Hier arbeitet ein Scherenschlei Trottoir. Er hat die Schleifscheiben an die Achse seines Motorrollers gekoppelt und kann damit seine Dienste mobil anbieten.
Es war Samstag und wir hatten erfahren, dass im Quartier Gràcia ein Stadtteilfest stattfindet. Wir kannten es vom ersten Tag. Es gilt als Künstlerviertel.
Der zweite Grund für den Besuch war das Wochenende der Jungen Galerien.
Vor der untiteled BCN zeigte ein rot gefärbtes Schaf als Maskottchen an, dass dort Kunst geboten wurde.
Ein freundliches Paar, Jess und Xev, luden uns erst mal zu einem Kaffee ein und haben damit unser Herz gewonnen. In dem kleinen Laden wurden viele KünstlerInnen George Lloyd-Jones, Nettle Grellier, Marc Badia, Jon Riggall, Andy Kim, Emma Willimson, Sirmano, Mirthe Blussé, Elisa Munsó und Marc Marin gezeigt.
Sie stellten unter dem Motto: "Before we get old" aus.
Die meisten sind IllustratorInnen, wie auch Marc Marin. Seine Arbeiten gefielen mir.
Er nutzt historische schwarz / weiß Zeitungsfotos und bemalt diese partiell. Meist werden Haare und Gesicht koloriert, aber immer bekommen alle Pinocchio Nasen.
Dies hat wohl mit den abgebildeten Politikern zu tun. Auch zu sehende Journalisten kommen die Nasen verpasst.
Die beiden anderen Galerien waren leider während der Siesta geschlossen. Für uns als Menschen aus einem neoliberalen Hotspot war dies nicht nachvollziehbar. Während eines Stadtteilfestes mit vielen BesucherInnen und einem Galeriewochenende stur die Schließzeit einzuhalten, erschien mir sehr traditionell.
An einem Platz begegnete uns dann Vergangenheit in Form eines Denkmals von Xavier Medina-Campeny für die Romanfigur Colometa von Mercé Rodoreda. Diese katalanische Autorin hatte in ihrem weltberühmten Roman "Auf dem Plaçe de Diamant" Colometas Leben während des Putsches und Bürgerkriegs durch General Franco beschrieben.
Die Markthalle "de la libertat", 1893 fertiggestellt, war noch geöffnet. Es scheint ein europaweites Phänomen zu sein, dass sich rund um Märkte Bars befinden, in denen sich Nachbarschaft trifft.
Bei einem Gläschen oder Espresso läutet frau / man den Abend ein.
Wir gerieten in einen Schnapsladen, in dem bis zur Decke internationale Alkoholika auf Regalen standen. Meine Begleiterin entdeckte sogar Finnisches.
Zwei ältere Damen und ein Dreißigjähriger (wahrscheinlich vom anderen Ufer) führten den Laden. Neben den flüssigen Verführungen darauf, hingen an den Regalen noch Pin-ups von jungen Männern. Die älteren Damen wirkten nicht so, als ob sie so etwas an Wände hingen.
Ein Teil der GästInnen trank vor der Tür.
Die Damen auf dem Bild hatten ihren Motorroller mit Hilfe eines Plastiktischs zu einer Getränkeablage umfunktioniert. Phantasie haben die BarcelonesInnen.
Das Straßenfest hatte noch nicht so richtig begonnen.
Aber in vielen Straßen bespaßten sich die Kinder selbst an den aufgestellten Spieltischen.
Wir waren schon visuell etwas abgefüllt und zu Hause warteten am Morgen gekaufte Herz-Muscheln auf uns.
Schade, heute könnte man / frau sein Geld dort sicherer als im Internet lagern. Die letzten Schränker (berlinisch für Panzerschrankknacker), einstmals die Schrecken der Besitzenden, dürften mittlerweile verstorben sein. Hacker werden sich wohl die digitalen Zähne ausbeissen.
Alle Fotos Irmeli Rother
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