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barcelona dos - Der Wassertag

29.09.2016

Gestern latschten wir uns die Füße platt, heute lernten wir den sehr gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr der Stadt kennen. Mit dem Bus fuhren wir zum Meer.
Aber wir wollten nur schauen. Rumhängen am Strand ist nicht so unsere Sache.

Deshalb liefen wir weiter in den Stadtteil La Barceloneta. Einstmals ein Fischerdorf wurde es zu einem eng bebauten Viertel, in dem überwiegend arme Leute wohnten.

Deutsche und Italiener bombardierten es mehrmals während des Militärputsches gegen die gewählte Regierung durch General Franco. Besonders erfolgreich waren Bomben auf die Markthalle des Stadtteils und eine Schule, die viele zivile Opfer forderten.

Kein Pilot der deutschen Legion Condor wurde wegen dieser Kriegsverbrechen verurteilt. Wenn sie nicht den wohlverdienten Heldentod für das Deutsche Reich starben, genossen sie ihre Pension in der BRD oder der DDR.

Heute ist La Barceloneta ein Touristenmagnet. Die malerische und restaurierte Altstadt lädt zum Flanieren ein.
Leider mit den üblichen Nebenwirkungen. Es werden viele Wohnungen an Feriengäste vermietet und die Einheimischen werden verdrängt.

Eine eher kleine, aber süße Attraktion war der Wagen der Stadtreinigung, der nicht nur die Straßen bürstete, sondern auch von zwei Mitarbeitern begleitet wurde, die Desinfektionsmittel versprühten. So etwas bekommt man / frau in Berlin nicht zu sehen.

Der Besuch in Barceloneta war von einem englischen Reiseführer empfohlen worden, den ich vorher in Berlin erstanden hatte. In ihm geben einheimische KünstlerInnen Tipps. CITIX60 Barcelona ist ein guter, handlicher Begleiter. Der hat uns das Restaurant Can Maño empfohlen.

Es ist sehr klein und wer Körperkontakt zu Einheimischen sucht, ist dort richtig. Uns war es etwas zu laut und zu eng. Gegen das Essen lässt sich nichts sagen. Es ist preiswert und gut.
Meine in Weißwein gekochten Muscheln waren hervorragend. Ich speiste mit viel Vergnügen.
Nur das Dessert crema catalana war etwas misslungen. Der Koch hatte wohl vergessen den Zucker auf ihm zu karamellisieren.

Ja, ziemlich hektisch ging es dort schon zu.

Den würdige Abschluss des Tagesausflugs bildete eine kleine Hafenrundfahrt.
Das Meeresgetier in unseren Bäuchen wollte auch noch einmal hinaus aufs Meer.
Wir waren aber hauptsächlich im Brackwasser des Hafenbeckens unterwegs.

Vorbei fuhren wir an Frachtern, Kreuzfahrtschiffen und einem verflucht protzigem Einkaufszentrum. Weshalb Shopping bei vielen TouristInnen so einen hohen Stellenwert hat, kann ich nicht verstehen. Fast alle Geschäfte sind auch in Berlin zu finden.

Aber vielleicht bin ich auch aus der Zeit gefallen. Ich konsumiere gerne frisch zubereitete Speisen, leckeren Wein und reichlich Kunst und Kultur, aber Markenklamotten gehen mir sowas am Arsch vorbei.
Das "Große Meer" war für uns nur ein attraktives Fotomotiv.

Wir fuhren dann aber auch mal kurz aus dem Hafenbecken ins Mittelmeer. Dort war das Wasser klarer und Barcelona war plötzlich sehr fern.
Nach vierzig Minuten hatten wir wieder festen Boden unter den Füßen. Visuell und kulinarisch abgefüttert fuhren wir Heim.

Alle Fotos Irmeli Rother, außer der Luftaufnahme der italienischen Kriegsverbrecher vomn ihrem Bombardement

barcelona uno - Erste Eindrücke

28.09.2016

Als wir am Vorabend in unserem Feriendomizil in Barcelona im Stadtteil El Carmel ankamen, bemerkten wir gleich, dass wir nicht in einer touristischen Hochburg gelandet waren. Als wir die Metro verließen, betraten wir einen betonierten Platz zwischen Neubauten, mit Namen Plaza Pastrana. Dort saßen Emigranten und Katalanen, schwatzten und um ihre Beine herum spielten viele Kinder. Alles sehr lebendig, dort kamen wir uns mit unseren Rollkoffern eher exotisch vor.

Unsere Wohnung befand sich im 5.Stock und darüber eine Terrasse, von der wir einen hübschen Überblick  über die Stadt bis hinunter zum Meer hatten. Landeinwärts sahen wir die Barcelona einschließende Bergkette.
Das war ein schöner Anfang.

Am nächsten Morgen, beim Frühstückseinkauf, war ich baff ob den vielen Menschen, die auf der Straße unterwegs waren. Viele saßen vor Cafés oder auf Straßenbänken. Sie unterhielten sich, begrüßten sich laut über die Straße und das trotz der stinkenden Autokolonne, die den Berg hochkroch.

Sowas kennt man / frau nicht, höchstens von der Potsdamer Straße, bei mir zu Hause um die Ecke. Dort ertragen die Menschen den bleihaltigen Benzingeruch und den Dieselruß ebenfalls klaglos, wenn sie nur vor Cafés sitzen können.

Zum Glück entdeckte ich sofort die lokale Markthalle Mercado de Carmel. Für uns als Liebhaber von totem Meeresgetier das Paradies. Knapp die Hälfte der Stände bot Fisch und Co.
Es gab aber auch super leckeren rohen Schinken von iberischen Schweinen.

Nach unserem ersten barcelonischen Frühstück machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Park Güell. Auf der Karte nicht weit von unserem Feriendomizil entfernt, doch leider enthielt diese keine Höhenangaben. So erkletterten wir erstmal den Hügel, der das Zentrum des Park del Carmel bildet. Als wir die Rolltreppen und Zahnradbahnen entdeckten, die das Hinaufkommen erleichtern, waren wir froh dem Tipp Fahrräder zu mieten nicht gefolgt zu sein.

Die vielen Hügeln in den Außenbezirken erfordern entweder erfahrene BergradlerInnen oder Elektromotoren.

Praktisch sind Drahtesel nur in der Innenstadt.
Die BewohnerInnen der Stadt nutzen deshalb meist Motorroller.
Beim Klettern auf den Berg entdeckten wir, dass viele BarcelonerInnen nicht nur einen Vogel haben. Dieser war mit fünfundzwanzig am Start.

Als wir den Hügel erklettert hatten, bot sich uns ein toller Blick auf die Stadt und Mülltüten. Danach ging es abwärts zum Park Güell. Dort erfuhren wir, dass wir nicht nur 8 € Eintritt berappen mussten, sondern auch erst ein paar Stunden später Einlass begehren konnten.

Am Park konnten wir die mittlerweile europaweit übliche Jagd auf Flüchtlinge beobachten, die versuchten sich ein paar Euros mit dem Verkauf von Andenkenschrott zu verdienen. Sozialdarwinistische Politik ist widerlich.

Um uns die Zeit bis zum Eintrittsfenster in den Park zu vertreiben, besuchten das Stadtviertel Grácia. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir einen besetzten Palast. Widerstand gegen die Gentrifizierung lebt weltweit und lohnt sich.

In Grácia sind neben Hippstern viele junge TouristInnen unterwegs. Es roch etwas wie Kreuzberg 36, nur ohne Döner. Hier finden sich viele Cafés und Plätze, die zum Verweilen einladen.
An einer Kirche prangte eine feministische Aufschrift.


Ein Sohn meiner Liebsten hatte uns einen Reiseführer "Barcelona mit Kindern" geliehen und so besuchten wir das dort empfohlene Café mama. Biologische Kost wird hier geboten. So richtig warm wurden wir nicht. Das Café war so international ausgerichtet, dass es so beliebig wie eine Mac Donalds Filiale wirkte.

Wie um die Multikulturalität des Kiezes zu beweisen, stießen wir auf einen deutschen Kinderladen. Aufmerksam wurde ich darauf, weil junge Frauen davor Deutsch sprachen. Das Eins Zwei Drei wirbt mit deutschen ErzieherInnen, kleinen Gruppen und flexiblen Betreuungszeiten.


Auf dem Weg zurück zum Park Güell entdeckten wir die Bodega Manolo. Das Innere mit seinen Regalen voll Fässern wirkte überzeugend, dass wir noch zwei Cava, unser Lieblingsgetränk in Barcelona, genossen. Bei einem neuen Besuch in der Stadt werden wir wiederkommen.

Zurück beim Park Güell, reihten wir uns in die Schlange für unser Zeitfenster ein. Die Gartenanlage wurde vom Antoni Gaudí entworfen. Er entwickelte einen eigenen Stil, der sich an Art Deco und die arabisch / andalusiche Architektur anlehnt, mit vielen Rundungen, Tieren und Pflanzen.

Überall im Park sind Mosaike vorherrschend. Alles ist schön anzusehen, obwohl es mir teilweise zu kitschig daherkam. Besonders bei den von Gaudi entworfenen Häusern im Park dachte ich an Disneyland.
Leider ist es schwierig das Gelände in Ruhe zu betrachten. Barcelona ist eine Touristenstadt, wir waren ja auch solche, aber die Mengen, besonders die geführten Gruppen, waren kaum zu ertragen.

Aber auch die etwa zweihundert FotografInnen mit Selfiestick waren anstrengend. Mir fehlt der Zugang zu dieser Kultur, ich weiß nicht was daran cool ist, sich vor Denkmälern abzulichten. Wenn ich diese fotografiere, kann ich mich doch beim Betrachten der Bilder daran erinnern.

Dass ich dort war, weiß ich doch, weshalb muss ich mich davor ablichten.
Vielleicht taten mir aber auch nur die Füße vom Laufen weh, so leidend gefiel mir Gaudi und das Drumherum nicht.
Die Säulengänge in einem Teil der Anlage sind zu bombastisch.

Für mich ein wenig "kitsch as kitsch can".
Irgendwie sieht man / frau mir die Unzufriedenheit auch an.
Meine I. dagegen war noch guter Dinge, ihr machte der einstündige Rückmarsch in die Unterkunft nichts aus.
Ich hingegen jammerte erbärmlich.

Wir Männer sind hat Weicheier...

Alle Fotos Irmeli Rother

Mit Tandem durch Dada

25.09.2016

Wir verbanden den Besuch von Dada Afrika in der Berlinischen Galerie mit einer intellektuell anspruchsvollen Führung.

Der Kurator Dr. Ralf Burmeister und Dr. Natasha A. Kelly, Kommunikationswissenschaftlerin
und Soziologin mit den Forschungsschwerpunkten race und gender verwiesen im Tandem auf unterschiedliche Aspekte von Dada.
Bei einer Ausstellung mit dem Titel "Dada Afrika, Dialog mit dem Fremden" ist eine Betrachtung  der deutschen Kolonialgeschichte ja förmlich geboten.
Frau Kelly brachte das ein.

Vom Kurator wurde zum Anfang darauf hingewiesen, dass sich bei fast allen Dada KünstlerInnen direkte Einflüsse aus den Werken zu sehen sind, die damals in den Völkerkunde Museen zu bewundern waren. Zu dieser Zeit reifte langsam die Erkenntnis, das Masken und Skulpturen der Fremden Kunst sind.
Besonders die Kunsthändler freuten sich darüber, dass die geraubten und "abgehandelten" Stücke einen höheren Verkaufswert erlangten.

Trotzdem einige Dadas nicht unpolitisch waren, war ihre Aneignung der afrikanisch / polynesischen Kunst keineswegs ein antikolonialer Akt.
Sondern sie waren von den fremden Formen begeistert und bauten diese in ihre Kunst ein.
Insofern ist auch der Untertitel der Ausstellung nicht richtig, den einen Dialog mit den Fremden gab es bei Dada nie. Auch sie benutzten das Geklaute nur für ihre Zwecke.

Trotzdem ist die Ausstellung sehr interessant, bisher war der Zusammenhang Dada - Afrika kaum bekannt.

Ein wenig Kunst paßt nach der Berlinischen noch in unseren Kopf. So besuchten wir an der Möckernstraße eine Verkaufsausstellung der Enter Art Foundation. Diese fand in einer heruntergekommen Fabriketage mit dem etwas großmäuligen Namen Orenstein und Koppel lofts statt.
Malende Facebook Freunde, Sabatino Cersosimo und Jill Tegan Doherty, hatten mich eingeladen. Deren Bilder schaue ich mir gerne immer wieder an.
Wir entdeckten aber auch noch andere KünstlerInnen.


Tabitha Rab
Die Verabreichung
2016
Cem Ulug
The Veteran
2014

Tyrone Richards
Untitled
2016


Alle Fotos Irmeli Rother

Abstrakte Fotografie?

23.09.2016

Eine der uns liebsten Fotografinnen aus Berlin ist Silvia Sinha. Sie zeigte in der Carpentier Galerie Arbeiten unter dem Titel "Abstraktion des Raumes". Dieser erschien mir etwas gewagt, denn die Fotos von Fr. Sinha zeigen reale Räume. Abstraktion bedeutet in der Kunst das Gegenteil von der Abbildung realer Wirklichkeit. Angenommen wird, dass die abstrakte Malerei und Skulptur eine Reaktion darauf war und ist, dass die Fotografie deren Aufgabe der Wiedergabe der Wirklichkeit übernommen hat.

Nun weiß man / frau inzwischen, dass zwischen der Wirklichkeit und dem Foto das Auge des / der FotografIn steht. Spätestens seit dem Man Ray eine ölverschmierte Nackte neben Maschinen abbildete, ist klar, dass Fotografie auch Kunst sein kann.

Trotzdem sind für mich Fotos nur im künstlerischen Sinne abstrakt, wenn das Fotomaterial direkt bearbeitet wird.
Wenn Silvia Sinha ihre Fotoserie von realen abfotografierten Räumen also abstrakt nennt, meint sie wohl eher Abstrakt im wissenschaftlichen Sinn.

Sie reduziert die Räume auf das für sie Wesentliche. Das bedeutet, dass der Raum zwar ein Raum ist, aber jedoch an den Durchbrüchen Schatten produziert und Farbnuancen zeigt.
Leider schafften wir es nur zur Finissage der Ausstellung, aber ich empfehle euch ihre Fotos im Internet zu betrachten.

Alle Fotos Irmeli Rother

Über den Bäumen ...

18.09.2016

Foto: DFG
Die Deutsch-Finnische Gesellschaft aus Berlin bietet regelmäßig Ausflüge ins Umland an. Zu den Mitreisenden gehören immer viele D/F Paare. Meine Lebensabschnittpartnerin kommt aus dem dünn besiedelten Land im hohen Norden und so bot es sich an die Reise zum Baumkronenpfad Beelitz-Heilstätten mitzumachen.
Viele BerlinerInnen kennen Beelitz nur als Spargelstadt und als Eingangstor zu der "Bergwelt" des Naturparks Hohen Fläming.

Google Maps
Doch nordwestlich der Stadt befindet sich eine ehemalige Großklinik, die zwischen 1900 und 1930 in die Natur gebaut wurde. Der damaligen Behandlungidee entsprechend wurden die Lungenkranken PatientInnen in gute Luft möglichist außerhalb der Städte verbracht, auch um Ansteckung zu vermeiden.
Wir erreichten das Gebäudeensemble nach einer kurzen Reise mit dem Regionalexpress und einem Spaziergang vom Bahnhof.

Daneben entstanden weitere Sanatorien, alle in der zur damaligen Zeit modernsten Technik gebaut.
In den letzten Tagen vor der Niederlage der deutschen Kriegsverbrecher, versuchte die Wehrmacht noch von Westen einen Durchbruch nach Berlin. Als dieser von der Roten Armee zusammengeschossen war verschanzte sich die flüchtende deutsche Armee auch in den Heilstätten und dies war für massive Schäden verantwortlich.

Nach der Befreiung nutze die Rote Armee das Gelände bis 1994 als Hospital für Soldaten.
Die noch funktionstüchtigen Teile setzte sie instand, aber was zerstört war wurde nicht wiederaufgebaut.
Leider stehen heute fast alle der architektonischen Glanzlichter leer und verrotten.

Das liegt unter anderem daran, dass das Gelände nach der Einverleibung der DDR 1995 in die Hände des mit der brandenburgischen Regierung verbandelten Investitionsbetrügers Roland Ernst fiel. Seit dem, sein von der Presse bejubeltes Immobilien - Kartenhaus zusammenfiel, passiert in den Heilstätten fast nichts mehr.

Um den morbiden Charme der Gebäude in Szene zu setzen wurde über einem Teil des Geländes ein stählener Baumkronenpfad gebaut.
Baumkronenpfad ist eine unpassende Bezeichnung. Normalerweise dient eine solche Einrichtung der naturkundlichen Bildung, in dem BesucherInnen das Leben in den Baumkronen gezeigt wird.
Doch zerfallende Gebäude sind auch charmant. Es werden auch Führungen durch diese angeboten.

Nachdem wir einem Obolus von 8,5 Euro entrichteten, fuhr ich mit dem Fahrstuhl auf die oberste Plattform.
Von oben bot sich von dem mehreren hundert Metern langen Pfad ein guter Überblick über die zerfallenden Gebäude.
Auf einem Haus wuchsen Bäume.

Der Komplex war für meine liebste finnische Fotografin ein echter Zaubergarten. So viele Motive von zerfallenden Gemäuern finden sich selten so konzentriert.
Im Anschluss an den Rundgang wollten wir zusammen speisen und besuchten das ehemalige Pförtnerhaus der Heilstätten.
Es ist hübsch restauriert und verfügt über einem Biergarten. Leider ist das Essen schlecht, also lieber Brote mitnehmen und im Pförtnerhaus nur Getränke geniessen.

Alle Fotos ohne Bildunterschrift: Irmeli Rother

Bai, bai Laibzisch

09. - 11.09.2016

Zum Ende des Arbeitseinsatz besuchte mich meine Liebste noch mal in Leipzig. Ich hatte inzwischen die Unterkunft gewechselt. Diese bot leider nur Ausblick von vierten Stock, war aber sonst hervorragend in Schuss.
Wenn ihr mal eine gute Ferienwohnung in Leipzig mieten wollt, gebe ich euch gerne die Telefonnummer des Besitzers.
Das Quartier, die Neustadt, wird von der Eisenbahnstraße geteilt, laut Medien die kriminellste Meile der BRD. Ich empfand jedoch keine Angst, zehn Jahre in Nord-Neukölln hatten mich in dieser Beziehung abgehärtet. Und so ein paar Kriminelle sind mir lieber als widerliches Nazipack.

Bei einem kleinen Straßenfest mit Kinderprogramm in einer Seitenstrasse der gefährlichsten Straße Deutschlands lernte ich eine frisch zugezogene Kölnerin kennen, die mir ein paar Tipps für nette Orte im Kiez geben konnte.

FREITAG

Copywrite Restaurant Tenne
So probierten wir am Freitag das Restaurant Tenne. Das ist in einer Remisse eingerichtet, urgemütlich und bietet neben Speisen einen bezaubernden Biergarten.
Sicher kein Gourmettempel, zum Hunger stillen aber ein schöner Ort. Hierhin führt der / die Leipziger StudentIn auch gerne die besuchenden Eltern.

SAMSTAG


Mit dem Rad fuhren wir Nachmittags zur Karl-Liebknecht-Straße.

Wir schlenderten die Festmeile entlang, die viele Kneipen und Restaurants als Anlieger hat. Zuerst besuchten wir den Flohmarkt in der Fabrikruine, der ehemaligen VEB Feinkost Leipzig.
Bei der Feinkostgenossenschaft gab es viel Spannendes zu sehen und zu kaufen.

Beim Rundgang durch den Kiez verführte ich die Liebste in die Eisdiele Pfeifer. Diese entdeckte ich schon während einer Fahrradtour ein paar Wochen zuvor.. Das Geschäft existiert schon seit 1953, und präsentiert sich im besten DDR Design.
Das Eis ist gut, mit viel Frucht darin. Anders als der Chemiemüll, den die überall aus dem Boden schießenden "italienischen" Eisdielen anbieten.
Doch richtig gut, wie bei Marille und Vanille aus Berlin ist das Eis nicht.

Wieder auf der Karli entdeckten wir die Galerie Süd. Sie zeigte Fotos zu verlassenen Orten von Daria S. Diese bietet auch Touren durch Ruinen an, wo Mutige nach Herzenslust knipsen können.
Mir persönlich waren die Fotos von Daria S. jedoch zum Teil zu stark nachträglich koloriert.

Als sich die Straße langsam mit BesucherInnen füllte verliesen wir die Karl-Liebknecht-Straße.




SONNTAG

Ein Fest lockte uns wieder ins Grassi Museum.

Im Hof wurde allerlei Kulturprogramm geboten. Zu Kaffee und Kuchen passte das Akkordeon Duo Kratschkowski aus der Ukraine vorzüglich. Sie kamen sehr wohlerzogen daher, wie es sich am Sonntagnachmittag im Museum gehört.

Da im Grassi eine ethnologische Abteilung integriert ist bot es sich an dort die Performance "Fremd ist der Fremde nur in der Fremde" aufzuführen.
Die Akteure waren Gaetan Noussouglo und Alexej Vancl

Alexej Vancl gab einen zerstreuten Professor, er holte uns an der Museumskasse ab. Er führte uns durch die polynesische Abteilung, doch er behauptete steif und fest wir wären in der Afrika Sektion. Er verlas unbeirrt vor den Vitrinen seine mitgebrachten Erklärungen.

Irgendwie waren diese auch ein wenig stimmig, trotzdem die Objekte nicht aus Afrika stammten. Das wirkte recht komödiantisch, auch weil der Professor ständig seinen Koffer vergaß. Gerne verhedderte er sich in seinen Blättern. Eben ein typischer akademischer Nerd, wie er so im Buche steht.

Nachdem wir viel über die afrikanische Kunst gelernt hatten, entdeckte ich in eine Vitrine einen Schwarzen in einen Anzug. Der fing an zu singen und trat aus dem Glaskasten.
Dann griff er unseren Professor an, weil der die Objekte der spirutuellen Komponente entkleidet.

Damit endete die Performance.
Ein wenig beleuchtete sie auch unseren problematischen Umgang mit den rituellen Artefakten. Mir fehlte leider die Aussage, dass diese meist von uns gestohlen wurden.

Am Abend verließen  wir Leipzig, nicht ohne den Vorsatz es wieder zu besuchen.

Alle Fotos Irmeli Rother