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Bergmann get´s the groove

28.06.2013

Besuchte ich das Bergmannstraßen Fest früher oft an allen drei Tagen, zieht es mich heute meist nur kurz dort hin. Ich glaube nicht, dass dies mit meinem fortschreitenden Alterungsprozess zusammenhängt. Früher war nicht alles besser, aber das Fest wurde früher hauptsächlich von den an der Straße gelegenen Geschäften und Kneipen getragen. Heute stehen Buden mit den üblichen, auf jedem Fest verkauften Waren am Straßenrand. Spätestens nach dem dritten Besuch fand ich das Angebot dort langweilig.
Doch das Musikangebot ist nach wie vor kostenlos und hervorragend. Deshalb zog es mich zur Bühne am Mehringdamm, die an diesem Tag von der Trommelschule Groove bespielt wurde.

Doch vorher war Sehkunst angesagt. Die Browse Gallery im Obergeschoss der Marheineke Halle zeigte Fotokunst. Dieses Mal stellte sie Michael Schulz aus. Unter den Titel "Berlinstagram" stellte er Handyfotos aus. Berlin und seine BewohnerInnen waren die Motive.
Ein guter Fotograf macht natürlich auch mit einfachen Kameras keine schlechten Bilder, aber eben auch keine exzellenten.

Nach dem Besuch der Halle zogen wir über die Bergmannstraße zum Mehringdamm. Bei einem Zwischenstopp an der Bühne Nostizstraße entdeckten wir dieses Kleinkind mit dem T-Shirt Aufdruck "dad and mum = me". Witzig ist was sich die Drucker so einfallen lassen.
Ob der Kleine es in fünfzehn Jahren lustig findet, was ihm die Eltern ohne ihn gefragt zu haben anzogen, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Kinder sollten nicht die Ideen der Erwachsenen präsentieren müssen.


Auf der Bühne wurde aufs Fell geschlagen. Doch Ziege und Kalb waren ja bereits tot und so war das kein Fall für Tierschützer. Und für die Veganer gab es Plastikfelle.

Nach einem Auftritt von zwei SchlagzeugerInnen betrat eine meiner liebsten Sambaschulen die Bühne. Sapucaiu no Samba tritt bei Großereignissen mit bis zu zweihundert TrommlerInnen an und ist eine der tragenden Gruppen des Karnevals der Kulturen.
Sie ist bereits fünfzehn Jahre am percussionieren und gewann schon vier mal den ersten Preis beim Karneval.
Ihr Name bedeutet soviel wie "der Frosch fiel in den Samba". Wie der Name von Humor zeugt, strahlt die Band vor Spielfreude.
Ich musste tanzen.

Im Anschluss spielte das Maracatu Treffen auf. Die Musik wird von großen Holztrommeln Alfaia dominiert. In Brasilien kommen diese beim Karneval in der Region Pernambuco zum Einsatz. Sie klingen weicher und leiser als die Surdo aus Rio.
Wieder wollten meine Füße nicht still stehen.

Jazz im Garten

23.06.2013

Jazz mit Picknick im Garten des Hauses bietet das Jüdische Museum Berlin regelmäßig im Sommer Sonntagmorgen um 11 Uhr. Bei diese Veranstaltungsreihe ist nicht nur der Eintritt frei, es dürfen sogar Speisen und Getränke mitgebracht werden.

Die Band trat das erste Mal gemeinsam auf.
Der Gitarrist Kalle Kalima (Links) ist ein aus Finnland stammender Musiker, der schon 15 Jahre in Berlin lebt.
Am Schlagzeug  saß Max Andrzejewski (Mitte).
Den Bass spielte Greg Cohen (Rechts) ruhig, gefühlvoll und präzise.
Für das Konzert arrangierte die Gruppe Stücke jüdischer Songwriter aus Country, Filmmusik, Blues und Jazz.
Alle drei sind virtuose Jazzer, sicher am Stück und in der Improvisation.

Der Schlagzeuger zauberte auf seinem Schlagwerk teilweise für mich nicht nachzuvollziehende Geräusche. Später sah ich, es war ein Käsehobel, den er auf seiner Snare einsetzte, damit erzeugte er ein warmtöniges Klappern.
Dafür vergebe ich einen dicken Sonderpunkt für Phantasie am Schlagwerk.

Wir reisten mit einer kompletten Picknick Ausrüstung frühzeitig an, so konnten wir unsere Decke noch recht nah bei der Bühne ausbreiten. Der mitgebrachte Kaffee und die Leckereien mundeten zur Musik. Zum Glück hielt sich das Wetter auch an die Voraussagen der Frösche. Es war angenehm mild.

Sogar die Sonne versteckte sich hinter Wolken und briet unsere Gehirne nicht zu Brei.
Von unserem Platz aus sahen wir hinter der Bühne den alten Teil des Museums und den gläsernen Veranstaltungssaal. Dort finden die Konzerte bei Regen statt.
Wer zu faul ist kann einen Picknick Korb vorbestellen.

Wir lauschten den Konzert bis zum Ende gegen 13 Uhr und kommen gerne mal wieder.

Gartenwelten

22.06.2013

Das richtige Wetter für ein wenig Fahrradfahren. Wir fuhren mit der S-Bahn zum Bahnhof Ahrensfelde, um das Wuhletal und die Gärten der Welt zu erkunden.
Die Wuhle ist ein Flüsschen im Nordosten Berlins in dem Bezirk Marzahn / Hellersdorf. Diese Ecke von Berlin war gerade wegen rassistischer und sozialdarwinistischer Ausfälle von BewohnerInnen gegen ein Flüchtlingsheim in den Schlagzeilen.
Solcherart asoziale Deutsche begegneten uns zum Glück nicht.

© Isico1
Vom Bahnhof radelten wir auf dem Wanderweg an dem renaturierten Bach entlang. Das Tal ist schön begrünt und das Flussbett mäandert fröhlich vor sich hin.

So gelangten wir zu den Gärten der Welt. Das umzäunte Gelände ist 43 Hektar groß und ein Überbleibsel der DDR.
Nach dem Anschluss an die BRD wurde es zur heutigen Form erweitert.
Unter anderem sieben Themengärten können für vier Euro angeschaut werden.

Meiner Meinung nach lohnt alleinig der Besuch der chinesischen Anlage. Dort befindet sich in einem künstlichen See ein bewirtetes Teehaus, es gibt einen Nippesladen und die Anlage ist bezaubernd.
Wir genossen auf der Terrasse Tee und den Blick auf den Seerosenteich.

Peking hat den Garten aus Anlass der Städteparnerschaft mit Berlin ab 1994 gebaut. Die Anlage ist gelungen, doch auf den Spruch von Konfuzius hätten die Chinesen besser verzichtet.
Mir fiel sofort die Unterdrückung der nationalen Minderheiten wie die Tibeter und die Behandlung von Andersdenkenden ein. Man / frau muss nur an die Verfolgung von Ai Weiwei denken.
Wer solche Weisheiten in die Landschaft stellt, sollte sich selbst daran halten.

Wir schauten auch die anderen Gärten an. Sie waren teilweise interessant gestaltet, wirkten aber recht tot. Es wurden keine landestypischen Spezialitäten angeboten, nur Steine und Pflanzen. Dafür bietet ein Unternehmen im ganzen Park in gleichen Restaurants die gleichen Speisen und Getränke an.

Im Zentrum des Parks befindet sich ein Strauchlabyrinth. Dort begaben wir uns neugierig hinein, neugierig ob wir den Weg in die Mitte finden und ob wir wieder heraus kommen.
Dass ihr diesen Text liest, zeigt, dass uns dies trotz einiger Schwierigkeiten nach zwei Wochen erfolgreich gelungen ist.

Nah beim Parkausgang entdeckten wir dieses süße Paar.
Ich bewundere immer wieder, was die Liebe zustande bringt.
So ein Schweinehirt muss doch gewaltig stinken. Das eine so feine Dame ihn küssen will, kann doch nur die Macht der Liebe sein. Diese scheint nicht nur blind zu machen, sondern auch das Geruchsempfinden abzutöten.
So zu lieben würde mir schwer fallen.
Nach verlassen des Parks strampelten wir in Richtung Bahnhof Wuhlheide.

Wieder unterliegen alle unbezeichneten Fotos dem Copywrite von Irmeli Rother.

Am Ende der 48 Stunden

16.06.2013

Am späten Sonntag Nachmittag, aber nicht zu spät, suchten wir Kunst beim Festival 48 Stunden Neukölln.
Den ersten Stopp machten wir in der Galerie Michaela Helfrich in der Herrfurthstraße. Von der Galeristin wurden wir freundlich begrüßt und tranken auf dem Trottoir erst mal einen Kaffee.

Drinnen hing eine Ausstellung unter dem Motto: "Die Hirschkuh säugt den Tiger" von Franziska Fennert. Es waren Motive aus dem hohen Norden.
Doch die Bilder wirkten etwas kitschig und erinnerten an naive Kunst.
Sie entsprachen leider nicht unserem Geschmack.


Unsere nächste Station war die Galerie in der ehemaligem Kesselhaus der Kindl Brauerei an der Werbellinstraße. Die hatten wir schon früher ob der hohen Räumen besonders ins Herz geschlossen.

Das Motto über dem Eingang fand sich kaum in der Halle wieder.
Leider spielten die Objekte wenig und ich durfte beobachten, wie ein Künstler versuchte sein sich bewegendes Objekt zu reparieren, aber genervt aufgab. Nur die im Raum verteilten spiegelnden Kugeln machten was her.

Weiter ging es ins Atelier Schlaf mit Kunst in die Richardstraße. Dort hatte in der Nacht zuvor wohl eine heftige Party getobt, in allen Ecken standen viele leere Flaschen und der Künstler sah noch sehr verschlafen aus.
In dem Atelierhaus wollte eine / einer überhaupt niemand sehen. Mir gefiel die Türsperre recht gut, kann euch jedoch den Namen des / der Urheberin nicht nennen.
Im offenen Raum war Holzkunst zu sehen.

Zum Teil erinnerte mich die Figuren an die Steinsäulen der Osterinseln.
Diese Skulptur war zwar hübsch anzusehen, aber überzeugte künstlerisch wenig.
Sonst stand noch ein Ruderboot mit einer komplizierten Mechanik herum,  Berühren Verboten  stand dran.

Richtig begeisterte uns die Gruppenausstellung zum Thema Perspektivwechsel im ehemaligen Rixdorfer Umspannwerk. Das Haus ist ein interessantes, leer geräumtes Fabrikgebäude. Die Räume sind nur notdürftig hergerichtet und haben einen morbiden Charme.
Von Außen betrachtet ist das Gebäude in der Richardstrasse jedoch gut erhalten.
Wie ich erfuhr, zieht dort am 10. August das Kunstlabor Savvy Contemporary ein.
Wir wünschen eine gute Kunstauswahl.

Besonders gefielen uns die Fotos auf Leinwand von Ulrich Heemann.













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Bei einer Malperformance nahmen wir Platz und schauten Sandie Brischler dabei zu, wie sie zum Klang von Musik eine große Leinwand bemalte.
Zwischendurch wechselte sie die Pinsel, blieb aber bei der Farbe schwarz.
War sie am Ende der Leinwand angekommen, drehte sie um und malte in die andere Richtung.
Das tat sie eine viertel Stunde vor unseren Augen, doch an der Menge des Gemaltem war zu sehen, dass sie davor schon fast drei Stunden unterwegs war.

Am Ende stand sie fröhlich lächelnd vor ihrem Werk. Kunst scheint doch glücklich zu machen ;-)

Später zogen wir weiter zur Kunstschmiede Richardplatz und genossen Kaffee und Kuchen. Auf dem Weg über die Weserstraße zum Hermannplatz entdeckten wir zwar einige Galerien, jedoch nichts Berichtenswertes.

Das Motto der 48 Stunden Neukölln "Hier ist Kunst" hat sich jedoch überwiegend bewahrheitet.

Wieder unterliegen alle Fotos dem Copywrite von Irmeli Rother.

Galeriegeburtstag

!5.06.2013

Jimmie Durham, 2009
The Doorman
Zuerst besuchte ich die Tanas Galerie. Dort wurde eine Vorauswahl der Arbeiten gezeigt, die danach in Istanbul während der Biennale zu sehen sind.
Am Eingang begrüßte mich ein etwas unvollständiger Mann mit einem wenig einladenden Gesicht. Sein Körper wurde aus Schrott gebildet. Das machte ihn auch nicht sympatischer.
Zuerst sah ich mich alleine um, muss aber leider sagen, dass mir kein Kunstwerk richtig gut gefiel. Die letzten Ausstellungen bei Tanas boten Spannenderes.

Alicja Kwade, 2013
Hubwagen
Doch ich war ja auch zum Kunstdialog gekommen und die sind dort immer interessant. Diesmal nahm Alicja Kwade als Künstlerin teil. Diese war mir aus dem Boros Bunker mit vergoldeten, gestapelten Briketts in Erinnerung geblieben. Ihre verdrehten Arbeitsmaschinen bezauberten mich. Sie ist eine nette junge Dame mit genialen Ideen.

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Nach Kaffee und Keks bei Tanas traf ich die Liebste in Schöneberg beim Geburtstagsfest der Galerie forma:t. Drei Jahre ist diese nun alt und neben der Kunst ist sie auch für spannende Vernissagen bekannt. Ich wünschte alles Gute und hoffe, dass wirtschaftlicher Erfolg die Galeristin Morena Waßmann begleitet.
Das Wetter spielte mit, so dass die Würste auf dem Grill nicht nass wurden und wir die längste Zeit draußen im kleinen Hof sitzen konnten.
Am Grill ein Künstler.

Anscheinend ist Daffke Hoffmann auch ein begabter Grillmaster, er wirkt auf dem Foto zwar etwas verschlafen, aber die Würste waren lecker. Sein Künstlerkollege Jaume Munoz ist ganz offensichtlich gierig darauf. Am Tisch saß auch Daffkese Mutter und verriet mir böse Streiche ihres Jungen.

In der Galerie gab es eine Bar und durch das Fest wuselte eine wahrscheinlich nicht ganz echte Dame, die Lose für eine Tombola mit Kunstwerken verkaufte. Da ich auf´s Gewinnen abonniert bin, kaufte ich ein paar Lose. Als dann die Galeristin zusammen mit der Dame die GewinnerInnen bekannt gab, war ich dabei.

Peter Hengst, Alte Dame 2
Der Preis war ein von KünstlerInnen aus Washington bezaubernd gestaltetes Kartenspiel.
Im Freien schwatze ich noch etwas mit Peter Hengst über sein Heimatland die Niederlande, seinen Malstil  und musste mal wieder seine Bilder loben.
Neben abstrakter Kunst liebe ich nämlich auch den Realismus. Den Streit darum, welche Richtung die wirkliche Kunst ist, kann ich leider nicht nachvollziehen. Kunst muss nur gut sein und mir gefallen.

Am Realismus liebe ich seine künstlerische Qualität, an der Abstraktion die künstlerische Freiheit.

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Auch weil wir es nicht weit hatten, radelten wir zum Schwul / Lesbischen Motzstraßen Fest. Viele Stände waren mir von anderen Straßenfesten her bekannt. Dazu kamen hier jedoch Organisationen, die speziell zum Thema arbeiten. Und besondere Angebote, die durchaus auch für Heteros / Heteras spannend waren.

Modell Bärenzunge
Unter dem etwas doppelbödigen Motto: "Erlebe die Kraft der Natur" bot der Odenwalder Familienbetrieb WaldMichlsHoldi " in leidenschaftlicher Handarbeit" gefertigte Vibratoren aus Holz an. Jedes Spielzeug ist ein Unikat und auf Wunsch sind Sonderanfertigungen möglich. Wer etwas Besonderes sucht, wird auch Online ab 100 Euro fündig. Alles aus nachwachsenden Rohstoffen.

das erste Kölsch

27.05.2013

Wir erreichten Köln mit dem Zug. Wie - als wenn es der Tourismusbeauftragte erdacht hatte - baute die Stadt damals den Dom direkt neben dem Hauptbahnhof. Wir fanden uns also zwischen div. Gruppen mit FührerInnen wieder.
Sogar ein römischer Offizier stand etwas verloren herum.

Ob er von den 425 n.Chr. abziehenden Besatzungstruppen vergessen wurde? Die haben sich damals nach Süden zurückgezogen.
Wir setzten uns in ein Café, ich genoss das erste Kölner Kölsch und staunte über die Menschenmassen.
Danach fuhren wir über den Rhein in den proletarischen Teil von Köln. Die Fabrik der Kriegsgewinnler Klöckner- Humbold- Deutz dominierte früher die Gegend. Kalk heißt der Stadtteil, in dem unsere Ferienwohnung lag.

© K. Finks
Dort waren auch die Zwangsarbeiter in Lagern untergebracht, die in der Fabrik arbeiten mussten. Heute sind in dem Bezirk viele "Gastarbeiter" wohnhaft.
Nah der Fabrik in Deutz befand sich auch das Außenlager Messe des KZ´s Buchenwald.

In dem wurde für die KölnerInnen gut sichtbar gefoltert und gemordet. Viele Häftlinge wurden im Stadtgebiet für die Bombenentschärfung und die Leichenbergung eingesetzt und starben dabei.
Der Neubau, in dem wir untergebracht waren, beherbergt 228 Miniwohnungen. Ein grässlicher Kasten, den man / frau am Besten aus Distanz betrachtet. Die Wohnung war jedoch zum Schlafen einigermaßen erträglich, lud jedoch nicht zum Verweilen ein.

So zogen wir nach dem Abstellen der Koffer wieder los. Zu Fuß überquerten wir die Deutzer Brücke (437 Meter) und bewunderten den breiten Vater Rhein. Dass die Herrschaft über diese Wasserstraße zwischen den Bourgeoisien Frankreichs und Deutschlands umkämpft war, ist ersichtlich.

Am anderen Ufer erreichten wir den Heumarkt. Der ist ein altstädtischer Platz und auch wegen der anliegenden Brauhäuser beliebt. Auf ihm steht ein Reiterstandbild des Blutsaugers Kaiser Wilhelm, das die  Stadtverordneten 1970 renovierten und nicht abrissen.

Auch weil der Kaiser uns seinen Rückenpartie zuwandte, ließen wir den Arsch links liegen.
Gegen unseren Traum, den sonnigen Abend mit Blick auf den Rhein zu verbringen, hatte sich leider die Erdekugel verschworen. Hätten wir den Globus umdrehen können, wäre das Ufer, an dem wir saßen, sonnenbeschienen gewesen. Trotzdem war der erste Besuch in einem Brauhaus angenehm. Wir besetzten Plätze auf der Terrasse des weiß- roten Hauses und ließen uns das Pfäffgen Kölsch schmecken.

Dazu aßen wir unseren ersten Schweinebraten in Biersoße mit Rotkohl und Klößen. Zusammen mit dem Rheinblick war das das Richtige für den Ferienauftakt.
Als es dann kühler wurde, wechselten wie die Lokalität. Im Walfisch, in einer hübschen alten Kölsch Kneipe, setzten wir unsere Erkundung der Biermarken fort.

Diesmal war es Sünner Kölsch.
Die kleinen 0,2 Liter Gläschen werden ob ihrer zylindrischen Form Stangen genannt.
Im Walfisch lohnt es sich umzusehen. Die Einrichtung ist wohl nicht so alt wie das Haus, aber trotzdem sehr trutzig.
Hier kann man / frau auch sehr lecker essen.

Ein wenig angetüttelt verließen wir die Kneipe und entdeckten beim Heimweg ein riesiges Geschäft für Karnevalskostüme. So wurden wir daran erinnert, dass in Köln während der tollen Tage der Teufel los sein muß.
Die im Foto zu sehenden Hippieklamoten hatten es mir besonders angetan.

Bin ich jedoch in meiner Jugend mit ähnlich grässlichem Outfit unterwegs gewesen. Was fand ich mich damals chic, eine solche Erinnerung sorgt dafür, dass ich die heutige Jugend selten wegen Klamotten kritisiere. Wenn einer / eine mit verschlissenen Turnschuhen im Winter durch die Pfützen stapft, halte ich mich wohl besser zurück.

Alle nicht namendlich gekennzeichneten Fotos sind von Irmeli Rother.

das zweite Kölsch

28.06.2013


© Irmeli Rother
Das wunderschöne Wetter lockte uns aufs Wasser. Deshalb nahmen wir die schon in Berlin geplante Schifffahrt nach Bonn in Angriff.

© Irmeli Rother
Wir packten unseren Picknickkorb, überquerten den Rhein und nutzten ein Schiff der KD vom Anleger Frankenwerft, das von April bis September täglich um 9 Uhr 30 ablegt.
Vom Deck bot sich eine gute Übersicht über Köln und das interessante Wohnhaus am ehm. Rheinauhafen war auch gut zu sehen.

Dampferfahrten sind eine gemeinsame Leidenschaft von meiner Liebsten und mir. Auf dem Oberdeck die langsam vorbeigleitende Landschaft zu betrachten ist eine nette Art sich von A mach B zu bewegen.
Die Sonne reiste auf alle Fälle mit, nach drei Stunden Flussfahrt waren unsere Nasen ziemlich rot.

Mit so viel UV Bestrahlung hatten wir nicht gerechnet.
Auf dem Weg legten wir ein paar mal an, doch meine Vorstellung vom Rhein als industrielle Wasserstraße mit Fabriken, wie an einer Perlenkette aufgereiht an den Ufern erfüllte sich kaum. Große Lastkähne begegneten uns nicht viele.

Und da die Ufer überwiegend grün bewachsen waren, freuten wir uns über Brücken und kleine Häfen, die Anlass zum Knipsen boten.
Dabei entdecke ich ein Gebäude mit der Beschriftung Solarworld. Dieses Unternehmen war der Hoffnungträger der deutschen Nachhaltigkeitswirtschaft.

Die Firma war während der Rot / Grünen Regierungszeit (1998-2005) massiv mit 130 Millionen Euro subventioniert worden und hat diese Zuwendungen komplett verbrannt. Bleibt nur die Frage offen, ob Rot / Grün aus Dummheit oder wegen Zuwendungen so spendabel war. Ach, es war ja nicht ihr Geld.

Drei Stunden Fahrzeit gingen recht schnell vorbei. In Bonn angelandet packte uns die Lust auf Biergarten.
Im Am Alten Zoll fanden wir einen Platz mit Rheinblick und speisten recht mittelmäßig. Eine der dümmsten Ausreden, die ich je hören musste, leistete sich die Servierkraft.

Mark di Suvero, L’Allumé (1990)
Auf die Nachfrage, ob wir ein Stück Zitrone für das Kristallweizen bekommen könnten, entgegnete sie: "Wir haben nicht genug Lagerkapazität für Zitronen".
Lachend machten wir uns am Rheinufer entlang auf den Weg zu den Bonner Museen auf. Die Skulptur am Wegesrand stimmte uns hoffnungsfroh.

© Irmeli Rother
Leider dauerte der Fußmarsch vom Anleger beinah eine halbe Stunde. Die Museumsmeile liegt in einem der Viertel mit vielen Bürogebäuden. So war unsere Verwunderung klein, dass wir im Kunstmuseum Bonn ziemlich einsam waren. Auf dem Vorplatz entdeckten wir mit Erwin Wurm einen alten Bekannten aus Venedig. Dort hatte er ein ähnlich zusammen gequetschtes Haus gestaltet. Hier war es Teil der Ausstellung  "HEIMsuchung. Unsichere Räume in der Kunst der Gegenwart".


© Irmeli Rother
Das Museum ist ein von Axel Schultes geplanter architektonischer Juwel. 1992 wurde es eröffnet. Wir bestaunten das Haus und die Liebste wollte kaum aufhören zu knipsen. Dann entdeckten wir eine Besuchergruppe. Lachende Kinder mit einer Museumspädagogin brachten ordentlich Stimmung in die Bude.

Von der Baukunst abgesehen betrachteten wir in diesem Haus nur Teile der Ausstellungen. Nebenan wartete ja noch ein weiteres Museum auf uns.

Sigmar Polke,
Ohne Titel, 1981
Rosemarie Trockel,
Vase, 1998
Neo Rauch, Waldmann, 2003
Silvia Baechli,
Ohne Titel, 1991

Gerhard Hoehme,
Strahlenfall, 1968
Reinhard Mucha, Wasserstandsmeldung, 1986
Günther Uecker,
Übernagelter Tisch, 1963
Jiri Dokoupil,
Der Zirkel, 1984
Joseph Beuys, Urobjekt: Erdtelefon, 1967

Einiges und Einige kannten wir, unsere Fotos zeigen euch was uns am meisten gefiel.

Die andere spannende Ausstellung im Haus war "HEIMsuchung. Unsichere Räume in der Kunst der Gegenwart" Hier waren Objekte ausgestellt, die die Redewendung.  „Trautes Heim – Glück allein“ ins Absurde verkehrten.

Stefan Mörsch zeigte ein Werbevideo aus den USA. Im Jahr 1954, in der Zeit der großen Atomangst, wurde es gedreht. Darin behauptete ein Farben- und Lackhersteller, dass ordentlich weiß gestrichene Holzhäuser gegen einem Atombomben Angriff  besser geschützt sind.




Dieser Trick ist ebenso hilfreich wie der Tipps, dass Schüler in der Schule unter die Bänke kriechen sollen. Das die Politiker mit solchem Schwachsinn versuchten die Bevölkerung zu beruhigen, mag ja noch verständlich sein. Das eine Firma mit der Angst vorm Atomkrieg Geld machen wollte, ist widerlich.

Eine weitere Installation war ein merkwürdiges Labyrinth mit gewellten holzgetäfelten Wänden, darin versteckte sich auch noch Möbel mit merkwürdigen Beinen, die sich durch den Raum bewegten. Diese Installation sollten die BesucherInnen irritieren. Ähnliche Ergebnisse erzielte vorher nur mit Drogen wie LSD.
Wir waren froh, als wir draußen waren.
Das Künstlerpaar Martine Feipel und Jean Bechameil vertraten auf der Bienale Venedig 2011 Belgien im Landespavillon..

Eija-Liisa Ahtila, the wind, 2002
Dieses Video wurde als Triptychon gezeigt. Eine Frau wird in ihrer Wohnung gezeigt, als der Wind das Fenster aufriss und ihre Wohnung durcheinander wirbelte. Beim Versuch Dinge zu retten richtet sie ein totales Chaos an. Die finnische Künstlerin versucht mit ihrer Arbeit das Aufbrechen einer Psychose filmisch darzustellen. Wir fanden, dass ihr das gut gelungen ist.

Christian Haake baute in seiner Installation Less Mess von 2007 das Zimmer eines Messis nach. Selbst der Telefonhörer liegt nicht auf der Gabel. So kann die abwesende Person nicht durch Anrufe gestört werden. Toll ist, dass er das Zimmer detailiert auf 1 Meter x 50 Zentimeter verkleinert hat.

Susanne Kutter stellte das Zelt einer Himalaja Expedition nach. In ihrer Arbeit Nepal Vario von 1999 / 2013 wartet das Zelt auf die Rückkehrer. Aber alles ist schon mit einer dünnen Schicht Schnee überzogen. Sind die Expeditionmitglieder verschollen? Endlich ein sicherer Raum, aber ohne BewohnerInnen.

© Irmeli Rother
Nach einer Mittagspause besuchten wir die Bundeskunsthalle.
Die Kegel auf dem Dach leiten Licht ins Innere. Gustav Peichl war der Architekt. Die Bauzeit war von 1989 bis 1992. Leider war es dort leer, obwohl es angeblich das Museum mit den meisten BesucherInnen in Deutschland ist.

Im Haus wurden wir herzlich empfangen.
Drinnen erinnert es etwas an einen Irrgarten. Ohne Plan verläuft man / frau sich sicher. Aber es macht auch mal Spaß sich zu verlaufen. Manchmal findet sich so ein Juwel.
Doch wir liefen recht schnell durchs Haus.
Zwei Museen an einem Tag ist selbst für uns heftig.
Hauptsächlich interessierten wir uns für eine Ausstellung der StudentInnen der Kunsthochschulen. Wir sind immer neugierig nach spannendem Neuen.

Sechsundfünfzig StudentInnen hatten ihre Arbeiten zum Wettbewerb Atlas eingereicht. Viel hatten die Frischlinge jedoch leider nicht zu bieten.
Doch das mannshohe Katzenklo mit dem Namen Megabox aus 2013 gefiel mir.
Robert Baron und Robin Ortgies von der Kunsthochschule Münster haben das geschaffen. Dort arbeitet auch Ayşe Erkmen als Lehrerin, die ich aus Berlin kenne. Die KünstlerInnen, die aus dieser Schmiede kommen, fallen immer wieder durch Besonderes auf.

Sehr schön fanden wir auch die Skulptur Eine Drapie der Falte von Kirsten Achtermann genannt Brand aus 2012.
Sie kommt von der Hochschule für Bildenden Künste Braunschweig.
Ihr Faltenentwurf war sehr ansehnlich.
Leider gewann sie keinen Preis der Jury.

Richtig begeistert waren wir jedoch von einer netten kleine Live Performance der Studentin Vroni Hammerl von der Kunsthochschule Nürnberg. Sie wartete die ganze Zeit auf BesucherInnen. Stellte sich vor sie, hob sie hoch und positionierte sie im Raum. Dies geschah auch mit uns.
In dieser Form auf Fremde zuzugehen, dazu gehört Mut.
Zu recht gewann sie einen Sonderpreis der Jury.


Vroni Hammerl im Gespräch
Anschließend fuhren wir zurück nach Köln. Uns zog es wieder an den Platz, wo wir gestern Kölsch tranken. Im Walfisch war diesmal sogar das Fernsehen anwesend. Sie drehten einen Bericht über die besten Kneipen Kölns. Da können wir ja unser Restaurant nicht so schlecht gewählt haben.


Die VegetarierInnen mögen mir verzeihen, aber ich aß schon wieder Fleisch, um eine gute Grundlage für das Kölsch zu haben. Diesmal Haxenfleisch mit Bratkartoffeln und Kohlrabi in Sahnesoße. Sehr Lecker!