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Jazz Werkstatt Peitz

16.08.2035

- drei Tage Festival im vom Mücken verseuchten Nest Peitz in der Lausitz, doch es zieht mich immer wieder dorthin. Es gibt überwiegend spannende Jazzkonzerte. Leider konnte ich nicht alle besuchen, am Samstag waren es neun hintereinander, das war to much for me.
Auf dem Gelände des ehemaligen Hüttenwerks gab es drei Auftrittsplätze, eine Freiluftbühne, eine in der zum Museum umgestalteten Eisenschmelze und einen kleinen in der Werkstatt. 

Freitag
 

1. Die Baby Sommer´s Brother & Sisterhood ist ein größeres Orchester. Entsprechend viele MusikerInnen sind beteiligt: Silke Eberhard – alto sax | Frank Gratkowski – alto sax, flute |  Matthias Schubert – tenor sax | Raymond MacDonald – alto sax, soprano sax | Anke Lucks – trombone |  Nikolaus Neuser – trumpet  | Didrik Ingvaldsen - trumpet | Uli Gumpert – piano | Antonio Borghini – bass | Günter Baby Sommer – drums.
Zu Gehör brachten sie Eigenkompositionen und Arrangement's von Standards. Bei so vielen Beteidigten ist das Spielen vom Notenblatt meist notwendig, aber es gab auch Raum für Improvisation.
Baby Sommer ist ein Urgestein der Jazzszene und Uli Gumpert an seiner Seite auch, doch sie erdrückten die jüngeren MusikerInnen nicht mit ihrer Präsenz, alle hatten viel Spaß miteinander. Besonders beeindruckt hat mich ein Stück nach den Gedicht von Hugo Ball Karavane, einem der frühen Dadaisten.
Unter im Video seht ihr einem Konzertmitschnitt.

2. WE/RD of Mouth ist eine Dreierbande.Sie spielen Jazz, wie ein Hochseillauf, ohne Netz und Notenblätter, also Free.
Das Trio sind Mette Rasmussen Saxophon, Craig Taborn am Piano und Ches Smith Schlagzeug.
Eine fantastische Band, aber es ist etwas anstrengend, ihnen zuzuhören, doch es lohnt sich immens.
Unten im Video seht ihr ein Solo von der genialen Mette Rasmussen.

3. Onom Agemo and the Disco Jumpers feat Ahmed AG Kaedy ist der Versuch Funky Music mit Wüstenblues zu kreuzen. Die Bandmitglieder sind Ahmed Ag Kaedy - guitar, vocals, Johannes Schleiermacher - saxophone, keyboards, Bernd Oezsevim - drums, Kalle Zeier - guitar, Jörg Hochapfel - keyboard, Kalle Enkelmann - bass. Unten im Video wird die Fusion der beiden Musikrichtungen gut dargestellt, beim Auftritt im Festival war der Funk gut präsent, allerdings machte der Wüstenmensch Ahmed Ag Kaedy einen sehr verschlafenen Eindruck. Er zupfte ab und zu mal an seiner Gitarre und murmelte etwas ins Mikrophon. Gut, - auch ich bin nicht immer fit.
Eine Bekannte, die im Backstage Bereich unterwegs war, tippte auf zu viel Maria Juana.

Samstag

1. Uli Gumpert und Günter Baby Sommer sind seit den 70ern musikalische Seelenverwandte. Ein Duo aus Piano und Schlagzeug. Wobei Hr. Sommer mit seinen 82 Jahren allein durch sein Aussehen,  aber auch durch seine Bühnenpräsenz hervorsticht. Ihn eine Rampensau zu nennen ist wohl nicht ganz falsch. Er macht Späße, erzählt Ernsthaftes und trommelt wie ein junger Gott. Besucht seine Auftritte, solange er noch unter uns weilt!

2. Willi Keller, Preisträger des Brandenburger Jazzpreis des Letzten Jahre, durfte diesmal eine Wunschformation aussuchen und vorstellen. Diese, adventure in sonic freedom ist: Lotte Anker saxophone, Steve Swell trombone, Pat Thomas piano. Matthias Bauer bass, Willi Kellers drums.
Sie entzündeten ein Feuerwerk aus Improvisation und Spielfreude. 









3. Flut feat Hochapfel spielten in der Hochofen Halle. Die Band: Jörg Hochapfel organ, Christopher Kunz saxophone, Isabel Rößler bass. Auf der Empore steht eine Orgel, die von Hr. Hochapfel gespielt wurde. Saxophone und Bass nutzen Treppen und Durchgänge, um sich im Raum zu bewegen. Das Musikerpaar 'Flut' kenne ich aus Berlin, dort tun sie sich auch immer wieder mit anderen aus der Szene zusammen.
Bei diesem Auftritt nutzen sie meiner Meinung nach die Möglichkeiten der Industrieruine nicht optimal aus.
Unter seht ihr die beiden als Duo.

4. Auftritt Drogi / Krajowe, eine Formation aus Tschechien. Das sind: Michał Giżycki bass clarinet, tenor saxophone, Dawid Dąbrowski modular synthesizer, Maciej Karminski drums, wheelbarrow, Hubert Karminski bass guitar, synthesizer, melodica, Ostap Mańko violin, plus elx.
Sie kamen mit viel Elektronik auf die Bühne, trotzdem wurde es nicht sphärisch. Rhythmus und Improvisation standen im Vordergrund.


5. Abdou - Gouband - Warelis, das sind: Sakina Abdou alto-, tenor saxophone, Marta Warelis piano, Toma Gouband drums, stones, leaves. 
Zuerst fiel mir die sehr virtuose Saxophonistin auf, dann entdeckte ich den ungewöhnlichen Drummer. Dieser nutzte neben den traditionellen Schlagwerkzeugen auch aus der nordischen Sauna bekannte Reisigruten, um den Trommeln und Blechen Geräusche zu entlocken.
Auch die Pianistin war an den Tasten spitze und zusammen harmonierten sie sehr gut. 

Sonntag

1. Die Verleihung des Jazzpreises Brandenburg 2025.
 
Diese Jahr wurde er Wanja Slavin zuerkannt. Er ist Saxofonspieler, Komponist und Produzent mit Wohnsitz und Studio im Bundesland.
Neben der künstlerischen Qualität ist dies eine Voraussetzung.
Helge Leiberg hat die Preis-Skulptur geschaffen. Ich kannte den Künstler von einer live Malperformance aus Berlin. Er hat es mit mageren Gestalten.


2. Das Preisträgerkonzert folgte. Hr. Slavin hatte für den Anlass ein Sextett mit Namen Libelle zusammengestellt. Das waren Wanja Slavin saxophone, synthesizer, Shannon Barnett trombone, Bertram Burkert guitar, Johannes Lauer piano, trombone, Lucy Liebe e-bass, Max Stadtfeld drums.
Wobei mit Lucy Liebe für mich das erste Mal eine sichtbare Transperson auf der Bühne des Festivals stand, Bravo!
Die Band improvisierte auf sehr hohem Niveau.


 

 

 

 

 

 

 

Die letzten beiden Konzerte fanden dann in der ev. Kirche Peitz statt.

3. Für das Duo Schriefl Rummel passte der Ort wie die Faust aufs Auge. In ihren Auftritt war einige Musik Clownerie eingewebt. Unter Anderem gab es auch eine Referenz an Mani Matter, einen Mundart Poet der 70er Jahre in der Schweiz. Meine schweizerische Begleitung war begeistert, deshalb hier das Lied im Original:

  

Ir Ysebahn Lyrics Übersetzung
In der Eisenbahn sitzen die einen so
dass sie alles, was kommt, schon im Vornherein kommen sehen
und den Rücken zuwenden der Richtung woher
der Zug kommt

die andern sitzen auf der Bank gegenüber
dass sie lange noch sehen können, wo der Zug schon war,
und den Rücken zuwenden, der Richtung wohin
der Zug fährt

Jetzt stellt Euch vor, jeder behauptet einfach
so wie er es sehe, sei es richtig und schon haben sie Streit
sie hauen sich die Regenschirme auf den Kopf
der Zug fährt

Und auch wenn der Schaffner jetzt noch vorbeikommt
so geht er dem Sachverhalt nicht auf den Grund
er sagt nur, welche Ortschaft jetzt kommt
es ist Rorschach.

Das  Paar hat aber erheblich mehr zu bieten. Sie sind:  Matthias Schriefl trumpet, horn, viola
Simon Rummel organ. Der eine bespielte  Kirchenorgel, Klavier und Cembalo, der andere div. Blasinstrumente ua Alphorn und Geige. Die musikalische Bandbreite war jedenfalls erheblich. 

 4. Zum Schluss traten die Bonecrusher (Knochenbrecher) auf. Eine Gruppe aus PosaunistInnen: Adrian Prost trombone, Anke Lucks trombone, Daniel Riegler trombone, Maria Trautmann trombone, Matthias Muche trombone, Matthias Müller trombone, Matthias Schuller trombone, Moritz Anthes trombone, Moritz Wesp trombone, Till Künkler trombone, Yoshiki Matsuura trombone, Etienne Nillesen extended snare drum.
Als christlich gebildetem Menschen (konformiert) fielen mir sofort die Posaunen von Jericho ein. Diese sollen angeblich eine Stadtmauer zum Einsturz gebracht haben. So etwas klappt, glaube ich, nur bei erheblichen Baumängeln oder in Bibel Märchen. Die Kirche jedenfalls stürzte nicht ein.
Das Dargebotene erinnerte mich dagegen an das Summen eines Insektenschwarm. Knochen zerbrachen auch nicht. Können auch viele Posaunen ein Konzert verderben? Ich konnte mich an der Musik nicht so begeistern. 

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