beabsichtig ist dabei, dass einem die Sätze wie Maschinengewehrsalven in der Kopf schießen. Also nicht die entspannende Urlaubslektüre für den Liegestuhl am Strand.
Meist habe ich Schwierigkeiten bei Lesen solcher Texte, doch im Theater gefallen sie mir.
Im Stück wirbelte die vier SchauspielerInnen über die Bühne, kurze Textsequenzen lösten sich Tanzszenen ab. Dazu lief laut Techno Muke und Videofilme, wie aus Games, flimmerten über die Leinwand. Gesprochen wurde Arabisch, Englisch und Deutsch, die Übersetzungen wurde projiziert.
Das Tempo war so hoch, dass es mir kaum möglich ist, mich an Einzelheiten zu erinnern, das Stück hatte eher den Charakter eines reissenden Flusses, aber ich ließ mich davon treiben und das tat gut.
Ich fand die Umsetzung der Buchvorlage sehr gelungen.


Kritik zum Buch: Deutschlandfunk, Perlentaucher,

Kritiken zur Aufführung: RBB, Tagesspiegel, TAZ

- wenn ich ins Theater gehe nutze ich oft die Gelegenheit für einen Abstecher in die jeweilige Kantine des Hauses. Ihr wollt wissen wo die sind, hier kommen die Infos. Meist hängen dort MitarbeiterInnen rum, die über Lautsprecher aufgefordert werden, an ihrem Einsatzort zu erscheinen. Eine witzige Atmosphäre zum Einstimmen auf das was da kommen mag.

- Beim Besuch der Kulturbrauerei in Prenzelberg bietet es sich einen Aufenthalt im kleinen französichen Restaurant La Muse Gueule einzuplanen. Das ist preisgünstig und Essen und Trinken sind gut.

 - Im Panda in der Kulturbrauerei, hörte ich die Jazzcombo BROM. Ein tolles Trio aus Saxophon (Alexander Beierbach), Schlagzeug (Christian Marien) und Jan Roder (Bass). Obwohl sie vom Notenblatt spielten, improvisierten sie auch fleissig.
Es hätte für mich ein toller intimer Abend in den kleinen Klub sein können und musikalisch war ich durchaus zufrieden, doch leider warten neben mir nur drei zahlende Gäste anwesend. Nun,- die Band hatte offensichtlich  trotzdem Spaß beim Auftritt, wahrscheinlich haben die Musiker noch andere Einnahmequellen, aber 4x 10 € sind für ein Konzert einfach zu wenig.
Leider habe ich kein Konzept wie dies zu ändern wäre, außer das ihr aus den Sofas aufsteht und in Konzerte geht, mindestens kauft Musik!

New York versus Berlin, und Film + Tanz

 17.03.2022

 - In Kulturbrauerei auf den Prenzelberg spielte die Ray Anderson Pocket Brass Band auf. Ein Viererpack aus Ray Anderson Posaune, James Zollar Trompete, Joe Exley Tuba , Tonny Cambell Schlagzeug.

Ich glaubte vorher nicht, dass mich Jazz nochmal so richtig vom Hocker reißen würde, ich hatte mich getäuscht. Dachte ich doch, dass der Jazz aus meiner Mutterstadt, auch wegen der vielen zugereisten MusikerInnen, einen hohen Standard erreicht hätte. Die Ray Anderson Band brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Fakt ist, die können Jazz in den USA richtig viel besser.
Spätestens als Tonny Cambell seine Plastikschweine auspackte und diese zu quicken brachte, war ich überzeugt.

Wer keine Geduld hat das ganze Konzert zu schauen, spult auf die 47ste Minute vor.

 

Kritiken der Anderen: jazz.at, domizil,

- Ich schaute  Parallele Mütter, den neuen Film von Pedro Almodóvar.
Mal ein andere Geschichte, als er sie sonst dreht. Ein wenig eine Verwechslungstragödie und dazu eine Aufarbeitung, der auch in Spanien so gern verdrängten Geschichte des Faschismus unter Franco. Wieder spielt bei ihm Penélope Cruz die weibliche Hauptrolle. Die zweite Mutter Milena Smit spielt ebenfalls eine tragende Rolle. Tragischerweise werden die Babys der Beiden nach der Geburt vertauscht. Die Tragödie nimmt ihren Lauf.
Dass viele Leichen, der durch Franco-Anhänger ermordeten Menschen, bis heute noch nicht exhumiert wurden, ist ein brauner Fleck auf der bürgerlichen Demokratie in Spanien. Angehörige warten immer noch darauf ihre Verwandten zu beerdigen, sie liegen irgendwo verscharrt in der spanischen Erde. Daran knüpft der zweite Strang der Filmerzählung an.
Fast dokumentarisch wird die Arbeit eines Teams gezeigt, dass ein Massengrab öffnet und die Leichen identifiziert.
Auf seine alten Tage wendet sich Pedro Almodóvar einem politischen Thema zu.
Bravo, der Film hat mich sehr berührt.


Kritiken der Anderen: NDR, Süddeutsche Zeitung, Die Welt,

- Im überirdischen Eingangsbereich der Neuen Nationalgalerie sah und hörte ich ein Tanzstück von Anne Teresa De Keersmaeker. Dark Red wurde dort aufgeführt.
Frau Keersmaeker ist eine inzwischen 62 jährige Tänzerin und Choreografin und mit ihrer Truppe ROSAS eine internationale Größe in der Ausdruckstanz Szene.
Mit ihr traten die TänzerInnen Cassiel Gaube und Soa Ratsifandrihana und die Flötistin Chryssi Dimitriou auf. Deren musikalischen  Improvisationen waren an Salvatore Sciarrinos „L’Opera per Flauto“ angelehnt.
Zu Beginn der Vorstellung wurde in der Halle ein Kreis gezirkelt, in diesem wurde getanzt, wir, die ZuschauerInnen, waren darum platziert.
Die Arbeit war spannend anzusehen. Besonders der Tanz der Grand Dame Keersmaeker gefiel mir ausnahmslos. Ihr Bewegungen sind so elegant anzuschauen.
Die beiden jungen Mitglieder der Truppe waren zwar kraftvoller, aber weniger ausdrucksstark.
Die Tonfolgen der Flötistin wiegten mich eher in den Schlaf, wenn sie nicht zwischendurch quietschiges produzierte hätte, wäre ich vielleicht ins Schnarchen geraten. Zum Glück hatte ich vorher einen Espresso getrunken.
Leider war die Performance nur für ein paar Tage in Berlin, sonst würde ich sie euch empfehlen.

Kritiken der Anderen: Deeds.News, Morgenpost,

Performance usw

 26.02.2022

 - Am Kunstort Kindl Zentrum für zeitgenössische Kunst in Neukölln nahm ich an einer Performance teil. Von Angesicht zu Angesicht saß ich Antonia Baehr allein in einem Kellerraum gegenüber, nur durch eine Scheibe getrennt.
Aus den Kopfhörer, den ich angehalten wurde zu tragen, erklang Blubbern, ich konnte die Geräusche nicht identifizieren. Mein erster Gedanke war, das sie mit einem Mikro auf ihren Bauch aufgenommen wurden, aber sicher bin ich nicht.
Sonst schaute ich die junge Dame an, während sie langsam ihre Gesichtsausdrücke wechselte. Mal schaute sie ernsthaft, ja böse, dann distanziert, dann wieder streckte sie ihre Zunge heraus. Eine Art Peep Show mit nacktem Gesicht. Ob sie mich sehen konnte weiß ich nicht. Nach zehn Minuten war das Anglotzen beendet.
Ich verliess etwas irritiert den Ort des Geschehens. Nicht das ich gelangweilt war, irgendwie war die Performance auch spannend, doch so richtig erschloss sich mir der Sinn nicht. Muss bei Kunst ja auch nicht immer sein, sie darf ja auch irritieren.

- Im Deutschen Theater besuchte ich eine Solidaritätsveranstaltung gegen die Besetzung der Ukraine. Draußen auf den Vorplatz spielen MusikerInnen aus dem Land und drinnen wurden Texte zum Überfall gelesen.
Die Veranstaltung führte das DT gemeinsam mit dem berliner ogalala Theater durch. Dieses Off Theater arbeitet seit Jahren mit KünstlerInnen aus der Ukraine zusammen, ist in der Lage Gelder an die Kulturschaffende zu vermitteln, die durch die Besetzung in problematische Situationen geraten sind. Öffnet eure Herzen und die Geldbeutel.
Spendenkonto

Inhaber: ogalala kreuzberg.e.V., IBAN: DE53 1005 0000 0191 0327 43,BIC: BELADEBEXXX

Zu Besuch in Basel

 - Das Theater Basel hat international einen guten Ruf als innovative Spielstätte, ein Grund mehr dort eine Vorstellung zu besuchen.
Wir sahen Ulysses von James Joyce, dem 1000 Seiten Roman, sehr heiß gewaschen, in einer Bühnenadaption. Aus diesem Buch ein Stück von 100 Minuten Länge zu machen ist dem Regisseur John Collins gelungen und zwar recht gut. Fundiert kann ich das jedoch nicht behaupten, habe ich doch den dicken Schinken von Joyes nie gelesen.
Das Stück begann wie eine szenische Lesung, fünf SchauspielerInnen saßen in zum Zuschauerraum offen Boxen und lasen den Text vor. Wenn das so weiter gelaufen wäre, hätten wir tagelang im Theater sitzen müssen. Dann setzte der Regisseur die Schnelle Vorlauf Taste ein und der Text auf den Monitoren und der Ton lief schneller. So wurde Zeit eingespart. Eine geniale Idee!
Im Roman sind zwei Männer am 16. Juni 1904 in Echtzeit von 8:00 Morgens bis 4:00 Uhr des nächsten Tages in Dublin unterwegs. Sie lernen sich kennen und ziehen zusammen um die Häuser.
Der Autor teilte die Geschichte in Kapitel entsprechend der Odyssee von Homer ein. Zum Schluß berichte die Frau eines Protagonisten über ihre sexuellen Erfahrungen.
Die SchauspielerInnen lieferten fantastische Leistungen ab, aber trotzdem der Roman eingedampft war, langweilte mich die Geschichte etwas. So will ich keine uneingeschränkte Empfehlung abgeben.

Kritiken der Anderen: Baseler Zeitung,

- In der Kunstmuseum Basel besuchte ich die Ausstellung Louise Bourgeois x Jenny Holzer. Frau Holzer ist 39 Jahre jünger als Frau Bourgeois und fühlte wohl ein künstlerische Seelenverwandtschaft mit ihr. Sie trat hier in der Rolle der Kuratorin auf und zeigte mir Louise Bourgeois ganz neu. Ich kannte von ihr bisher ihre riesigen Spinnen und  Käfige mit gefangenen Figuren.
Hier wurde sie als Malerin gezeigt. Diesen anderen Aspekt ihrer Kunst kennenzulernen war zwar spannend, jedoch finde ich, sie ist bis auf Ausnahmen für mich keine bedeutende Malerin.
Zum Glück hatte ich eine Führung gebucht, sonst hätte mich allein die Menge, 250 Werke laut Katalog, schier erschlagen. Doch so erfuhr ich das Frau Bourgeois eine Workaholic war, Zeiten häufiger Schlaflosigkeit verbrachte sie meist im Atelier. Vielleicht erklärt sich so die Menge an eher mittelmäßigen Zeichnungen und Aquarellen.

Jenny Holzer ist auch schon siebzig Jahre alt, sie hat ihre Freundin, die 2010 verstorben ist, überlebt. Ihr Metie ist die Konzept- und Installations Kunst. Sie ist auch als Schriftbilder Macherin bekannt, u.A. ist sie im Reichstag mit einem Spruchband vertreten.

Links: Mit der beschrifteten Windeln wurde überall in Basel von ihr für die Ausstellung geworben. 

Kritiken der Anderen: FAZ

- In der Fondation Beyerler war eine Ausstellung mit Bildern von Georgia O`Keeffe zu sehen. Alleine das Museum und der umgebende Garten sind es schon wert einen einen Blick zu riskieren.

Dort waren die Werke chronologisch gehängt, so dass es möglich war den künstlerischen Werdegang der Malerin nach zu vollziehen. Ihre Farbgebung und der Malstil haben mich komplett begeistert. Wer in der Gegend ist sollte die Ausstellung unbedingt besuchen.

 - Die letzten drei tollen Tage in Basel verbrachte ich bei der Baseler Fasnacht. Auch dieses Mal, es war mein drittes Mal, ein beeindruckendes Erlebnis.
Besonders liebe ich die kleinen und große Gruppen, die Tag und Nacht durch die Stadt ziehen. Fantasievolle Kostüme sind zu sehen und die Luft ist mit Klängen von Pfeifen, Trommeln und Blechblasinstrumenten erfüllt.
Und die Kinder in ihren Verkleidungen sind "So Süss". Auch sie sind oft bis spät in der Nacht unterwegs.
Ich hatte das Gefühl, das halb Basel auf den Beinen war und das ein Drittel der Bevölkerung ein Musikinstrument spielt. Bei 170.000 EinwohnerInnen unwahrscheinlich.

A bissel Jazz, Comedia und viele Movies

18.02.2022

1. Schön das meine Heimatstadt fast an jedem Abend ordentliche Jazzkonzerte zu bieten hat.
Der a-train ist einer der traditionellen Berliner Clubs, die oft Hochklassiges zu bieten haben.
Das ULI KEMPENDORFF FIELD QUARTET erzeugte leckeren Ohrengenuss.
Jonas Westergard (bass), Peter Brunn (Schlagzeug), Cristopfer Dell (Vibrafon) und Uli Kempendorf (Saxophon und Klarinette) waren die Bestandteile. Hört selbst!

2. Berlinale No.1
I Poli ke i Poli (die Stadt und die Stadt) ist ein griechischer Beitrag aus der Abteilung Encounters.
Die beiden in der Stadt Thessaloniki geboren Filmemacher stöbern in der Geschichte der Juden der Stadt. Die jüdische Bevölkerung stellte bis zur Besetzung Griechenlands einen großen Teil der Einwohner. Auch christliche Griechen veranstalteten Pogrome gegen die Juden der Stadt, doch die systematische Ausrottung der Juden bleib den Deutschen vorbehalten. 97 Przent der Juden wurden ermordet. Die Wenigen die aus den Vernichtungslagern heimkehrenden, hatten nach der Befreiung Schwierigkeiten ihren Besitz wieder zu erlangen, christliche Griechen hatten ihn sich unter den Nagel gerissen.
Mir gefiel an dem Film, dass er nicht auf scheinbar dokumentarische Szenen beschränkt war. Ein Beispiel: Die sogenannten Leibungsübungen, ein Mittel der Besatzer die Menschen zu demütigen und zu quälen, fanden live im heutigen Thessaloniki statt, wie damals auch auf öffentlichen Plätzen.
Ein spannender Film der hoffentlich in die Kinos kommt.

3. Im Deutschen Theater wurde das Stück von Carlo Goldini "Der Diener zweier Herren" gegeben. Der 1707 in Venedig geborene Dramatiker transferierte Elemente der Commedia dell` arte, das italienische Volkstheater, auf die großen Bühnen.
Der Inhalt ist entsprechend einfach gestrickt und lohnt sich nicht zu erzählen. Zotten und Slapstick sind die Hauptbestandteile dieser Verwechslungskomödie. Das fünf Frauen in wechselnden Kostümen alle Rollen ausfüllen war beachtlich. Trotzdem, vielleicht war ich auch nicht in der Stimmung, ich habe mich überwiegend gelangweilt.

Kritiken der Anderen: rbb24, kultura, Tagesspiegel, FAZ


4. Berlinale No.2
Unrueh ist ein schweizer Film aus der Abteilung Encounters. Sein Name stammt von der in mechanischen Uhren verbauten Unruh.
Er setzt ein Teil der Autobiografie des Anarchisten Kropotkin dramaturgisch um. Der war 1872 für drei Monate bei der Juraföderation in der Schweiz zu Gast und beschrieb, die dort starke anachistische Bewegung unter den UhrmacherInnen. In seinem Buch "Memoiren eines Revolutionärs, Band 1" ist das nachzulesen. Die Verhältnisse in der Schweiz erschienen ihm wohl wie Neu-Lummerland, die im Gegensatz zu Russland relativ freie Situation hatte ihm wohl die Sinne vernebelt. Dass die schweizer Bourgeoisie nicht eine so panische Angst vor Linken hatte wie die adligen Blutsauger der damaligen Zeit, mag für den damaligen historischen Moment richtig sein, aber später wurde die anarchistischen Gruppen auch dort von ihr verboten und verfolgt.
Leider beschreibt der Film die Schweiz als ein Tal der Glückseligen, ich fand ihn deshalb recht mittelmäßig.

 Kritiken der Anderen: TAZ, kino.de, 

5. Berlinale No.3
Á propos de Juan (Die Zeit die wir teilen) ist eine mit genialen Schauspielern besetzte französische Produktion.
Isabelle Huppert spielt eine Verlegerin um die Fünfzig, deren Sohn sechsjährig ertrunken ist. In ihrer Vorstellung lebt er jedoch, ist regelmäßig anwesend. Sie "lebt" mit ihm in einer Villa.
Der Junge war das Ergebnis einer Liason mit einen irischen Taschendieb, diesen trifft sie Jahrzehnte zufällig später in Paris. Dadurch bricht vieles in ihr auf.
Erst als sie sich auf eine Liebesbeziehung zu einem jüngeren Autor, gespielt von Lars Eidinger, einlässt verschwindet das Gespenst aus ihrem Leben. Sie verkauft die Villa und Ente gut verbringt sie hoffentlich glückliche Tage mit dem Autor.
Ein toller Film, unbegingt ansehen!

Kritiken der Anderen: moviepilot, filmportal,