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Jazz bei de Ossis

11. - 13.9.2020



Die Jazzwerkstatt Peitz war und ist ein kleines feines Festival am Rande des Spreewalds.

Im Peitz sagen sich sonst Fuchs und Hase um 20:00 Uhr gute Nacht, nur Radwanderer tauchen hier auf, denn das Städtchen liegt am Gurkenradweg. Neben einer Festungsanlage hat es nur Karpfenzucht und einen direkten Blick auf die nahe gelegene Dreckschleuder Braunkohle Kraftwerk Jänschwalde. In Peitz stinkt es jedoch selten. Die gemeine "gemeine" PeitzerIn sagt so nett: "hier herrscht meist Westwind, das Gift landet dadurch in Polen."

Zu DDR Zeiten hieß das Treffen im Volksmund "Woodstock am Karpfenteich". Es kamen zeitweilig bis zu 3000 Musikfreunde in das Nest. Die Veranstaltung lief von 1973 bis 1982, bis sie irgendwie der DDR Führung zu suspekt wurde. Deren Verfolgungswahn war ja legendär.

In der DDR Zeit spielten dort neben einheimischen MusikerInnen viele internationale Stars dort auf.
2011 wurde die Festival wiederbelebt, in sofern ist es mit der 57sten Ausgabe etwas geschummelt, aber gut.

Ich habe das Glück eine begeisterungsfähige Frau zu haben, die dazu noch eine Wohnung in Peitz besitzt. So genossen wir drei tolle Tage Jazz vor Ort.

Das erste Konzert war bereits ein Highlight und fand in einer Kirche statt. Kit Downes zauberte an der Orgel ungewöhnliche Töne und Sebastian Gille überzeugte mit Saxophon Klängen.

Zwischen diesem und den weiteren Auftritten fand meist ein Ortswechsel, Distanz max. 100 Meter, statt. So verzögerten Umbaupausen den Ablauf nur wenig und für Frischluft war gesorgt. 

Am Wochenende genossen wir noch siebzehn weitere Konzerte, die Auswahl gefiel uns bis auf Ausnahmen sehr gut. Die einhundert Euro, die wir pro Nase bezahlt hatten, amortisierten sich.

Zum Abschluss spielte am Sonntag zum Frühschoppen die Insommia Brass Band aus Berlin auf. Eine der wenigen Acts mit jüngeren MusikerInnen. Insgesamt hielt sich der Altersdurchschnitt sowohl des Publikums als auch der Auftretenden so um die Siebzig. Wir passten zwar gut dazu, aber mehr junges Blut währe angenehm.

 Leider war während des Festivals jeweils nur ein Bratwurst- und Getränkestand aufgebaut, für uns als "Einheimische" entstand kein Versorgungsproblem, aber die Angereisten hatten hoffentlich Proviant dabei. Denn die örtliche Gastronomie ignorierte das Festival, wie es auch die Bevölkerung tat. Insgesamt fühlte man / frau sich als BesucherIn so, als wenn wir am Freitag aus fernen Galaxien angereist waren. Am Sonntag Mittag bestiegen wir das Raumschiff dann, um im nächsten Jahr zurückzukommen.

Ein paar fotografische Impressionen vom Festival:






Griechische Antiquität in Flugzeughangar

 03.10.2010


Ein Abend mit Antigone von Sophokles (geschrieben ca. 500 Jahre vor Null). Eigentlich ist die Geschichte schon etwas abgestanden, trotzdem versuchte das Staatstheater Cottbus sie aufzuhübschen.

Das heutzutage ein König seine Tochter umbringen lässt, weil sie den verfemten Bruder anständig beerdigen will, ist aktuell wohl am ehesten noch in Saudi Arabien möglich. Weshalb das Stück deshalb als Beitrag zum Jahrestags der Einverleibung der DDR geeignet war? Obwohl in einem Video Schnipsel des AfD-Nazi Höcke zu sehen waren. Auch Demonstranten aus der DDR die "Wir sind das Volk" riefen tauchten im Video auf. Nun gab es im Original Stück von Sophokles am Ende keinen Volksaufstand, nur ein fürchterliches Gemetzel unter der Herrschaftsfamilie in Theben. Und die Moral von der Geschichte war wohl, dass Ödipus mit seiner Mutter Sex hatte und damit die daraus hervorgegangene Adelslinie zum Untergang verurteilt war. Wie davon der Bogen zu der trottligen Führung des "Arbeiter - und Bauernstaats" gezogen werden sollte, erschloss sich mir nicht.
Das Lenin mit seiner Mutter Stalin gezeugt hat, erscheint mir zu unwahrscheinlich.


Antigone Neuropa wurde als eine szenische Lesung mit Live Musik Begleitung konzipiert. Aufgepeppt mit Video und Tanzperformance. Das war spannend anzusehen und zu hören. Leider war das Nebeneinander der Performance und der Rezitatoren teilweise nicht glücklich abgestimmt, oft liefen sie unkoordiniert nebeneinander her. Wohin gegen die Musiker gut mit den Texten und den Tänzern kooperierten.

Insgesamt waren meine Begleitung und ich mit dem Abend zufrieden, auch weil der Ort der Aufführung, einem ehemaliger Hangar des Militärflughafens Cottbus, sehr ansehnlich ist. 



Konzert auf dem Dach

 15.08.2020

Wenn ich zu Konzert ins Haus der Kulturen komme, gehe ich auch gerne vorher in das Restaurant in Gebäude, denn es ist am Ufer der Spree gelegen. Bei gutem Wetter bezaubert mich der Blick auf die vorbei fahrenden Dampfer immer wieder. 
Die Weltwirtschaft dort ist das erste Restaurant im Haus, das ich dort erlebe, in dem die Küche ziemlich professionell betrieben wird.
Meine Begleitung speiste Osso Bucco und ich Boudin Noir, alles schmeckte sehr lecker. Es lohnt sich auch den Kellner nach Tagesgerichten zu fragen.

Im Anschuss stiegen wir auf Dach des Hauses, um dem Konzert von Christiane Rösinger zu lauschen. Sie ist eine alte Häsin im Berliner Musikleben, seit sie 1988 mit vier anderen MusikerInnen die Lassi Singers gründete.

An diesem Abend sang sie eigene Lieder und wurde von einer Frau an der Gitarre begleitet.
Stimmlich fand ich den Auftritt nicht so überzeugend, aber darauf kommt es nicht immer an.
Im Vordergrund stehen bei ihr die Poesie der Texte. Und sind die richtig gut.


Nur für Erwachsene

 24.08.2020


Radio 1 ist einer der "Hauptstadtsender", im Sommer bieten er Sendungen live, in diesem Jahr unter Hygiene Bedingungen Umsonst und Draußen im Sommergarten des Franz Club.

Im den zwei Stunden Programm stellte der Sender die Band hackedepicciotto und Hilmar Klute mir seinem neuen Roman Oberkampf vor.

Das Duo Axelander Hacke und Danielle de Picciotto erzeugte spannende Klänge mit Obertongesang, Gitarre, Drehleier, Hackbrett, Geige und Elektronik Equipment. Sie spielen seit zwanzig Jahren gemeinsam und überzeugten durch ihre Live Präsenz.









Im Anschluss wurde gelesen. Oberkampf ist ein Stadtteil von Paris und dort treffen ein junger und ein alter Schriftsteller aufeinander. Alles vor dem Hintergrund der Al-Qaida Morde vom 7. Januar 2015. Ein kluger und sprachlich gewandter Roman.










Kritiken zum Buch: Deutschlandfunk, Berliner Woche, Lesen macht Glücklich

Jazz auf dem Dach

 08.08.2019


By Dirk Ingo Franke - Own work, CC BY-SA 4.0,
 https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40591177









Seit ein paar Jahren findet die Reihe "Jazz on the roof" regelmäßig im Cafe Haberland statt. Das befindet sich auf den Dach des U-Bahnhofs Bayrischer Platz. Ein hübscher Platz im sonst etwas verschlafenen Bayrischen Viertel.

Kuratiert wird die Reihe von zwei Kennern der Berliner Jazzszene. Das Cafe sorgte für corona kompatiblen Musikgenuss.

Diesmal an den Instrumenten:
Atrin Madani - vocals
Stefan Grütter - gitarre
Carmelo Leotta - kontrabass

Alles exzellente Musiker und das Zusammenspiel war sauber, doch mir war die Musik zu cafehausmäßig.

Der iranisch stämmige Sänger sang zwar sehr kraftvoll, doch auch mit viel Schmalz in der Stimme.

Aber was beschwere ich mich, ich saß schließlich in einem Cafehaus. 

Am 11. September findet das nächste Konzert in der Reihe statt. Reservieren ist klug.

Fotografische Aufmerksamkeit

 07.08.2020

Angelika Bröhan benennt ihre Ausstellung "Beiläufige Aufmerksamkeit". Dabei nähert sie sich alltäglichen und nicht so alltäglichen Dingen mit einem nicht alltäglichen Blick. So z.B. in der Serie Festplätze. Dort zeigt sie nicht die bunte Frontseite der Geschäfte, in ihrem Foto ist die Rückseite mit den Versorgungsleitungen abgebildet.















Viele Fotos erinnern an Urlaubs Postkarten, doch so ein Urlaubs Idyll aus der Serie Orte zeigt im Vordergrund Bauschutt und eine Mülltonne?















Angela Bröhans Blicke mit Einblick könnt ihr noch bis 5. September in der ep.contemporary bei mir um die Ecke in der Pohlstr. 71 bewundern. Öffnungszeiten bitte erfragen.

Hier wird Kunst gebunkert

 01.08.2020

Die Immobilie, die jetzt das Sammlerehepaar Boros besitzt, ist ein Hochbunker an der Reinhardstrasse 20 in Mitte. Leider konnten die alliierten Bomben die Konstruktionen nicht sprengen, doch so überlebten in diesem bis zu 4.000 BewohnerInnen der Reichshauptstadt das unrühmliche Ende der deutschen Träume von der Weltherrschaft.

Nach Intermetzi als Lebensmittel Lager in der DDR und als Technoschuppen nach der Übernahme der DDR erwarben die Boros 2003 das Gebäude.

Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE
Sie ließen sich ihr Penthaus als 5. Stockwerk aufs Dach setzen, brachen darunter Decken heraus, so das einige Räume über drei Stockwerke entstanden, ideal für großformatige Objekte. 

Ich freue mich spannende Kunst in spannender Umgebung sehen zu können. Sammler sind zwar die Lebensrettung für viele Künstler, haben jedoch oft ihren Reichtum mit dubiosen Mitteln zusammengerafft.

Gut, die Familie Boros ist nicht so ein Schweineverein wie die Deutsche Bank, die nur zum Image-Gewinn sammelt, Sie zeigen ihre Kunst öffentlich, aber irgendwie ist mir das Sammlertum doch suspekt.

Eröffnet 2008, werden im Bunker im vier Jahres Wechsel Ausstellungen gezeigt. In der aktuellen sahen wir Werke von   Martin Boyce, Andreas Eriksson, Guan Xiao, He Xiangyu, Uwe Henneken, Yngve Holen, Sergej Jensen, Daniel Josefsohn, Friedrich Kunath, Michel Majerus, Fabian Marti, Kris Martin, Justin Matherly, Paulo Nazareth, Peter Piller, Katja Novitskova, Pamela Rosenkranz, Avery Singer, Johannes Wohnseifer.

Yngve Holen, zwei Hater, 2016, Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE











Katja Novitskova, Pattern of Activiation, 2014, Foto: Boros Collection, Berlin © NOSHE










Im Gegensatz zu meiner ersten Ausstellung bei Boros fehlte mir meist die Poesie in den Arbeiten. Mag sein das dies daran lag, das nur drei KünstlerInnen dabei waren. Zumindest Katja Novitskova wusste mich zu bezaubern.

Piano, Piano

 02.08.2020

Wessen Ohren Klaviermusik höhrenswert finden, wird in dem kleinen aber rustikalem Piano Salon Christophorie oft gut beschallt. 

Am Tage wird die Fabrikhalle für die Restauration von Flügeln und Klavieren genutzt, Abends werden Stühle aufgestellt, damit alle die Musik sitzend genießen können. Das Repertoire ist meist klassisch mit einsprengseln der klassischen Moderne.
Viele KünstlerInnen nutzen den besonderen Ort sehr gerne. Während des Ohrenschmaus wandert der Blick auf die Werkzeuge und auf die Klavier Ersatzteile, die an den Wänden hängen.  


Diesmal spielte der noch recht junge Pianist Karim Said unter dem Thema "Fantasien und Tänze"  auf. 


Vertreten waren Stücke der Komponisten Bull, Byrd, Chopin, Morley, Mozart, Schoenberg und Tomkins. Eine Bunte Mischung also.

Wir erklatschten noch eine Zugabe, etwas von Schumann.
Bemerkenswert fand ich, das er alle Stücke frei, nicht vom Blatt spielte.

Die Auswahl der Auftretenden im Salon ist sehr hochwertig, online vorbestellen ist auch wegen Corona sinnvoll.


Hinter Plexiglas

25.07.2020

Die Improspieler von den Gorillas sahen wir im Ratiobor Theater in SO 36. Improvisiert, sprich auf Zuruf vom Publikums, zu spielen ist, ist eine Herausforderung. So z.B. wenn das Thema Grimms Märchen sind, und jemand aus dem Zuschauerraum fordert das Rotkäppchen und der Wolf ein Paar werden sollen, dann stehen die Schauspieler vor der Aufgabe dies umzusetzen.
Die Gorillas sind dabei sehr professionell, sie haben langjährige Erfahrung.

"Das Stück" das wir schauten hieß"Großstadtseelen" und es spielten Luise Schnittert, Barbara Klehr und Felix Raffel musizierte.
Die zwei Frauen schlüpften in verschiedene Rollen, mal Mutter, mal Tochter, mal Dessous Verkäuferin.

Sie sinnierten über Körbchengrößen und Gott und die Berliner Welten.
Der Abend war unterhaltsam.
Leider spielten sie hinter einer Plexiglas Scheibe, man/frau konnte ihnen zwar etwas zurufen, doch so richtige Improtheater Atmosphäre kam dabei nicht auf.
Impro hinter einer Scheibe ist wie ein Fisch auf dem Land.
Coronna Hygienemaßnahmen sind oft blöd.
Unten mal ein Beispiel für ein Stück der Gorillas ohne Plexiglas.


Schrecken mit Ende

12.02.2020

Das Tagebuch der englischen Autorin Sahra Kane bietet keine zusammenhängende Handlung. Ist eigentlich auch kein Theaterstück, sondern die Beschreibung ihrer psychischen Krise durch depressive Schüben bis hin zu ihrem Selbstmord.
Deshalb wollte ich euch während des Aufkommens von Covid19 nicht mit meiner Kritik an 4.48 Psychose im Deutschen Theater belästigen.
Die Szene auf der Drehbühne ist schnell beschrieben, eine Band spielt laute stampfen Musik und die SchauspielerInnen stampfen auf rollenden Laufbändern. Und der Text den sie vortragen geht stark an die Nerven. Damit gelang der Aufführung ein Drittel der ZuschauerInnen aus dem Saal zu treiben. Aber sicher nicht wegen der mangelnden Qualität der Aufführung.
Ich selbst war auch froh als das dreistündige Stück vorbei war, ich habe selbst Erfahrungen mit Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, war aber anderseits begeistert über die Leistung der SchauspielerInnen und MusikerInnen und natürlich des Regisseur Ulrich Rasche.
Unbedingt anschauen, auch wenn es nah geht!


Kritiken der Anderen: Freitag, FAZ, Tagesspiegel, Berliner Zeitung, RBB24,