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Fotografische Aufmerksamkeit

 07.08.2020

Angelika Bröhan benennt ihre Ausstellung "Beiläufige Aufmerksamkeit". Dabei nähert sie sich alltäglichen und nicht so alltäglichen Dingen mit einem nicht alltäglichen Blick. So z.B. in der Serie Festplätze. Dort zeigt sie nicht die bunte Frontseite der Geschäfte, in ihrem Foto ist die Rückseite mit den Versorgungsleitungen abgebildet.















Viele Fotos erinnern an Urlaubs Postkarten, doch so ein Urlaubs Idyll aus der Serie Orte zeigt im Vordergrund Bauschutt und eine Mülltonne?















Angela Bröhans Blicke mit Einblick könnt ihr noch bis 5. September in der ep.contemporary bei mir um die Ecke in der Pohlstr. 71 bewundern. Öffnungszeiten bitte erfragen.

Hier wird Kunst gebunkert

 01.08.2020

Die Immobilie, die jetzt das Sammlerehepaar Boros besitzt, ist ein Hochbunker an der Reinhardstrasse 20 in Mitte. Leider konnten die alliierten Bomben die Konstruktionen nicht sprengen, doch so überlebten in diesem bis zu 4.000 BewohnerInnen der Reichshauptstadt das unrühmliche Ende der deutschen Träume von der Weltherrschaft.

Nach Intermetzi als Lebensmittel Lager in der DDR und als Technoschuppen nach der Übernahme der DDR erwarben die Boros 2003 das Gebäude.

Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE
Sie ließen sich ihr Penthaus als 5. Stockwerk aufs Dach setzen, brachen darunter Decken heraus, so das einige Räume über drei Stockwerke entstanden, ideal für großformatige Objekte. 

Ich freue mich spannende Kunst in spannender Umgebung sehen zu können. Sammler sind zwar die Lebensrettung für viele Künstler, haben jedoch oft ihren Reichtum mit dubiosen Mitteln zusammengerafft.

Gut, die Familie Boros ist nicht so ein Schweineverein wie die Deutsche Bank, die nur zum Image-Gewinn sammelt, Sie zeigen ihre Kunst öffentlich, aber irgendwie ist mir das Sammlertum doch suspekt.

Eröffnet 2008, werden im Bunker im vier Jahres Wechsel Ausstellungen gezeigt. In der aktuellen sahen wir Werke von   Martin Boyce, Andreas Eriksson, Guan Xiao, He Xiangyu, Uwe Henneken, Yngve Holen, Sergej Jensen, Daniel Josefsohn, Friedrich Kunath, Michel Majerus, Fabian Marti, Kris Martin, Justin Matherly, Paulo Nazareth, Peter Piller, Katja Novitskova, Pamela Rosenkranz, Avery Singer, Johannes Wohnseifer.

Yngve Holen, zwei Hater, 2016, Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE











Katja Novitskova, Pattern of Activiation, 2014, Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE










Im Gegensatz zu meiner ersten Ausstellung bei Boros fehlte mir meist die Poesie in den Arbeiten. Mag sein das dies daran lag, das nur drei KünstlerInnen dabei waren. Zumindest Katja Novitskova wusste mich zu bezaubern.

Piano, Piano

 02.08.2020

Wessen Ohren Klaviermusik höhrenswert finden, wird in dem kleinen aber rustikalem Piano Salon Christophorie oft gut beschallt. 

Am Tage wird die Fabrikhalle für die Restauration von Flügeln und Klavieren genutzt, Abends werden Stühle aufgestellt, damit alle die Musik sitzend genießen können. Das Repertoire ist meist klassisch mit einsprengseln der klassischen Moderne.
Viele KünstlerInnen nutzen den besonderen Ort sehr gerne. Während des Ohrenschmaus wandert der Blick auf die Werkzeuge und auf die Klavier Ersatzteile, die an den Wänden hängen.  


Diesmal spielte der noch recht junge Pianist Karim Said unter dem Thema "Fantasien und Tänze"  auf. 


Vertreten waren Stücke der Komponisten Bull, Byrd, Chopin, Morley, Mozart, Schoenberg und Tomkins. Eine Bunte Mischung also.

Wir erklatschten noch eine Zugabe, etwas von Schumann.
Bemerkenswert fand ich, das er alle Stücke frei, nicht vom Blatt spielte.

Die Auswahl der Auftretenden im Salon ist sehr hochwertig, online vorbestellen ist auch wegen Corona sinnvoll.


Hinter Plexiglas

25.07.2020

Die Improspieler von den Gorillas sahen wir im Ratiobor Theater in SO 36. Improvisiert, sprich auf Zuruf vom Publikums, zu spielen ist, ist eine Herausforderung. So z.B. wenn das Thema Grimms Märchen sind, und jemand aus dem Zuschauerraum fordert das Rotkäppchen und der Wolf ein Paar werden sollen, dann stehen die Schauspieler vor der Aufgabe dies umzusetzen.
Die Gorillas sind dabei sehr professionell, sie haben langjährige Erfahrung.

"Das Stück" das wir schauten hieß"Großstadtseelen" und es spielten Luise Schnittert, Barbara Klehr und Felix Raffel musizierte.
Die zwei Frauen schlüpften in verschiedene Rollen, mal Mutter, mal Tochter, mal Dessous Verkäuferin.

Sie sinnierten über Körbchengrößen und Gott und die Berliner Welten.
Der Abend war unterhaltsam.
Leider spielten sie hinter einer Plexiglas Scheibe, man/frau konnte ihnen zwar etwas zurufen, doch so richtige Improtheater Atmosphäre kam dabei nicht auf.
Impro hinter einer Scheibe ist wie ein Fisch auf dem Land.
Coronna Hygienemaßnahmen sind oft blöd.
Unten mal ein Beispiel für ein Stück der Gorillas ohne Plexiglas.


Schrecken mit Ende

12.02.2020

Das Tagebuch der englischen Autorin Sahra Kane bietet keine zusammenhängende Handlung. Ist eigentlich auch kein Theaterstück, sondern die Beschreibung ihrer psychischen Krise durch depressive Schüben bis hin zu ihrem Selbstmord.
Deshalb wollte ich euch während des Aufkommens von Covid19 nicht mit meiner Kritik an 4.48 Psychose im Deutschen Theater belästigen.
Die Szene auf der Drehbühne ist schnell beschrieben, eine Band spielt laute stampfen Musik und die SchauspielerInnen stampfen auf rollenden Laufbändern. Und der Text den sie vortragen geht stark an die Nerven. Damit gelang der Aufführung ein Drittel der ZuschauerInnen aus dem Saal zu treiben. Aber sicher nicht wegen der mangelnden Qualität der Aufführung.
Ich selbst war auch froh als das dreistündige Stück vorbei war, ich habe selbst Erfahrungen mit Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, war aber anderseits begeistert über die Leistung der SchauspielerInnen und MusikerInnen und natürlich des Regisseur Ulrich Rasche.
Unbedingt anschauen, auch wenn es nah geht!


Kritiken der Anderen: Freitag, FAZ, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, RBB24,

Zärtlichkeiten in Lieberose

28.06.2020

Das kleine Nest Lieberose im Spreewald hat auch für mich eine besondere Bedeutung. Vor drei Jahren verliebte ich mich dort im Schloss beim Besuch der Rohkunstbau in meine Frau.

Ein Jahr später ehelichte ich sie dort im Rathaus.
In diesem Jahr besuchte ich nun zusammen mit ihr die aktuell 25. Ausgabe der Rohkunstbau Ausstellung. 
Zum Jubiläum stellen ausschließlich KünstlerInnen aus, die schon einmal dort mit Werken vertreten waren.
Motto: „Zärtlichkeit. Vom Zusammenleben“
Rechts seht ihr uns als zärtliches Paar in der Arbeit "Andere Bedingungen Aggregatzustand" von Alicja Kwade.

Unter den KünstlerInnen sind auch noch weitere bekannte Namen zu finden:
Thomas Rentmeister, Via Lewandowsky, GODsDOGs (Britta und Ron Helbig), Alicja Kwade, Bettina Pousttchi, Bjørn Melhus, Leiko Ikemura, Thomas Scheibitz, Christiane Möbus, Gregor Hildebrandt, Michael Sailstorfer, Julian Rosefeldt, Karin Sander, José Nogueros,  Olga Chernysheva, A.K. Dolven, Ayşe Erkmen, Thomas Florschütz, Gregor Hildebrandt,Ola Kolehmainen, Yehudit Sasportas.
Beeindruckend, die ausgebuddelte Laterne von Via Lewandowsky mit dem Titel "Alles was der Fall ist"

Im Hof sah ich dann nochmal die Angetraute durch die Spiegelröhre von Alicja Kwade, benannt "Megasubstanz"

An den parkenden Autos mit B-xx xxxx war zu sehen, die Ausstellung ist ein Touristenmagnet.

Aber irgendwie auch ein Fremdkörper in der Provinz. Das ist gut an den Öffnungszeiten zu erkennen. Schulklassen werden kaum am Wochenende kommen.
Eintritt frei für Schulklassen und kostenloser Bustransfer wären eine gute Lösung.
Leider ist auch für AusflüglerInnen der Besuch am Wochenende mit dem ÖPNV ein Problem. Lieberose hat keine Bahnanbindung, von Cottbus her gibt es zwar einen Bus (21) aber...
Trotzdem lohnt der Besuch der Rohkunstbau 2020.
Der Eintritt beträgt 10 € pro Nase.

Geöffnet ist die Ausstellung vom 27. Juni bis 20. September, Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

Spekulanten, Nazis und Widerstand in Kreuzberg

17.06.2020

Endlich wieder im Kino und sogar open air.
Wir sahen die "Känguru Chroniken", die Verfilmung eines Buches / Hörbuches mit Kult Charakter. Ich kannte die Vorlagen nicht und Komik im deutschen Film, da bin ich vorsichtig.
Aber ich hoffte das gut Wetter und die nette Begleitung trösteten mich über einen möglicherweise schlechten Film hinweg.
Doch meine Vorurteile wurden durch die Realität überzeugend überstimmt.
Es gibt sie doch, die deutschen Filme mit Humor.
Die Geschichte:
Bei unserem Helden, einen etwa 35jährigem Salon-Anarchisten und Lebenskünstler, wohnhaft in einem Altbau irgendwo in Kreuzberg klingelt ein Rotes Riesen Känguru (Macropus rufus). Diese Gattung erreicht die Höhe eines ausgewachsenen Menschen. Es fragt nach ein paar Eiern, es sagt es will Pfannkuchen backen und ihm fehlen Eier. Etwas genervt gibt ihm unser Held diese und hoffte wieder in seinem Bett ruhe zu finden. Störungen vor Sonnenuntergang gefallen ihm wenig.
Doch nach einigem hin- und her und kurze Zeit später ist das Känguru bei ihm eingezogen. Es hat seine Hängematte aufgehängt und eine Karl-Marx Büste aufgestellt, es ist schließlich überzeugter Kommunist.
Das Spiel kann beginnen.


Ich gebe zu, dass der Film keine fundierte Analyse über das Verhältnis Mensch <> Känguru zu bieten hat, aber unterhaltsam ist er allemal.


Endlich wieder!

25.05.2020

Portrait Lee Mingwei
Foto: Matteo Carcelli
Nach Monaten der Abstinez endlich wieder Kunst.
Im Martin-Gropius-Bau sah ich mit einer Freundin die Werke von Lee Mingwei, er stellt sie unter dem Titel Geschenke und Rituale aus.
Vielleicht war es ja nur lange Abwesenheit der Kunst, die uns die Ausstellung so begeistert aufnehmen ließ, aber ich glaube sie ist ganz nach meinem Geschmack.  . 
Zum einen sind die dahinter steckenden Geschichten persönlich, aber allgemein interessant und dazu sind seine Ideen sehr spannend aufbereitet.
Da viele seiner Arbeiten das Thema Frieden umkreisen, ist es eigentlich kein Wunder das das Bild Guernica von Picasso in der Ausstellung einen zentralen Platz einnimmt.
Er hat es auf dem Boden des Innenhofs aus Sand nachgebildet.
Ist doch die erste Zerstörung einer kompletten Ortes durch Bomben ein bedeutendes Ereignis des letzten Jahrhunderts. Die deutsche Luftwaffe war verantwortlich für dieses, ihr erstes Kriegsverbrechen nach dem ersten Weltkrieg.

Foto: Laura Fiorio

In einem Video war zu sehen, wie wohl die "Zerstörung" des Sandbildes, zum Ende der Ausstellung von statten gehen soll. Dann werden vor Publikum HelferInnen mit Besen die Farbsegmente vermischen.
In den Seitenräumen rund um den Innenhof stellt der Künstler dann einzelne Ereignisse und die daraus entwickelten Ideen vor.
So zum Beispiel hatte Schuberts Lieder Zyklus ihn in einer schweren Stunde sehr berührt. Also lässt er uns dadurch an seinem Gefühl teilhaben, dass jeweils einzelne BesucherInnen von SängerInnen zu einem persönlichen Liedvortrag eingeladen wurden. Auch mir ist das passiert.

Foto: Martin Gerhard

Das hat mich sehr angerührt.

Wegen dem Virus fiel leider eine weitere Performance aus, Für die Teilnahme daran hätte ich mich gern beworben. In dem unten zu sehenden Schlafzimmer konnte man / frau eine Nacht mit dem Künstler im Museum verbringen. Das Ziel von Lee Mingwei dabei war Geschichten aus dem Leben der ausgewählten Personen zu erfahren, am besten bis Morgen um acht Uhr, wenn der Museumsbetrieb wieder aufgenommen wird. Wer also eine ruhige Nacht verschlafen wollte, war hier sicher fehl an Platz.

Foto: Laura Fiorio

Nochmal, ich kann euch die Ausstellung mit ruhigem Gewissen ans Herz legen. Sie läuft noch bis zum 12. Juli, also sputet euch, aber nehmt euch Zeit zum Betrachten.

Jazz, weiblicher und wieder schwärzer

10.02.2020

Nerija sind sieben auf einen Streich aus GB. Sechs Frauen, ein Mann - fünf Schwarze und zwei Weiße.
Sie sind Teil der gehipten Jungen Jazzszene aus Großbritannien.
Mit den vier Blechbläserinnen entstand ein sehr präsenter Sound.
Bei ihrem Auftritt im Maschinensaal der Kulturbrauerei stellten Sie ihr neues Album Blumen vor.

Wer fette Jazzklänge mag, dem sei dieses von mir wärmstens empfohlen. Leider ist die Europatour beendet, ihr könnt nur hoffen das die Gruppe wieder nach Berlin kommt.

"Ich kann keine Kunst mehr Sehen"

23.01.2020

Durch eine Postkarte mit dem Motiv links entdeckte ich Timm Ulrichs. Mir als Kulturnudel machte es Spaß diese an Freunde und Bekannte zu verschenken.
Den Künstler dahinter entdeckte ich erst später.
Der ist oft zu scherzen aufgelegt und seine Kunst lässt sich schlecht in eine Richtung einordnen, aber ein wenig DaDa und Fluxus steckt schon drin.
Man / frau tut ihm wohl nicht ganz unrecht, ihn als verrücktes Huhn zu bezeichnen.
Als Autodidakt konnte er der Kunstwelt lange wenig abgewinnen und diese ignorierte ihn lange. Doch er schuf sich einen solchen Namen, dass er zum Professor an einer Kunsthochschule berufen wurde.
Oft nutzte es sich selbst als Leinwand, diverse unter öffentlicher Beteiligung  gestochenen Tatoos künden davon. Er begreift sich als Gesamtkunstwerk.
Der Anlass um über ihn zu berichten ist der Käthe Kollwitz Preis 2020, der ihm von der Akademie der Künste verliehen wurde. Ganz verstehe ich jedoch nicht weshalb. Käthe Kollwitz war eine politische Künstlerin, die die sozialen Verhältnisse unbarmherzig anprangerte.
Aber die Arbeiten von Timm Ulrich sind schon spannend und das das Lebenswerk des inzwischen achtzig Jahre gewordenen Künstlers gewürdigt wird, ist außer Frage richtig.


Auf alle Fälle denkt gelingt es ihm tiefer in Dinge hinein zu sehen. Oben stellt er seine verbrauchten Farbbänder seiner Schreibmaschine aus. Als ein Datenarchiv der besonderen Art.

Er schaut besonders gut hin, das auf der von mir täglich genutzten Qwertz Tastatur das Wort WERT versteckt ist habe ich erst durch ihn realisiert.
Als er bei der Pressevorstellung auftrat, hatte der alte Herr aber etwas von einem Grantler. Besonders gerne erzählte er schmuddlige Geschichten über Joseph Beuys. Sprach dabei der Neid aus ihm? Künstler hacken wohl doch gerne Künstlern die Augen aus.